De Coronatione Regis
- Details
- 06. Mai 2023
Zu den liturgischen Büchern, die nach dem Konzil von Trient überarbeitet und neu herausgegeben wurden, gehört auch das Pontificale Romanum von Papst Clemens VIII., das 1595/96 in einer gegenüber seinen Vorgängern allerding nur geringfügig veränderten Neuauflage herauskam. Auch Clemens’ Nachfolger hielten sich mit Änderungen sehr zurück, so daß die bis ins 20. Jahrhundert erfolgenden Nachdrucke weitgehend dem Stand des 16. Jahrhunderts entsprechen. Lediglich einige außer Gebrauch geratene Formulare wie die zur Krönung eines Königs oder Erhebung in den Ritterstand wurden in der im Auftrag von Pius XII. erarbeiteten Editio Typica emendata von 1961 gestrichen. In unserem Exemplar aus Mecheln von 1854 sind sie noch vorhanden, so daß wir aus aktuellem Anlaß einen Rückblick auf die überlieferten Krönungszeremonien des lateinischen Ritus geben können. Bei den Übersetzungen bitten wir, leichte Freiheiten oder Ungenauigkeiten zu entschuldigen – die Feinheiten der kirchenlateinischen Terminologie und des Zeremonialwesens der Barockzeit sind uns nicht wirklich vertraut.
Dieses Pontifikale enthält neben der eigentlichen Königskrönung auch Vorlagen für die Krönung einer Königin-Gemahlin, einer aus eigenem Recht regierenden Königin sowie eines Königs, der diese Würde erst durch Heirat mit einer bereits aus eigenem Recht regierenden Königin erlangte – die Kirche war auf alle Eventualitäten vorbereitet.
Wie weit die Vorgaben des Pontifikale in der Praxis eingehalten worden sind, ist schwer zu sagen. Die Riten sind sehr stark vom Gedanken des Königtums von Gottes Gnaden geprägt und weisen dem Monarchen unübersehbar eine sekundäre Stellung gegenüber der Kirche Christi, vertreten durch den Metropolitanbischof des Königreichs und seine Bischöfe, zu. Ob und wie weit die oft sehr macht- und ehrbewußten Fürsten der Barockzeit dabei mitgemacht haben, steht dahin.
Das Kapitel „De benedictione et coronatione Regis“ beginnt mit einer langen Rubrik, nach der der Rex electus in der seiner Krönung vorangehenden Woche ein dreitägiges Fasten zu absolvieren hatte, in dessen Rahmen er auch die Kommunion zu empfangen – d.h. auch zu beichten – hatte.
Original und Parodie
- Details
- 04. Mai 2023
Nicht alles an Architektur und Ausstattung der soeben eingeweihten Kirche der Piusbruderschaft in St. Marys findet unseren ungeteilten Beifall – aber wo die große Richtung stimmt, ist es nicht nötig, über Geschmacksfragen im Detail zu streiten. Diese Kirche ist so katholisch, wie ein Neubau in den USA des beginnenden 21. Jahrhunderts nur sein kann, von den Nonnen im traditionellen Ordenskleid in der ersten Reihe rechts bis zum Bild vom Mahl des Lammes nach der Apokalypse des hl. Johannes hinter dem Altar. Nicht jede katholische Kirche muß so aussehen – aber daran, daß dies eine katholische Kirche ist, kann es keinen Zweifel geben.
Leider gilt das nicht für die untere Hälfte unseres Bildes. Der erste Eindruck: Schaufenster im Möbelgeschäft. Oder Exponat auf der Ausstellung für gepflegte Tischkultur, ordentlich eingedeckt mit Geschirr und Besteck für mehrere Gänge sowie Tischkerzen. Man muß schon ziemlich genau hinschauen, um den messingfarbenen Würfel am Platz vorne rechts überhaupt zu sehen, und noch genauer, um wahrzunehmen: Das soll doch tatsächlich ein Tabernakel sein. Das Zelt Gottes unter den Menschen am Esstisch, Platz Numero sechs. Wenn wir unseren Augen und den Kollegen von Messainlatino trauen dürfen, schauen wir hier tatsächlich auf einen Altar, den Gründonnerstagsaltar der Pfarrkirche Cuore Immacolato di Maria von Rutigliano.
Dem Namen nach ist das eine katholische Kirche, angesiedelt im Verantwortungsbereich der Erzdiözese Bari-Bitonto unter Erzbischof Giuseppe Satriano. Aber da haben wir hinsichtlich „katholisch“ denn doch unsere Zweifel. Da möchte man schon gerne wissen, welchen erhabenen Begriff vom Gründonnerstag dieser Bischof und seine Ortspfarrer haben, was sie unter „katholisch“ verstehen und ob sie nicht ihren Beruf verfehlt haben und besser Fachberater für Raumausstattung oder sonst was Nützliches geworden wären. Als Prediger des von Christus seiner Kirche anvertrauten Glaubens oder gar als Träger der Neuevangelisierung sind sie gänzlich ungeeignet. Aber sie erfreuen sich offenbar unerschütterten Wohlwollens von Kurie und Papst – was will man mehr?
Tatsächlich wollen immer mehr Menschen mehr, als dieser römische Kult der Verheutigung ihnen zu bieten bereit ist. Sie erkennen den Notstand, in den die Kirche in den letzten 50 Jahren geraten ist – und wenn sie die Wahl haben, zwischen einer erkennbar katholischen Kirche, die ohne den Segen des Papstes errichtet worden ist, und einem Möbelladen, der sich dieses Segens rühmen darf, entscheiden sie sich immer öfter für das Original und nicht für die zur Parodie gewordene Aktualisierung.
San Vitale in Ravenna
- Details
- 28. April 2023
Am 28. April gedenkt das Martyrologium Romanum des hl. Vitalis, der wohl in Mailand geboren wurde und um das Jahr 60 unter der neronischen Verfolgung in Ravenna das Martyrium erlitt. Frommer Überlieferung zufolge war er der Ehemann der ebenfalls als Glaubenszeugin getöteten Valeria von Mailand und Vater der Märtyrer Gervasius und Protasius. Wie bei den meisten frühen Märtyrer-Geschichten ist es kaum möglich, einen sicheren historischen Kern festzumachen. Das Wer, Wann und Wo bleiben ungewiss – nur das Was ist sicher: Daß in der frühesten Zeit des Christentums vielfach ganze Familien den Glauben annahmen und in der Verfolgung standhaft blieben, so daß alle getötet wurden, kann aus vielen Berichten als belegt gelten.
Neben dieser Erinnerung besteht für uns heute die besondere Bedeutung des hl. Vitalis darin, daß ihm eine Kirche in Ravenna geweiht ist, die Mitte des 6. Jahrhunderts errichtet wurde und die in wesentlichen Teilen aus dieser Zeit bis in die Gegenwart erhalten geblieben ist. Im 6. Jahrhundert war Rom schon verloren, aber Norditalien stand unter der direkten Herrschaft des Kaisers in Byzanz. Die Kirche ist ein Rundbau, der östliche und westliche Bautraditionen in sich vereinigt. Die größtenteils erhaltenen Mosaiken aus der Entstehungszeit bieten nicht nur einen überwältigenden Eindruck von der Farbenpracht spätantiker Räume. Sie sind auch ein starkes Zeugnis vom Wesen der hl. Messe als Opfer und dessen Verankerung nicht nur in der Lehre der Evangelien, sondern auch in der Opfertheologie des alten Bundes. Von der Opferung des Lammes durch Abel und der Darbringung von Wein und Brot durch Melchisedech bis zur glücklich abgewendeten Opferung Isaaks durch Abraham ist der ganze Zusammenhang dargestellt - ganz so, wie die Kirche es im Supra Quae des römischen Canons seit jeher gebetet hat. Eine Überblick zum Bildprogramm bietet Wikipedia.
Hl. Vitalis - bitte für uns.
Ein Lob der allegorischen Messerklärung!
- Details
- 24. April 2023
Über 10 Jahre nach der Veröffentlichung des französischen Originals (La messe, une forêt de symboles: Commentaire allégorique ou mystique de la messe romaine) ist Claude Barthes Erklärung der Symbole und allegorischen Deutungen der Messfeier in der überlieferten Liturgie nun auch in einer englischen Übersetzung erschienen: A Forest of Symbols: The traditional Mass and its Meaning. Peter Kwasniewski hat dieser Tage auf New Liturgical Movement eine sehr informative und rundum empfehlende Besprechung veröffentlicht. Für Summorum Pontificum ist das Buch bestellt und zur Besprechung vorgemerkt. Allerdings würden wohl viele Besucher der alten Messe ein Buch zu diesem Thema lieber auf Deutsch lesen – ob eine Übersetzung geplant ist und wann mit deren Erscheinen zu rechnen wäre, ist uns nicht bekannt.
Bis es soweit ist, nutzen wir gerne die englische Veröffentlichung als Anstoß, das Thema der allegorischen Meßerklärung selbst etwas näher darzustellen. Schließlich ist eine der ersten Darstellungen dieser Art vor inzwischen mehr als dreihundert Jahren in deutscher Sprache erschienen: Die Meßerklärung Martins von Cochem, Erstveröffentlichung 1696, und bis zum Vorabend des Konzils im vergangenenen Jahrhundert immer wieder neu bearbeitet und neu herausgegeben. Die letzte uns bekannte Ausgabe erschien 1957.
Cochems Meßerklärung bildete bis in die 50er Jahre ein beliebtes Geschenk zur Erstkommunion oder Firmung und war in den meisten katholischen Haushalten in mindestens einem Exemplar vertreten. Von daher ist es auch heute noch – insbesondere in den sprachlich besser angepassten Ausgaben seit Ende des 19. Jahrhunderts – leicht zu bekommen. Eine Suche in Booklooker erbringt über 100 Treffer zu Preisen ab € 7,95. Einen Nach- und Neudruck gibt es beim Sarto-Verlag.
Der längste Tag der Weltgeschichte
- Details
- 17. April 2023
Der Römische Canon weist für die Osterwoche eine liturgisch-kalendarische Besonderheit auf: Vom Ostersonntag bis zum Samstag nach Ostern besingt die Präfation „diesen hochheiligen Tag“ der Auferstehung – sieben Tage lang. Das ist mehr als nur eine gewöhnliche Oktav. Jeder Tag der Osterwoche ist ein Hochfest, ist DAS Hochfest der kosmischen Wende der Heilsgeschichte – als ob die Kirche für diese Tage den Kalender anhalten, die Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge übergehen wollte, um diesen Angelpunkt der Heilsgeschichte allen in seiner vollen Bedeutung vor Augen zu stellen.
Vor Augen zu stellen – das heißt: Die Kirche ordnet nicht an, das Osterfest sieben Tage lang zu feiern, und sie bestimmt nicht aus eigener Machtvollkommenheit über den Kalender, sondern sie findet in der Realität des Heilsgeschehens diesen Knoten- und Wendepunkt vor, dem sie in ihrer spirituellen Zeit dadurch Ausdruck verleiht, daß sie die gewöhnliche Zeit für sieben Auf- und Untergänge der Sonne quasi anhält. Sie ist dazu bevollmächtigt, denn Gott ist der Herr der Zeit. Indem der Allmächtige das Universum mit Sonne und Erde geschaffen hat, schuf er die Zeit. Das ist die eigentliche Aussage des mosaischen Schöpfungsberichtes, der eben nicht – wie z.B. die moderne Einheitsübersetzung – vom „ersten Tag“ spricht, sondern von „EIN Tag“ – denn bis zu diesem Schöpfungsakt gab es nichts, das man hätte zählen können. Das Zählen beginnt erst mit dem zweiten Tag.
Das Übernatürliche steht jedoch für die Kirche keinesfalls getrennt vom Natürlichen – es ist durch die Schöpfung und dann erneuert in der Inkarnation unauflöslich mit dem Kreatürlichen verbunden. Auch das findet in der liturgischen Ordnung des Osterfestes seinen Ausdruck, und zwar in der dem Vorbild des Alten Testamentes folgenden Bindung des Osterfestes an den ersten Frühlingsvollmond. Auch das ist letztlich ein Verweis auf die kosmische Bedeutung der Auferstehung, nur daß hier nicht die natürliche Ordnung des Tagesablaufes der übernatürlichen Ordnung angepasst wird, sondern der Termin des Festes – also eines der spirituellen Sphäre zugeordneten Ereignisses – einer natürlichen, besser gesagt: einer im sinnlich wahrnehmbaren Kosmos vorgegebenen Ordnung folgt. Dieses Paradox steht also nicht im Gegensatz zu der Ausweitung des spirituellen Ostertages auf sieben Auf- und Untergänge des Sonne. Die Dinge sind miteinander verschränkt, der Zusammenhang ist gegenseitig.
Soviel Ineinandergreifen von natürlicher und übernatürlicher Ordnung war schon für die Verfasser des Paulinischen Messbuchs von 1969 unverständlich oder unerträglich: Ihre drei mehr oder weniger phantasievoll aus alten Versatzstücken zusammengebastelten neuen Präfationen kennen den sieben Tage währenden Ostertag bereits nicht mehr. Und im Zusammenhang mit dem 2025 bevorstehenden 1700-jährigen Jubiläum des Konzils von Nicaea ist auch wieder die Rede von einem „einheitlichen Ostertermin“ der den astronomischen Zusammenhang aufgeben könnte. Das wäre dann ganz nach dem Geschmack, mit dem der Geist der Moderne die Gedenktage der Vergangenheit begeht: Indem er es aus purem Trotz und Übermut gerade anders macht, als die Vorväter es seinerzeit gesehen und geordnet haben.
Weitere aktuelle Beiträge...
Unterkategorien
-
Stationskirchen
Die römischen Stationskirchen
In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.
Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.
Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.