Was Christus am Dienstag der Karwoche getan hat
15. April 2025

Der Tempel - bevorzugter Lehrort Jesu
Nach den gestern aus aktuellem Anlaß eingeschobenen Gedanken zur andauernden Leidensgeschichte des mystischen Körpers Christi in Welt und Gegenwart kehren wir jetzt zu dem zurück, was P. Martin von Cochem – wieder in enger Anlehnung an die Berichte der Evangelien – zum Dienstag der Karwoche zu berichten weiß.
Dienstag morgen (…) kam er gleich bei Tag wieder in den Tempel, und das Volk lief ihm scharenweise zu. Weil es der letzte Tag war, da er predigen wollte, so blieb er vom Morgen bis zum Abend im Tempel und predigte über verschiedene Dinge. Erstlich erzählte er das Gleichnis von dem Könige, der seinem Sohne Hochzeit hielt, und jenen, der kein hochzeitliches Kleid anhatte, in die äußerste Finsternis werfen ließ. Danach beschämte er die Pharisäer, die ihn fragten, ob man dem Kaiser den Zinsgroschen geben sollte. Drittens machte er die Sadduzäer zu Schanden, die nicht glaubten, daß eine Auferstehung sei. Viertens antwortete er dem Gesetzesgelehrten, der ihn fragte, welches das größte Gebot im Gesetze wäre. Fünftens fragte er die Pharisäer, was sie von Christus hielten, wessen Sohn er sei.Sechstens strafte er vor allem Volke die Gleisnerei der Schriftgelehrten und Pharisäer und drohte ihnen gewaltig mit der zukünftigen Strafe.
Als er endlich seine Predigt schließen wollte, rief er mit kläglicher Stimme:Jerusalem, Jerusalem, das du die Propheten mordest und die steinigst, die zu dir gesandt werden: Wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, wie eine Henne, ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt, du aber hast nicht gewollt. Siehe, euer Haus wird euch wüst gelassen werden. Mit diesen Worten warnte er treulich die verstockten Juden und beklagte väterlich ihr endliches Verderben.
Als er zum Tempel hinausgehen wollte, setzte er sich zu dem Opferkasten und lobte die arme Witwe, die nur zwei Heller hineingeworfen hatte.Als er aber vor den Tempel kam, sprachen seine Jünger: Meister, siehe was für ein herrlicher Bau, und was für große Steine sind an diesem Tempel. Er aber sprach: Wahrlich, ich sage euch, es wird kein Stein auf dem andern gelassen werden, der nicht abgebrochen wird.. Dann ging er mit seinen Jüngern zur Stadt hinaus auf den Ölberg, setzte sich da nieder und weissagte seinen Jüngern, wie sie nach seinem Tode würden verfolgt werden. Darauf sagte er ihnen von dem Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte, von der Zerstörung Jerusalems und von dem zukünftigen Jüngsten Tag.
Endlich erzählte er ihnen das Gleichnis von den fünf weisen und den fünf törichten Jungfrauen, wie auch die Parabel von dem Herrn, der seinen Knechten Geld gegeben hatte, daß sie damit etwas gewinnen sollten. So hatte der liebe Heiland den ganzen Tag soviel gepredigt, daß es ein Wunder war, wie er noch reden konnte, woraus wir sehen, wie treu er es mit uns gemeint und wie viele herrliche Lehren er uns zu unserem Heile hinterlassen hat.
Nach Vollendung seiner so langen Predigt gab er seinen Jüngern zum Beschluß eine sehr traurige Nachricht. Er hatte ihnen schon seit langem gesagt: Des Menschen Sohn wird den Heiden überliefert , verspottet, angespien und gegeißelt werden, und nachdem sie ihn werden gegeißelt haben, werden sie ihn töten. Heute aber sprach er vor großem Herzeleid nur dies eine Wort: Des Menschen Sohn wird überantwortet werden, daß er gekreuzigt werde. Was aber konnte Schmerzlicheres gesagt, ja was konnte Schrecklicheres gedacht werden, als daß Gottes Sohn solle gekreuzigt werden? Wie meinst du wohl, daß dieses Wort den lieben Aposteln zu Herzen gegangen sei?
Stelle dir vor, wie dir zu Mute wäre, wenn dir jetzt die Nachricht zukäme, dein herzallerliebster Vater solle in zwei Tagen unschuldig hingerichtet werden. Würdest du nicht so sehr erschrecken, daß du in Ohnmacht fallen müßtest? Würdest du nicht weinen und klagen, daß es ein Jammer wäre? So und noch viel tausendmal ärger haben sich die Apostel gebärdet, als ihnen Christus diese Nachricht gesagt. Denn dies schmerzliche Wort versetzte sie in einen solchen Schrecken, als wie wenn ein Hammerstreich ihr Brust getroffen hätte. Sie rangen die Hände und klagten schmerzlich und unter wehmütigen Seufzern: O allerliebster Meister, o allerbester Vater, so mußt du denn nach zwei Tagen sterben? Du sollst lebend gekreuzigt werden? Es ist ja kein grausamerer und schimpflicherer Tod auf Erden als die Kreuzigung. §Was hast du denn getan, daß dich ein so schreckliches Unglück treffen soll? Ach wir armen Waisen, ach wir verlassenen Kinder, sollen wir denn unsern Vater verlieren? Sollen wir unsern Meister verlieren? Wer wird uns dann trösten? Wer wird uns schützen? Ach Gott, dir sei es im Himmel geklagt, o Gott, erbarme dich unser.
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