Phil Lawler: Der gefährliche „Geist der Synodalität“
18. November 2024
Phil Lawler, Chefredakteur von Catholic Culture
Seit dem Ende der Synode haben wir zahllose Kommentare zu Verlauf und Abschlußerklärung des Projektes gelesen - sie waren in der großen Mehrzahl (schließlich lesen wir hauptsächlich konservative und lehrtreue Publikationen) sehr kritisch. Einen der treffendsten Kommentare hat am 15. November Phil Lawler, Chefredakteur von Catholic Culture, veröffentlicht. Wir haben ihm (mit Google-Translate beschleunigt) übersetzt und nur geringfügig gekürzt.
Die Synode zur Synodalität – ein Projekt, das Papst Franziskus im Jahr 2021 in Angriff nahm, ein Projekt, das Hunderte von Sitzungen und Tausende von Seiten voller Geschwafel hervorbrachte, ein Projekt, das drohte, sich ewig hinzuziehen – ist endlich zu Ende.
Oder vielleicht doch nicht?
Offiziell endete die Synode am 26. Oktober, nachdem am Vortag eine Abschlusserklärung verabschiedet worden war. „Was wir in diesem Dokument gebilligt haben, ist ausreichend“, erklärte Papst Franziskus und erklärte, daß er nicht wie üblich eine apostolische Ermahnung mit Kommentaren zu den Beratungen der Synode verfassen werde.
Doch während die Synode noch mit den langwierigen Vorbereitungen für die Plenarsitzung beschäftigt war, hatte der Papst zehn Studiengruppen eingerichtet, die über bestimmte Themen nachdenken sollten – und diese damit von der Tagesordnung der Oktoberversammlung gestrichen. Unter diesen reservierten Themen war eines, das die ersten Diskussionen der Synodenteilnehmer dominiert hatte: die Frage, ob Frauen zu Diakonen geweiht werden könnten. Andere potenziell brisante Themen wurden der Studiengruppe überlassen, die sich mit „Theologischen Kriterien und synodalen Methoden zur gemeinsamen Beurteilung kontroverser doktrineller, pastoraler und ethischer Fragen“ befassen sollte.
In diesem Sinne ist die Arbeit der Synode also noch unvollständig. Und was noch wichtiger ist: Ihre Arbeit wird tatsächlich weitergehen, denn Papst Franziskus hat von Anfang an klargestellt, daß der eigentliche Zweck der Synode darin besteht, einen Prozess zu beginnen, ein neues Verständnis davon zu schaffen, was es bedeutet, Kirche zu sein, und einen neuen „synodalen“ Ansatz für den Katholizismus einzuführen. In diesem Sinne beginnt die Arbeit der Synode der Synodalität gerade erst. So berichtete Kardinal Blase Cupich, der von seiner Arbeit in Rom zurückkehrte, gegenüber der Zeitschrift America : „Das endgültige Synodendokument ist keine Landebahn. Es ist eine Startrampe.“
(Wir erinnern uns an Karl Rahner, der nach dem Ende des inzwischen erkennbar gescheiterten 2. Vatikanums erklärt hatte, dieses Konzil sei der Anfang eines Anfangs. - MC)
Was ist Synodalität?
Doch was genau wurde ins Leben gerufen? Was ist eine „synodale“ Kirche? Was bedeutet „Synodalität“? Die offensichtliche Unfähigkeit der Synodenorganisatoren, diese Fragen in einfachen Aussagesätzen zu beantworten, hatte die vorbereitenden Sitzungen erschwert und bleibt auch nach der Verabschiedung des Abschlussdokuments eine Quelle der Frustration.
In diesem Dokument gelang es den Synodenteilnehmern, eine plausible Definition des Begriffs zu finden:
Synodalität ist das gemeinsame Unterwegssein der Christen mit Christus und hin zum Reich Gottes, in Einheit mit der ganzen Menschheit. [28]
Und dann noch einmal, nur wenige Sätze später:
Einfach und prägnant ausgedrückt ist die Synodalität ein Weg der spirituellen Erneuerung und strukturellen Reform, der es der Kirche ermöglicht, partizipativer und missionarischer zu sein, so daß sie jeden Mann und jede Frau begleiten und das Licht Christi ausstrahlen kann.
Hier werden zwei Themen angesprochen. Synodalität bedeutet „gemeinsam gehen“ – wie die Etymologie des Wortes nahelegt. Und Synodalität erfordert sowohl spirituelle Erneuerung als auch strukturelle Reformen. Aber was bedeutet das alles in praktischer Hinsicht, angewandt auf die Art und Weise, wie wir als Kirche funktionieren?
(An dieser Stelle muss ich anmerken, daß die enthusiastischsten Befürworter der „Synodalität“ es vorziehen, darüber zu diskutieren, wie wir uns „als Kirche“ verhalten sollten, und dabei das weglassen, was Grammatiker den bestimmten Artikel nennen. Was auch immer Synodalität bedeutet, sie ist sicherlich nicht bestimmt. - PL)
Wenn ich Sie einlade, mit mir „gemeinsam zu gehen“, was ist Ihre unmittelbare Reaktion? Sie möchten wahrscheinlich wissen: „Wohin gehen Sie?“ Wenn ich nach Osten gehe und Sie nach Westen wollen, kommt das Gespräch schnell zum Ende. Als Katholiken können wir uns glücklicherweise auf ein Ziel einigen. Wir alle wollen „gemeinsam“ in Richtung Heiligkeit gehen, oder in Richtung einer engeren Vereinigung mit dem Herrn, oder in Richtung der Evangelisierung der Welt. Da dies in Wirklichkeit unterschiedliche Arten sind, dasselbe Ziel zu beschreiben, scheint es gute Aussichten für einen „synodalen“ Ansatz zu geben.
Doch gibt es nicht noch eine weitere entscheidende Frage? „Wie wollen Sie dorthin gelangen? Welche Route werden wir nehmen?“ Auch hier können wir unterschiedliche Pläne haben. Die Panoramaroute oder die direkte Route? Die anstrengende Wanderung über die Berge oder der sanftere, aber längere Weg? Wie schnell werden wir gehen? Wo werden wir Halt machen, um zu essen und uns auszuruhen?
Nun, es ist eine große Kirche, und alle möglichen Leute machen den Weg mit uns. Unser gemeinsamer Weg sollte die strenge Stille der Kartäuser und das laute Treiben großer, glücklicher Familien zulassen. Wir werden – und das tun wir – in verschiedenen Gruppen gehen, in unterschiedlichem Tempo, und dabei unterschiedliche Lieder singen. Also noch einmal: Was bedeutet es, wenn man sagt, daß wir gemeinsam gehen?
Ein enttäuschendes Schlusswort?
Die 28.000 Wörter der Schlusserklärung der Synode beschreiben eine Kirche, die den Gläubigen zuhört, die Beziehungen aufbaut und daran arbeitet, die Welt zu verändern. Diese Vision der erneuerten Kirche ist manchmal erbaulich, aber das Bild wird nie klar. Was genau wird sich ändern, oder sollte sich ändern, oder muss sich ändern, um dieses „synodale“ Ergebnis zu erreichen?
Auf diese entscheidende Frage gibt das Abschlussdokument keine zufriedenstellenden Antworten. Vielleicht ist es bemerkenswert, daß es keine Proteste gab, als die Synode endete und das Abschlussdokument nur auf Italienisch verfügbar gemacht wurde. Tatsächlich vergingen mehr als zwei Wochen, bis auch nur „funktionierende“ Übersetzungen angefertigt wurden – auf Englisch und Deutsch, während andere Sprachgruppen noch darauf warteten – und praktisch niemand kommentierte die Verzögerung. Die drei Jahre weltweiter Vorbereitung hatten zur Verabschiedung einer Erklärung geführt, die niemand unbedingt lesen wollte.
Und das ist verständlich, denn die Abschlusserklärung der Synode ist ein frustrierendes Dokument, das von der Behauptung geprägt ist, alle ernsthaften Probleme könnten durch einen „synodalen“ Ansatz gelöst werden. Der Begriff „Synode“ in all seinen verschiedenen Formen erscheint in der Abschlusserklärung 269 Mal: fast genau fünf Mal pro Seite. (Im Vergleich dazu erscheint der Name Jesus nur 31 Mal, das Wort „Tradition“ 29 Mal, „katholisch“ 26 Mal und „Opfer“ kein einziges Mal.)
Bei den Treffen mit anderen Kardinälen vor dem Konklave 2013 sprach der damalige Kardinal Bergoglio eine denkwürdige Warnung vor der Verwandlung einer „selbstreferenziellen“ Kirche aus. Doch der endgültige Abschluss seines ehrgeizigsten Projekts führte zur selbstreferenziellsten Erklärung, die es gibt. Die Synode bestätigte in einem synodalen Prozess die Bedeutung der Synodalität.
Potenzial für Unheil
Aber die Abschlusserklärung war ja nie der eigentliche Zweck dieser Synode, oder? Denken Sie daran, daß die Erklärung zu „strukturellen Reformen“ aufrief. Das ist das eigentliche, unausgesprochene Ziel des Synodenprojekts.
Als die Synodenversammlung zu Ende ging, hatten die Gläubigen immer noch nur eine vage Vorstellung davon, was „Synodalität“ bedeutete oder implizierte. Aber eines war völlig klar: In den Augen der Synode – in den Augen des Vatikans – war „Synodalität“ eine sehr gute Sache. Daher konnte der Begriff nun herangezogen werden, wie man sich jahrelang auf den „Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils“ berufen hatte, um alles zu rechtfertigen, was linke Katholiken erreichen wollten.
(Der englische Text hat hier „liberal“, aber das bedeutet im politischen Sprachgebrauch der amerikanischen Konservativen weder „liberal“ noch „linksliberal“, sondern geht eher in Richtung – „links“ bis „linksradikal“. Und so sieht es in der deutschen Kirchenwirklichkeit ja auch aus. MC)
Offenbar waren sich einige Synodenteilnehmer dieser Gefahren bewusst. Eine beträchtliche Minderheit stimmte gegen die Empfehlung der Synode, daß eine neue Studiengruppe sich damit befassen solle, „wie man liturgische Feiern stärker zu einem Ausdruck der Synodalität machen kann“. Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der Bischofssynode, erklärte, daß die Opposition auf der Angst vor einer „liturgischen Revolution“ basiere, und versicherte Reportern, daß eine solche Revolution nicht zur Diskussion stehe. Aber ältere und weisere Katholiken wissen, wie der „Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils“ eine liturgische Revolution hervorbrachte, die weit entfernt von der Vision war, die in den eigentlichen Konzilsdokumenten dargelegt wurde. Es gibt keine Garantie dafür, daß im Nachgang dieser Synode kein Unheil ähnlicher Art entsteht.
Das Abschlussdokument der Synode betont wiederholt die Notwendigkeit einer „zuhörenden“ Kirche. Auch der Vorbereitungsprozess war darauf ausgerichtet, sicherzustellen, daß die Synode ein möglichst breites Spektrum an Standpunkten anhört. Dennoch übersehen die Synodenteilnehmer im zweiten Abschnitt der Abschlusserklärung, der sich auf die „kirchliche Urteilskraft“ konzentriert, die sicherlich wichtigste Botschaft für die Kirchenführer: die Tatsache, daß die Kirche überall dort an Boden verliert, wo die Prälaten zu viel Zeit damit verbringen, der säkularen Kultur „zuzuhören“, und überall dort neue Konvertiten gewinnt, wo der Bischof mutig die alten Wahrheiten des Glaubens verkündet.
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