Zum Fest Mariä Namen — I
11. September 2024
Nach dem Sieg sendet König Jan Sobieski eine Botschaft an den Papst.
Der für den 12. September im Kalender stehende Gedenktag „Mariä Namen“ hat uns zu einer kleinen Recherche des Gegenstandes veranlaßt – und dabei eine Fülle von Material und Belegstücken für den herrschenden Notstand in Lehre und Liturgie der römischen Kirche zu Tage gefördert. Nebenbei hat sich gezeigt, daß dieser Notstand nicht flächendeckend zu konstatieren ist – hier und da, vielleicht öfter als man vermutet, trifft man auf Oasen in der Wüste, noch scheint auch im deutschen Novus-Ordo-Land nicht alles Leben erloschen zu sein.
Im Martyrologium Romanum (lat. Ausgabe 2004, S. 511) als dem offiziellen Festkalender der Kirche hat der Tag eine etwas gewundene Beschreibung:
Zum heiligsten Namen der seligen Jungfrau Maria. An diesem Tag wird die unaussprechliche Liebe der Gottesgebärerin zu ihrem heiligsten Kinde ins Gedächtnis gerufen und den Gläubigen die Gestalt der Mutter des Erlösers zur frommen Anrufung vor Augen gestellt.
Aber selbst davon ist für die offizielle deutsche Liturgie, so wie sie sich für die gottesdienstliche Praxis der meisten Gemeinden auf Schott Online darstellt, nichts mehr vorhanden; der Tag heißt dort schlichtweg „Donnerstag der 23. Woche im Jahreskreis“. Die Messliturgie zum Tage steht betont unter dem Gedanken einer allerlösenden Liebe:
Gott, du willst, dass wir alle Menschen lieben und auch denen Liebe erweisen, die uns Böses tun. Hilf uns, das Gebot des Neuen Bundes so zu erfüllen, dass wir Böses mit Gutem vergelten und einer des anderen Last trägt.
Entsprechend ausgewählt sind die Lesungen, und wie das ganze gemeint ist, wird dann noch zusätzlich durch ein Zitat des amerikanischen Baptistenpredigers Harvey Cox verdeutlicht:
„Wir sind berufen, diese Welt zu lieben und bei ihr zu bleiben, die Verantwortung für ihren Wiederaufbau und ihre Erneuerung auf unsere Schultern zu nehmen. Das ist der Auftrag, den Gott uns gegeben hat, und er wird uns die Kraft geben, ihn auszuführen“.
Verweltlichung im Endstadium.
Vom ursprünglichen Inhalt des Tagesgedenkens ist darin so gut wie nichts mehr wiederzuerkennen. Diese ursprüngliche Inhalt kreist um zwei Pole. Zunächst war das um 1500 zuerst in kastilien begangene Fest ein Marienfest, das dem Gedächtnis der Mutter des Erlösers und ihrer allen Gläubigen zugewandten Liebe gewidmet war. Im Tagesgebet des alten Ritus:
Wir bitten Dich, allmächtiger Gott: Gib, daß Deine Gläubigen, die sich ob des Namens und Schutzes der heiligsten Jungfrau Maria freuen, auf Erden durch ihre mütterliche Fürsprache von allen Übeln befreit werden und im Himmel zu den ewigen Freuden gelangen dürfen.
Wow – das klingt katholisch.
Im 17. Jahrhundert kam dann eine zweite Inhaltsebene hinzu, als Papst Innozens VI. das Fest zum Dank an den Sieg gegen die Osmanen in der Schlacht am Kahlenberg bei Wien für die ganze Kirche anordnete. Am 12. September 1683 hatte dort eine Koalition christlicher Kämpfer die Übermacht der türkischen Belagerer der Kaiserstadt in die Flucht geschlagen und das „christliche Abendland“ für drei Jahrhunderte vor dem seit vielen Jahrhundertne andauernden Ansturm der Mohamedaner gerettet. Maßgeblichen Anteil am Sieg beim Kahlenberg hatte der polnische König Jan Sobieski, der seinen Soldaten unter einer weithin sichtbaren Fahne mit dem Bild der Gottesmutter vorangeritten war.
Eine überaus aktuelle Erinnerung in einer Zeit, in der Europa (oder das, was davon noch übrig ist) erneut seit Jahrzehnten einem Ansturm islamischer Kämpfer ausgesetzt ist, deren Angriffe inzwischen Zahlen von Opfern fordern, wie man sie sonst nur aus offiziell erklärten Kriegen kennt.
Nun, die unselige Liturgiereform Pauls VI. hat dieser mit dem Fest verbundenen Erinnerung (und Mahnung) schon 1979 offiziell ein Ende bereitet. Damit das auch jeder versteht, hat es ein Referent am Deutschen Liturgischen Institut mit Namen Manuel Uder in seinem Beitrag zum Fest im liturgischen Lexikon der vom Institut herausgegebenen Zeitschrift „Gottesdienst“ noch einmal ganz unmißverständlich ausbuchstabiert: Das kaiserliche Heer des Abendlandes ist für ihn eine „christliche Kriegsallianz“, und den Erfolg dieser Alianz in der Schlacht „führte man auf den Schutz der Gottesmutter zurück“ – von wegen „Maria hat geholfen“, wie man jahrhundertelang dankbar auf die Erhörung von Gebeten antwortete. Abschließen schreibt er es allen begriffstutzigen Katholiken ins Stammbuch:
Im Glauben der Kirche steht die Gottesmutter für die Erlösung, die Gott seinem Volk zugesagt hat. Wer heute den Namen Marias anruft, gedenkt nicht historischer Kriegshandlungen, sondern feiert einzig und allein dieses großartige Erlösungsversprechen und die damit verbundenen Hoffnungen.
Hier tritt nebenbei bemerkt eine Inkonsequenz zu Tage, die auch in anderen Zusammenhängen im Bannkreis des Novus Ordo feststellbar ist: Wo die Propagandisten dieses Novus Ordo die Gefahr wittern, daß traditionelle Glaubensinhalte unerwünschte Perspektiven auf die aktuelle Weltsituation eröffnen könnten, flüchten sie sich ins unbestimmt Metaphysische, hier also in „dieses großartige Erlösungsversprechen und die damit verbundenen Hoffnungen“. Wo ihnen die übernatürliche Perspektive aber zu deutlich angesprochen wird wie beim oben zitierten altrituellen Tagesgebet, schwurbeln sie wie das neurituelle Tagesgebet von einer (inhaltlich völlig unbestimmten) „Liebe zu allen Menschen“ oder lassen wie im Zitat von Harvey Cox vor lauter „Liebe zu dieser Welt“ alles, was über „diese Welt“ hinausführt, gänzlich unter den Tisch fallen.
Man könnte wirklich verzweifeln, gäbe es in dieser ganz auf Verweltlichung oder zumindest „Entkatholisierung“ hin ausgerichteten deutschen Novus-Ordo-Wüste nicht hier und da ein paar Oasen, in denen zumindest Reste von dem zu finden sind, was ehedem „überall und von allen“ geglaubt worden ist. Ein solches Stück Oase fanden wir bei unserer Recherche auf der Website der Erzdiözese Freiburg in einem Beitrag zu den drei großen Marienfesten der Geburt, des Namens und der Sieben Schmerzen Mariens. Dort heißt es kurz und bündig:
Vor allen anderen Heiligen war und ist es üblich, Maria als Schutzpatronin und Fürsprecherin anzurufen. Die Entstehung des Gedenktags Maria Namen ist eng verbunden mit diesem Brauch.
Bereits 1513 erhielt die Diözese Cuenca in Spanien die Erlaubnis zur Feier eines Festes zu Ehren des heiligen Namens Mariens. Am 12. September 1683 standen die Türken vor Wien. Durch die Unterstützung des Heeres des polnischen Königs Jan Sobieski, der das Banner der Gottesmutter vorangetragen hat, konnten die Türken geschlagen und Wien gerettet werden. Zur Erinnerung an die Errettung führte Papst Innozenz XI. das Fest Maria Namen für die ganze Katholische Kirche am Sonntag nach dem Fest Maria Geburt ein. Papst Pius X. verlegte das Fest dann auf den eigentlichen Siegestag, den 12. September.
Geht doch! Sogar in Kurzfassung. In einer längeren Fassung, freilich nicht aus Freiburg, melden wir uns dann morgen noch einmal zum Tag des Festes selbst.
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Einem Leser, der sich mit den Geheimnissen der Optionen des Novus Ordo besser auskennt als unsereins, verdanken wir den Hinweis, daß es auch im NO noch bzw. wieder eine Messe zu Mariä Namen gibt und daß ein entsprechendes Formular sogar über Schott Online zu finden ist – wenn man das unauffällige „Maria“ unter dem Datumsfeld anklickt. Hinweis für die Redaktion: Stünde dort „Mariä Namen“ würde man es vielleicht auch finden.