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Mariä Lichtmeß – Darstellung des Herrn

01. Februar 2025

2 - Theologie und Liturgie

Klassische Darstellung der Szene im Tempel mit der Gottesmutter und Joseph, der die Opfertauben hält, und den Propheten Simeon und Anna. Siemeon hält das Jesuskind in seinen Armen.

Nunc dimittis, Domine, servum tum in pace

In diesem Jahr verdrängt das Fest Mariä Licht­mess am 2. Februar die Feier des 4. Sontags nach Erscheinung – und das so gründlich, daß dieser Sonntag auch nicht wie sonst verdrängte oder besser gesagt verschobene Sonntage nach Erscheinung im November nachgeholt wird. 2025 folgt, was eher selten vorkommt, der erste Adventssonntag (30. November) unmit­tel­bar dem letzten Sonntag nach Pfingsten.

Ein allzu schmerzlicher Verlust ist der Ausfall des 4. Erscheinungs-Sonntags nicht. Das Hauptthema dieser maximal 6 Sonntage, die Offenbarung des Herrn unter den Menschen, ist mit dem Evangelium von der Heilung des Aussätzigen am 3. Sonntag bereits weitgehend abgerundet. Der 4. fügt dem mit dem Evangelium von der Stillung des Sturmes auf dem See noch die Botschaft hinzu, daß der Herr auch den Naturgewalten gebietet, während Nr. 5 und 6 bereits den Blick über diese Welt hinaus auf die letzten Dinge und das Himmelreich richten.

Daß der Tag, der je nach Blickwinkel entweder als Tag der Reinigung Mariens oder als Fest der Darstellung des Herrn gefeiert wird, den Erscheinungs-Sonntag verdrängt, ist nicht zu beanstanden. Gleichgültig, ob man wie im ersten Fall den Blick mehr auf die Verbindung des Christusglauben mit seinen jüdischen Wurzeln richtet oder im zweiten eher nach vorne auf den Erlöser der ganzen Welt schaut: Beide Gedanken sind unmög­lich voneinander zu trennen, Christus ist immer und überall der Dreh- und Angelpunkt der Heilsgeschichte.

Eher kann man es schon als unglücklich empfinden, daß die von den Liturgiereformern verfügte „Umetikettierung“ des Festes von dem Marienfest, als das es im Westen lange verstanden worden war, zu einem „Herrenfest“, einen Widerspruch suggerieren könnte. Den kann es der Sache nach doch gar nicht geben, wenn man glaubt, daß Jesus, der Messias der ganzen Welt, doch aus seiner jüdischen Mutter hervorgegangen ist.

Hier drängt sich wohl nicht ganz unberechtigt der Verdacht auf, daß diese Seite der Mutterschaft Mariens der modernen Kirche irgendwie unangenehm oder gar peinlich sein könnte: So wie schon beim Tag der Beschneidung des Herrn rückt auch hier die Verwurzelung des Christusglaubens im Gesetz und in den Gewohnheiten des Volkes Israel an den Rand. Beschneidung des Knaben nach dem Gesetz Moses, das er mit dem eigenen Blut erfüllen wollte, ohne es fortzusetzen; Zeremonie der Reinigung der vom Blut der Geburt unrein gewordenen Mutter, die Maria auf sich nahm, obwohl bei der Geburt des Herrn kein Blut geflossen war – das alles ist dem modernen Sinn zu irdisch, zu konkret. Und es stimmt ja auch: Die Sünde kommt nicht vom vergossenen Blut der Mutter bei der Geburt; da muß nichts „gereinigt“ werden; die Sünde kommt von der Erbschuld, die den Menschen das Paradies gekostet hat und die erst durch Christi Erlösungswerk wieder versöhnt wurde.

Immerhin ist es den Architekten des Novus Ordo gelungen, bei der Auswahl ihrer Lesungstexte zum Tage – die wahrlich genug Lücken gegenüber dem Reichtum der überlieferten Liturgie aufweist – eine Lücke zu schließen, die sich irgendwa in den Texten der überlieferten Liturgie aufgetan hat – oder sollte sie schon immer dort offen gewesen sein? Die Rede ist von der frommen Witwe Hanna, die zusammen mit dem greisen Simeon im Wickelkind den Herrn erkennt und ihn im Tempel als Messias begrüßt. Sie stehen stellvertretend für alle frommen Männer und Frauen des Volkes. Antiphonen und Orationen der überlieferten Liturgie nennen zwar Simeon mehrfach, aber Hanna bleibt unerwähnt, und die als Evangelium gelesenen Passage aus dem Lukas-Evangelium (2; 22–32) bricht kurz vor dem Auftritt der Prophetin ab. Das moderne Evangeliar hat den Text vollständig und bringt auch die Verse 33-40, die vom Gotteslob Hannas berichten.

Darüber, warum die traditionelle Perikope Hanna nicht erwähnt, kann man nur speku­lieren. Vielleicht wurde die Rolle der „Frau aus dem Judentum“ durch die zentrale Stel­lung Mariens überstrahlt. Zur Unperson wurde Hanna dadurch nicht; im Martyrologium von 1922 ist ihr Gedenktag der 1. September. Vielleicht wurde auch Simeon deshalb besonders hoch geschätzt, weil das ihm in den Mund gelegte „Nunc Dimittis“ zu einem der zentralen Gebete des Christentums überhaupt geworden ist. Ein Verlust im moder­nen Verständnis ist darin zu sehen, daß mit dem aus nachvollziehbaren Gründen in den Hintergrund getretenen Aspekt der Reinigung an Mariä Lichtmess auch der der Segnung verloren gegangen ist. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war als Widerspiegelung des Festgedankens von Lichtmeß die Zeremonie eines sogenannten Muttersegens üblich, in dem die Mutter nach Ende des oft mehrere Wochen dauernden „Wochenbettes“ ihren Dank für die glücklich überstandene Geburt abstattete und aus der Hand des Priesters den Segen für sich und das Neugeborene erhielt. Gelegentlich wurde dieser Ritus nach alttestamentlichem Vorbild oder im Gefolge leibfeindlicher Tendenzen auch als eine Art Reinigungsritus mißverstanden, doch bereits von Papst Gregor aus dem 6. Jahrhundert ist eine Erklärung überliefert, daß dieser Segen keine Bedingung für den Besuch der jungen Mutter für die Teilnahme am Gottesdienst in der Kirche darstelle und auch noch gespendet werden könne, wenn sie bereits an Gottesdiensten teilgenommen habe.

Der Brauch des Muttersegens ist im Zeichen der Zwangsaufklärung nach dem zweiten Vatikanum fast gänzlich untergegangen, erfährt derzeit jedoch in traditionalistischen Kreisen insbesondere der englischsprachigen Länder als „Churching“ eine punktuelle Wiederbelebung als eine sichtbare Aufwertung der Stellung der Frau in der Kirche in ihrer hervorragendsten Rolle: der als Mutter.

Ein weiterer Reformverlust, der freilich nichts mit dem Festtag des 2. Februar an sich zu tun hat, wird sich am morgigen Festtag in den Gemeinden des Novus Ordo dahingehend auswirken, daß der 4. Sonntag des Festkreises der Erscheinung des Herrn vollständig aus der Liturgie der Sonntagsmesse verschwunden ist. In der traditionellen Liturgie werden „verdrängte“ Tage und Feste nämlich nicht ersatzlos gestrichen oder zu einem anderen Termin „nachgefeiert“, sondern „kommemoriert“. Bei der Kommemoration werden Ta­ges­gebet, Sekret und Postkommunio des „verdrängten“ Messpropriums nämlich nach dem entsprechenden Gebet des Festtages als zweite oder dritte Oration zusätzlich einge­schoben, so daß zumindest für den zelebrierenden Priester und den aufmerksamen Benutzer eines Schott – Kerngedanken dieser „verdrängten“ Messe präsent bleiben.

Bis zur Reform von 1962 wurde vielfach auch das „verdrängte“ Evangelium an Stelle des Schlußevangeliums gelesen. Letzteres fiel bereits unter Johannes XXIII. dem stream­lining der Liturgieoptimierer zum Opfer, aber es blieb immerhin noch die Möglichkeit zur Kommemoration einer weiteren Oration erhalten. Das wurde dann schlußendlich 1979 abgeschafft – seitdem feiern wir die Feiertage in Reih und Glied wie aus einem Guß ohne störende Einschübe.

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