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Frohe Pfingsten!

 

 

Bild: Aus einem Pustet-Missale von 1900Das Zentralbild – links unten gezeichnet mit einem der Monogramme Schmalzls und datiert 1889 – zeigt eine auf den ersten Blick höchst konventionelle Darstellung der Pfingstszene im Obergemach mit den um Maria versammelten zwölf Aposteln. Nach der inzwischen erfolgten „Nachwahl“ des Matthias (Apg 1, 21-26) sind es wieder zwölf. Beim näheren Hinsehen fällt auf, daß die Gottesmutter in ungewöhnlicher Weise hervorgehoben istz. Zwar fehlt sie auf keiner traditionellen Darstellung der Pfingstszene und hat dort auch sehr oft eine zentrale Stellung inne. Aber hier sitzt sie nach dem Vorbild einiger Ikonen des Ostens in reicher Gewandung auf einem prächtigen Thron, der durch das Sitzkissen mit höchster Ehre ausgezeichnet ist.

Gänzlich einmalig ist unserer ikonographischen Kenntnis nach der Schmuck dieses Thrones mit den Cherubim von der Bundeslade des Tempels. Die dort sitzt ist nicht mehr nur die – wenn auch hoch geehrte – Landfrau aus Nazareth, als die sie noch in früheren Ausgaben des Missales erschien. Hier ist sie die Himmelskönigin und Lade des neuen Bundes, Arca Foederis. Mit diesem Vorgriff auf die Maria der lauretanischen Litanei wird das eigentliche Thema, die Ausgießung des Geistes, hier in jeder Hinsicht an den Rand gerückt; die konventionellen Feuerzungen erscheinen fast zum Stirnschmuck reduziert. Wie zum Ausgleich dafür ist die obligatorische Geisttaube noch einmal mit einem Kranz von Feuerzungen umgeben. Es sind sieben – die Sieben Gaben des Heiligen Geistes.

Die typologische Szene links erinnert an das Feuer-Wunder bei der Einweihung des zweiten Tempels nach Makkabäer 2, 1, 21ff: „Als einige Zeit vergangen war und die vorher verborgene Sonne sichtbar wurde, (entzündete sich ein großes Feuer, so daß alle sich sehr verwunderten)“. Die Szene rechts rekapituliert mit Verweis auf Exodus 31, 18 die Verkündung der Gebote auf dem Sinai: „(Nachdem er so gesprochen hatte) gab der Herr ihm die zwei Tafeln des Zeugnisses“. So, wie Jahweh dem Volk des Alten Bundes das Gesetz gegeben hatte, gab er dem Volk des neuen Bundes seinen Geist.

Die Deutung der vier Eckvignetten überfordert uns teilweise. Rechts oben die Hand Gottes steht normalerweise für die Hand des Schöpfers. Hier kann sie auch als Anspielung auf die darunter angeführte Schriftstelle aus Exodus 31, 18 gelesen werden, die vollständig heißt: „(Nachdem er so gesprochen hatte) gab der Herr ihm die zwei Tafeln des Zeugnisses – steinerne Tafeln, die beschrieben waren mit dem Finger Gottes. „Digitus paternae dexterae“ – und dieser ist nach dem Veni Creator Spiritus kein anderer als der Geist selbst.

Rechts unten ist bereits das Dargestellte schwer erkennbar. Spontan möchte man darin die Rauch- und Feuersäulen erkennen, in denen der Herr Israel auf seinem Weg durch die Wüste voranzog. Nach Korinther 10 wäre in diesem göttlichen Begleiter freilich eher Christus zu sehen, Jahweh als die den Menschen zugewandte personale Erscheinungsform des Herrn. Es gibt aber auch Versuche, die feurige Säule als Vorgestalt des erst später offenbarten Hl. Geistes zu deuten.

Links unten die Taube auf dem Regenbogen erinnert zunächst an das Abebben der großen Flut, das Noah durch die mit dem Ölzweig zurückkehrende Taube mitgeteilt wurde und das schließlich mit dem Bundesschluß unter dem Zeichen des Regenbogens besiegelt wurde. (Gen 8, 10 und 9,13). Hinter dem eher äußerlichen Bezug auf das Bild der Taube wird hier ein tiefer innerer Zusammenhang zum Festgedanken sichtbar: Eigentlicher Gegenstand der Erzählung vom Ende der Sintflut ist die Erneuerung der Schöpfung, und in der Erneuerung der Schöpfung spielt der Heilige Geist wie schon bei der Erschaffung der Welt eine immer wiederkehrende hervorgehobene Rolle: Du sendest Deinen Geist aus, dann werden sie geschaffen, und Du erneuerst das Antlitz der Erde“ (Ps. 103, 30).

Vor links oben vesagen unsere Kenntnisse und Assoziationsvermögen vollständig. Das in ein Dreieck eingezeichnete „Auge Gottes“ ist als klassisches Symbol der Dreieingkeit geläufig – aber die Ersetzung des Dreiecks durch drei Geistzungen haben wir noch nirgendwo gesehen. Der Gedanke erscheint auch theologisch wenig tragfähig, so daß wir zögern, ihn Max Schmalzl zu unterstellen. Wo immer die bildliche Darstellung des Wirkens des Heiligen Geistes zur Metapher der feurigen Zungen greift, gehen diese Zungen vom Bild der Geisttaube aus. Bleibt die Vermutung, die ungewöhnliche Darstellung solle lediglich den Begriff vom „Geist Gottes“ ins Bildliche übersetzen – denkbar, aber nicht wirklich befriedigend.

Trotzdem: Frohe Pfingsten und einen Hauch zumindest vom Spiritus Paraclitus, dem Gesit des Trösters, den unsere Zeit so dringend braucht.

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