„Lex orandi - lex credendi“ - Nach Prosper von Aquitanien († 455) formulierter Kernsatz zur gegenseitigen Abhängigkeit von Glaube und Liturgie.
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Dem Karneval ein Ende machen!
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- 17. Oktober 2019
Noch ist offen, ob die Holzfigur, die da im Rom dieser Tage eine so hervorgehobene Rolle gespielt hat, tatsächlich eine Wiedergängerin der alten Inka-Gottheit Pachamama ist, oder nur ein Symbol für die schöpferische Fruchtbarkeit von Mutter Erde, die, vom Amazonas ausgehend die ganze Welt und den Kosmos umfasst. Einen großen Unterschied macht dieses „oder“ nicht, denn genau das ist die „Arbeitsplatzbeschreibung“ der alten Inkagöttin – und der Weg vom Symbol zum Idol, zum Eidolon, dem menschengemachten Abbild göttlicher Kräfte, ist kurz. Wie weit die Römer auf diesem Weg schon vorangeschritten sind, war dieser Tage in mehreren Filmen zu besichtigen, in denen die Statuette unverkennbar eine Hauptrolle spielte. Etwa bei der Zeremonie in den vatikanischen Gärten, bei der der Kreis der Verehrer – darunter auch Ordensleute im Habit und Priester – sich ehrfürchtig in den Staub warfen. Oder bei der surrealen Prozession vom Dienstag, in der besagte Figur aus dem Petersdom – was hatte sie da überhaupt zu suchen? - auf den Schultern von Gläubigen in Prozession in die Synodenaula getragen und dort feierlich installiert wurde. Wer anders als eine Gottheit ist je auf solche Weise verehrt worden?
Die im Video von VatikanNews festgehaltenen Bilder dieser Prozession werden für immer das Gedächtnis dieses Pontifikats bestimmen: Vorweg ein Akolyth im Rochett mit dem Vortragekreuz, dahinter im ungeordneten Zug Figuren im Federschmuck, in Nationaltracht, in bischöflicher Soutane, im Polohemd, Träger von Plakaten und Transparenten, und mittendrin, mehr wankend als schreitend, die weißgekleidete Gestalt des Papstes. Er ist jedoch nur der Vorläufer zu der Gruppe, die das Weltenboot mit dem Fruchtbarkeitsidol auf den Schultern trägt – exakt da, wo seine Vorgänger von der Sedia Gestatoria aus den auf dem Petersplatz gedrängten Gläubigen den apostolischen Segen spendeten. Absurder Höhepunkt der karnevalesken Inszenierung dann unmittelbar vor der Synodenaula, als zwei Bischöfe an die Spitze der Sänftenträger treten, um der Herrin für die letzten Meter des Triumphzuges die Ehre zu geben.
Was all das theologisch zu bedeuten hat, wird in der Folge zu diskutieren sein. Vielleicht ist man ja bei den jesuitischen Stichwortgebern des Papstes zu der Ansicht gekommen, daß das alte Gebot „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ zu rigide ist für die Anforderungen einer fluiden Gegenwart. Aus Kreisen um die Öffentlichkeitsabteilung des Vatikans waren wirre Stimmen zu vernehmen: Beim ersten Auftritt der Figur in den vatikanischen Gärten ließ man verlauten, es habe sich wohl um die Mutter unseres Herrn Jesus beim Besuch ihrer Base Elisabeth gehandelt. Nach der Prozession wurde verlautet, nein, die Gottesmutter sei es wohl eher nicht, aber ganz bestimmt auch keine heidnische Gottheit, wohl irgendein kosmisches Symbol – man werde der Sache nachgehen und bei den Initiatoren der Veranstaltung weitere Informationen einholen.
Was für ein Einblick in das organisatorische Chaos am Hof Franziskus‘ I. Da sendet man per Video Bilder in die ganze Welt, ohne zu wissen, was sie bedeuten und hat offensichtlich auch keine Möglichkeit, innerhalb von zwei oder drei Tagen herauszufinden, wer das weiß und wer die Show veranlaßt hat. Immerhin ahnen wir jetzt, wie eine Kirche mit amazonischem Gesicht aussehen könnte.
Aber das Chaos betrifft nicht nur die Organisation. Es hat offensichtlich auch Geist und Bewußtsein einer großen Zahl von Prälaten ergriffen, die sich wie eine Schafsherde über den Petersplatz führen lassen, ohne zu wissen wohin und wozu. Was spielt sich in den Köpfen von Priestern und Bischöfen ab, die einem offensichtlich nicht christlichen Symbol durch ihr Verhalten Ehren erweisen, wie sie nur dem Herrn selbst im Sakrament oder den von ihm beglaubigten Zeugen und Zeugnissen zukommen? Und auch vor den Reliquien der Heiligen werfen wir uns nicht zu Boden. Sind diese Herrschaften so überwältigt von Opportunismus und Untertanengeist, daß sie vor nichts zurückschrecken, wenn man ihnen bedeutet, das sei der ausdrückliche Wunsch von big boss number one himself? Sind wir hier denn bei der Mafia? Ist das Blut der Märtyrer umsonst geflossen, die am Fuß des Obelisken ihr Leben opferten, weil sie den Göttern des Kaisers auch nicht ein einziges Körnchen Weihrauch zugestehen wollten? Oder sind sie am Ende wirklich bösen Geistern verfallen? Die Idole der Heiden sind menschengemacht, nichts als Holz, Stein oder Metall – aber fehlgeleiteter Glaube kann sie mit dämonischen Kräften verbinden.
Es wird Zeit, daß jemand, daß viele Jemande, deren Wort mehr Gewicht hat als unsereins, Männer, die noch wissen, wofür das Rot am Saum ihrer Soutanen steht, dem Mann auf dem Stuhl Petri den Satz zurück geben, mit dem er dem Vernehmen nach sein Amt angetreten hat: Der Karneval ist zu Ende!
Die Clowns von den Jesuiten haben ihren Spaß gehabt, die Clowns können gehen.
Gefieder statt Tiara
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- 15. Oktober 2019
Andrea Gagliarducci hat in seinem aktuellen Wochenkommentar über den möglichen Einfluss der Amazonas-Synode auf das nächste Konklave nachgedacht und kommt dabei zu überaus interessanten Einschätzungen. Auf deutsch nachzulesen beim Beiboot Petri.
Zwei seiner Überlegungen erscheinen uns besonders beachtens- und weiterdenkenswert. Zum einen sieht er auf der Synode eine Frontstellung zwischen „Pastoralreformer“, die der Eucharistie den höchsten Rang für das Leben der Kirche und ihrer Gläubigen zuweisen und deshalb möglichst viele Menschen weihen wollen, um die Eucharistie zu spenden. Dagegen stehen die traditionsorientierten, die in der Eucharistie eine freie Gabe Gottes sehen, die man nicht einklagen kann, sondern die sich die Gemeinden in gewisser Weise verdienen müssen – etwa dadurch, daß sie genügend Priesterberufungen hervorbringen.
Eine zweite Frontlinie sieht er zwischen denen, die an der traditionellen Lehre und Disziplin festhalten wollen – und die auf der Synode nur als Minderheit vertreten sind – und der großen Gruppe der „Fundamentalreformer“, die der Person des Papstes die Vollmacht zuschreiben, festzulegen, was in der Kirche – und wo – gelten soll, weitgehend unabhängig von jeder Tradition oder den Festlegungen seiner Vorgänger. Sie setzen, so Gagliarducci, darauf, daß der gegenwärtige Papst (und seine Nachfolger) über das Mittel der Amazonassynode der Kirche eine neuartige föderale Struktur geben, um die katholische Kirche zu einer „ ‚Vereinigung von Bischofskonferenzen‘ zu machen, die dem Papst treu, aber im Bereich der Lehre auch vollkommen autonom sind“.
Daß starke Kräfte in diese Richtung drängen, ist nicht zu übersehen. Aber in beiden Fällen ist die Position der „Rreformer von Widersprüchen gekennzeichnet, die auf keinen Fall mit der Überlieferung der Kirche zu versöhnen sind und tiefgehende und letztlich unüberbrückbare Spaltungen provozieren müssen.
Newman und liturgische Reformen
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- 14. Oktober 2019
Im reichhaltigen schriftstellerischen Erbe des hl. John Henry Newman finden sich auch bemerkenswerte Ausführungen zur Liturgie und der Notwendigkeit, deren überlieferter Form mit höchster Achtung zu bewahren. Anpassungen von Lehre und Liturgie waren auch zu seiner Zeit ein großes Diskussionsthema. Im Umfeld des sog. Febronianismus waren ab 1770 vom deutschsprachigen Raum her ausgehend zahlreiche Schriften erschienen, die umfassende Kirchenreformen verlangten, die in vielem durchaus als Vorläufer heutiger nationalkirchlicher Bestrebungen verstanden werden können. Diese Schriften stießen auch bei den bereits nationalkirchlich verfaßten Anglikanern auf beträchtliche Resonanz. In den Jahren seiner endgültigen Hinwendung zur katholischen Kirche (Newmans Konversion erfolgte 1845) setzte Newman sich in einer Serie von „Traktaten“ intensiv mit den damals diskutierten theologischen Fragen auseinander. Wir zitieren einige Kernsätze aus dem 1833 erschienenen und primär an die Geistlichkeit gerichteten Tract. No. 3: Gedanken über Veränderungen in der Liturgie – wobei Newman hier auch die gesamte Kirchenordnung des Prayer Book mit ins Auge fasst. Wohlgemerkt: Damals verteidigte er noch die seinerzeit gültige anglikanische Kirchenordnung – doch die Grundlinie seiner Überlegungen gilt ebenso und noch mehr für die eine katholische Kirche.
Ausgangspunkt von Newmans Gedanken ist die Feststellung, daß jede Veränderung zu Auseinandersetzungen führen müsse zwischen denen, die sie für zu zaghaft halten und anderen, denen sie zu weitgehend sind.Außerdem ist er der Ansicht, daß die bloße Anerkennung der Veränderbarkeit der Liturgie eine Kette von „Reformen“ in Gang setzen müsse, deren Ende nicht absehbar sei.
Zu der damals aktuellen (und in der heutigen Liturgia Horarum umgesetzten) Forderung des Verzichts auf die sog. „Fluchpsalmen“ im offiziellen Gebet der Kirche schreibt er:
Man sollte bedenken, daß auch als weniger wesentlich betrachtete Veränderungen in sich oft den Keim zu tiefer gründenden Prinzipien in sich tragen. Wenn wir z.B. auf die Fluchpsalmen verzichten wollten, dann kommen wir damit der aktuellen Bewußtseinslage entgegen, daß nach dem Evangelium nur die Liebe und die Liebe allein das Wesen Gottes und die Pflicht des wiedergeborenen Menschen ausmachten, wogegen doch das recht verstandene Evangelium Gottes unendliche Heiligkeit und Gerechtigkeit ebenso zeigen wie seine unendliche Liebe. Es erlegt den Menschen ebenso die Verpflichtung zum Eifer für Ihn, zum Haß auf die Sünde und zur Abgrenzung von Sündern auf wie zum Einsatz für Nächstenliebe und Freundlichkeit.“
Ähnlich wie bei heutigen Debatten über das „Führe uns nicht in Versuchung“ im Vaterunser gab und gibt es Auseinandersetzungen über das „descendit ad inferos“ im apostolischen Glaubensbekenntnis, das traditionell mit „hinabgestiegen zu der Hölle“ übersetzt wurde und inzwischen im Deutschen mit „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ wiedergegeben wird. Dazu Newman 1834:
Man nehme z.B. den Vorschlag, im Glaubensbekenntnis die Worte „hinabgestiegen zu der Hölle“ wegzulassen oder umzuformulieren. Ist es nicht ein Trost für die Trauernden, wenn sie hören, daß CHRISTUS selbst in der Unterwelt oder dem Jenseits war, das den abgeschiedenen Seelen als Aufenthalt bestimmt ist? Ist es nicht sehr einfach, den doppeldeutigen Ausdruck zu erklären, verursacht es großen Schaden, wenn man ihn mißversteht? Würde es nicht sehr schwer fallen, einen Ersatz dafür zu finden, der die Übereinstimmung mit dem ganzen Glaubensbekenntnis wahrt. Ich vermute? daß wir die besseren Gläubigen unter denen finden, die den bestehenden Zustand beibehalten wollen. Und werden andererseits nicht die Wankelmütigen (bei einer Änderung) daran gewöhnt, dem kritisch gegenüber zu treten, was sie doch stets als die ihnen von der Kirche für ihre Bedürfnisse dargebotene göttliche Stimme betrachten sollten?“
In einer Skizze der Motive, aus denen heraus viele Reformforderungen in der Kirche erhoben werde, zeichnet Newman ein bestürzend zutreffendes Bild synodaler Wirrungen der Gegenwart:
Nun könnte man sagen: „Wir müssen auf den Notschrei derer reagieren, die eine Änderung verlangen.“ Aber wessen Notschrei? Niemand kann sagen, wer da schreit oder eine Reaktion verlangt. Einige Stimmen aus dem Kreis der Laien, möchte ich annehmen. Das verdient nähere Betrachtung: Wer sind denn diese Laien? Sind das ernsthafte Gläubige, und wird ihr Gewissen unwillkürlich, von dem, was sie geändert sehen wollen, verletzt? Oder sind es nicht eher die Leute, die man in Gesellschaft antrifft, weltliche Leute, die der Religion eher fernstehen und in Reden und Verhalten wenig auf Prinzipien geben; Leute, die vielleicht manchmal zur Kirche kommen und dann wieder träge oder abgestoßen fernbleiben – nicht wahr? Sie (hier spricht Newman seine klerikale Zielgruppe direkt an) waren zum Essen eingeladen, vielleicht bei einem reichen Nachbarn, oder bei jenem bedeutenden Staatsmann, oder diesem vornehmen Grundherrn, der denkt, daß die Kirche zweihundert Jahre hinter der Welt zurück ist und sich Ihnen gegenüber darüber wundert, daß ihre aufgeklärten Mitglieder nichts tun, diesen Zustand zu verändern. Und dann schämen Sie sich und sehen sich zu Zugeständnissen verleitet, die dem klaren Verstand widersprechen sollten. Sie überlegen, daß es doch sehr schade ist, wenn ein so liebenswürdiger und einflußreicher Mann so unzufrieden mit der Kirche ist, und Sie gehen mit der ungefähren Vorstellung nach Hause, daß man etwas tun müsse, um diesen Leuten entgegen zu kommen. Ist es das, was Sie unter dem feierlichen Auftrag eines „Führers und Lehrers in Israel“ verstehen – oder wollen sie sich nur dem Trend anschließen?
Es ist schwer zu übersehen, wie sehr die katholische Kirche des beginnenden 21. Jahrhunderts in vielem der verweltlichten und korrumpierten englischen Staatskirche des 19. Jahrhunderts gleicht – von der John Newman sich in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts abzuwenden begann.
*
Den vollständigen Text des Tractat No 3 (sowie der anderen Traktate auch) fanden wir bei newmanreader.org. Das Bild mit dem Photo des 88-jährigen Kardinals ein Jahr vor seinem Tod am 11. August 1890 entnehmen wir einem Gedenkartikel zur Heiligsprechung auf der (anglikanischen) Church Times.
Das Ärgernis in Rom
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- 12. Oktober 2019
Nein wir glauben nicht, daß Franziskus wie der Altkommunist Scalfari berichtet die Gottheit Christi geradeaus geleugnet habe. Von daher können wir die Entrüstung, wie sie etwa auf Gloria.tv laut wird, nicht voll teilen – vom noch größerem Tumult auf einigen amerikanischen Webseiten (auch nicht in der Wolle gefärbt sedisvakantistischen) ganz zu schweigen.
Franziskus geht bei der Transformation der Kirche in ein Glied des nach seiner und seines Ordens Ansicht entstehenden und gottgewollten EineWelt-EinGott-Religion subtiler vor. Man muß das schon ernstnehmen, was er in seinen Schriften an Leitsätzen von sich gegeben hat - „Zeit ist größer als Raum“, „Realitäten sind wichtiger als Ideen“ (ausführlicher hier) und vor allem und immer wieder: „Hagan lio“.
Steve Skojec von OnePeterFive hat einen Versuch zu Analyse des komplexen Zusammenspiels zwischen Franziskus und Scalfari bei diesem nun seit sechs Jahre verfolgten „Hagan Lio“ unternommen. Ähnliche Überlegungen präsentiert Giuseppe Nardi auf katholisches.info. Daraus wird ersichtlich, wie man Glaubenswahrheiten und traditionelle Gewissheiten (in Franziskus‘ Begriffswelt: „Rigiditäten“) auch erschüttern kann, ohne sie direkt anzugreifen.
Eine abschließende Beurteilung der Motive, die hinter dieser Politik des amtierenden Papstes am Werk sind, steht uns nicht zu, und ebenso wenig können wir einen Papst zum überführten Häretiker und damit seines Amtes verlustig erklären, wenn praktisch die gesamte Weltkirche (auch die wenigen Bischöfe und Kardinäle, die ihm widersprechen!), ihn als Bischof von Rom und Inhaber des Papstamtes anerkennen. Was wir können, ist mit guten Gründen zu vermuten (und uns entsprechend zu verhalten), daß dieser Mann charakterlich und intellektuell den Anforderungen, die dieses Amt an ihn stellt, in keiner Weise gewachsen ist und sein Wirken der Kirche enormen Schaden zufügt – was leider in der 2000-jährigen Geschichte der Päpste kein Alleinstellungsmerkmal für den Argentinier darstellt, weder hinsichtlich der charakterliche Korruption noch hinsichtlich der verheerenden Folgen für die Kirche.
Prominente Beispiele wären der Gewaltmensch Urban VI. (1318-89), der das große westliche Schisma für weitere Jahrzehnte vertiefte. Oder Alexander VI. Borgia, dessen größtes Vergehen vielleicht weniger sein durch und durch unmoralischer Lebenswandel war als seine machtpolitische Verblendung, in der er als skrupelloser Spieler auf dem Feld der europäischen dynastischen Politik die beginnende Reformation Luthers anfeuerte. Oder an seinem ebenso rein dem Weltlichen hingegebenen Nachfolger Leo X. Medici, der in seinen Machtspielen befangen die Tragweite der Reformation noch übersah, als diese bereits zur offenen Revolte geworden war.
In dieser Perspektive gesehen also: in Rom nichts Neues. Was freilich ganz und gar keinen Grund geben kann, sich zu beruhigen. Und doch gilt bei aller berechtigten Beunruhigung der Schlußsatz aus einer der neuen „deutschen Hymnen“ in der reformierten Stundenliturgie, (Tod und Vergehen waltet in allem, von Polykarp Ülein, 1978):
Herr, deine Pläne bleiben uns dunkel. - Doch singen Lob wir dir, dem dreieinen, ewigen Gott.
Liturgische Transkulturation
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- 10. Oktober 2019
In älteren Editionen des Martyrologium Romanum (die hier zitierte ist von 1928) steht unter den Heiligen des 9. Oktober an erster Stelle der Hl. Dionysius. Dort heißt es:
In Lutetia Parisiorum (=Paris) feiern ihren himmlischen Geburtstag die hl. Märtyrer Bischof Dionysius vom Areopag, der Priester Rusticus und der Diakon Eleutherius. Von diesen War Dionysius, der vom Apostel Paulus getauf worden war, als erster Bischof von Athen geweiht worden. Später ging er nach Rom und wurde von dort aus vom Seligen Papst Clemens zur Predigt nach Gallien entsandt. In der vorgenannten Stadt angekommen hat er den ihm übertragenen Auftrag mehrere Jahre lang getreulich ausgeführt und wurde schließlich, nachdem er vom Präfekten Fescenninus den schlimmsten Martern unterzogen wurde, gemeinsam mit seinen Gefährten mit dem Schwerte getötet und vollendete so sein Martyrium. An zweiter Stelle folgt dem die Nennung des „Gedächtnisses an den heiligen Abrahman, Patriarchen und Vater aller Gläubigen.
Die aktuelle Fassung hat beide Einträge im Prinzip erhalten – den des Dionysius (ohne „vom Areopag“) jedoch redaktionell gekürzt, den für Abraham etwas erweitert und auf den dritten Platz verschoben, um als Nr. 2 den „neuzeitlichen“ Giovanni Leonardi (1541 – 1609) einzuschieben.
Aus der Perspektive des ernsten Geschichtsforschers ist die Kürzung des Dionysius Areopagita zu Dionysius mehr als verständlich: Vom Mann mit dem Beinamen Areopagit ist nicht mehr bekannt, als die kurze Erwähnung eines der von Paulus getauften Athener in der Apostelgeschichte (17,34). Dessen Name benutzte ein christlicher Autor des 5. oder 6. Jahrhunderts als Pseudonym – was seinen Schriften zu außerordentlich hohem Prestige und Einfluss verhalf, glaubte man in ihm doch die Stimme des Paulusschülers zu vernehmen. Thomas von Aquin zitiert ihn öfter als Aristoteles! Dieser Kirchenvater der Spätantike wird heute zumeist als der Pseudo-Dionysius bezeichnet. Nichts deutet darauf hin, daß er jemals Gallien betreten hätte. Und dann gibt es tatsächlich noch einen dritten „gallischen“ Dionysius, der vor dem 4. Jahrhundert als Priester oder Bischof im fränkischen Kernland um Paris das Martyrium erlitt. Die Legende weiß zu berichten, man habe dem Missionar, nachdem er den Befehl zur Beendigung seiner Predigten mißachtet habe, den Kopf abgeschlagen. Daraufhin habe er den Kopf mit den Händen gefaßt und weitergepredigt. Er wird heute unter die 14 Nothelfer gezählt.
Im Umfeld der Grabkapelle des hl. Dionysius von Paris verschmolzen die drei Dionysien zu einer einzigen machtvollen Figur, die einen solchen Rang gewann, daß die schlichte Grabkapelle des Martyrerbischofs schließlich zur Grablege der französischen Könige wurde: Saint-Denis von Paris - was dem Prestige dieser Heiligengestalt weiteren Auftrieb verlieh. Der Byzantinische Kaiser Michael II. hatte bereits im 9. Jahrhundert dem dort eingerichteten Kloster eine Sammlung griechischer Manuskripte mit den Schriften des (Pseudo-)Areopagita zukommen lassen, die von Abt Hilduin ins Lateinische übertragen und so für den Westen und somit auch Thomas v. Aquin zugänglich gemacht wurden. So entwickelten die Mönche der Abtei ein für mittelalterliche Verhältnisse ungewohntes Interesse an den griechischen Kirchenlehrern und ihrer so fremdartigen Sprache.
Dieses Interesse führte im 12. Jahrhundert zu einer bemerkenswerten Sonderentwicklung im lateinischen Ritus: Für die Feier des Oktavtages ihres großen Heiligen übersetzten die Mönche von St. Denis zumindest das Proprium, nach anderen Quellen auch den gesamten Kanon, der heiligen Messe ins Griechische, um die Liturgie in der Sprache ihres Heiligen feiern zu können. Dabei sangen sie anscheinend die griechischen Texte nach den zu ihrer Zeit üblichen Meldodien des lateinischen Chorals – ein bemerkenswerter Fall von frommem Kultursynkretismus. Diese Praxis wurde während des ganzen Hochmittelalters und der frühen Neuzeit beibehalten und endete erst mit der Französischen Revolution im ausgehenden 18. Jahrhundert. Weitere Informationen dazu auf New Liturgical Movement und Persée Lyon.
Wik(k)i Missa ist wieder da
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- 09. Oktober 2019
Kurz nach Inkrafttreten von Summorum-Pontificum 2007 hatte der Franzose Emanuel die Website WikkiMissa gegründet, die einen weltweiten Überblick über Orte und Termine mit regelmäßigen Messfeiern in der überlieferten Liturgie geben sollte. Vor einigen Jahren verschwand die Seite aus dem Netz - wie das so bei privaten Projekten leider öfter vorkommt. Jetzt ist die Seite unter neuer Herausgeberschaft, aber mit Unterstützung des Gründers, wieder da - als WikiMissa v2. Der Name hat ein "k" verloren, die Technik hat moderne Features zugelegt - insoweit alles bestens. Die Seite spricht zwar französisch, das bereitet bei der hauptsächlich auf Listen ausgelegten Nutzung jedoch kaum Schwierigkeiten.
Erfreuerlicherweise hat die Zahl der neu zu berücksichtigenden Messorte enorm zugenommen. Die Macher der Seite haben allerdings - vermutlich aus dem Altbestand der Daten - mehrfach Messen aufgenommen, die nicht oder nicht mehr regelmäßig stattfinden. Von daher gibt das Projekt derzeit noch keinen etwa für eine Urlaubsplanung brauchbaren zuverlässigen Terminplan. Durch die Anlage als Wiki können jedoch Besucher unzutreffende Angaben selbst korrigieren oder neue Einträge vornehmen. Es liegt also an uns selbst, die Zuverlässigkeit des Projekts zu verbessern
Eine erste Sichtung der Angaben für Berlin hat ergeben, daß hier diverse Terminangaben aus dem Altbestand inzwischen wohl nicht mehr zutreffen - wir werden dem nachgehen und erforderlichenfalls Änderungen vornehmen. Unsere Bitte an unsere Leser: Schauen Sie sich ebenfalls einmal für Ihren Bereich auf dem neuen WikiMissa um, damit Sie die Einträge dort vervollständigen oder falls erforderlich auch korrigieren. können. Wer mit der Wiki-Technik nicht zurechtkommt, kann uns die aktuellen Daten auch per Mail zukommen lassen - wir tragen das dann auf WikiMissa ein.