Einladung / Ausladung zur Grauzone
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- 16. Oktober 2023
Bischof de Mallerais von der Piusbruderschaft hat in der katholischen Pfarrkirche "Allerseelen" in Sanford, Fl., Diözese Orlando) einer Reihe junger Erwachsener der Pius-Gemeinden der Umgebung das Sakrament der Firmung gespendet - mit ausdrücklicher Genehmigung des Ortsbischofs und Roms, wie die Meldung auf Twitter hervorhebt. Man wundert sich und fragt: Wie passt das zusammen? Auf der einen Seite ist es Diözesanpriestern und Patres der „altrituellen“ Gemeinschaften strikt verboten, in Pfarrkirchen im überlieferten Ritus zu zelebrieren, auf der anderen Seite erhält ein Bischof der von vielen als „schismatisch“ attackierten Piusbruderschaft nicht nur die Erlaubnis zur Zelebration, sondern auch zur Spendung eines regulär nur Bischöfen vorbehaltenen Sakraments.
Bei genauerer Betrachtung passt das durchaus zusammen. Franziskus hat mehrfach deutlich gemacht, daß in SEINER Kirche für die überlieferte Liturgie kein Platz sein kann - nach Ablauf einer Schonfrist von vielleicht 2 oder drei Jahren dürfen sich deren Treugebliebene bestenfalls in Konvents- oder Friedhofskapellen versammeln. Andererseits läßt er sich an ökumenischer Gastfreundschaft von niemandem übertreffen - und keiner fragt, ob die Anglikaner bei ihrer Meßsimulation im Lateran oder die Orthodoxen bei ihrer zwar gültigen, aber doch oft betont „antipapistisch“ eingefärbten Liturgie am gleichen Ort nun „in Gemeinschaft mit unserem Papst“ beten oder nicht. Große Geister mit einer EIGENEN Kirche kann das nicht berühren.
SEINEN Machtbereich will der Papst sauber halten. Alles hört auf SEIN Kommando - oder es wird abgedrängt in eine mehr oder weniger dunkle Grauzone, in der „irgendwie“ Platz für Viele ist - solange sie nur gegenüber seinen, des römischen Thronverwesers Anhängern als „irgendwie anders“ enntlich bleiben. Glaubenstreue, oder um es mit einem anderen Wort zu sagen, „orthodoxe“ Katholiken sollten keine Angst davor haben, in diese Grauzone abgedrängt zu werden, wo sie sich mit der SSPX in guter Gesellschaft befinden. Besser als die Gesellschaft von grauen Herren wie Braz de Aviz oder Fernández ist das allemal - und wenn man dann sogar gelegentlich eine dem Bistum unterstehende Pfarrkirche nutzen kann, umso besser.
Von Gideon und Joshua zu Anna und Simeon
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- 01. September 2023
Der Eintrag im Martyrologium Romanum zum 1. September ist einer der längsten, denen wir bisher begegnet sind. Er enthält eine große Zahl von Märtyrern und Märtyrerinnen der Verfolgungszeit aus vielen Provinzen des römischen Reiches von Kleinasien bis Spanien. Aus „Aquas Duras in Constantiensi Germaniae territorio“ (Heute Bad Zurzach, etwa mittig zwischen Konstanz und Basel auf der schweizer Seite der Grenze), ist die heilige Einsiedlerin Verena (Feiertag in den Bistümern Basel und Freiburg) genannt. Sie soll, so will es die Überlieferung, im Tross der weitgehend aus Christen bestehenden Thebäischen Legion aus ihrer ägyptischen Heimat nach Gallien gekommen und nach deren Abschlachtung in der Christenverfolgung Diokletians mit den Resten der Legion in Alemannien „untergetaucht“ sein. Sie widmete sich dort der Pflege von Verwundeten und Kranken und gewann durch ihren frommen Lebenswandel und Wunderheilungen das Vertrauen der noch heidnischen Alemannen, an deren schließlicher Bekehrung ihr maßgeblicher Anteil zugeschrieben wird.
Doch nicht diese bemerkenswerte Frauengestalt – über die selbst man wenig mehr als das oben Angeführte mit einiger Sicherheit aussagen kann – findet unsere besondere Aufmerksamkeit, sondern der knappe Zweizeiler:
In Palaestina sanctorum Josue et Gedeonis; Hierosolymis beatae Annae Prophetissa, cujus sanctitatem sermo Evangelicus prodit.
Die Prophetin Anna von Jerusalem ist natürlich keine andere als die fromme „Witwe von 84 Jahren“, von der das Lukasevangelium (2, 36 – 38) berichtet, die seit langem im Tempel lebte und bei der Darbringung des Jesuskindes hinzukam und „Gott lobte und von ihm zu allen redete, die auf die Erlösung Israels warteten“. Der bei der gleichen Gelegenheit auftretende „Greis Simeon“ (Lukas i2, 25 – 34), dem die Kirche das „Nunc dimmitis“ verdankt, wird in unserem Martyrologium am 8. Oktober genannt. Bei beiden gelten die angeführten Tage in der Überlieferung als „dies natalis“ – als Tag des Weggangs von der Erde und Hinübergeburt in die ewige Herrlichkeit.
Hl. Athanasius, Schrecken der Ketzer
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- 02. Mai 2023
Heute gedenken das Martyologium Romanum und mit ihm weitere Kirchen des Ostens und des Westens des hl. Athanasius von Alexandria, geboren um 300, gestorben am 2. Mai 373. Andere Kirchen im Osten hatten seinen Feiertag bereits am 18. Januar. Das ökumenische Heiligenlexikon schreibt über ihn einleitend:
Athanasios wurde in einer christlichen Familie groß. Als Kind erlebte er noch Christenverfolgungen, die ihn hart und unnachgiebig werden ließen. Er studierte, hatte Kontakt zu den asketischen Mönchen in der thebäischen Wüste, wurde 318 Diakon und begleitete 325 seinen Patriarchen Alexander von Alexandria zum 1. Konzil in Nicäa. Hier erlebte er die Auseinandersetzungen mit dem Arianismus, der Kampf gegen diese Lehre wurde zu einem bestimmenden Moment seines Lebens, hierfür trägt er den ihm von Gregor von Nazianz beigelegten Ehrennamen Säule der Kirche und wurde er in der Orthodoxen Kirche zum Kirchenvater ernannt. Seine Gedanken waren wesentlich für die Ausformung der Lehre von der Inkarnation - der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus - und bildeten die Grundlage zur Ausformulierung des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses.
Auch der Fortgang seiner dort gebotenen Lebensbeschreibung ist lesenswert.
Im Osten wird Athanasius seit unvordenklicher Zeit als Kirchenlehrer verehrt. Im Westen wurde ihm dieser Ehrentitel 1568 kurz nach Abschluß des Konzils von Trient durch Papst Pius V. zuerkannt.
Die Gebote des sozialen Lebens
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- 15. März 2023
Am Mittwoch unterbricht die Liturgie die Reihe der Lesungen von Propheten, die auf die eine oder andere Weise als Vorschau auf Christi Erlösungswerk zu lesen sind, und wendet sich einem höchst grundsätzlichen Thema zu. Die Tageslesung ist aus dem 20. Kapitel des Buches Exodus entnommen, in dem über die Verkündung der Hauptgebote aus Gottes Gesetz an Moses auf dem Sinai berichtete wird (Exodus 20, 3 - 17 . Merkwürdigereise beginnt die Perikope nicht mit dem ersten Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, sondern mit der Nr. 5: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf daß du lange lebst im Lande, das dir der Herr dein Gott gegeben hat.“
Während die ersten vier Gebote vom rechten Verhalten des Menschen zu Gott handeln, beginnt mit dem 5. die Reihe der Vorschriften, die das soziale Leben der Menschen untereinander zum Gegenstand haben. Ein innerer Grund dafür, daß die ersten vier Gebote an dieser Stelle ausgelassen werden, ist nicht offensichtlich – eine äußerer besteht wohl einfach darin, daß im folgenden Text des Evangeliums der Lehrvortrag Jesu über die rechte Beachtung des Gesetzes mit einem Bezug auf das 5. Gebot beginnt. Witrklich überzeugend erscheint diese äußere Erklärung jedoch nicht, da nach der Aufzählung der Gebote 5 – 10 noch der ganze Rest von Kapitel 20 geboten wird. Das sind insgesamt 7 weitere Verse, die gerade die Furcht Gottes und den rechten Gottesdienst zum Gegenstand haben. Tatsächlich ist Vers 23 „Ihr sollt euch neben mir keine Götter aus Silber machen, auch Götter aus Gold sollt ihr euch nicht machen“ wenig mehr als eine Paraphrase des am Anfang mit Vers 4 ausgelassenen 2. Gebotes. „Logisch“ nach unseren Maßstäben erscheint das nicht. Doch nicht alles, was die „organische“ Entwicklung der Liturgie über anderthalb Jahrtausende hinweg uns hinterlassen hat, ist nach der Logik und dem Gesetz des Zollstockes gewachsen. Manches ist einfach so, wie es ist – und verlangt als solches Respekt und Achtung.
Gaudete, Pax und Traditio
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- 12. Dezember 2022
Das „Gaudete“ des dritten Adventssonntages ging vielen Menschen in Europa seit langen Jahren nicht mehr so schwer von den Lippen wie in diesem: Krieg in der Ukraine mit der Gefahr unabsehbarer Weiterungen, Kampf in der Kirche um Bewahrung oder Preisgabe dessen, was die Kirche seit ihrer Stiftung den eingeborenen Sohn Gottes selbst ausgemacht hat. Und doch ist es wahr, was der Introitus nach den Worten des Apostels Paulus an die Philipper proklamiert:
Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!
Wenn das heute reichlich unglaubhaft klingt, so vor allem deshalb, weil es mit „Eurer (also unserer) Güte“ wahrhaftig nicht weit her ist – und weil wir uns (oder man uns) das „betende Danken und flehende Bitten vor Gott“ gründlich abgewöhnt haben. Wir haben Rechte, erworbene und verbriefte Rechte, und für die kämpfen wir. Bis zum letzten Ukrainer und bis zur letzten vor 80 Jahren getauften alten Frau, die im Krankenhaus nicht nur ohne Begleitung der Familie, sondern auch ohne Salbung und Vergebung durch die Sakramente der Kirche aus dieser Welt gehen muß, weil die viel zu wenigen Priester des viel zu großen Pfarrverbundes von einem Gremientermin zum nächsten hetzen. Oder sich in der Diskussion mit einer Kampflesbe von Maria 2.0 aufreiben. Oder selbst in diesem Kampf Partei für die Sache des Fortschritts ergriffen haben. Oder gar nicht mehr da sind, weil Priestertum und Hierarchie sind ja sowas von gestern, wer soll da noch ins Seminar gehen...
Der Introitus des dritten Advent zitiert aus dem Brief des Apostels die Verse 4 – 6. In Vers 9 steht dann eine Aufforderung, deren Beherzigung zumindest für die Kämpfe in der Kirche zu einem guten Ende führen könnte.
Was ihr gelernt und angenommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.
Zur Zeit der Herausbildung des Ritus galt das wohl als so selbstverständlich, daß die Verse nicht eigens in die Oration aufgenommen werden mußten. Umso dringlicher, sie heute wieder in Erinnerung zu rufen.