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So beschreibt Martin von Cochem den Einzug Jesu in Jerusalem

12. April 2025

3 - Tradition

Der Kupferstich zeigt im Vordergrund eine unübersehbare Volksmenge mit Christus auf dem Esel reitend im Zentrum. Die Menge zieht auf das Stadtor von Jerusalem zu, deren Mauern und Türme im Hintergrund aufragen.

Der König kommt in seine Stadt

Im vergangenen Jahr haben wir zum Palmsonntag einige theologische und religionsgeschichtliche Aspekte des Einzugs Jesu in Jerusalem beleuchtet. (hier) In diesem Jahr präsentieren wir den Bericht, den der als Volks-Missionar überaus erfolgreiche und dabei stets vollständig glaubenstreue Kapuzinerpater Martin von Cochem in seinem Buch „Das Große Leben Christi“ (Erstauflage 1682) von diesem Ereignis gegeben hat. Pater Martin folgt dabei im „Sechsundachtzigsten Hauptstück: Wie Christus am Palmtage nach Jerusalem geritten“ im großen Ablauf der Darstellung im 21. Kapitel des Matthäus-Evangeliums, macht jedoch auch einzelne Anleihen aus dem Reichtum der Berichte in den frühchristlichen Überlieferungen und fügt das ganze mit barocker Opulenz zu einem großartigen Bild frommen Glaubens zusammen. Wir bringen im folgenden den Text nach der von P. Gaudentius Koch OFM Cap 1911 mit großen sprachlichem Einfühlungsvermögen herausgegebenen Auflage dieses Hauptwerkes von P. Martin.

Als Christus am Vorabend des Palmtages wieder nach Bethanien gekommen und von Simeon zu Gast geladen, auch von Magdalena mit einer köstlichen Salbe gleich einem Rosenwasser übergossen worden war, blieb er im Hause der Martha, betete die ganze Nacht und des Morgens frühe machte er sich mit all den Seinigen auf den Weg nach Jerusalem und ging bis zu dem Dörflein Bethphage, am Abhang des Ölbergs gelegen. Da schickte er zwei von seinen Jüngern in ein Kastell, das nahe dabei lag, dass sie ihm die Eselin samt dem Füllen, die dort angebunden wären, herbeiholen sollten. Die Jünger brachten die Eselin herbei, legten ihre Kleider darüber und setzten Christum darauf. So ritt er aus dem Dörflein Bethphage den Ölberg hinan zur Stadt Jerusalem, und seine Jünger gingen teils vor ihm her, teils hintenan.

Nun bedenke, o frommer Christ, was das für ein demütiger Ritt gewesen. Hier saß der höchste König Himmels und der Erde, ohne Decken und Sattel, ohne Zaum und Steig­bügel, ohne Krone und Szepter, ohne Hofstaat und Begleiterschaft. Er saß nicht auf einem königlichen stolzen Rosse, sondern auf einer schlechten und verächtlichen Eselin, mit bloßem Haupt und baren Füßen, mit demütigen Gebärden und Antlitz, mitten unter seinen armen, einfältigen Jüngern, die sein ganzes königliches Gefolge ausmachten. Über dieses Schauspiel verwunderten sich nicht alleine seine lieben Jünger, sondern noch viel mehr die heiligen Engel, die voll erstaunen diesem demütigen Triumphzuge zuschauten und ihn durch ihre persönliche Gegenwart zieren halfen.

Als nun Christus den Ölberg hinaufgeritten und auf die Höhe gekommen war, ritt er unter einem Ölbaum hin und brach mit eigener Hand einen grünen Zweig vom Baume. Da seine Jünger das sahen, brachen auch sie von diesem und anderen Bäumen grüne Zweige ab, trugen sie in den Händen und fingen auf Eingebung des heiligen Geistes mit heller Stimme zu rufen und zu singen an: Hosanna dem Sohne Davids. Gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn, hosanna in der Höhe. O wäre ich auch zugegen gewesen, wie wollte ich mit freudiger Stimme zugleich mit den Aposteln den lieben Heiland gepriesen haben.

Weiter sagt der heilige Evangelist Johannes: Als viel Volk, das zu dem Feste gekommen war, gehört hatte, dass Jesus nach Jerusalem komme, nahmen sie Palmzweige, gingen ihm entgegen, und riefen: Hosanna, gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels. Da hätte man Wunder sehn sollen, wie das Volk auf Eingebung des heiligen Geistes haufenweis dem Ölberg zulief, Christo entgegenkam, wie sie die Kleider auszogen und auf den Weg spreiteten, damit Christus darüber reiten sollt. Etliche stiegen auf die Bäume, brachen Palm- und Ölzweige ab und streuten sie auf den Weg. Andere nahmen Palm­zweige in ihre Hände, gingen vor und hinter dem gütigen Herrn einher und sangen mit heller Stimme: Gebenedeit sei der König, der da kommt im Namen des Herrn, und gebenedeit sei das Reich Davids, unseres Vaters, das da kommt. Friede sei im Himmel und Glorie in der Höhe. Hosanna, hosanna. Denn sie glaubten fest, dass Christus der Mes­sias sei, den ihnen Gott versprochen hatte und der sie von der schweren Dienstbarkeit der Römer erlösen würde.

Je näher sie zur Stadt kamen, desto mehr Volk kam herausgelaufen und desto mehr schrien sie: Hosanna, hosanna. Etliche gebrauchten die Worte des Propheten Zacharias und riefen mit heller Stimme: Freue dich, du Tochter Sion, juble, du Tochter Jerusalem,. Denn siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und als dein Heiland; er ist arm und reitet auf einer Eselin, auf dem jungen Füllen einer Eselin (Zach 9,9). Dergleichen Worte brauchte das Volk und lobte Gott wegen all der Wunderzeichen, die sie von Christo gese­hen hatten, wovon die katholische Kirche am Sonntag singt. Die glückselige Volksmenge erkannte schon damals, was dieser Triumph vorbedeute, dass nämlich unser Erlöser für das Leben der ganzen Welt mit dem Fürsten des Todes streiten und ihn durch seinen Tod überwinden würde. Darum kamen sie ihm mit Palmzweigen entgegen und spreiteten ihre Kleider auf den Weg aus, damit sie ihn als ihren Heiland würdig empfangen möchten.

Diese Ehre Christi wurde durch ein großes Wunder, das dabei geschah, merklich ver­mehrt. Denn da unter diesem Volke auch viele Frauen waren, die ihre Kinder auf ihren Armen trugen, so war es wunderbar zu hören, wie diese kleinen, unmündigen Säuglinge, die ihr Lebtag noch kein Wort geredet hatten, mit heller Stimme anfingen zu rufen: Hosanna, hosanna. Und dieser Kindlein waren es nicht nur wenige, sondern sehr viele, deren jedes aus voller Kraft mit seinem zarten, holdseligen Stimmlein rief: Hosanna, hosanna, so dass die Menge dieser Kindlichen Stimmen unter dem ganzen Volke gehört werden mochte.

Als der gütige Herr allgemach nahe zur Stadt kam, da hob er seine barmherzigen Augen auf und sah mit herzlichem Mitleid die von Gott auserwählte Stadt an. Endlich nach vielen Zähren, sprach er mit einem schmerzlichen Seufzer: Jerusalem, Jerusalem, ach wenn du erkenntest dein zukünftiges Elend, gleichwie ich es erkenne,so würdest du mit mir weinen. Ach wenn du erkennen würdest die Gnade, die ich dir zu erweisen begehre, so würdest du mich gewiß mit noch größeren Ehren empfangen als du tust. Nun aber ist dies alles vor deinen Augen verborgen. Weil du dich aber nicht bekehren und von deinen Sünden nicht abstehn willst, darum wird das äußerste Elend über dich kommen. (…)

Nachdem nun der liebreiche Herr das Elend dieser Stadt beweint hatte, ritt er vollends den Ölberg hinab durch das Tal Josaphat und auf der anderen Seite des Tales wieder einen jähen Weg hinauf bis zur Goldenen Pforte. Welches Tor also genannt wurde, weil es ganz vergoldet war. Diese Pforte lag auf dem Berg Moria, allernächst hinter dem Tempel gegen Aufgang der Sonne, wodurch man vom Tempelberg auf einem kürzeren Weg zu dem Ölberg hinabgehen konnte. Weil dies Tor gleich bei dem Tempel lag, wurde es eher für eine Tempelpforte als für ein Stadttor angesehn. Als Christus hineinreiten wollte, war sie verschlossen, denn sie wurde nur selten aufgetan.

Hier war nun wieder ein großes Wunder zu sehen, worüber sich billig alles Volk entsetzte. Denn als das Volk, das vor Christus einherging, vor der verschlossenen Pforte stillstand und der gütige Herr auf der Eselin reitend dahinkam, da tat sich die Pforte von selber auf und gewährte dem wahren Messias freien Eingang in die Stadt. Da kam die ganze Stadt in Bewegung, wie Sankt. Matthäus berichtet, und alle Menschen, die in der Stadt waren, liefen dem Heiland entgegen und sprachen mit großer Verwunderung: Was ist das für einer? Als wollten sie sagen, auf solche Weise ist noch nie ein Mensch in die Stadt ge­kom­men; das muß ohne Zweifel ein großer Heiliger sein. Das Volk aber, das mit dem Herrn ging, sprach: Dieser ist Jesus, der große Prophet von Nazareth. Als wollten sie sagen, dieser ist der langersehnte Messias und unser rechtmäßiger König, der das Reich Davids wieder aufrichten wird.

Obschon die Goldene Pforte gleich hinter dem Tempel lag, so ritt dennoch der gütige Herr nicht geraden Weges hinein, sondern um den Tempel und durch die vornehmsten Straßen der ganzen Stadt, damit er von allem Volke möchte gesehn und geehrt werden. Da war nun wunder zu sehen, was für ein großer Zulauf des Volkes war und wie sich alle hinzudrängten, den Einzug zu schauen. Auf allen Straßen, in allen Fenstern und Türen und an allen Orten, wo der glorreiche Messias durchritt, stand eine große Menge Leute die mit einhelliger Stimme riefen: Hosanna, dem Sohne Davids hosanna dem Messias. Gebenedeit sei Gott im hohen Himmel, der uns den lang verheißenen Messias geschickt hat. Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden unserem neuen Könige und seinem ganzen Reich. So erfreute sich das gute Volk und meinte nichts anders, als dieser ihr Mes­ias werde ein irdische Reich aufrichten und als irdischer Herrscher regieren. (...)

Soviel also P. Martin zum eigentlichen Einzug Jesu in Jerusalem – im Folgenden wendet das Kapitel noch kurz der Reaktion der Pharisäer auf diese Herausforderung ihrer Macht zu und schildert in dramatischer Form die Austreibung der Geldwechsler und Händler aus dem Tempelbezirk.

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