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Erzbischof Pozzo zur Rekonziliation

Website der 'Benediktinerinnen der Anbetung'www.osb-wien.atIm Bericht zur 10. Woche hatten wir ausführlich die Positionen von Bischof Fellay zur näherrückenden Rekonziliation der Piusbruderschaft mit dem Päpstlichen Stuhl referiert. Etwa zur gleichen Zeit hat sich im Interview mit der Tagespost auch der zuständige Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, Erzbischof Guido Pozzo, zu den damit verbundenen Fragen geäußert. Wir zitieren daraus einige Kernaussagen. Gefragt, ob er erwarte, noch in diesem Jahr eine Einigung zu erreichen, antwortete der Erzbischof:

Man kann zuversichtlich sein, dass die Überwindung des Bruchs mit der kanonischen Anerkennung der Piusbruderschaft in der rechtlichen Form einer Personalprälatur bald erreicht wird. Um an dieses Ziel zu gelangen, wird auf der einen Seite die Priesterbruderschaft aufgefordert, der vom Heiligen Stuhl formulierten „Lehrmäßigen Erklärung“ zuzustimmen. Auf der anderen Seite wird die Bewahrung der spirituellen, theologischen, liturgischen, disziplinarischen und pastoralen Identität der Priesterbruderschaft durch ein besonderes Gesetz mit entsprechenden Statuten garantiert. Es gibt jedoch keine festgesetzten zeitlichen Fristen.  

Auf die Frage, welche lehrmäßigen Fragen vorrangig zu klären seien, antwortete Bischof Pozzo:

Die Priesterbruderschaft hat immer auf eine gewisse Ambiguität hingewiesen, die sich ihrer Meinung nach in einigen Formulierungen der Konzilsdokumente und vor allem in der nachkonziliaren kirchlichen Praxis finden, und zwar in Bezug auf die Ökumene, den Dialog mit den nicht christlichen Religionen, die Beziehung von Kirche und Staat in Bezug auf die Religionsfreiheit, die als Indifferentismus oder Relativismus verstanden wird, die Beziehung des christlichen Denkens zu den Ideologien der Moderne sowie einige Aspekte der Liturgiereform und ihrer Anwendung. Bischof Fellay hat in einem Interview im vergangenen Jahr erklärt, dass sich die Priesterbruderschaft vorbehält, auf die Ambiguität und die Irrtümer hinzuweisen, die sie zu sehen glaubt, dass jedoch die Autorität, die Missverständnisse und die kritischen Punkte zu klären und zu zerstreuen, Rom zusteht. Ich denke, dass auch nach der Versöhnung die Vorbehalte und Schwierigkeiten berücksichtigt werden müssen, auf die die Priesterbruderschaft hinweist, um zu einer Klarstellung, einer Vertiefung und einer nachträglichen Präzisierung dieser Punkte zu gelangen. ...

Über einen absolut fundamentalen Punkt besteht vollkommenes Einvernehmen mit der Priesterbruderschaft: Das Lehramt der Kirche steht nicht über dem geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist (vgl. Dei Verbum, 10). Das Lehramt seinerseits, dem Christus die Bewahrung, die Verteidigung und die Auslegung des Glaubensguts anvertraut hat, hat die Aufgabe, auch die früheren Texte des Lehramts – einschließlich der Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils – auf authentische Weise im Licht der ununterbrochenen Tradition zu erklären und zu verdeutlichen, die gewiss in der Kirche mit dem Beistand des Heiligen Geistes voranschreitet, aber niemals mit einer Neuheit, die dem Vorhergehenden widerspricht, sondern mit einem besseren Verständnis des Glaubensguts „in derselben Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung“ (vgl. Vat. I, Dei Filius, 4 und Vat. II, Dei Verbum, 8). Dieses Prinzip muss auch auf die Dokumente des Zweiten Vatikanums angewendet werden, die im Licht der Tradition und in Übereinstimmung mit dem beständigen Lehramt der Kirche gelesen und verstanden werden müssen, wie Erzbischof Lefebvre selbst 1981 in einem Brief an Papst Johannes Paul II. bekannte.

Das heißt, wenn eine Auslegung oder ein Verständnis oder eine Praxis des Zweiten Vatikanums vorgeschlagen werden, die eine Diskontinuität oder einen Bruch mit der zuvor vom Lehramt definierten oder gelehrten katholischen Doktrin darstellt, muss diese Auslegung als falsch oder unangemessen zurückgewiesen werden. Das Problem ist also nicht das Zweite Vatikanische Konzil als solches, sondern eine gewisse Weise, das Konzil zu verstehen, anzuwenden und zu praktizieren, also der sogenannte „Geist des Konzils".

Ausdrücklich machte der Erzbischof diesen „Geist des Konzils“ dafür verantwortlich, daß in den dem Konzil folgenden Jahrzehnten „Irrtümer, Missverständnisse und Mängel oder parteiische und oberflächliche Interpretationen“ entstanden und verbreitet worden seien, die eine Praxis der Diskontinuität und des Bruchs mit der katholischen Tradition bewirkt hätten. Darüber sei weiterhin konstruktiv und ohne Polemik zu diskutieren, „um die richtige und unversehrte Lehre zu fördern“.

Hier noch einmal der Link zum ganzen Text, dessen Lektüre wir sehr empfehlen.

Barmherzigkeit in Texas II

Bild: Website der PfarreiUnd hier eine außerordentlich erfreuliche Nachricht: Die aus einer anglikanischen/episkopalen Gemeinde hervorgegangene Pfarrei „Our Lady of the Atonement“ im texanischen San Antonio ist seit gestern Teil des Personalordinariates vom Stuhl Petri – also des Ordinariats für die auf der Grundlage von Papst Benedikts Anglicanorum Coetibus aus der anglikanischen Tradition gekommenen Katholiken Nordamerikas. Pfarrer der Gemeinde ist wieder und weiterhin Rev. Christopher Phillips, der die Gemeinde 1983 – damals noch auf der Grundlage der unter Papst Johannes Paul II. erlassenen Pastoral Provision – begründet hatte.

Damit endet ein bizarres Intermezzo, über das wir hier am 27. Januar berichtet hatten: Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hatte der neue Ortsbischof von San Antonio Pfarrer Phillips in die Wüste geschickt und dessen Nachfolger Maßnahmen ergreifen lassen, um die Pfarrei vollständig in das Novus-Ordo-Umfeld des Bistums zu integrieren. Es gab die üblichen Proteste, aber die meisten Beobachter, uns eingeschlossen, hatten wenig Hoffnung, daß diese Maßnahmen zurückgenommen werden könnten.

Genau das ist jetzt aber geschehen. Auf Veranlassung der Glaubenskongregation, bei der Rev. Phillips Rekurs eingelegt hatte, und mit Zustimmung des Papstes ist eine Direktive des Heiligen Stuhles ergangen, die sämtliche in Nordamerika auf der Grundlage der Pastoral Provision errichteten Gemeinden in das Ordinariat überführt. Inwieweit es da außer San Antonio noch weitere Streitfälle gab, ist uns nicht bekannt, und es ist durchaus möglich, daß es in San Antonio oder anderswo noch Auseinandersetzungen um die stets leidigen Vermögensfragen gibt. Die Grundsatzentscheidung ist jedoch gefallen, und wie es aussieht in einer Weise, die den mühsamen Start der anglikanischen Ordinariate erleichtern dürfte.

Personalprälatur zum Zweiten

Bild: Screenshott von Google StreetviewNachdem erste konkrete Gerüchte über die unmittelbar bevorstehende Rekonziliation der Piusbruderschaft und den Erwerb einer römischen Liegenschaft sich als verfrüht bzw. als Irrtum herausgestellt haben, gibt es jetzt – zurückgehend auf den Vaticanista Tosatti – eine zweite, verbesserte Version. Der Abschluß einer Übereinkunft wäre danach nur noch eine Sache der Unterschriften, und auch ein neuer Ort für den Sitz der zukünftigen Personalprälatur wird genannt: Nicht die zunächst genannte Kirche Santa Maria Immacolata all‘Esquilino, sondern die gerade einmal 1 km entfernte neoromanische Kirche Santa Maria Immaculata e San Benedetto Giuseppe Labre an der Via Taranto im tuskulanischen Stadtbezirk.

Zur Kirche gehört ebenfalls ein umfangreicher Gebäudekomplex, der früher von einer Schwesterngemeinschaft als Schule mit Internat und als Konvent genutzt wurde. Die Kirche untersteht heute der Diözese Rom und ist der Pfarrei Santi Fabiano e Venanzio angeschlossen, die dort Gottesdienste für Angehörige von ausländischen Gemeinden mehrerer Kontinente feiert; das restliche Gebäude ist ganz oder großenteils ungenutzt. Von daher erscheinen die Voraussetzungen für Erwerb und Nutzung des Komplexes durch die Bruderschaft deutlich besser als bei der zuvor genannten Variante auf dem Esquilin.

Nun ist abzuwarten, ob die Übereinkunft zur Errichtung der Personalprälatur tatsächlich nur noch einen Schritt entfernt ist, wie Tosatti ankündigt – oder ob sich auch diese Meldung als voreilig herausstellen wird. Über alles weitere wird nachzudenken sein, wenn das Abkommen tatsächlich unterzeichnet ist.

Mehr von der Piusbruderschaft

Die Meldungen über den Erwerb der Kirche und Liegenschaft auf dem römischen Esquilin durch die Piusbruderschaft werden präziser, aber nicht unbedingt übersichtlicher. Nach LaStampa haben die ursprünglich zusammenghörige Kirche und das Gebäude heute verschiedene Eigentümer und Zuständigkeiten - da ist wohl noch einiges an bürokratischen Dingen zu klären. In dem Gebäude residiert überdies wohl zu großen Teilen ein Hotel - das verschwindet auch nicht von einem Tag auf den anderen. Das alles ist freilich von sekundärer Bedeutung: Wenn die Bruderschaft in Rom provisorisch oder auf Dauer Räumlichkeiten sucht, und wenn der Vatikan diese Suche unterstützt, wird es auch eine Lösung geben.

Von primärer Bedeutung ist demgegenüber der Inhalt der Conessio Fidei, die von der Bruderschaft anzuerkennen ist, um die Voraussetzungen zur Errichtung der Personalprälatur zu erfüllen - wir erinnern uns: Die rückkehrwilligen Anglikaner hatten seinerzeit erklärt, sie bekennten sich voll und ganz zum Katechismus der Katholischen Kirche.

Nach LaStampa geht es dabei um folgende vier Punkte, die hier der Einfachheit halber in der Paraphrase von Fr. Zuhlsdorf einschließlich seiner Anmerkungen (in rot) wiedergegebenen werden.

  1. Anerkennung des Papstes und des Bischofskollegiums entsprechend der Beschreibung in Lumen Gentium; [Das sollte kein großes Problem sein, da LG die Rollen des Papstes und der Bischöfe definiert und die Probleme des Konziliarismus meidet.]
  2. Definition des Verhältnisses zwischen Tradition und Lehramt; [Auch das sollte für die SSPX kein Problem sein, Es ist jedenfalls ein viel größeres Problem für viele hohe Würdenträger, die nicht der SSPX angehören.]
  3. Anerkennung der Gültigkeit der Sakramente in den Riten der nachkonziliaren Reform; [Ich denke nicht, daß die SSPX jemals die Gültigkeit  in Frage gestellt hätte. Sie mag die neuen Riten nicht, aber sie behaupten nicht, daß sie ungültig wären. Allerdings vielleicht einzelne Mitglieder.]
  4. Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils im Licht der Tradition der Kirche gesehen. [Im Licht der Tradition der Kirche... Ich denke, das ist genau das, was sie versucht haben, oder? Jedenfalls würde ich gerne einige Leute, die heutzutage in den kirchlichen Nachrichten auftauchen, fragen, ob sie das so halten!]

Keine weiteren Punkte, etwa zu Ökumenismus, Interreligiösem Dialog oder Religionsfreiheit.

Beim gegenwärtigen Informationsstand erscheint es wenig sinnvoll, diese Liste und ihre Kommentierung noch einmal zu kommentieren: Es geht offenbar um Kompromissformeln, deren konkrete Bedeutung und Anwendung fallweise ausgehandelt oder bestritten werden kann. Damit würde sich ein derartiges Abkommen perfekt in den gegenwärtigen Rahmen des „nichts ist unmöglich“ einfügen - dieser Charta des Relativismus aber auch an keiner Stelle Stützen größerer Verbindlichkeit einziehen.

Rom - immer noch im Nebel

Bild: http://wdtprs.com/blog/2017/02/pope-francis-helps-sspx-take-over-church-complex-in-heart-of-rome/Aus der 8. Woche

Zwei Gerüchte, die dieser Tage in Rom umlaufen, markieren zwei Extrempositionen dessen, was im gegenwärtigen Pontifikat als möglich gelten muss: Das erste Gerücht spricht von der die angeblich bevorstehenden Entlassung Kardinal Müllers als Präfekt der Glaubenskongregation und seiner Ersetzung durch den philippinischen Kardinal Tagle. Das zweite Gerücht, das gestern lauter wurde, handelt davon, daß die Piusbruderschaft Kirche und Gebäude Santa Maria Immacolata all‘Esquilino erworben habe, um dort den künftigen Sitz ihrer Personalprälatur einzurichten. Maria Immacolata all‘Esquilino ist der frühere Verwaltungssitz einer der vielen Ordensgemeinschaften, die nach dem 2. Vatikanum eingegangen sind; der geräumige Bau liegt etwa 1 km östlich von Maria Maggiore und 500 m nördlich des Lateran entfernt in einem Wohn- und Geschäftsviertel der Innenstadt.

Wie passt beides zusammen? Oder, wenn einem der Gedanke an die Absetzung Müllers unwahrscheinlicher vorkommen sollte als die Errichtung einer Personalprälatür für Pius: Warum sollten die gegenwärtigen Machthaber im Vatikan einerseits die überlieferte Lehre der Kirche nach Kräften in Zweifel ziehen und als Richtschnur für die Pastoral entwerten, und auf der anderen Seite der Piusbruderschaft als eines der stärksten Repräsentanten der Tradition einen regulären Status gewähren? Wobei freilich ein erster und keinesfalls bedeutungsloser Schritt dazu mit der Verlängerung der Beichterlaubnis für die FSSPX bereits erfolgt ist.

In der Gedankenwelt Bergoglios und seiner Umgebung gibt es mehr als eine Vorstellung, nach der das, wenn auch auf verdrehte, um nicht zu sagen „dialektische“ Weise, durchaus zusammen gehen kann.

Vor allem ist da die Vorstellung, die römische Kirche befinde sich, seit sie mit dem 2. Vatikanum die Fesseln der Vergangenheit abgestreift und sich der Modernisierung geöffnet habe, alles in allem in einem neuen Frühling der erfreulichsten Entwicklungen. Vielfältig, pluralistisch und inklusiv gehe es zu in dieser neuen Kirche, harmonisch einer trotz gewisser Unvollkommenheiten den gleichen Werten verpflichteten Welt zugewandt, und nur ein paar nostalgische Spielverderber hinderten sie an der vollen Entfaltung ihres Potentials. Leider wird man diese Spielverderber nicht so einfach los, hartnäckig weigern sie sich, auszusterben, und hier und da ziehen sie sogar junge Leute an. Da liegt der Gedanke nahe, auf der einen Seite – siehe Franziskaner der Immakulata - klare Kante zu zeigen, auf der anderen Seite aber die nicht fortschrittsfähigen Elemente, wenn man sie schon nicht kurzfristig herausdrängen kann, auf ihrer eigenen Spielweise zu konzentrieren, damit auch leichter zu kontrollieren und nach Möglichkeit zu isolieren.

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