Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
Mosebach: Zurück zur Form
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- 25. März 2017
Martin Mosebach hat einen großen Artikel zum Stand der Liturgie im 10. Jahr von Summorum-Pontificum geschrieben, der vor zwei Wochen zunächst auf Englisch bei First-Things erschienen ist: Return to Form - A Call for the Restauration of the Roman Rite. Jetzt hat First Things auch die deutsche Originalversion veröffentlicht: Zurück zur Form. Wir zitieren hier noch einmal unsere an Hand der englischen Fassung verfasste Leseempfehlung - es lohnt sich.
Mosebach stellt zwei Komplexe ins Zentrum seiner Überlegungen. Der eine ist eine großangelegte Einschätzung des historischen Stellenwertes der versuchten Abschaffung des überlieferten Ritus durch die nachkonziliaren Reformer und Papst Paul VI. Dabei zeichnet der Autor das Bild eines historischen Bruches, ja einer historischen Katastrophe, deren volles Ausmaß inzwischen für jeden erkennbar ist, der sich nicht mit Märchengeschichten von einem „neuen Frühling“ den Geist vernebelt. Aus dieser Perspektive gewinnt Mosebach den Blick für die ebenfalls historische Bedeutung des Motu-Proprio von Papst Benedikt, der diesen Ritus nicht nur „wieder zugelassen“ hat, sondern unmißverständlich erklärte, daß er nie verboten war, weil ein solches Verbot die Vollmacht jedes Papstes und jedes Konzils übersteigen würde. Was die Kirche weit über anderthalb Jahrtausende lang gepflegt und gelehrt hat, steht nicht zur Disposition. Nur diese Tradition kann die Maßstäbe liefern, anhand derer jene organische Entwicklung möglich ist, die den Ritus schon immer getragen hat.
Deutlicher, als man das vielfach zu sagen wagt, deutet Mosebach auf die Parallelen zwischen den marxistischen Kulturrevolutionen der 60er Jahre und der säkularistischen Revolution in der nachkonziliaren Kirche – und dabei läßt er durchaus offen, wo die Anstöße und wo die Echos zu sehen sind.
Der zweite Schwerpunkt des Artikels ist der Verweis auf die Bedeutung, die den Laien in der aktuellen Situation für die Wiederherstellung der Liturgie im Geiste der Tradition zukommt. Der Apparat – von der Spitze in Rom bis zu den Ortsbischöfen – hat sich weitgehend auf das modernistische Paradigma verpflichtet und nutzt seine Macht, den Status quo – also eine der Säkulargesellschaft vermeintlich angenehme Form von Lehre und Liturgie – zu verteidigen. Es liegt vor allem an den Laien, die von Summorum-Pontificum eröffneten Möglichkeiten zu nutzen und zusammen mit Priestern, die weiterhin Gottesdienst und nicht Menschendienst feiern wollen, auf die Wiederherstellung der Liturgie hinzuarbeiten, indem sie sie so praktizieren, wie sie nach der Tradition der Kirche zu praktizieren ist. Was „von oben“ aufgegeben und abgeschafft worden ist, konnte nur deshalb so umfassend zerstört werden ist, weil es schon zuvor vielerorts seine Wurzeln verloren hatte. Es kann nicht per Befehl wieder verordnet werden, sondern es muß „von unten“ her wieder aufgebaut werden.
Erzbischof Pozzo zur Rekonziliation
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- 24. März 2017
Im Bericht zur 10. Woche hatten wir ausführlich die Positionen von Bischof Fellay zur näherrückenden Rekonziliation der Piusbruderschaft mit dem Päpstlichen Stuhl referiert. Etwa zur gleichen Zeit hat sich im Interview mit der Tagespost auch der zuständige Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, Erzbischof Guido Pozzo, zu den damit verbundenen Fragen geäußert. Wir zitieren daraus einige Kernaussagen. Gefragt, ob er erwarte, noch in diesem Jahr eine Einigung zu erreichen, antwortete der Erzbischof:
Man kann zuversichtlich sein, dass die Überwindung des Bruchs mit der kanonischen Anerkennung der Piusbruderschaft in der rechtlichen Form einer Personalprälatur bald erreicht wird. Um an dieses Ziel zu gelangen, wird auf der einen Seite die Priesterbruderschaft aufgefordert, der vom Heiligen Stuhl formulierten „Lehrmäßigen Erklärung“ zuzustimmen. Auf der anderen Seite wird die Bewahrung der spirituellen, theologischen, liturgischen, disziplinarischen und pastoralen Identität der Priesterbruderschaft durch ein besonderes Gesetz mit entsprechenden Statuten garantiert. Es gibt jedoch keine festgesetzten zeitlichen Fristen.
Auf die Frage, welche lehrmäßigen Fragen vorrangig zu klären seien, antwortete Bischof Pozzo:
Die Priesterbruderschaft hat immer auf eine gewisse Ambiguität hingewiesen, die sich ihrer Meinung nach in einigen Formulierungen der Konzilsdokumente und vor allem in der nachkonziliaren kirchlichen Praxis finden, und zwar in Bezug auf die Ökumene, den Dialog mit den nicht christlichen Religionen, die Beziehung von Kirche und Staat in Bezug auf die Religionsfreiheit, die als Indifferentismus oder Relativismus verstanden wird, die Beziehung des christlichen Denkens zu den Ideologien der Moderne sowie einige Aspekte der Liturgiereform und ihrer Anwendung. Bischof Fellay hat in einem Interview im vergangenen Jahr erklärt, dass sich die Priesterbruderschaft vorbehält, auf die Ambiguität und die Irrtümer hinzuweisen, die sie zu sehen glaubt, dass jedoch die Autorität, die Missverständnisse und die kritischen Punkte zu klären und zu zerstreuen, Rom zusteht. Ich denke, dass auch nach der Versöhnung die Vorbehalte und Schwierigkeiten berücksichtigt werden müssen, auf die die Priesterbruderschaft hinweist, um zu einer Klarstellung, einer Vertiefung und einer nachträglichen Präzisierung dieser Punkte zu gelangen. ...
Über einen absolut fundamentalen Punkt besteht vollkommenes Einvernehmen mit der Priesterbruderschaft: Das Lehramt der Kirche steht nicht über dem geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist (vgl. Dei Verbum, 10). Das Lehramt seinerseits, dem Christus die Bewahrung, die Verteidigung und die Auslegung des Glaubensguts anvertraut hat, hat die Aufgabe, auch die früheren Texte des Lehramts – einschließlich der Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils – auf authentische Weise im Licht der ununterbrochenen Tradition zu erklären und zu verdeutlichen, die gewiss in der Kirche mit dem Beistand des Heiligen Geistes voranschreitet, aber niemals mit einer Neuheit, die dem Vorhergehenden widerspricht, sondern mit einem besseren Verständnis des Glaubensguts „in derselben Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung“ (vgl. Vat. I, Dei Filius, 4 und Vat. II, Dei Verbum, 8). Dieses Prinzip muss auch auf die Dokumente des Zweiten Vatikanums angewendet werden, die im Licht der Tradition und in Übereinstimmung mit dem beständigen Lehramt der Kirche gelesen und verstanden werden müssen, wie Erzbischof Lefebvre selbst 1981 in einem Brief an Papst Johannes Paul II. bekannte.
Das heißt, wenn eine Auslegung oder ein Verständnis oder eine Praxis des Zweiten Vatikanums vorgeschlagen werden, die eine Diskontinuität oder einen Bruch mit der zuvor vom Lehramt definierten oder gelehrten katholischen Doktrin darstellt, muss diese Auslegung als falsch oder unangemessen zurückgewiesen werden. Das Problem ist also nicht das Zweite Vatikanische Konzil als solches, sondern eine gewisse Weise, das Konzil zu verstehen, anzuwenden und zu praktizieren, also der sogenannte „Geist des Konzils".
Ausdrücklich machte der Erzbischof diesen „Geist des Konzils“ dafür verantwortlich, daß in den dem Konzil folgenden Jahrzehnten „Irrtümer, Missverständnisse und Mängel oder parteiische und oberflächliche Interpretationen“ entstanden und verbreitet worden seien, die eine Praxis der Diskontinuität und des Bruchs mit der katholischen Tradition bewirkt hätten. Darüber sei weiterhin konstruktiv und ohne Polemik zu diskutieren, „um die richtige und unversehrte Lehre zu fördern“.
Hier noch einmal der Link zum ganzen Text, dessen Lektüre wir sehr empfehlen.
Barmherzigkeit in Texas II
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- 22. März 2017
Und hier eine außerordentlich erfreuliche Nachricht: Die aus einer anglikanischen/episkopalen Gemeinde hervorgegangene Pfarrei „Our Lady of the Atonement“ im texanischen San Antonio ist seit gestern Teil des Personalordinariates vom Stuhl Petri – also des Ordinariats für die auf der Grundlage von Papst Benedikts Anglicanorum Coetibus aus der anglikanischen Tradition gekommenen Katholiken Nordamerikas. Pfarrer der Gemeinde ist wieder und weiterhin Rev. Christopher Phillips, der die Gemeinde 1983 – damals noch auf der Grundlage der unter Papst Johannes Paul II. erlassenen Pastoral Provision – begründet hatte.
Damit endet ein bizarres Intermezzo, über das wir hier am 27. Januar berichtet hatten: Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte der neue Ortsbischof von San Antonio Pfarrer Phillips in die Wüste geschickt und dessen Nachfolger Maßnahmen ergreifen lassen, um die Pfarrei vollständig in das Novus-Ordo-Umfeld des Bistums zu integrieren. Es gab die üblichen Proteste, aber die meisten Beobachter, uns eingeschlossen, hatten wenig Hoffnung, daß diese Maßnahmen zurückgenommen werden könnten.
Genau das ist jetzt aber geschehen. Auf Veranlassung der Glaubenskongregation, bei der Rev. Phillips Rekurs eingelegt hatte, und mit Zustimmung des Papstes ist eine Direktive des Heiligen Stuhles ergangen, die sämtliche in Nordamerika auf der Grundlage der Pastoral Provision errichteten Gemeinden in das Ordinariat überführt. Inwieweit es da außer San Antonio noch weitere Streitfälle gab, ist uns nicht bekannt, und es ist durchaus möglich, daß es in San Antonio oder anderswo noch Auseinandersetzungen um die stets leidigen Vermögensfragen gibt. Die Grundsatzentscheidung ist jedoch gefallen, und wie es aussieht in einer Weise, die den mühsamen Start der anglikanischen Ordinariate erleichtern dürfte.
Personalprälatur zum Zweiten
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- 21. März 2017
Nachdem erste konkrete Gerüchte über die unmittelbar bevorstehende Rekonziliation der Piusbruderschaft und den Erwerb einer römischen Liegenschaft sich als verfrüht bzw. als Irrtum herausgestellt haben, gibt es jetzt – zurückgehend auf den Vaticanista Tosatti – eine zweite, verbesserte Version. Der Abschluß einer Übereinkunft wäre danach nur noch eine Sache der Unterschriften, und auch ein neuer Ort für den Sitz der zukünftigen Personalprälatur wird genannt: Nicht die zunächst genannte Kirche Santa Maria Immacolata all‘Esquilino, sondern die gerade einmal 1 km entfernte neoromanische Kirche Santa Maria Immaculata e San Benedetto Giuseppe Labre an der Via Taranto im tuskulanischen Stadtbezirk.
Zur Kirche gehört ebenfalls ein umfangreicher Gebäudekomplex, der früher von einer Schwesterngemeinschaft als Schule mit Internat und als Konvent genutzt wurde. Die Kirche untersteht heute der Diözese Rom und ist der Pfarrei Santi Fabiano e Venanzio angeschlossen, die dort Gottesdienste für Angehörige von ausländischen Gemeinden mehrerer Kontinente feiert; das restliche Gebäude ist ganz oder großenteils ungenutzt. Von daher erscheinen die Voraussetzungen für Erwerb und Nutzung des Komplexes durch die Bruderschaft deutlich besser als bei der zuvor genannten Variante auf dem Esquilin.
Nun ist abzuwarten, ob die Übereinkunft zur Errichtung der Personalprälatur tatsächlich nur noch einen Schritt entfernt ist, wie Tosatti ankündigt – oder ob sich auch diese Meldung als voreilig herausstellen wird. Über alles weitere wird nachzudenken sein, wenn das Abkommen tatsächlich unterzeichnet ist.
Una Voce Korrespondenz 2017-I
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- 20. März 2017
Die soeben erschienene 1. Ausgabe des Jahrgang 2017 der Una Voce Korrespondenz hat einen eher ungewöhnlichen Schwerpunkt: In zwei Beiträgen stellt mit Bischofsvikar Serovpe Vartabed Isakhanyan ein Vertreter der armenischen apostolischen Kirche (also des nicht mit Rom in Einheit stehenden Zweiges) die Geschichte seiner Kirche und die wesentlichen Elemente ihrer Liturgie vor. Als dritter Text wird eine Übersetzung des armenischen Mess-Ordos einschließlich der Rubriken geboten – allerdings sind einige Hymnen abgekürzt. Damit präsentiert diese Ausgabe nicht nur wie gewohnt das Thema „Liturgie“, sondern hat auch eine hervorgehobene ökumenische Orientierung. Das ist im konkreten Fall umso bemerkenswerter, als die Armenisch-Apostolischen nicht nur – wie die Byzantiner – den Primat des Papstes ablehnen, sondern sich als Vor-Chalzedonier in Ihrer Christologie sowohl von Byzantinern als auch von Römern unterscheiden. Damit sind weit über ein Jahrtausend lang leidenschaftlich umstrittene Fragen angesprochen.
Daran anknüpfend behandelt Lutz Sperling im Wesentlichen an Leo Scheffczyk anschließend den Inhalt, die geschichtliche Entwicklung und das heutige Verständnis des Begriffes der Substantiation, dem die Armenier – ausweislich des hier vorliegenden Beitrages von Sperling – zwar nicht widersprechen, den sie in seiner Bestimmtheit aber auch nicht teilen. Eine zentrale Rolle nimmt für Sperling dabei der Prozess gegen den „Transsubstantionsleugner-“ Galilei ein, den er im Zusammenhang mit den innerkirchlichen Auseinandersetzungen des Jahres 1632 um Papst Urban VIII. behandelt. Urban VIII. war wegen seiner faktisch in einigen Punkten den protestantischen Schwedenkönig Gustav Adolf begünstigenden Politik schwer unter Druck geraten – bis hin zu Gerüchten über Mordpläne und Drohungen mit einem Schisma.
Die von Sperling dargestellten Einzelheiten können hier nicht ansatzweise berührt werden – weder in den historischen noch in den theologischen Implikationen. Wichtig erscheint ein anderer Aspekt: Die Ausführungen Sperlings zu diesem Thema erscheinen als lebhafte Illustration eines Sachverhalts, den der Armenier Isakhanyan folgendermaßen anspricht:
Wie wir gesehen haben, sind im Laufe der Geschichte verschiedene Unterschiede zwischen den Kirchen entstanden, deren Ursache jedoch weder Christus noch die heilige Schrift sind. Eroberungspolitische Gründe, die Nationalbilder der Völker, ihr Bestreben nach Freiheit sind wichtige Gründe, die die Spaltung und Entstehung verschiedener Kirchen erklären“.
Die historische Entwicklung der Dogmen wäre demnach nicht allein auf einen Prozess geistgeführter abstrakter Wahrheitssuche und -findung zu reduzieren. Eine Aussage von erheblicher Sprengkraft.
Isakhanyan bietet auch einen Ausweg an, um diese Sprengkraft zu entschärfen, wenn er als Formel für das Erreichen einer „geistlichen und praktischen Einheit der Kirche Christi“ anbietet: „Einheit in allem Notwendigen, Freiheit in allem Zweifelhafte, Liebe in Allem“.
Das ist auf jeden Fall hilfreicher als die wohl nur wegen ihrer Inhaltslosigkeit so beliebte Phrase von der „versöhnten Verschiedenheit“ – wirft andererseits aber erneut schwer zu beantwortende Fragen auf: Was ist „notwendig“? Was soll als „zweifelhaft“ gelten? Und warum?
Spannende Fragen, die in der vorliegenden Ausgabe der UVK natürlich keinesfalls beantwortet werden – aber es gibt Denkanstöße.
Weitere Beiträge der Ausgabe bieten Überlegungen zur Entweltlichung der Kirche (Thorsten Paprotny) und aktuelle Tendenzen zur Aushöhlung des Glaubens an die Unsterblichkeit der Menschlichen Seele (Norbert Clasen). Darauf wird noch zurückzukommen sein.
Zu bekommen - am besten im Abonnement – ist die UVK über die Website der deutschen Una Voce.
Die 11. Woche
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- 18. März 2017
Die Woche begann schlecht mit der Nachricht aus Brüssel, daß Erzbischof Kardinal de Kesel die seit 2001 im Bistum wirkenden glaubenstreuen „Gemeinschaften von Jerusalem“ aus der Diözese gedrängt hat: sie passten nicht mehr in das neue pastorale Konzept. Auch das Priesterseminar der Jerusalemer, an dem unter anderem junge Männer aus Frankreich studierten, die sich die vom Glaubenszerfall betroffenen Seminare ihres Heimatlandes nicht antun wollten, muß weichen: Das sei „unsolidarisch“ gegenüber den französischen Bistümern, wo vielfach Priestermangel herrsche. Wie kommt‘s wohl?
Die nächste schlechte Nachricht kam dann wie so oft in letzter Zeit aus Rom, wo erstmals anglikanische Amtsträger eine anglikanische Vesper im Petersdom feierten – als ob es in Rom nicht genügend Kirchen gäbe. Anderswo wäre freilich die Tatsache nicht genügend sichtbar geworden, daß als Lektorin für die erste Lesung Großbritanniens Botschafterin Sally Axworthy amtierte – Politik ist alles.
Das gilt ganz besonders natürlich in Deutschland, wo die Bischofskonferenz, die zu grundlegenden Glaubenslehren eher selten etwas Eindeutiges zu sagen weiß, zum Abschluß ihrer Frühjahrskonferenz mit aller Entschiedenheit verlautbarte, es sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar, AFD zu wählen. (S. dazu auch Stellungnahme Prof. Ginderts vom Forum Deutscher Katholiken).
Wie sehr sich die Deutschkatholiken auf den herrschenden Zeitgeist festgelegt haben, demonstrierten ihre Repräsentanten dann auf ihrer „Jahrestagung Illegalität“, wo Positionen übernommen wurden, die vor zwei oder drei Jahren noch ausschließlich auf den Spruchbändern des schwarzen Blocks bei Demonstrationen linksradikaler Revolutionäre zu lesen waren, inzwischen aber unter einer CDU-Kanzlerin Regierungslinie geworden sind.
Die Unterwerfung unter dominierende Ansichten im gesellschaftspolitischen Bereich ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite wird dadurch gekennzeichnet, daß diese Helden der Selbstaufgabe in dem Maß von spezifisch katholischen, ja sogar von allgemein christlichen Positionen abrücken, wie diese dem säkularisierten Bewußtsein unbequem oder schlichtweg irrelevant geworden sind. Eine besonders unappetitliche Mischung dieser beiden Elemente ist dieser Tage an einer offiziösen Reaktion auf die Behandlung des Themas „Ostern“ beim Discounter Aldi-Süd sichtbar geworden.
Wir hätten auch nie gedacht, daß dieser Einzelhandelskonzern auf unserer Seite jemals eine Rolle spielen würde – aber so ist es nun mal gekommen. Denn: Die Leute von Aldi haben im Netz und auf einem in den Filialen auf Papier ausliegenden Heftchen (hier das PDF) versucht, ihren Kunden zu erklären, was es mit Ostern auf sich hat – und dabei gehen sie weitaus mehr in die Tiefe, als unsereins das erwartet hätte. Leseprobe:
Ostern feiern Christen auf der ganzen Welt jedes Jahr die Auferstehung von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Es ist das wichtigste Fest der christlichen Kirche – sogar noch wichtiger als das Weihnachtsfest. In den Tagen rund um das Osterfest – Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag und Ostermontag – finden deshalb auch besondere Gottesdienste in den Kirchengemeinden statt.
Und später:
Nachdem römische Soldaten Jesus gefangen genommen hatten, wurde er von Pilatus, dem mächtigsten Mann der Stadt, zum Tode am Kreuz verurteilt. Sein schweres Kreuz musste Jesus selbst auf den Berg tragen, auf dem er wenig später gekreuzigt wurde und starb. … Freunde und seine Mutter holten Jesus vom Kreuz, wickelten ihn in Tücher und legten seinen Körper in eine Höhle. Den Eingang der Höhle verschlossen sie mit einem großen Felsen. Als einige Frauen am Ostersonntag nach dem Grab schauen wollten, sahen sie, dass der Fels zur Seite gerollt und das Grab leer war. Plötzlich erschien ihnen ein Engel und erzählte von Jesus Auferstehung. Diese Auferstehung Christi von den Toten wird am Ostersonntag gefeiert.
Gut – nicht alles in dem Flyer ist so perfekt formuliert, daß eine der überlieferten Liturgie und Lehre treue Gemeinde ihn unbedingt auslegen müßte – aber inhaltlich bietet er eher mehr als weniger als etwa das „Kirche+Leben Lexikon“ des Bistums Münster.
Das ist natürlich nicht nur aus Gründen des „Markenschutzes“ für die Vertreter der Deutschkatholischen Kirche GmbH schwer erträglich. Einen Vertreter des mittleren Managements, Johannes Sabel, Leiter des Katholischen Bildungswerks Bonn, hat das so aufgeregt, daß er auf der Seite bonner-muenster.de einen wütenden Rundumschlag gepostet hat: Er kritisiert nicht nur – worüber man ja noch diskutieren könnte – daß das Handelsunternehmen mit werblicher Absicht den „Markt der Sinnanbieter“ betreten habe - ja was denn sonst? Er betet auch die ganze linksgrüne Litanei herunter von „fragwürdigen Arbeitsbedingungen“, „ausbeuterischer Dumpingproduktion“ und anderen Versatzstücken des zeitgeistigen Phrasenhandels. Oder dürfen nur vollendete Heilige vom Glauben sprechen - und wer beglaubigt das?
Am schönsten aber ist die Inhaltsbestimmung von Ostern, die der Katholische Bildungswerks-Leiter Sabel der Discounter-Broschüre entgegensetzt:
...dass wir im Tod Jesu gerade die ungerecht Leidenden erinnern und mit der Auferstehung eine Hoffnung verbunden ist, die für die Menschen eintritt, die unter Verhältnissen leiden, die ein Discounter wie ALDI wenn nicht erzeugt, so doch stützt...
Statt kindgemäßer Nacherzählung des Evangeliums ein Kurzreferat der Befreiungstheologie!
Jetzt warten wir nur noch darauf, daß Aldi-Süd mit seiner Broschüre unter Beschuß gerät, weil diese sich unsensibel gegenüber den religiösen Überzeugungen des moslemischen Kundensegments verhalte und dem „eine Welt – eine Religion“-Gedanken zuwider handle.
Tatsächlich stehen die Chancen nicht schlecht, daß einige Moslems, aber auch viele Kinder, die nur den kirchlichen Religionsunterricht besuchen, aus der bösen Broschüre vom bösen Aldi mehr über den christlichen Glauben erfahren könnten, als ihnen die Kirchen-GmbH jemals verraten wollte.