Die verschwundenen Armeen
- Details
- 23. Oktober 2018
Diese Zahlen sind noch schlimmer, als vermutet: Im Jahr des neuen Frühlings 1965 gab es in den vereinigten Staaten 181421 Ordensfrauen in über 500 Gemeinschaften. 2016 waren es noch 47160 – gerade noch einmal ein Viertel. Und was noch schlimmer ist: Fast 80% dieses – man muß wohl sagen: kümmerlichen – Restes sind älter als 70 Jahre. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung für Frauen in den USA von 81 Jahren heißt das: in 10 Jahren ist Sense. Von den heute noch bestehenden 420 Schwesterngemeinschaften werden dann um die 300 ausgestorben sein. Die übrig gebliebenen werden zum großen Teil dem traditionsverpflichteten Flügel der Kirche angehören. Bei den Benediktinerinnen Mariens, Königin der Apostel oder den unbeschuhten Karmeliterinnen von Jesus, Maria und Joseph und den Karmeliterinnen des Hl. Geistes gibt es teilweise mehr Eintrittswillige, als die Häuser aufnehmen können; das Durchschnittsalter liegt deutlich unter 40 Jahren – und das, obwohl heute öfter als in der Vergangenheit Frauen (Männer übrigens auch) erst nach Abschluß eines Studiums oder einiger Jahre im Berufsleben in eine Gemeinschaft eintreten.
In der Tendenz ist diese Entwicklung in allen „westlichen Industrieländern“ ähnlich. Dafür, daß sie in den Vereinigten Staaten besonders ausgeprägt ist, benennt Fr. Alexander Lucie-Smith, der diese und mehr Zahlen in einem Artikel für den Catholic Herald ausgewertet hat, einen ganz besonderen Grund:
Vor einigen Jahren hat der Vatikan eine Visitation aller religiösen Frauengemeinschaften in den USA eingeleitet. Das wurde, um es zurückhaltend auszudrücken, nicht überall gut aufgenommen. Einige sahen darin einen Angriff auf die amerikanischen Nonnen, andere einen finsteren Anschlag, um die amerikanischen Nonnen „zur Räson zu bringen“. Jedenfalls erbrachte die Visitation keine greifbaren Resultate. Tatsächlich gewinnt man den Eindruck, daß der Vatikan aus welchen Gründen auch immer das Interesse an der Untersuchung verlor und sich dazu entschloss, der Natur ihren Lauf zu lassen. Bestimme Orden werden nicht weiter existieren, andere dagegen schon. Und die Orden, denen sich immer noch Frauen anschließen wollen, sind im großen Ganzen traditionsorientierte – die anderen, die vor dem Aussterben stehen, eher nicht.“
Und dann überlegt er weiter, was das für die Zukunft bedeuten kann:
Es gibt, dank der Gnade Gottes, Zeichen des Wachstums in der Kirche. Aber es bleibt eine Tatsache, daß die Kirch von vor einigen Jahrzehnten, die sich auf ganze Armeen von Ordensschwestern und -brüdern stützen konnte, heute der Vergangenheit angehört. Ihr Verschwinden hat wenig länger als eine Generation gebraucht. … Für uns stellt sich die Frage, wie die Kirche künftig ohne das auskommen kann, was einst so wesentlich erschien, und ich ich bin noch nicht sicher, daß wir verstanden haben, was das bedeutet. Auch die Zeit der Reformation und der Gegenreformation erlebte das Absterben vieler Formen traditionellen religiösen Lebens und die Heraufkunft neuer Modelle, und so leben auch wir heute zwischen zwei Epochen – die eine schon abgestorben, eine andere noch kraftlos und nicht recht ins Leben getreten.“
Das ist wohl so – aber auch die Kirche der Zukunft kann nicht auf die Ordensschwestern und -brüder verzichten, selbst wenn es dann vielleicht keine ganzen „Armeen“ mehr sein werden. Die Kirche der Zukunft wird nur dann über eine katakombenartige Randexistenz hinaus wirken können, wenn es wieder ausreichend „Kraftzentralen“ des Gebets, des Gottesdienstes und der Glaubensverkündigung gibt, wie sie die Klöster des Mittelalters dargestellt haben. Diese Kraftzentralen werden in Zukunft immer größere Bedeutung haben - und für sie können wir auf bewährte Muster, Baupläne und Regelwerke zurückgreifen, die nur in Einzelheiten abgeändert werden müssen.
Die große Herausforderung der „neuen Zeit“ besteht darin, auch kirchlich gestützte gemeinschaftliche Formen für das spirituelle Leben und Wirken in einer Welt zu finden, in der alle Sozialdienste, Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege, Schulen und Hochschulen durchkommerzialisiert, akademisiert, regierungsamtlich reglementiert, betriebsrätlich totorganisiert, ideologisch gleichgeschaltet, quotengemäß gegendert und mafiamäßig unterwandert sind. Längst hat sich in der Maske des fürsorglichen Staates ein neuer Totalitarismus breit gemacht, der keine organisierte Tätigkeit mehr duldet und keine über das Private hinausreichende Lebensäußerung mehr hinnimmt, die nicht voll seinen immer enger gefassten Zielvorgaben entsprechen. Der Fürst der Welt hat sich da breit aufgestellt, seine Armeen haben in den vergangenen Jahrzehnten mächtig aufgerüstet. Eingehende Dialogangebote werden in der Abteilung Kapitulationserklärungen abgelegt.
Messe des Ordinariats in Connecticut
- Details
- 01. Oktober 2018
Am vergangenen Samstag ist in der Franziskus-Kirche von New Haven, Connecticut, erstmals eine Hl. Messe nach dem Missale der anglikanischen Ordinariate, dem Book of Divine Worship, zelebriert worden. Die Initiative zu der als Abendmesse terminierten Feier ging von einer Gruppe der Freunde des Ordinariats in Connecticut aus, die sich schon seit längerem bemüht, in diesem Staat einen Stützpunkt für die regelmäßige Messfeier nach dem Missale des Ordinariats aufzubauen.
Der Ritus des Ordinariats ist Ausdruck des Bestrebens, fast alle im gegenwärtigen Gottesdienst der Anglikaner gebräuchlichen liturgischen Formen in einer dogmatisch korrekten Weise für die Messfeier in Gemeinden zu erschließen, die entsprechend Angliacanorum Coetibus von Papst Benedikt in die Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri zurückgekehrt sind. Praktisch hat das dazu geführt, ähnlich wie im Missale Romanum des Novus Ordo, eine Vielzahl von Optionen zu eröffnen – die allerdings nicht nur erlauben, eine Messe fast in der Form des Novus Ordo zu feiern, sondern umgekehrt im Rückgriff auf ältere britische Gebräuche auch sehr ähnlich wie im Usus Antiquor des lateinischen Ritus. Liturgiesprache ist prinzipiell ein deutlich von der Umgangssprache unterschiedenes liturgisches Englisch. Die Zelebrationsrichtung ist freigestellt, in der Praxis wird wohl „ad orientem“ bevorzugt. Der Gebrauch des (englischen) Canon Romanus ist für Hochämter vorgeschrieben und wird ansonsten empfohlen, die Verwendung der drei neu geschaffenen Hochgebete von 1969 bleibt möglich.
Der Optionsreichtum und die damit gebotene Möglichkeit zur „individuellen Gestaltung“ der Liturgie durch Zelebrant oder Gemeinde wirft zweifellos prinzipielle Fragen auf. Andererseits war es bei der Vielfalt der liturgischen Traditionen und Gewohnheiten im anglokatholischen Bereich – sie reicht von durchaus nicht mißbrauchsfreier Verwendung des Missales von 1969 bis zum Rückgriff auf Texte und Rubriken vor den Reformen von 1955 – kaum denkbar, zu einer Vereinheitlichung zu kommen. Allerdings ist es den Priestern des Ordinariats ebenso wie allen katholischen Priestern erlaubt, die hl. Messe nach den Büchern des Jahres 1962 zu feiern – eine Möglichkeit, von der in der Praxis durchaus gelegentlich Gebrauch gemacht wird.
Zur musikalischen Gestaltung des Hochamtes am vergangenen Samstag wurde die Messe für vier Stimmen von William Byrd gesungen, dazu zur Kommunion Byrds ‚Ave Verum Corpus‘. Der Gemeindegesang folgte der englischen Gewohnheit von Chorälen zu Einzug, Opferung, Kommunion und Auszug. Die Proprien wurde in „plainsong“ nach englischer Tradition gesungen
Die Feier der Messe fand „ad orientem“ statt; die Kommunion wurde den knienden Gläubigen auf die Zunge ausgeteilt. Das Asperges vor dem Einzug und das Schlußevangelium nach der Entlassung folgten dem traditionellen auch in England gebräuchlichen lateinischen Vorbild. Es gab keine Kommunionhelfer, und sämtliche Rollen des Altardienstes wurden von Männern bzw. Jungen wahrgenommen. Weitere Informationen zur Messe in New Haven bringt ein Vorbericht auf New Liturgical Movement, dem wir auch die oben gezeigte Abbildung entnommen haben.
Neuer Generalrat für die SSPX
- Details
- 12. Juli 2018
Die Piusbruderschaft hat auf ihrem gegenwärtig in Econe stattfindenden Generalkapitel eine neue Führung gewählt: Generaloberer mit satzungsgemäß 12-jähriger Amtszeit wird der bisherige Obere des italienischen Distrikts, Davide Pagliarini (47). Seine „Assistenten“, die mit ihm den Generalrat bilden, sind Bischof Gallareta (61) aus Spanien und der Franzose Christian Bouchacourt (59). Die Wahl ist einerseits eine Überraschung, da vielfach mit einer Wiederwahl des bisherigen Generaloberen Bischof Fellay gerechnet worden war. Sie bedeutet andererseits einen Akt der Normalisierung, da die Wahrnehmung der Position des Generaloberen durch einen Weihbischof eher eine Ausnahme darstellen sollte. Der neue Generalobere gilt im Prinzip ebenso wie Bischof Fellay als Befürworter einer Wiederherstellung der vollen Einheit mit Rom – sie soll ihm jedoch, wie es heißt, weniger „Herzensangelegenheit‘“ sein als dem Vorgänger.
In der Bruderschaft waren in den vergangen Jahren verschiedentlich Bedenken laut geworden, eine Einigung mit Rom könnte unter Bedingungen erfolgen, die es der Bruderschaft unmöglich machen würden, im Falle eines römischen Kurswechsels ihre frühere Autonomie zurückgewinnen zu können. Worum es dabei geht, beschreibt Fr. Hunwicke in seinem heutigen Kommentar auf „Mutual Enrichment“:
Man muß niemanden daran erinnern, wie Rom mit denen umgehen kann, die ihm auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert sind. Und trotz aller anderslautenden Rhetorik ist Barmherzigkeit nicht gerade das Markenzeichen des aktuellen Regimes. Als Zyniker neige ich zu der Ansicht, daß jede Einigung die finanzielle Unabhängigkeit dieser uns so wertvollen und bewundernswerten Gemeinschaft sicherstellen muß, so daß sie für den Fall, daß Rom mit falschen Karten spielt, unbeschädigt ihren früheren Kurs wieder aufnehmen könnte. „Hände weg vom Bargeld und den Immobilien“ scheint mir eine höchst bedenkenswerte Forderung zu sein. Sich in den Besitz des Vermögens zu setzen. scheint ja eines der Hauptmotive hinter dem brutalen Vorgehen gegen die Franziskaner der Immakulata gewesen zu sein...
Die Wahl des Generalrates war einer der ersten Punkte auf der Tagesordnung des gestern begonnenen Generalkapitels, das noch eine Woche dauern wird. Deshalb gibt es darüber hinaus bis jetzt wenig zu berichten – außer dem bemerkenswerten Umstand, daß die Mitglieder des neuen Generalrats vor Übernahme ihrer Ämter in der Seminarkirche von Econe feierlich das Glaubensbekenntnis sprachen und den Antimodernisten-Eid (bis Paul VI. obligatorisch für alle höheren Amtsträger der Kirche) ablegten.
*
Wer wirklich wissen will, wie neukatholische hate-speech funktioniert, kann es in diesem vorgeblich satirischen Kommentar von Björn Odenthal erfahren. Spucktüte bereithalten.
Benediktiner der Immakolata
- Details
- 23. März 2018
Am 21. März, dem Tag des Heimgangs des hl. Benedikt von Nursia, spendete der emeritierte Bischof Mario Oliveri von Albenga-Imperia einem Mönch des neubegründeten Ordens der Benediktiner der Immakulata im Katharina-Kloster von Villatalla die Subdiakonsweihe. Ein weiterer Bruder erhielt die niederen Weihen. Der junge Orden wurde 2008 von zwei Mönchen aus Le Barroux gegründet – er orientiert sich noch kompromissloser als dieses „Stammkloster“ der traditionellen Benediktiner am ursprünglichen Regelwerk des hl. Benedikt. Die Anerkennung der Gemeinschaft als Instituts diözesanen Rechts war dann vor einem Jahr bereits unter dem Nachfolger von Bischof Oliveri, Msgr. Guglielmo Borghetti, erfolgt. Bischof Borghetti nahm diese Woche auch „in choro“ an den Weihezeremonien teil. Das ist kirchenpolitisch insofern von Bedeutung, als die vorzeitige Emeritierung von Bischof Oliveri allgemein mit dessen traditionsorientierten Kurs begründet worden war und man von seinem Nachfolger eine modernistische Wendung – je nach Standpunkt – befürchtet oder erhofft hatte.
Die Benediktiner der Immakolata, an deren Namensgebung und öffentlichen Auftreten man unschwer Parallelen zu den Franziskaner der Immakolata erkennen kann, sind bisher nur in dem einen Kloster in Villatalla präsent. Der Orden hat derzeit knapp 10 Mitglieder, von denen die meisten ganz der älteren Tradition entsprechend keine Priester sind.
Das Bild entnahmen wir dem reichhaltig illustrierten Bericht über die Weihe auf Messainlatino.
Kein Priestermangel bei Petrus
- Details
- 24. Januar 2018
Die in Lehre und Liturgie der Tradition folgende Petrusbruderschaft hat auf ihrer englischsprachigen Website beeindruckende Zahlen zur personellen Entwicklung der letzten Jahre vorgelegt. Danach gehören der Bruderschaft Ende vergangenen Jahres 287 Priester an, die in insgesamt 129 Diözesen tätig sind und weltweit 40 Personalpßfarreien für die Gläubigen der überlieferten Liturgie betreuen. Dazu kommen 21 Diakone, die – so Gott will – in diesem Jahr die Priesterweihe empfangen werden. Daneben bereiten sich 129 weitere junge Männer als Postulanten und Seminaristen auf das Priestertum vor. In den letzten Jahren konnten 2015: 15, 2016: 16 und im vergangenen Jahr sogar 19 Priester neu geweiht werden.
Es wäre verfehlt, diese Zahlen jetzt im Sinne eines Wettbewerbs zu kommentieren und mehr oder weniger mechanisch mit den Zahlen einzelner Diözesen oder ganzer Länder zu kontrastieren. Dazu sind die Bedingungen regional zu unterschiedlich. Auch ist die Bruderschaft in vielen Regionen der Welt praktisch überhaupt nicht vertreten und selbst da, wo sie präsent ist, kann sie nicht überall in gleichem Maße wirksam werden. Aber die Piusbruderschaft hat ähnliche Zahlen zu vermelden, und auch von den viel kleineren Instituten Christus König und hoher Priester sowie Bon Pasteur werden erfreuliche Entwicklungen gemeldet.
Die auf Modernisierung um jeden Preis abzielenden Kräfte werden also zur Kenntnis nehmen müssen, daß der von ihnen seit Jahrzehnten propagierte und in der Fläche weitgehend durchgesetzte Weg nicht nur nach wie vor keine zufriedenstellenden Ergebnisse präsentieren kann, sondern auch in gar keiner Weise „alternativlos“ ist. Daran werden auch die für die „Amazonas-Synode“ längst vorbereiteten Ergebnisse, die sämtlich als vermeintliche Heilmittel noch mehr von dem verordnen, was bereits bisher erfolglos geblieben ist, nichts ändern.