Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Mehr Geduld - weniger Streit

Der Papst verändert das Bezugssystem

29. 5. 2008

Wir übersetzen hier einen Beitrag, den Fr. John Zuhlsdorf am 24. 5. in WDTPRS veröffentlicht hat.

Jahrzehntelang konnte die Progressisten die Kirche langsam aber sicher auf einen Kurs bringen, der ihren Vorstellungen entsprach, indem sie vor allem anderen irre internen Differenzen hintan setzten und vielfach als Block auftraten. Natürlich ist das eine Vereinfachung, aber ich denke, so war es tatsächlich. Auf der anderen Seite neigen die Katholiken mit traditionelleren Vorstellungen dazu, miteinander um Nuancen zu streiten, zugegebener weise oft wichtige Nuancen. Aber das hässliche Endergebnis ist doch, daß diese Gruppen oder Einzelkämpfer in ihren Grabenkämpfen stecken bleiben und so keinen Fußbreit Boden gewinnen können.

Ein anderes Mittel, mit dessen Hilfe die Progressisten ihre Pläne durchsetzen konnten, war der Einsatz von Geduld. Sie sind Spezialisten der schleichenden Veränderung – wenn man so will wie in der Geschichte vom gekochten Frosch. Sie verstanden es meisterhaft, den Bezugsrahmen, in dem wir die Dinge wahrnehmen gelegentlich um ein halbes Grad zu verschieben, aber immer in der gleichen Richtung, und gelegentlich mit einem kleinen Stoß. Und nach ein paar Jahrzehnten wachen wir auf und finden uns in einer anderen Kirche wieder.

Die mehr der Tradition zugeneigten Katholiken neigen dann dazu, zu fordern, daß alles wieder in den Zustand versetzt werden müsse, in dem es früher war, in dem es sein sollte, und das am besten über Nacht. „Warum bringt der heilige Vater das nicht in Ordnung?“ klagen sie, und wiederholen: „Warum tut der Bischof nichts?“.

Veränderungen, die in kleinen Schritten herbeigeführt worden sind, müssen oft auch in kleinen Schritten wieder zurückgenommen werden.

Dazu kommt, und darin liegt eine gewisse Ironie, daß Inhaber von macht- und einflußreichen Positionen oft sehr von anderen abhängig sind, um ihre Vorstellung von Veränderungen zu verwirklichen .Der Papst ist einfach nicht in der Lage, die Kirche per Kommando zu lenken. Um seine Absichten zu verwirklichen, braucht er ausreichende Erfolgsaussichten und genug Leute, die seine Wünsche unterstützen. Wenn er ein Projekt in Gang setzt, vor allem wenn das ein großes Projekt ist, ohne eine Ausreichende Unterstützung von denen zu finden, die die tatsächliche Arbeit erledigen müssen, ist der Fehlschlag programmiert, und seine Autorität wird schwer beschädigt.

Papst Johannes Paul II hat über einen Zeitraum von fast drei Jahrzehnten langsam, aber stetig, und in kleinen Schritten die Grundausrichtung des Weltepiskopats verrändert. Er hat sich davor gehütet, bei seinen Ernennungen übereilt vorzugehen – er mußte auch so schon heftige Gegenreaktionen erfahren. Er zeigte Geduld und nahm auch den Aufstieg von Männern hin, von denen er annehmen konnte, daß sie gegen seine Ideen waren. Er ertrug das schweigend und arbeitete weiter. Aufgrund dieser Geduld haben wir heute z.B. in den Vereinigten Staaten einen stark veränderten Episkopat. Auf der einen Seite sehen eine biologische Lösung durch die demografische Entwicklung, auf der anderen Seite eine neue Generation kluger junger Leute, die der verträumte „Geist des Konzils“ nur noch zum Gähnen bringen kann – beides zusammen gibt für die Vereinigten Staaten großen Anlass zur Hoffnung. Und in anderen Teilen der Welt sieht es ähnlich aus.

Papst Benedikt ist derzeit auf sehr kluge Weise dabei, das Bezugssystem zu verändern. Dabei baut er auf der langen und geduldigen Vorarbeit seines hochgeschätzten Vorgängers auf. Er hat erkannt, daß es in der katholischen Welt und an Schlüsselstellen der Kurie genug Unterstützung für Summorum Pontificum gibt, um eine Promulgation zu ermöglichen. In seinen Jahren als Autor hat er ein ganzes Regal voll Bücher geschrieben, die seine Ansichten darlegen. Jetzt gibt er dem Bezugssystem eine andere, nämlich seine, Richtung. Und obwohl er dabei in kleinen Schritten vorgeht, gibt es dabei gelegentlich recht dramatische Stöße.

Er verändert die Art, wie wir diskutieren und setzt neue Themen, und dabei stützt er sich ganz besonders auf den guten Willen und die Kraft der jüngeren Generation.