Vatikan II - Relikt einer vergangenen Epoche
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- 24. Juli 2021
Das französische Magazin L'Incorrect hat ein Interview mit P. Guilleaume de Tanoüarn, einem der Gründer des Institut Bon Pasteur (IBP) geführt, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben übrigens die wohlwollend-kritische Begleitung des 2. Vatikanums und dessen Auswirkungen gehört. Die Tagespost hat das Interview mit der Überschrift: Traditionis Custodes zielt auf die Ausrottung des überlieferten Ritus gelesen und bringt umschreibende Auszüge davon - und wir wiederum haben uns daraus die in unseren Augen wichtigsten Passagen herausgepickt. Trotzdem ist wie meistens die Lektüre einer vollständigeren Fassung dringend empfohlen.
Auf die Frage, ob er die Klagen des Papstes in Bezug auf die Traditionalisten verstehe, dass die traditionelle Liturgie benutzt würde, um das Zweite Vatikanische Konzil abzulehnen, antwortet Pater de Tanoüarn: „Ich lehne strikt jeglichen Vatikanum-II-Fetischismus ab. Ein Fetischismus, der nichts mit der theologischen Unfehlbarkeit des Konzils selbst zu tun hat. Es handelte sich um ein Pastoralkonzil, das in der Geschichte der Menschheit in einem Augenblick eines außergewöhnlichen Optimismus zustande kam“.
Doch heute, so erläutert der Pater, befänden wir uns in einer „extrem dunklen, extrem schwarzen Zeitspanne“. Die Kirche täte gut daran, sich der neuen gesellschaftlichen Konstellation anzupassen, mit der sie es zu tun habe, insbesondere mit der „Verarmung der sogenannten ‚reichen‘ Bevölkerungsgruppen und dem allgemeinen Verlust an Orientierung. Ganz zu schweigen von der Gewalt zwischen den Religionen, die sich aus den Ansprüchen des radikalen Islam ergibt“. Wir befänden uns heute in einer Situation, die sich grundlegend von den Siebziger Jahren unterscheide. Daher sei es „normal, dass die Katholiken etwas anderes suchen als das Zweite Vatikanum“, um sich der neuen Lage zu stellen. Doch dies bedeute keine Verurteilung des Zweiten Vatikanischen Konzils an sich, denn das Konzil sei der Ausdruck einer anderen Zeit, einer anderen Epoche. Und Pater de Tanoüarn fürchte, „dass der alte Papst, den wir haben, diese Betagtheit des Zweiten Vatikanum nicht wahrnehmen kann“. (...)
Der Papst schreibt in seinem Motu proprio, das Verhalten der Traditionalisten „widerspricht der Communio“, womit die Spaltung vorangetrieben werde. Pater de Tanoüarn meint jedoch dazu, dass der Papst es sei, „der der Communio widerspricht. Wir befinden uns in dem - von den Theologen in Betracht gezogenen - seltenen Fall, in dem der Papst selbst eine Communio zerstört, die sich gerade entwickelt und die offensichtlich Zeit, aber auch ein wirkliches Vertrauen der einen gegenüber den anderen braucht.“
Erklärung der Petrusbruderschaft
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- 21. Juli 2021
Die Petrusbruderschaft hat unter Datum vom 20. Juli auf ihrer zentralen Website eine offizielle Erklärung zu Traditionis Custodes veröfentlicht. Wir dokumentieren den vollständigen Text:
Fribourg, 20. Juli 2021
Die Priesterbruderschaft St. Petrus, deren Ziel die Heiligung der Priester durch die Befolgung der liturgischen Traditionen vor der vom Zweiten Vatikanischen Konzil gewünschten Reform ist (vgl. Konstitutionen Nr. 8), hat das Motu Proprio Traditionis Custodes von Papst Franziskus mit Verwunderung aufgenommen.
Die Priesterbruderschaft St. Petrus, die gemäß den Bestimmungen des Motu Proprio Ecclesia Dei Adflicta vom hl. Johannes Paul II. (2. Juli 1988) gegründet und kanonisch anerkannt wurde, hat sich stets zum gesamten Lehramt der Kirche und zur Treue gegenüber dem Papst und den Nachfolgern der Apostel bekannt und übt ihren Dienst unter der Verantwortung der Diözesanbischöfe aus. Indem sie sich in ihren Konstitutionen auf die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils beruft, hat sie immer versucht, Teil dessen zu sein, was der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005 „die Hermeneutik der Reform unter Wahrung der Kontinuität der Kirche“ nannte (vgl. Ansprache an die Römische Kurie, 22. Dezember 2005).
Wir sind daher zutiefst betrübt über die Motive, die angeführt werden, um den Gebrauch des Messbuchs des hl. Johannes XXIII. einzuschränken, das im Zentrum unseres Charismas steht. Die Petrusbruderschaft erkennt sich in keiner Weise in den vorgebrachten Kritikpunkten wieder. Es ist erstaunlich, dass die vielen Früchte, die in jenen Apostolaten sichtbar werden, die mit dem Messbuch des hl. Johannes XXIII. verbunden sind, sowie die Freude der Gläubigen, die von dieser liturgischen Form profitieren, nicht erwähnt werden. Viele Menschen haben dank dieser Liturgie den Glauben entdeckt oder sind zum Glauben zurückgekehrt. Es ist nicht zu übersehen, dass aus den oft jungen und blühenden Gemeinden viele christliche Familien, Priester- und Ordensberufungen hervorgegangen sind.
In diesem Zusammenhang möchten wir einerseits unsere unerschütterliche Treue zum Nachfolger Petri bekräftigen und andererseits zum Ausdruck bringen, dass wir unseren Konstitutionen und unserem Charisma treu bleiben und den Gläubigen weiterhin dienen wollen, wie wir es seit unserer Gründung getan haben. Wir hoffen, auf das Verständnis der Bischöfe zählen zu können, deren Autorität wir immer respektiert und denen gegenüber wir uns stets loyal verhalten haben.
Im Vertrauen auf die Fürsprache der Gottesmutter und unseres Schutzpatrons, des hl. Petrus, wollen wir diese Prüfung in Glauben und Treue annehmen.
Was wird aus den Gemeinschaften: Petrus, Christkönig, Bon Pasteur?
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- 19. Juli 2021
Die neuen Anordnungen von Franziskus zur Unterdrückung der überlieferten Liturgie – motu proprio und Begleitbrief zusammen genommen – enthalten nur einen einzigen inhaltlichen Schwerpunkt. Das ist die autoritative Feststellung in Artikel 1 des MP: Die liturgischen Bücher, die von den Heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. in Übereinstimmung mit den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils promulgiert wurden, sind der einzige Ausdruck der lex orandi des Römischen Ritus. Wie das im Einzelnen zu verstehen ist und was das rechtlich bedeutet, wird die entsprechenden Spezialisten noch eine Weile beschäftigen – was damit gewollt ist, liegt indes klar auf der Hand.
Eine der daraus vom Gesetzgeber abgeleiteten und gewollten Konsequenzen wird in den letzten Abschnitten des Begleitbriefes an die Bischöfe selbst ausgeführt. Dort heißt es am Ende des drittletzten Abschnittes: Es liegt vor allem an Ihnen, sich für eine Rückkehr zu einer einheitlichen Form der Feier einzusetzen, indem Sie von Fall zu Fall die Realität der Gruppen, die mit diesem [traditionellen] Missale Romanum feiern, überprüfen. Der folgende Abschnitt sagt dann: Die Hinweise, wie in den Diözesen zu verfahren ist, werden vor allem von zwei Prinzipien diktiert: einerseits, um für das Wohl derjenigen zu sorgen, die in der bisherigen Zelebrationsform verwurzelt sind und Zeit brauchen, um zum Römischen Ritus zurückzukehren, der von den Heiligen Paul VI. und Johannes Paul II. promulgiert wurde.
Das heißt: Das übergeordnete Prinzip für die aus pastoralen Gründen noch begrenzt gewährte Duldung der Verwendung eines nicht der aktuellen lex orandi entsprechenden Missales ist die (euphemistisch als Rückkehr bezeichnete) Hinführung der „Gruppen“ zum Missale von 1970. Tatsächlich erhalten die Bischöfe – denen nämlich mit diesem Motu Proprio keinesfalls die Autorität über die Liturgie in ihren Diözesen „zurückgegeben wird – den Auftrag, durch fallweise (also eher häufige) Kontrolle besagter „Gruppen“ sicherzustellen, daß diese sich tatsächlich auf dem rechten Weg zur alleine anerkannten lex orandi befinden.
Dabei ist es müßig, darüber nachzusinnen, ob mit den besagten „Gruppen“ auch die bestehenden Personalpfarreien oder die Apostolate der ehemaligen Ecclesia Dei-Gemeinschafften gemeint sind. Wo es nur eine einzige „lex orandi“ gibt, sind alle gemeint, und über die tatsächliche Bedeutung einer der vielfach (juristisch gesehen) unpräzisen Bestimmungen von MP und Begleitbrief entscheiden im konkreten Fall die Machtverhältnisse. Aus dieser betrüblichen Einsicht rührt die nach LaPorteLatin zitierte Feststellung des Oberen der französischen Petrusbruderschaft, es gehe jetzt nur noch darum, die „Sterbebegleitung“ für die letzten Gläubigen der überlieferten Liturgie zu übernehmen. (Quelle)
Damit sind wir bei einem Punkt von allergrößter Bedeutung – zu dem das MP in der für Franziskus typischen Ausdrucks- und Arbeitsweise „ex negativo“ kein Wort verliert: Was wird aus den Priestergemeinschaften, deren besonderes Charisma die Pflege der von Benedikt XVI. so bezeichneten „außerordentlichen Form des römischen Ritus“ ist?
Vom Reservat zum Zoo
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- 19. Juli 2021
„Unter der Überschrift „Von Summorum Pontificum zu Traditionis Custodes - Vom Reservat zum Zoo“ erschien heute (19. 7.) auf der Website der Priesterbruderschaft St. Pius X. eine ungezeichnete und somit zumindest halb-offizielle erste Stellungnahme der FSSPX zum neuen Motu Proprio. Der durchgängig satirische Ton der Stellungnahme – deren inhaltliche Aussagen wir weitgehend teilen können - erscheint uns an dieser Stelle und in dieser Sache wenig passend. Falls die Bruderschaft über ein „Wir haben es euch ja immer gesagt“ in Richtung auf eine konstruktive Bewältigung der die ganze Kirche in Mitleidenschaft ziehenden Krise hinausgehen möchte, muß da noch mehr und vor allem Substantielles und theologisch Fundiertes kommen. Derzeit ist der Text nur auf Französisch im Netz - Google translate ist als Notbehelf brauchbar. Und hier seit dem frühen Abend die deutsche Version.
Zur Ergänzung zwei deutschsprachige Artikel mit fundierterem Ansatz:
Peter Winnenmöller: Die Tradition wird sich zu wehren müssen: Papst Franziskus hat seiner Kirche einen schlechten Dienst erwiesen
Ein ungenannter Diözesanpriester: Ein Motu Proprio und bischöfliche Tollwut
31 Neupriester für die Tradition
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- 15. Juli 2021
Die Kollegen von messainlatino haben dieser Tage die Aufstellung der ihnen bekannt gewordenen Priesterweihen im ersten Halbjahr 2021 für den ürlieferten Ritus veröffentlicht. (Quelle - dort auch Links zu Aufstellungen früherer Jahre) Dabei kommen sie auf die (vorläufige) Gesamtzahl von 31. Auf das ganze Jahr hochgerechnet wäre demnach mit einer Zahl um die 60 zu rechnen – das entspräche in etwa der Zahl der Männer, die in den letzten Jahren in Ländern wie Frankreich oder Deutschland für die Diözesen geweiht werden konnten.
Betrachtet man die oben ermittelte Zahl nach nationaler und spiritueller Herkunft genauer, ergibt sich folgendes Bild: Mit je 10 Priesterweihen liegen die Petrus- und die Piusbruderschaft weiterhin vorne, doch das Institut Christus König und Hoherpriester mit 8 Neuweihen scheint – zumindest für dieses Jahr - zur Spitzengruppe aufzuschließen. Es folgen das Institut Bon Pasteur mit zwei Neupriestern und die Abtei Sainte Madelaine du Barroux mit der einen Weihe vom 11. Juli. (Bericht)
Nach Herkunftsländern sieht die Verteilung folgendermaßen aus: 10 der Neugeweihten kommen aus den USA, 6 aus Frankreich, 3 aus Deutschland und 2 aus Tschechien. Aus weiteren europäischen Ländern wie Österreich, Schweiz, Litauen, Spanien und Irland kommt je ein Neugeweihter – macht zusammen noch einmal 5. Aus Kanada und Neuseeland kommt ebenfalls je ein Neupriester, dazu dann noch je einer aus Mexiko und Brasilien. Auffällig ist, daß zumindest bis jetzt kein Italiener dabei ist – die Zerschlagung der Franziskaner der Immakulata und die Auflösung ihres Priesterseminars machen sich hier schmerzlich bemerkbar. Ebenso auffällig ist, daß die überwiegende Mehrzahl der Neupriester aus dem (mehr oder weniger zutreffend) um Nordamerika erweiterten „europäischen Raum“ stammt – Afrika, Indien und Asien sind zumindest in diesem Jahr und bis jetzt überhaupt nicht vertreten.