Lefebvre – und was daraus zu lernen ist
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- 01. April 2023
Übersetzung eines Artikels von Joseph Bevan auf OnePeterFive
Wenn man in die Vergangenheit zurückschaut, erweist sich eine kurzer Blick auf das Leben von Erzbischof Lefebvre als nützlich: Er zeigt, daß wir all das schon einmal erlebt haben. Die Behandlung des Erzbischofs durch den Vatikan in den 1970er und 1980er Jahren demonstriert überzeugend, daß es damals einen Krieg zwischen der vorkonziliaren und der nachkonziliaren Kirche gab – und dieser Krieg heute immer noch andauert.
Es sieht so aus, daß Rom und die SSPX gleicherweise in der neuen Messe den Ausdruck einer neuen Religion sehen, wie das kürzlich von Kardinal Roche unmißverständlich angedeutet worden ist. Diese neue Religion ist in römischer Sicht so wertvoll, daß sie die alte Religion abschaffen wollen. Wie Papst Franziskus gesagt hat, ist die Neue Messe die „Lex Orandi“ der neuen Religion. Das gibt er offen zu – und die SSPX stimmt mit dieser Einschätzung überein. Der Unterschied ist, daß die SSPX sich für die alte Religion einsetzt. Das sind in der Tat die zwei Seiten ein- und derselben Medaille.
Beim Lesen vieler Aussagen von Papst Franziskus wird die Lehre der neuen Religion erkennbar: Daß die katholische Kirche den Daseinszweck hat, eine Kraft des Guten in dieser Welt darzustellen. Tatsächlich wird in vielen seiner zahlreichen Äußerungen das Übernatürliche – damit meine ich Tod und Gericht, Himmel und Hölle – kaum erwähnt.
Gerne gebe ich zu, daß die Welt ein besserer Ort wäre, wenn die Kirche sich wieder ihrem göttlichen Auftrag zur Rettung der Seelen zuwenden würde. Aber die Aufgabe der Alten Messe, die ich im Folgenden als die „Wahre Messe“ bezeichnen werde, hat dazu geführt, daß die übernatürlichen Gnaden ausgetrocknet sind und ein jämmerlicher Schrottplatz zerstörter Institutionen, ein Rekord-Rückgang praktizierender Gläubiger und viele Klerikale Übel übriggeblieben sind. Die Kenntnis des Glaubens ist auf einem derart niedrigen Stand, daß selbst Bischöfe und Priester in grundlegenden Dingen Irrtümer begehen. Die Schwächung der katholischen Kirche hat überdies auch zu einer Verderbnis der ganzen Welt geführt – wie aus der Rekordzahl von Abtreibungen, der allumfassenden Sittenlosigkeit und sinnlosen Konflikten zu ersehen ist. Da jetzt Gottes Gesetz nicht mehr beachtet wird, läßt sich die Menschheit alleine von ihren Gefühlen leiten, und das führt zur Ablehnung jeder allgemeingültigen Wahrheit. Jeder Mensch ist nun sein eigener Gott.
Ich lese, wie Anhänger der überlieferten Liturgie die Messe mit allen möglichen Gründen verteidigen. Ja – man muß schon irre sein, um nicht von ihrer Schönheit und würde beeindruckt zu werden. Doch nur sehr selten kritisieren diese Leute den Novus Ordo, außer wo es um seine Mißbräuche geht. Diese Mißbräuche sind in der Tat beklagenswert, aber oft genug gewinnt man den Eindruck, daß nichts gegen die Teilnahme am Novus Ordo einzuwenden wäre, wenn er würdig begangen würde. Natürlich kann man die Neue Messe nicht kritisieren, ohne die Bischöfe gegen sich aufzubringen, von deren gutem Willen das Überleben der Wahren Messe in ihren Diözesen abhängt. Doch das Hauptproblem bei der Neuen Messe besteht darin, daß sie von einem Liturgiker entworfen wurde, der öffentlich ausgesagt hat, daß alles daraus entfernt worden ist, das Protestanten gegen den Strich gehen könnte. Doch weil man sich so sehr auf die Gültigkeit konzentriert, scheint man blind dafür zu sein, daß die Folgen die Kirche vergiftet haben.
Die Wahre Messe enthält alle Lehren der katholischen Kirche, nach denen sich Christus selbst dem himmlischen Vater als Opfer darbietet – durch die Hand des Priesters, der selbst anonym bleibt. Das ist der Kernpunkt hier, und die Abwertung dieser Lehre im Neuen Ritus macht sie fast ununterscheidbar von einer protestantischen Abendmahlsfeier. Die Messe ist das zentrale Gebet der Kirche, und es ist kein Wunder, daß die gegenwärtigen Autoritäten sie zerstören wollen, wie das schon die protestantischen Reformer getan haben haben. Es ist auch bemerkenswert, daß alle atheistischen Regimes das versucht haben. Die Wahre Messe ist ganz, wie unser Herr vorausgesehen hat, ein Zeichen des Widerspruchs, sie stört die Pläne der „Liberalen“, die mit aller Kraft ihre eigene Weltliche Agenda verfolgen. Sie alle wollen die alte Liturgie verbieten, und sie scheuen keine Mühe, um dieses Ziel zu erreichen. Die Modernisten in der Kirche bereiten zweifellos einen neuen Angriff vor, und ich rechne damit, daß sie den Priestern die Feier der Wahren Messe vollständig verbieten werden. Es ist nur vernünftig, davon auszugehen, daß das gegenwärtige Verbot der Feier in Pfarrkirchen noch Schlupflöcher enthält, die sie bei passender Gelegenheit schließen werden.
Und so sehen sich Katholiken, die die Wahre Messe lieben, heute in dem gleichen Dilemma wie der Erzbischof 1976 – nur daß es für Lefebvre eben kein Dilemma war und er seine Pflicht als katholischer Bischof deutlich vor Augen hatte. Ich sehe, daß die Erklärungen von Kardinal Roche große Beunruhigung ausgelöst haben, und der Gedanke, von Priestern und Gläubigen, denen das völlig gegen die Natur geht, Ungehorsam gegenüber Rom zu erwarten, ist keine kleine Sache. Lange schon haben viele – wenn auch nicht alle – die SSPX wegen ihres „Schismas“ oder ihres „Ungehorsams“ kritisiert – und nun stehen sie selbst vor dieser schicksalsschweren Entscheidung. Ich erinnere mich daran, wie meine Frau und ich zu unserer ersten „ungehorsamen“ der SSPX Messe in Bath gingen. Was war das für eine Feindseligkeit von Seiten unserer Familien, unserer Freunde und anderer Katholiken in unserer früheren Pfarrei. Heute regt sich vielerorts kau noch jemand darüber auf, wenn man seine Pfarrei verläßt und eine rechtlich unzulässige Wahre Messe besucht, weil so viele Menschen die Messe überhaupt nicht mehr besuchen und der gemeindliche Zusammenhalt stark geschwunden ist.
Dem größten Dilemma sehen sich die Priester gegenüber, die bis jetzt daran gewöhnt waren, sowohl den Novus Ordo als auch die Wahre Messe zu feiern. In der Vergangenheit wurde vielleicht der Altar nach einer Wahren Messe schnell umdekoriert, bevor der Priester ein paar Minuten später erneut das Allerheiligste betrat, um eine vollständig andersartige Zelebration im neuen Ritus zu beginnen. Es ist schwer vorstellbar, wie der gleiche Priester nun in beiden Riten zelebrieren kann, da der Vatikan nun darauf besteht, daß sie für gegensätzliche Religionen stehen. Diese Priester bedürfen mehr als je zuvor unseres Gebetes.
Der Vorschlag eines großflächigen Ungehorsams, wie er von einigen Publikationen gemacht worden ist, wird sich kaum verwirklichen lassen - auch wenn ich denke, daß einige Diözesanpriester weiter mit der und für die Wahre Messe kämpfen werden. Das wichtige ist, daß sie aktiv werden. Sie müssen ihre Gläubigen um sich versammeln und erklären, was sie vorhaben. Sie müssen ihre Freunde um Unterstützung bitten, wenn es Probleme mit dem Geld gibt, mit der Wohnung, und einem Ort für den Gottesdienst. Wenn sie das tun, wird, da bin ich mir sicher, Gott sie belohne, so wie er schon in der Vergangenheit zahllose Priester belohnt hat, die so gehandelt haben. Es macht Sinn, einmal den kurzen Film über Pfarrer Oswald Barker anzuschauen, seinerzeit Pfarrer von Downham Market. Dieser Mann hat sich ganz seinen priesterlichen Pflichten hingegeben, und seine Gemeinde hat ihn dabei voll unterstützt.
Ich kann nicht für die Piusbruderschaft sprechen, aber es gibt viele Hindernisse,, die einen jungen Priester davon abhalten könnten, sich der Gemeinschaft anzuschließen. Viele würden wohl davor zurückschrecken, weil ihnen die Lebensweise der Pius-Priester wenig attraktiv erscheint – die ist mit viel Herumfahrerei verbunden, da sie wie eine Art geistlicher Rettungsdienst funktionieren. Aber in den Vereinigten Staaten haben viele Priester Wege gefunden, ihre Pfarreien aufzugeben um mit der Piusbruderschaft zusammen zu arbeiten und dort auch moralische und spirituelle Unterstützung zu erfahren, ohne der Gemeinschaft tatsächlich beizutreten. Vielleicht geht es auf dieser Schiene weiter?