„Lex orandi - lex credendi“ - Nach Prosper von Aquitanien († 455) formulierter Kernsatz zur gegenseitigen Abhängigkeit von Glaube und Liturgie.
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Nachtrag und Abgesang
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- 29. Januar 2017
Auf seiner Zusammenkunft am Samstag hat das Generalkapitel des Malteserordens die von Papst Franziskus bereits getroffenen Maßnahmen akzeptiert: Die Suspendierung des Großkanzlers von Boeselager, der wegen der Hinnahme von Aktionen zur Kondomverteilung in Krisengebieten in die Kritik geraten war, wird zurückgenommen. Der Rücktritt des vom Papst zum Amtsverzicht gedrängten Großmeisters (er war quasi der „Staatspräsident“ des souveränen Ordens) wird akzeptiert, ebenso die Einsetzung eines päpstlichen „Delegaten“, unter dessen Aufsicht eine spirituelle Neuausrichtung erfolgen soll. Die Souveränität des Ordens „hinsichtlich der Beziehungen zu den Botschaftern ausländischer Mächte“ wird unterstrichen. Ausdrücklich
dankt das Generalkapitel Papst Franziskus und Kardinalstaatssekretär Parolin für Ihr Interesse an und ihre Fürsorge für den Orden. Der Orden weiß es zu schätzen, daß alle Entscheidungen des Papstes unter Beachtung und Respekt für den Orden getroffen wurden, um dessen Souveränitt zu stärken“ (Quelle).
Einige Einzelheiten der insgesamt äußerst unappetitlichen Affäre sind in der laufenden Berichterstattung und Kommentierung auf Rorate Cæli nachzulesen. Andere, insbesondere hinsichtlich der Rolle, die deutsches Geld und deutsche Theologie bei der Gleichschaltung des traditionsreichen Ordens gespielt haben, werden wohl erst von zukünftigen Historikern aufgeklärt werden können – wenn überhaupt.
Beendet ist die traurige Angelegenheit mit den Entscheidungen der vergangenen Woche wohl kaum. Katholisch.de als Sprachrohr des Deutschen Katholizismus spricht bereits offen die Erwartung aus, die Krise könne nun „zu einer Causa Burke werden“ - schließlich hatte Papst Franziskus den amerikanischen Kardinal nach seiner Entlassung als oberster Richter der Kirche in die Position eines „Kardinalpatrons“ des Malteserordens abgeschoben.
Eine solche Ausweitung der Affäre ist jedenfalls nicht auszuschließen, wird jedoch den Kardinal selbst nur wenig berühren. Kardinal Burke hat bereits öffentlich erklärt, daß sein Glaube, seine Auslegung des Kirchenrecht und seine Entscheidungen nicht davon abhängen, welche Ämter und Titel ihm verliehen oder entzogen werden könnten.
Auswirkungen sind dagegen zu erwarten auf die bereits seit einiger Zeit in der Schwebe verharrenden Gespräche über eine Rückkehr der Piusbruderschaft in die volle Einheit mit dem päpstlichen Stuhl. Nachdem Franziskus und die ihn umgebenden Kreise nun bereits mehrfach demonstriert haben, mit welcher Brutalität sie gegen alle materiell oder geistlich Abhängigen vorgehen, die sich ihren revolutionären Bestrebungen nicht unterwerfen, werden wir von diesem Thema in der näheren Zukunft wohl nichts mehr hören.
Die 4. Woche
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- 28. Januar 2017
Aufreger der Woche ist das Vorgehen des Papstes gegen den Orden der Malteserritter, und das nicht ohne Grund: Rechtlich gesehen ist der Vorgang nichts anderes als die Annexion eines Staates durch einen anderen – selbst wenn beide Staaten, bestenfalls, Operettenformat aufzuweisen haben. Das Trauerspiel ist noch nicht abgeschlossen, aber eines muß heute schon ganz klar gesagt werden: Die Existenz des Malteserordens als souveränes Völkerrechtssubjekt ebenso wie als Ordensgemeinschaft innerhalb der Kirche berührt keine Fragen des Glaubens und gehört insoweit nicht zum Wesentlichen der Kirche.
Das gilt auch dann, wenn man ins Auge fasst, daß die Annexion des Ordens durchaus geeignet ist, die völkerrechtliche Stellung des Hl. Stuhles selbst zu untergraben: Auch die Existenz eines souveränen päpstlichen Staates im Vatikan gehört nicht zum Wesentlichen der Kirche. Nicht zu diesem Wesenskern gehört ebenfalls, daß der Papst einen klaren Verstand, unanfechtbaren Charakter und unbedingte Achtung vor dem Gesetz Gottes und der Kirche hat – die Geschichte kennt Gegenbeispiele.
Zum Wesentlichen der Kirche gehört, daß der Papst in seiner Lehre dem Wort Gottes folgt, wie das fleischgewordene Wort es seiner Kirche anvertraut und die Nachfolger Petri es gestützt auf die ungebrochene Tradition seit Väterzeiten verkündet und verteidigt haben. Daß genau daran und nicht erst seit Amoris Laetitia ernste Zweifel aufgetaucht sind, und daß der Verwalter des Lehramtes sich hartnäckig weigert, diese Zweifel zu zerstreuen, ist das wirklich Beunruhigende. Alles anderes gehört nicht zu den Ursachen, sondern zu den Erscheinungsformen der Krise. Daß die Krisenerscheinungen dann selbst wieder zu Ursachen für die weitere Verschärfung der Krise werden, steht auf einem anderen Blatt.
Zumal die Krisenerscheinungen immer mehr Gebiete erfassen. Die Liturgiekrise ist längst als eine dieser Erscheinungen erkannt, die einerseits auf dem Glaubensverlust beruhen, ihn andererseits immer weiter um sich greifen lassen. Die seit dem Rücktritt Papst Benedikts offen erkennbar gewordenen Krisen der Anwendung des Kirchenrechts, der kirchlichen Institutionen und des Papsttums selbst haben ähnlich hohes Zerstörungspotential.
Offenbar sind wir in diesen Wochen und Monaten Zeugen einer geradezu lustvollen Zertrümmerung der Formen der Kirche, die sie in den vergangenen tausend Jahren angenommen hat. Nicht alle Verluste, die damit einhergehen, sind beklagenswert. Umso mehr zu beklagen ist, daß der Furor der ihrer Sache allzu sicheren Zerstörer nichts mehr vom Zusammenhang zwischen Formen und Inhalten weiß, alles gleicherweise zur Disposition stellt und die Übereinstimmung zum Welt- und Menschenbild der Gegenwart zum alleinigen Kriterium und anscheinend auch höchsten Wert zu machen scheint. Dieser Ungeist ist nicht mehr nur „postkatholisch“, er geht auch, wie es zeitgeistige Theologien auch bereits formuliert haben, „über Christus hinaus“. Erst ins Universelle, dann ins Leere. Und er ist nach langem Rumoren im Untergrund nun im Zentrum der verfassten Kirche angekommen. Was das für diejenigen bedeutet, die an der Tradition nicht wegen ihrer Formen festhalten, sondern wegen ihres von Christus verbürgten Inhalts – der freilich auch durch Formen gestützt werden muß, solange Menschen Mensch sind – ist neu zu bewerten. Das Bekenntnis „ubi Petrus, ibi ecclesia“ scheint seinen eindeutigen Inhalt zu verlieren.
Barmherzigkeit in Texas
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- 27. Januar 2017
Am 9. Januar dieses Jahres starb der ehemalige Erzbischof von San Antonio, Texas, Patrick Fernandez Flores im Alter von 86 Jahren. Am 19. enthob der gegenwärtige Erzbischof Gustavo Garcia-Siller den vor 30 Jahren von Flores zum Priester geweihten Pfarrer der Gemeinde „Our Lady of the Atonement“, Fr. Christopher Phillips, seines Amtes (Quelle) und erlegte ihm einen „Besinnungsurlaub“ auf. Gleichzeitig ernannte er für die von der abrupten Entscheidung völlig überraschte und schockierte Gemeinde einen Pfarradministrator – gleichbedeutend mit der direkten Unterstellung unter die Diözesanverwaltung. Er begründete seinen Schritt damit, daß die Gemeinde einen Sonderweg eingeschlagen habe, der die Einheit im Bistum beeinträchtige.
Zumindest hinsichtlich der Feststellung einer Besonderheit hat der Bischof noch nicht einmal unrecht. Our Lady of the Atonement war nicht nur eine Gemeinde mit gut besuchten Gottesdiensten, würdiger Liturgie, einem weithin anerkannten Bildungsprogramm und wohlgeordneten Finanzen. Pfarrer Philipps, verheiratet, fünf inzwischen erwachsene Kinder, war in den 80er Jahren mit 18 Familien aus der Episkopalkirche ausgetreten und unter Hinterlassung von Kirche, Pfarrhaus und Rentenansprüchen katholisch geworden. Unter der noch von Papst Johannes Paul II. erlassenen „Anglican provision“ konnte er nach einem Zusatzstudium zum Priester geweiht und offiziell als Pfarrer seiner Gemeinde eingesetzt werden. Diese Gemeinde entwickelte wegen ihres anglikanischen Erbes – unter anderem einer zwar in englischer Sprache gefeierten, aber ansonsten nahe am überlieferten Missale Romanum festhaltenden „hochkirchlichen“ Liturgie – beträchtliche Anziehungskraft. Sie wuchs daher schnell über den Rahmen der ursprünglichen Konvertitengemeinde hinaus und hat heute über 500 Familien.
Schon diese Entwicklung sorgte gelegentlich für Reibungen, die aber unter Bischof Flores, der die Gemeinde von Pfarrer Phillips stets unterstützt hatte, stets bewältigt werden konnten. Die Situation verschlechterte sich, als Pfarrer Phillips nach dem altersbedingten Rücktritt von Bischof Flores, der seine Tätigkeit immer unterstützt hatte, um den Beitritt zum 2012 errichteten Personalordinariat vom Stuhl Petri für die Katholiken aus der anglikanischen/episkopalen Tradition in Nordamerika bemühte.
Bischof Silla hat sich nach dem Tod von Erzbischof Flores gerade einmal eine Woche Zeit gelassen, das Problem auf die im Pontifikat der Barmherzigkeit übliche Weise zu lösen: mit einem Gewaltstreich.
Man mag sich gar nicht vorstellen, wie dieses Pontifikat mit dem Erbe von Papst Benedikt verfährt, sollte dieser vor seinem Nachfolger Franziskus abberufen werden.
Kleider machen Leute
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- 26. Januar 2017
Das letzte Mal, daß wir etwas von den niederländischen Dominikanern hörten, war anläßlich der Publikation ihres Manifests „Kirche und Amt“. Darin hatten sie das gesamte traditionelle katholische Verständnis vom Priestertum abgeräumt. Sie wollten nicht etwa nur das Priesteramt auch für Frauen und überhaupt jedes von 62 Geschlechtern öffnen – in Zukunft sollte es überhaupt keiner besonderen Weihe mehr bedürfen, den „Vorsitz bei der Eucharistiefeier“ zu übernehmen.
Nach 10 Jahren ist der Orden – über die Zahl seiner Angehörigen und Niederlassungen in NL war leider nichts in Erfahrung zu bringen – nun mit einer weiteren genialen Idee an die Öffentlichkeit getreten: Zusammen mit dem „bekannten Modelabel Byborre“ haben die Söhne des hl. Dominikus einen neuen Habit entwickelt, um auszutesten, auf welche Weise man die Mönche besser in der heutigen Gesellschaft sichtbar machen könne. Apostatisch.de, pardon, katholisch.de ist begeistert versäumt freilich nicht, gleich zweimal zu betonen, daß der neue Entwurf keinesfalls zur tatsächlichen Verwendung bestimmt sei, sondern nur die Diskussion über ein zeitgemäßes Charisma des öffentlichen Auftritts beflügeln solle.
Das glauben wir aufs Wort.
Kleider machen Leute – das war schon immer so. Der andere Spruch, der einem hierzu einfallen könnte, wäre eine dominikanische Abwandlung von: Der Kaiser ist nackt. Das verkneifen wir uns aber. Nicht nur, weil es uns irgendwie unziemlich vorkäme, sondern weil die Verhältnisse ja wohl eher umgekehrt sind: Das neue Kleid, das beweisen die auf katholisch.de gezeigten Photos des im Habit posenden professionellen Models, gibt es zweifellos. Aber wie lange gibt es auch noch jemanden, der es tragen könnte?
Die Bekehrung des Saulus
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- 25. Januar 2017
Die Kirche begeht am 25. Januar eines der merk-würdigsten Feste ihres Kalenders: Das Gedächtnis der Bekehrung des Saulus, der zum Paulus wurde. Dieses Gedächtnis hat viele Facetten: Die Wendung vom Anführer einer Fanatikermiliz, die unter anderem den Mord am Diakon Stephanus ausgeführt hatte, zu einem der eifrigsten und jedenfalls wortmächtigsten Prediger des jungen Christusglaubens. Den brutalen Eingriff Gottes in ein Menschenleben, den er blendete, betäubte und zu Boden warf – und dann als einen völlig Verwandelten und in die tiefsten Geheimnisse eingeweihten neuen Menschen wieder aufstehen ließ. Völlig verwandelt nicht nur im Inhalt seiner Überzeugungen, sondern auch hinsichtlich der Mittel, mit denen er seine neuen Gewissheiten künftig vertreten sollte. Schließlich der unglaublichen Anspruch an die kleine Gemeinde von Damaskus, den Mann als Bruder aufzunehmen, von dem doch alle wussten, daß er gekommen war, um ihnen das Todesurteil auszustellen.
Da wirkte in der Tat der „Gott der Überraschungen“. Im menschlichen Leben können wir da offensichtlich vor gar nichts sicher sein. Ganz anders freilich in der Lehre – da läßt auch der so überraschend vom Saulus zu Paulus gewandelte Pharisäer nicht den geringsten Zweifel aufkommen. Er kennt und lehrt „allein Jesus Christus, den Gekreuzigten“ (1. Kor. 2), und im Brief an die Galater schreibt er mit klarer Härte:
Ich wundere mich, dass ihr so schnell von dem abfallt, der euch durch Christi Gnade berufen hat, zu einem anderen Evangelium, [wo] es [doch] kein anderes gibt, außer daß es einige gibt, die euch verwirren und die das Evangelium Christi verdrehen wollen. Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium verkündigen würden entgegen dem, was wir euch verkündigt haben - er sei verflucht!
Neuer Zugang zur Tradition des Glaubens
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- 24. Januar 2017
In einer Zeit, in der von der Spitze der Kirche größte Verwirrung ausgeht, wird Zeugnis und Lehre der Kirchenväter immer wichtiger: Sie geben zuverlässig Auskunft darüber, was in der Kirche „allenorts, immer und von allen“ (Vinzenz v. Lerins) geglaubt worden ist und daher auch heute als Richtschnur zu betrachten ist. Allerdings ist der Umgang mit den Schriften der Kirchenväter nicht gerade einfach – und das nicht nur wegen des schieren Umfangs dieses Werkes – die deutschen Übersetzungen in den Reihen der Bibliothek der Kirchenväter füllen an die 200 Bände und sind immer noch nicht vollständig. Dieses gewaltige corpus wird auch nicht dadurch handlicher, daß es seit wenigen Jahren zu großen Teilen im Internet erreichbar ist.
Schon früh entstand daher das Bedürfnis, längere Auszüge oder zumindest Zitate aus der Hinterlassenschaft der Kirchenväter nach inhaltlichen Gesichtspunkten zusammenzustellen. Eine der bekanntesten derartigen Sammlungen ist die Catena Aurea, die Mitte des 13. Jahrhunderts nach Auftrag von Papst Urban IV. unter Leitung von Thomas v. Aquin zusammengestellt worden ist. Sie hat die Form eines laufenden Kommentars zu den vier Evangelien. D.h, sie bringt die Erklärungen der Kirchenväter zu den jeweiligen Schriftstellen in einer Form, die nahezu eine zusammenhängende Schrifterklärung abgibt. Es gibt dieses weit über 1000 Seiten umfassende Werk in mehreren 3 oder 4-bändigen Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert, die im Antiquariatshandel günstig zu bekommen sind. Die Originalausgaben sind natürlich nur in Latein abgefasst, es gibt aber, ebenfalls aus dem 19. Jh., auch deutsche Übersetzungen – eine davon ist 2014 in überarbeiteter Form beim Sarto-Verlag neu herausgekommen, derzeit aber anscheinend nicht lieferbar.
Die Form des Evangelienkommentars macht es besonders leicht, die in den unterschiedlichsten Zusammenhängen getroffenen Aussagen der Kirchenväter zu bestimmten Bibelstellen aufzufinden – die Catena wurde daher von Anfang an gerne für die Vorbereitung von Predigten genutzt, um die Auslegung des Evangeliums auf eine sichere Grundlage zu stellen. Mit dieser Zielsetzung wird die Catena in deutscher Sprache auch heute noch als „Kommentare der Kirchenväter zu den Evangelien“ von einem Team um die Wiener Theologin Marianne Schlosser gepflegt und publiziert – auch hier gibt es eine Zugriffsmöglichkeit über das Internet. Allerdings folgt diese Edition der in vielerlei Hinsicht zweifelhaften reformierten Leseordnung von 1970 und ist daher für die Liturgie im überlieferten Ritus nur begrenzt verwendbar.