Der liturgische Geist der Fastenzeit
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- 28. Februar 2023
Dom Prosper Gueranger (1805 – 1875), den man mit guten Argumenten als den Begründer der modernen liturgischen Bewegung bezeichnen kann, hat in seiner Erklärung des Kirchenjahres alleine der Einleitung des Bandes über die Fastenzeit (Bd. 5) über 120 Seiten gewidmet. Einiges davon ist noch sehr dem Geist des 18. Jahrhunderts verpflichtet, an den Guéranger nach dem Toben der französischen Revolution und den Erschütterungen des napoleonischen Zeitalters anknüpfen wollte. Anderes, der größere Teil, ist auch heute noch mit Gewinn zu lesen, weil es Ausdruck dessen ist, weil es das Wesen des Katholischen über alle Moden und Reformanfälle hinweg zum Ausdruck bringt. Dazu hier einige Abschnitte aus dem zweiten Kapitel der Einleitung mit der Überschrift: Die Mystik der Fastenzeit.
Selbstverständlich ist eine so heilige Zeit, wie die des österlichen Fastens, auch voll tiefer religiöser Geheimnisse. Die Kirche, welche diese Zeit als Vorbereitung auf das höchste ihrer Feste angeordnet, wollte, daß diese Periode der Sammlung und Buße dazu angetan sei, in ganz besonderer Weise den Glauben zu erweckenund die Beharrlichkeit im jährlichen Sühnewerk zu erhalten.
In der Zeit Septuagesima begegnen wir der Zahl Siebenzig. Dieselbe erinnert uns an die siebenzigjährige Gefangenschaft in Babylon, nach welcher das Volk Gottes, von seinem Götzendienste gereinigt, Jersualem wiedersehen und dort Ostern feiern sollte. Jetzt stellt uns die Kirche die strenge Zahl vierzig vor das Auge, nach dem heiligen Hieronymus allezeit die Zahl der Strafe und der Trübsal.
Denken wir an diesen vierzig Tage und vierzig Nächte dauernden Regen, der damals dem Zorn Gottes entströmte, als es ihn gereute, den Menschen geschaffen zu haben, als er das Menschengeschlecht, eine einzige Familie ausgenommen, in den Fluthen zu Grunde gehen ließ. Denken wir an die Israeliten, die vierzig Jahre durch die Wüste irrten, ehe sie in das gelobte Land kamen, als Strafe ihres Undankes. Hören wir den Herrn, der seinem Propheten Ezechiel befiehlt, vierzig Tage auf seiner rechten Seite zu schlafen, um damit die Dauer einer Belagerung anzudeuten, deren Ende die Einnahme Jerusalems war.
Zum Beginn der Fastenzeit
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- 25. Februar 2023
Zum Beginn der Fastenzeit hielt Dom Jean Pateau, Abt des Benediktinerklosters von Fontgombault, am Aschermittwoch eine Predigt, die wir - in unserer Übersetzung nach der englischen Version auf Rorate Caeli - hier im vollen Wortlaut wiedergeben.
Miserere mei, Deus - Ps. 56, 2
Liebe Brüder und Schwestern, meine lieben Söhne.
Der moralische Niedergang der Menschheit und der daraus folgende schwindende Respekt vor jedem menschlichen Leben; endlose Skandale, die die respektabelsten Institutionen erschüttern; die Viren und Seuchen – all das verursacht ein unbestimmtes, aber dennoch tiefgehendes Gefühl von Unruhe und Verzweiflung. Gibt es in der heutigen Situation der Menschheit noch irgendetwas Beneidenswertes? Kann man die Menschheit lieben? Kann der Mensch sich selbst lieben? Oder besteht der einzige Ausweg darin, sich denen anzuschließen, deren Religion alleine in der Bewahrung der Natur und dem Schutz aller Tiere bis zu deren natürlichem Tode besteht? Kann man den Menschen immer noch lieben?
Diese Frage ist es wert, zum Beginn der Fasten- und Bußzeit gestellt zu werden. Diese Zeit beginnt mit der zeichenhaften Zeremonie der Auflegung des Aschenkreuzes unter der Formel: „Bedenke Mensch, daß du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“. Ist der Staub liebenswert? Die Asche wird in fast allen alten Religionen mit dem Staub zusammen gedacht – so bezeugt es auch die griechische Übersetzung der Bibel aus dem Hebräischen, die Septuaginta, so genannt, weil sie von 72 Schriftgelehrten fast drei Jahrhunderte vor der Geburt Christi ausgeführt wurde. Im Hebräischen klingen die Worte ‘âphâr, “Staub”, und ’éphèr, “Asche”, sehr ähnlich. Das entspricht dem Genius der hebräischen Sprache, die gerne ein- und denselben Gedanken mit zwei in der Bedeutung sehr nahestehenden Worten ausdrückt – und das umso lieber, je ähnlicher sie klingen.
Die Asche ist ein Symbol für die Sünden des Menschen und seiner Schwäche.
Kein Gehorsam gegen die Tradition!
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- 01. Februar 2023
Der amerikanische katholische Journalist und Autor Taylor Marshall und sein in Rom stationierter Kollege Matt Gaspers haben in einem etwa einstündigen Gespräch auf Gaspers' Youtube-Kanal den aktuellen Stand der erstmals hier am 13. 1. publik gemachten Pläne zur Verschärfung von Traditionis Traditores diskutiert. Sie gehen davon aus, daß die am 13. noch unter Vorbehalt weitergegebenen Vorhaben, die seitdem mehrfach von anderer Seite aufgegriffen und bestätigt worden sind, den Inhalt des zu erwartenden Dokuments im Großen und Ganzen zutreffend beschreiben. Und sie haben aufgrund der in Rom kursierenden Informationen einen höchst wahrscheinlichen Veröffentlichungstermin genannt: Den 3. April (Montag in der Karwoche); 53. Jahrestag der Apostolischen Konstitution „Missale Romanum“, mit der Paul VI. sein (noch gar nicht fertiggestelltes) Reformmessbuch zum Gesetz für die Kirche erklärte und für dessen Inkrafttreten den 30. November (1. Adventssonntag) bestimmte.
Den wesentlichen Inhalt des Gesprächs, das insbesondere die rechtliche Situation um die überlieferte Liturgie eingehend beleuchtet, hat Matt Gaspers auf seiner Website CatholicFamilyNews in 5 Punkten zusammengefasst, die wir hier in deutscher Übersetzung wiedergeben:
- Das Konzil von Trient: Wenn jemand behauptet, daß die überlieferten und zugelassenen Riten der katholischen Kirchen, die gewöhnlich bei der feierlichen Spendung der Sakramente verwandt werden von den Spendern nach eigenem Wohldünken frei missbilligt oder verkürzt oder von irgendeinem Hirten der Kirche zu neuen Riten verändert werden könnten, so sei dieser ausgestoßen (anathema). Quelle: Konzil von Trient, Session VII, 3. März 1547, can 13, Denzinger-Hünermann Nr.1613.
- Papst Pius IV.: Ich stehe fest zu den apostolichen Traditionen der Kirche und all ihren Gesetzen und Gebräuchen. Ich bekenne mich dazu, daß es nach dem Neuen Gesetz wahrhaft und tatsächlich sieben Sakramente gibt, die der Herr Jesus Christus eingesetzt hat und die für die Rettung des Menschengeschlechtes notwendig sind. Außerdem bekenne ich mich zu den Riten, die die Kirche empfangen und zur feierlichen Anwendung der genannten Sakramente verbindlich gemacht hat. Quelle: Bulle Iniunctum Nobis vom 13. Nov. 1564, Tridentinisches Glaubensbekenntnis, (D.H. 1863-1864)
- Papst Pius IX.: Ich erkenne und halte unerschütterlich die apostolischen Traditionen der Kirche und alle ihre anderen Gebräuche und Gesetze. Ich erkenne an, daß es nach dem neuen Gesetz sieben Sakramente gibt, die man zu Recht so bezeichnet, die der Herr Jesus Christus selbst als zur Erlösung notwendig eingesetzt hat. Ebenso bekenne ich mich zu den Riten, die die Kirche empfangen und zur feierlichen Anwendung der genannten Sakramente verbindlich gemacht hat. (I. Vatikan. Konzil, Session II, 6. Januar 1870, Professio Fidei)
- Hl. Thomas v. Aquin: „Wenn der Glaube in Gefahr wäre, sollte auch ein gewöhnlicher Gläubiger seinen vorgesetzten Seelsorger öffentlich zurechtweisen. Auch Paulus, der dem Petrus untergeordnet war, wies ihn öffentlich zurecht, als eine unmittelbare Gefahr für den Glauben drohte, und wie eine Anmerkung von Augustinus zum Galaterbrief 2, 11, ausführt, „Gab Petrus damit den Oberen ein Beispiel, daß sie, falls sie irgendwann einmal vom rechten Weg abwichen, eine Zurechtweisung durch ihre Untergebenen bereitwillig annehmen sollten. (Summa Theologiae II-II, q. 33, a. 4, ad 2, hier englisch)
- Hl. Robert Bellarmin: „so, wie es gerechtfertigt wäre, einem Papst bei einem körperlichen Angriff Widerstand zu leisten, so ist es auch zulässig, ihm Widerstand zu leisten, wenn er die Seelen angreift oder einen Staat in Aufruhr versetzt, und das gilt noch viel mehr, wenn er daran gehen sollte, die Kirche zu zerstören. Ich sage, es ist zulässig, ihm Widerstand zu leisten, indem man seine Anordnungen nicht ausführt und ihn zurückweist. Aber es ist nicht zulässig, ihn zu verurteilen, zu bestrafen oder gar abzusetzen, denn er ist und bleibt ein Vorgesetzter. (On the Roman Pontiff (trans. Ryan Grant), Book II, Ch. 29; bei Mediatrix Press, 2016)
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Soviel von Gaspers Website. Das hier angesprochene Thema des Gehorsams zum Papst und den von ihn eingesetzten Oberhirten der Kirche wird eines der entscheidenden Kampffelder der kommenden Jahre sein. Immer mehr dieser Oberhirten widersprechen öffentlich zentralen Aussagen des überlieferten Glaubens, und immer öfter weckt auch der Papst selbst Zweifel an seiner Treue zu diesen Aussagen – entweder durch Sachaussagen wie in der berüchtigten Fußnote zum Kommunionempfang für „wiederverheiratete Geschiedene“ oder durch unverständliche Personalentscheidungen wie die Ernennung von Kardinal Hollerich zum Verantwortlichen für die römische Bischofssynode. Während Franziskus die deutsche Synode selbst kritisiert oder durch seine Spitzenbeamten teilweise scharf kritisieren läßt, ist Hollerich mehrfach öffentlich als Befürworter der dort diskutierten (und noch weitergehender Vorhaben) aufgetreten.
Wie könnte man einem Papst gehorsam sein, der die Ampeln gleichzeitig auf rot und auf grün setzen läßt?
Es geht um die Zukunft der Tradition
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- 16. Januar 2023
Wenn wir annehmen, daß die aus Rom gerüchteweise bekannt gewordenen neuen Vorschriften zum (Nicht-)Gebrauch des überlieferten Messbuchs tatsächlich Gesetz werden – und das erscheint uns sehr wahrscheinlich, weil sie eine logische Fortsetzung der bisherigen Linie des Roche-Grillo-Bergoglio Kurses darstellen – versucht Franziskus, die Uhr auf das Jahr 1969 zurückzustellen. Anders als bei Humanae Vitae sieht er sich hier als treuen Testamentsvollstrecker von Paul VI. Ja, sogar noch strenger als dieser, der sich immerhin das Agatha-Christie-Indult abringen ließ. Damit soll jetzt Schluss sein. Alle Erleichterungen, Dispense und Indulte zur überlieferten Liturgie sollen aufgehoben werden. Künftig soll nur noch die reformierte Liturgie erlaubt sein; Ausnahmen davon gäbe es nur für gelegentliche Messfeiern, die strengsten zeitlich und örtlichen Beschränkungen unterworfen würden. Zeitliche Beschränkung heißt, daß nicht nur die kontinuierliche Zelebration an aufeinanderfolgenden Sonntagen untersagt würde, sondern selbst diese höchst eingeschränkte Möglichkeit nur für eine Übergangszeit von vielleicht 3 oder 5 Jahren legal sein soll. Danach, so die Hoffnung der Bergoglianer, soll die überlieferte Liturgie (und mit ihr ein entscheidender Anker für das Festhalten an der überlieferte Lehre) in der reformierten Synodalkirche keinen Platz mehr haben.
Der böse Wille, die Brutalität und auch die Anmaßung hinter diesen Plänen sind nicht zu übersehen. Auch dann nicht, wenn die Crew von der liturgischen Zwangsverwaltung Liturgie und Gottesdienst noch davor zurückschreckt, das zu unternehmen, was selbst in ihren Augen kaum möglich ist: Die Liturgie der Kirche von 1500 Jahren rundum zu verbieten und für abgeschafft zu erklären.
Zur Erscheinung des Herrn ...
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- 06. Januar 2023
.. im sterblichen Fleisch können wir auch in diesem Jahr nichts tiefergehendes anbieten als das, was wir bereits 2019 zum zentralen Gedanken des Festes und 2021 zu deren liturgischem Ausdruck geschrieben haben. Nur vielleicht noch den Hinweis auf den bereits zu Weihnachten gebrachten Vierzeiler des (protestantisch erzogenen und ausgebildeten) Barock-Dichters Andreas Gryphius (1616 - 1654), der das Geheimnis von Schuld, Inkarnation und Erlösung in unerhörter Tiefe und Prägnanz zum Ausdruck bringt:
Der Mensch war Gottes Bild.
Weil dieses Bild verloren,
Wird Gott als Menschenbild
In dieser Nacht geboren."
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Stationskirchen
Die römischen Stationskirchen
In der Fastenzeit 2013 haben wir zu jedem Tag die entsprechende Stationskirche kurz vorgestellt. Damit sind zwar alle gegenwärtigen Stationskirchen erfasst, aber nicht alle Tage mit einer Statio, von denen es auch etliche außerhalb der Fastenzeit gibt.
Bei der Vorstellung der Stationskirchen orientierten wir uns im wesentlichen an „Die Stationskirchen des Missale Romanum“ von Johann Peter Kirch, Freiburg 1926. Zu Ergänzungen haben wir Hartmann Grisar „Das Missale im Licht römischer Stadtgeschichte“, Freiburg 1925, und Anton de Waals „Roma Sacra - Die ewige Stadt“ von 1905 in der Überarbeitung Johann Peter Kirchs von 1925 (Regensburg 1933) herangezogen. Daneben haben wir auch auf Informationen aus Internetquellen zurückgegriffen. Die Illustrationen stammen, soweit nicht anders angegeben, von eigenen Aufnahmen.
Wie der gegenwertige Nachfolger de Waals und Kirchs als Direktor des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, Prof. Msgr. Stefan Heid, uns mitteilte ist diese älter Literatur insbesondere in Sachen der Datierungen vielfach überholt. Nach seinen Untersuchungen geht die Institution der Stationes nicht wesentlich vor die Zeit Gregors d. Großen zurück. Was natürlich nicht bedeutet, daß die Stationskirchen bzw. deren Vorgängerbauten nicht wesentlich älter sein können.