„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Wo verlaufen die Bruchlinien?
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- 13. Februar 2021
Wo so viel von Bruch und Spaltung in der Kirche die Rede ist, stellt sich immer dringlicher die Frage: Wo genau verlaufen eigentlich die Bruchlinien – und welche Rolle spielt dabei die überlieferte Liturgie? Äbtissin Christiana Reemts OSB von Mariendonk hat dazu unter Datum vom 8. Februar einen durchaus lesenswerten Beitrag auf dem Blog der Abtei (https://mariendonk.de/index.php/blog) veröffentlicht, in dem sie die Situation ihres Kloster als „zwischen allen Stühlen“ beschreibt: „Die Progressiven finden uns hoffnungslos altmodisch, die Konservativen lehnen uns ab, weil wir nicht die tridentische Messe feiern und die Mundkommunion nicht für die Mitte unseres Glaubens halten.“ Mag sein, daß Sr. Christiana da ungute Erfahrungen gemacht hat – in Tradiland gibt es auch Leute mit einem ausgesprochen wenig charmanten Diskussionsstil. Aber die eigentliche Grenze zwischen „katholisch“ und „nicht mehr katholisch“ - eine Unterscheidung, die getroffen werden kann und in vielen Fällen auch getroffen werden muß – verläuft nicht entlang dieser beiden Fragen.
Rechtlich ist die Sache ganz eindeutig – und die römische Kirche als Erbin der Rechtskultur Roms tut gut daran, die Bedeutung von Geist und Buchstaben des Rechtes auch in Zeiten der allgemeinen Verwilderung hochzuhalten. Der „Novus Ordo“ nach dem Messbuch Pauls VI. ist (ein) ordentlicher Ritus der römischen Kirche, wer als Zelebrant oder Gemeindemitglied die Messe nach der Ordnung dieses Messbuchs feiert, kann nicht deshalb außerhalb der katholischen Gemeinschaft stehen. Ähnliches, wenn auch nicht genau das gleiche, gilt für die Handkommunion.
Von dieser grundsätzlichen Ebene zu unterscheiden sind zwei andere Aspekte des Problems: Ist die „neue Liturgie“ die geeignete, ja sogar die einzig sinnvolle und zulässige Antwort auf die Krise des Christusglaubens im 20. Jahrhundert? Und zum zweiten: Ist die Praxis der neuen Liturgie überall oder zumindest in der Regel von dem Willen geprägt, die Identität der Kirche mit sich selbst – und damit mit Christus – zu erhalten und in die Zukunft weiter zu tragen?
Bischöfe in der Revolte
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- 10. Februar 2021
Wer sich, wie unsereins zu seinem Unglück, noch immer nicht von der Gewohnheit lösen konnte, täglich auf „katholisch.de“ vorbeizuschauen – schließlich hängt man ja immer noch ein wenig an dem alten Verein – der konnte dort seit Jahresbeginn den Eindruck gewinnen, die Redaktion des Portals und die dahinter stehenden Bischöfe bereiten sich auf den Endkampf vor.
Heute z.B. Beispiel verkündet die vom BDKJ delegierte „Synodale“ (merkwürdige Bezeichnung für die Mitgehende eines Synodalen Weges, der keine Synode sein will und darf), heute also verkündet die Synodale Norpoth: „Konsens ist kein dauerhaft gangbarer Weg“. „Konkrete Beschlüsse müssen her“ - zum Weiheamt für Frauen und der Überarbeitung des Katechismus. Da kann man sich nicht immer von den Langsamen oder gar Gestrigen ausbremsen lassen, da braucht es Entscheidungen auf der Basis von Mehrheiten. Und wenn sich da nicht mehr bald – gedacht ist an den Herbst – etwas tut, dann ist das eben für solche Synodenteilnehmenden nicht mehr ihre Kirche.
Zur Weiterführung verlinkt die Seite dann auf einen Artikel von vor einem Jahr über die Notwendigkeit einer „Weiterentwicklung“ des Katechismus, damit der nicht mehr von vielen Gläubigen als eine „aus der Welt gefallene Vorschriftensammlung“ betrachtet werden muß.
Die gerade neu ernannte Augsburtger Fast-Generalvikarin Sr. Anna Schenk sieht sich als „Sparringspartner“ für Bischof Meier und möchte „Vorbild für andere Frauen in der Kirche sein“. Abtpräses Schröder befindet: „Einfache Entschuldigungsbitten von Bischöfen reichen nicht“ und zielt damit auf den von allen Seiten zum Rücktritt aufgeforderten Kardinal Woelki. Ein Theologe namens Belok sieht „Keinen Priestermangel, sondern Weihemangel in der Kirche“, dem doch durch die Weihe von Frauen im Handumdrehen abzuhelfen wäre. Und ein „Katholisches LSBT+Komitee übt Schulterschluss mit Maria 2.0“, während die „Kfd“-Frauen sich gegen Maria 1,0 wenden und streng verfügen: „Homosexualität spielt keine Rolle bei Mißbrauch“. Das alles aus der Aktualitätenbox vom Vormittag des 10. Februar!
Die Dekonstruktion der Kirche
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- 08. Februar 2021
Wer es sich wie unsereins immer noch antut, täglich zumindest die Überschriften der neuen Beiträge auf katholisch.de zu überfliegen, zieht daraus einen zweifachen Eindruck: Generelle Linie der Redaktion ist eine merkwürdige Art von Dekonstruktivismus, die alles, was spezifisch katholisch ist, darüber hinaus aber auch alles, was überhaupt irgendwie „religiös“ ist, verächtlich machen und delegitimieren will. Ausgenommen davon ist allein das, was als „soziales Engagement“ durchgehen kann – vorausgesetzt, dieses edle Tun wird nicht dazu „mißbraucht“, den Blick der Menschen auf die Übernatur oder gar auf Christus zu lenken.
Der zweite Eindruck ist der einer zunehmenden Verschärfung im Ton und Brutalisierung in der Sache. Die „Mehrheiten stehen“, wie man im parlamentarischen Betrieb sagt, Rücksicht auf Minderheiten oder gar die „Menschen draußen im Lande“ sind nicht erforderlich und könnten den Siegeszug der neuen Zeit nur aufhalten. Wer das dennoch versucht, erfährt die einst von Papst Benedikt beklagte „sprungbereite Feindseligkeit“ der sich siegreich wähnenden Revolutionäre, die sich inzwischen getreu dem gesamtgesellschaftlichen Vorbild zum einem kaum noch bezähmaren Vernichtungswillen gesteigert hat: Wer nicht spurt, wird zunächst marginalisiert und dann wo irgend möglich vernichtet.
Bemerkenswert bei alledem ist der Umstand, daß die Propagisten der deutschkatholischen Parteilinie auch immer weniger Rücksicht auf „Rom“ nehmen, als ob sie die Hoffnung aufgegeben hätten, von dort einen Segen für ihre Vorhaben zu erhalten. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit so irgendeine drittklassige Sternin deutschkatholischer Universitätstheologie da erklärt: „Vatikan-Dokumente zu Gender werden in der Theologie kaum beachtet“ und diesen praktischen Vollzug eines „Los von Rom“ offenbar als großen Schritt in die richtige Richtung anpreist.
Frankreichs Bischöfe gegen die Überlieferung
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- 05. Februar 2021
Im vergangenen März hatte die Gottesdienstkongregation sich mit einer Umfrage an die Bischöfe der Weltkirche gewandt und sie gebeten, ihre Erfahrungen mit der Praxis der vor 14 Jahren durch Summorum Pontificum rehabilitierten „alten Messe“ in ihren Bistümern mitzuteilen. Nun ist die von der französischen Bischofskonferenz zusammengestellte Kollektivantwort auf diese Anfrage bekannt geworden und hat in den Kreisen der Tradition einiges Aufsehen erregt. Dabei kann der Inhalt dieser Antwort eigentlich niemanden überraschen: Die französische Bischofskonferenz, die in diesem Fall sicher für die überwiegende Mehrheit der ihr angehörenden Bischöfe spricht, ist gegen alles, was mit der überlieferten Liturgie zu tun hat. Gegen Summorum Pontificum, gegen die Überlieferte Lehre, gegen alle Katholiken, die sich dem unter Berufung auf das 2. Vatikanum auch in Frankreich durchgesetzten Säkularisierungskurs der Kirche nicht unterwerfen wollen. Das ist ihre Haltung seit über 50 Jahren, und niemand konnte erwarten, daß sie ausgerechnet im 8. Jahr des Pontifikates von Franziskus davon abgehen könnten.
So nicht zu erwarten, aber durchaus aufschlußreich war der eher formale Umstand, daß die Bischofskonferenz als Urheber der Antwort an Rom auftritt, wo doch die Diözesanbischöfe um ihre konkreten Erfahrungen in den Bistümern angefragt worden waren. Anscheinend war man sich in der Zentrale – die übrigens bei weitem nicht so gut ausgestattet und schlagkräftig ist wie ihr deutsches Gegenstück – nicht sicher, daß genug Bischöfe die Parteilinie in der erwünschten Sturheit vertreten würden und hat die Sache an sich gezogen – der „demokratische Zentralismus“ leninschen Angedenkens regiert auch hier. Wenn die Antworten in der Zusammenfassung an Konkretheit und damit an Aussagekraft für die Analyse in der Glaubenskongregation verlieren – umso besser. Auch in Frankreich gibt es einen starken „antirömischen Affekt“, und auch dort versuchen die säkularistischen Kräfte sich einerseits immer mehr von Rom zu lösen und andererseits alle Bistümer auf ihre Einheitslinie zu verpflichten. In Italien ist die nationale Bischofskonferenz ebenso vorgegangen, und wenn das in Deutschland bis jetzt noch nicht geschehen ist, dann wohl hauptsächlich deshalb, weil die Säkularisten hier in erster Linie den „Synodalen Weg“ als Transmissionsriemen für die Durchsetzung ihrer Agenda betrachten und die überlieferte Liturgie ohnehin weitgehend „eingehegt“ zu haben glauben.
Die amerikanische Website „LifeSiteNews“ hat unter Datum vom 2. Februar eine ausführliche Besprechung des französischen Dokuments gebracht, dessen Originalversion Sie hier als PDF herunterladen können.
Eine Präfation für die 'Gesimas
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- 03. Februar 2021
Im vergangenen Jahr hat die für die Belange der überlieferten Liturgie zuständige Glaubenskongregation mit zwei Erlassen den Heiligenkalender für die traditionelle Form erweitert und die Verwendung einiger neuer Präfationen zugelassen. Wir haben konkret dazu bereits im letzten März (zum Heiligenkalender) und im April (zu den Präfationen) Stellung genommen. Frühere Artikel zum Thema Neue Präfationen finden Sie hier und hier. Fr. Hunwicke hat den Sonntag Septuagesima zum Anlaß genommen, daran zu erinnern, daß die ursprünglichen Plände der Glaubenskongregation auch die Neu/Wiederaufnahme einer Präfation zu den Sonntagen der Vorfastenzeit vorsahen - die dann jedoch aus nachvollziehbaren Gründen unterblieb. Fr. Hunwicke befaßt sich mit diesen Gründen und stellt anschließend einige Überlegungen zur (vermuteten) sprachlichen Urform dieser Präfation und ihrer veränderten Aufnahme in das Messbuch des Novus Ordo an. Er schließt seine Ausführungen mit einigen höchst bededenkenswerten Gedanken zur sprachlichen Prägnanz der ältesten lateinischen Messgebete und zu der im konkreten Fall vorliegenden tiefen Verwurzelung in der ganzen Heilsgeschichte von Altem und Neuem Testament. Wir haben die auf Fr. Hunwicke's Mutual Enrichment an zwei Tagen hintereinander erschienenden Texte zusammengefasst und übersetzt.
(1. Teil) Ungefähr vor einem Jahr ist die Gottesdienstkongregation tätig geworden. Interessierte Leser werden wissen, daß dieses Dikasterium die Aufgaben der guten alten Heiligen Ritenkongregation hinsichtlich der authentischen Form des römischen Ritus übernommen hat. Und besonders erfreulich: Ihre Tätigkeit hat einen Liturgisten namens Grillo in Wut versetzt. Er ist nämlich der Ansicht, daß es falsch wäre, noch irgendetwas hinsichtlich der authentischen Form zu unternehmen, da sie doch bereits unwiederruflich in der Vergangenheit erstarrt sei. Woher wissen wir, daß sie so erstarrt ist? Nun, weil sie sich nicht verändert hat – ein schönes Beispiel für eine Argumentation im Kreis.
Die Änderungen durch die Gottesdienstkongregation (die alle lediglich Wahlmöglichkeiten eröffnen) bezogen sich auf die Präfationen und in einem eigenen Dekret auf das Kalendarium. Die Einführung weiterer Präfationen war bereits von Benedikt XVI. in Summorum Pontificum vorgeschlagen worden. Und tatsächlich waren einige weitere (gallikanische) Präfationen aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts mit einer Sondererlaubnis bei der Piusbruderschaft und anderswo schon seit langem in Gebrauch.
Aus der Zeit gefallen?
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- 01. Februar 2021
Wie aus der Zeit gefallen mag der 1. Februar in diesem Jahr den Gläubigen erscheinen, die ihr Leben an der überlieferten Liturgie der Kirche ausrichten: Mit dem Sonntag Septuagesima begann gestern die Vorfastenzeit, der äußere Vorhof des Osterfestkreises, dessen inneren Vorhof die Fastenzeit und dessen Heiligtum die Woche des Triduums und der Ostertag bildet. Doch erst morgen endet traditionell mit dem Fest der Reinigung Mariens die Weihnachtszeit: 40 Tage nach der Geburt eines Sohnes war die jüdische Mutter nach dem Gesetz Moses zu einem Reinigunsopfer verpflichtet, und selbstverständlich hat auch Maria die Gottesgebärerin dieses Gesetz eingehalten. Dieser 40. Tag ist in der Kirche des Westens seit der Festlegung des Weihnachtstages auf den 25. Dezember des Sonnenkalenders unverrückbar der 2. Februar. Das Datum von Septuagesima dagegen, der 9. Sonntag vor Ostern, schwankt mit dem Ostertermin, der an den Vollmond gebunden ist. Und wenn Ostern früh ist – das ist alle drei bis fünf Jahre der Fall, zum letzten Mal 2018 – beginnt nach dieser Logik der österliche noch vor dem Ende des weihnachtlichen Festkreises.
Das ist nicht die einzige Unschärfe, die sich mit dem heutigen Montag nach Septuagesima verbindet. Septuagesima – das wäre eigentlich der 70. Tag vor Ostern, aber da Ostern eine Sache des Sonntags ist und man in der Antike den symbolischen Wert von Zahlen mindestens so hoch veranschlagte wie den numerischen, sind die Sonntage der Vorfastenzeit nur annäherungsweise durchgezählt: Schon nach 7 Tagen folgt auf den „Siebzigsten“ der Sonntag „60 Tage vor Ostern (Sexagesima)“, und diesem nach weiteren 7 Tagen der Sonntag „50 Tage vor Ostern (Quinquagesima)“. Und überhaupt sind es ja nur 63 Tage, die hier großzügig als „70“ angesprochen werden, wohl um der Jahre vor der Erlösung Israels aus dem babylonischen Exil zu gedenken.
Im sakralen Raum gehen Uhren und Kalender anders als in der profanen Welt. Das ist der modernen Welt schwer vermittelbar und war wohl eines der Motive dafür, daß die Liturgiereform die ganze Vorfastenzeit und damit auch die anstößige Zählung ihrer Sonntage einfach „abschaffte“ und durch eine staubtrockene Zählung „im Jahreskreis“ ersetzte. So ist der Sonntag Septuagesima wenn auch vielleicht nicht aus der Zeit, doch aus dem römischen Meßbuch in seiner verstümmelten Form gefallen. Wer will, mag darin einen wichtigen Etappensieg des säkularen Geistes über den sich jeder Rechenmaschine entziehenden Geist des Säkularismus sehen. Der nächste Schritt wäre dann die Aufgabe des immer wieder auf Unverständnis stoßenden schwankenden Osterdatums. Endlich ein Kalender nach den Bedürfnissen von Handel und Industrie!
Natürlich hängt der christliche Glaube nicht von jeder Einzelheit der aus der Geschichte überkommenen Weltbilder und ihrer symbolischen Deutung ab, wie sie uns am Vorfastensonntag Septuagesima und dessen Überschneidung mit der Weihnachtszeit entgegentreten. Aber er hängt sehr wohl daran, daß die Christen ihre Wahrnehmungsfähigkeit nicht in opportunistischer Anpassungsbereitschaft auf das beschränken, was einer säkularistisch amputierten Rationalität einsichtig ist.