Die Antiphonen der Erwartung
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- 20. Dezember 2020
Die O-Antiphonen, die das Hymnarium in diesem Jahr an den Tagen vor Weihnachten präsentiert (und deren Präsentation wir in der Randspalte begleiten), gehören formal wie inhaltlich zu den großen Kostbarkeiten der lateinischen Liturgie. In ihrem heutigen Bestand richten sie sich alle an den erwarteten göttlichen Erlöser selbst, der unter verschiedenen Bezeichnungen und Aspekten angesprochen wird. Diese O-Antiphonen haben seit über 1000 Jahren ihren Platz in der Vesper der sieben Tage vor Weihnachten. In dem durchaus anerkennenswerten Versuch, diesen Schatz auch den Gläubigen zugänglich zu machen, die nicht am Stundengebet teilnehmen, haben die Liturgiereformer von 1969 die Antiphonen auch als „Ruf vor dem Evangelium“ in den Novus Ordo Missae übernommen. Dabei haben sie die Texte jedoch teilweise verstümmelt und im übrigen nicht bedacht, daß ihre „Reformen“ dazu führen könnten, die Bereitschaft zur täglichen Teilnahme an der Meßfeier nicht zu erhöhen, sondern enorm zu verringern.
Neben den sieben quasi kanonischen O-Antiphonen waren zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten alternative oder zusätzliche Versionen in Gebrauch – insgesamt sind derzeit 23 davon bekannt. René Strasser hat für das Hymnarium eine Reihe von ihnen zusammengetragen und übersetzt. Diese – zumindest die dort veröffentlichten – sind allerdings weder formal noch inhaltlich mit den Originalen aus der Liturgie des lateinischen Offiziums vergleichbar. Anders als diese richten sie sich in der Regel nicht an den als Messias erwarteten Erlöser und Weltenherrscher selbst, sondern an die Gottesmutter, den Erzengel Gabriel oder andere Instanzen der Heilsgeschichte, denen aber keine göttliche Stellung zukommt. In ihrem theologischen Gehalt bleiben sie weit hinter den Originalen zurück.
Kennzeichnend für diese Originale ist, daß sie in ihrem Wortlaut unverkennbar auf allgemeine Denkfiguren oder exakt identifizierbare Passagen aus dem Alten Testament zurückgreifen, diese Passagen aber aus der Perspektive des um seine künftige Erlösung flehenden Volkes Israel herauslösen und unter dem Blickwinkel des vollzogenen Erlösungswerkes neu interpretieren. Gleichzeitig wird die sehr stark auf irdische Verhältnisse gerichtete Erlösungshoffnung Israels ins Metaphysische gewendet: Nicht mehr die von babylonischer Versklavung und römischer Fremdherrschaft unterdrückten Juden der Zeit vor der Ankunft des Herrn, sondern das bereits befreite neue Volk Israel, das sich der nur durch eigenes, persönliches Verschulden fortdauernden Knechtschaft in der Beherrschung durch die Sünde bewußt geworden ist, erhebt in den O-Antiphonen seine Stimme. Ansatzpunkte für einen Vergleich dieser Perspektiven, der hier zunächst nicht angestellt werden kann, finden sich in dem erfreulicherweise recht ordentlichen Wikipedia-Artikel zu den O-Antiphonen.
In Erwartung des Herrn: O-Antiphonen
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- 20. Dezember 2021
Der Amoklauf der römischen Feinde der Tradition gegen alles Katholische soll uns nicht daran hindern, an die Schätze zu erinnern, die eben diese Tradition dem gläubigen Sinn in diesen Tagen der Erwartung bietet. Die O-Antiphonen, die das Hymnarium im letzten Jahr an den Tagen vor Weihnachten präsentiert hat und auf die wir auch in diesem Jahr wieder gerne verweisen, gehören formal wie inhaltlich zu den großen Kostbarkeiten der lateinischen Liturgie. In ihrem heutigen Bestand richten sie sich alle an den erwarteten göttlichen Erlöser selbst, der unter verschiedenen Bezeichnungen und Aspekten angesprochen wird. Diese O-Antiphonen haben seit über 1000 Jahren ihren Platz in der Vesper der sieben Tage vor Weihnachten. In dem durchaus anerkennenswerten Versuch, diesen Schatz auch den Gläubigen zugänglich zu machen, die nicht am Stundengebet teilnehmen, haben die Liturgiereformer von 1969 die Antiphonen auch als „Ruf vor dem Evangelium“ in den Novus Ordo Missae übernommen. Dabei haben sie die Texte jedoch teilweise verstümmelt und im übrigen nicht bedacht, daß ihre „Reformen“ dazu führen könnten, die Bereitschaft zur täglichen Teilnahme an der Meßfeier nicht zu erhöhen, sondern enorm zu verringern.
Neben den sieben quasi kanonischen O-Antiphonen waren zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten alternative oder zusätzliche Versionen in Gebrauch – insgesamt sind derzeit 23 davon bekannt. René Strasser hat für das Hymnarium eine Reihe von ihnen zusammengetragen und übersetzt - Interessenten finden sie in den Scholien zu O virgo virginum, der einzigen, die wir in den regulären Text unserer Sammlung aufgenommen haben. Diese – zumindest die dort veröffentlichten – sind allerdings weder formal noch inhaltlich mit den Originalen aus der Liturgie des lateinischen Offiziums vergleichbar. Anders als diese richten sie sich in der Regel nicht an den als Messias erwarteten Erlöser und Weltenherrscher selbst, sondern an die Gottesmutter, den Erzengel Gabriel oder andere Instanzen der Heilsgeschichte, denen aber keine göttliche Stellung zukommt. In ihrem theologischen Gehalt bleiben sie weit hinter den Originalen zurück.
Kennzeichnend für diese Originale ist, daß sie in ihrem Wortlaut unverkennbar auf allgemeine Denkfiguren oder exakt identifizierbare Passagen aus dem Alten Testament zurückgreifen, diese Passagen aber aus der Perspektive des um seine künftige Erlösung flehenden Volkes Israel herauslösen und unter dem Blickwinkel des vollzogenen Erlösungswerkes neu interpretieren. Gleichzeitig wird die sehr stark auf irdische Verhältnisse gerichtete Erlösungshoffnung Israels ins Metaphysische gewendet: Nicht mehr die von babylonischer Versklavung und römischer Fremdherrschaft unterdrückten Juden der Zeit vor der Ankunft des Herrn, sondern das bereits befreite neue Volk Israel, das sich der nur durch eigenes, persönliches Verschulden fortdauernden Knechtschaft in der Beherrschung durch die Sünde bewußt geworden ist, erhebt in den O-Antiphonen seine Stimme. Ansatzpunkte für einen Vergleich dieser Perspektiven, der hier zunächst nicht angestellt werden kann, finden sich in dem erfreulicherweise recht ordentlichen Wikipedia-Artikel zu den O-Antiphonen.
Zum Stellenwert der niederen Weihen
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- 04. Dezember 2020
Peter Kwasniewski hat dieser Tage auf New Liturgical Movement einen überaus lesenswerten Beitrag über den Status der niederen Weihen und des Subddiakonats in der gegenwärtigen Situation veröffentlich. Diese ist dadurch gekennzeichnet, daß die Weihen im Bereich des Novus Ordo als „abgeschafft“ angesehen werden, wohingegen sie in den Gemeinschaften der Tradition mit den Büchern von 1962 nach wie vor erteilt werden. Wir haben den Beitrag übersetzt und mit einer „Anmerkung des Übersetzers“ versehen. Doch nun dar Artikel Kwasniewskis:
Immer öfter wird heutzutage die Frage gestellt: Was ist der genaue rechtliche Stellenwert der niederen Weihen (Ostiarier, Lektor, Exorzist, Akolyth) im römischen Ritus? Die Liste können wir auch noch um die Stufe des Subdiakons erweitern. Trotz ihres außerordentlichen hohen Alters, das ihnen doch grundsätzliches Wohlwollen durch die Liturgiereform verschafft haben sollte – die niederen Weihestufen sind z.B. älter als der Advent – wurden die niederen Weihen in der Form, in der sie bis dahin bestanden hatten, von Papst Paul VI. in seinem Apostolischen Schreiben Ministeria Quaedam (deutscher Text) von 1973 abgeschafft – oder es sah zumindest für viele Beobachter so aus, als ob sie abgeschafft worden wären). Allerdings wurden auch danach die niederen Weihen und das Subdiakonat immer in irgendeinem Winkel der weiten katholischen Welt weiterhin gespendet. Dank des Motu Proprios Ecclesia Dei von Papst Johannes Paul II. und Summorum Pontificum von Benedikt XVI. hat das zugenommen, und sie werden inzwischen routinemäßig den vielen jungen Männern erteilt, die den traditionsorientierten Gemeinschaften zuströmen. Das ist schjon eine ziemlich seltsame Situation.
Soweit ich sehe, gibt es dazu eine „konservative“ und eine streng „traditionalistische“ Auffassung.
S. Bellarmin zur Liturgie
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- 21. November 2020
Der hl. Robert Bellarmin war wie sein zeitlich etwas früheres deutsches Gegenstück Petrus Canisius Verfasser eines überaus einflußreichen Katechismus, trägt den Titel eines Kirchenlehrers, und gehörte ebenso wie dieser dem Jesuitenorden an. Die Jesuiten gelten gemeinhin als liturgisch uninteressiert – über Berechtigung und Begründung dieser Ansicht wäre ein andermal nachzudenken. Für Robert Bellarmin gilt das jedenfalls nicht oder nur begrenzt; eine amerikanische Bellarmin-Biographie von 1961 enthält unter anderen einschlägigen Hinweisen den Text eines Briefes, den Bellarmin – seit 1599 Kardinal – im Mai 1617 an seinen Ordensgeneral richtete:
Da bald die Fronleichnamsprozessionen stattfinden werden und diese, wie es heißt, größer und feierlicher sein werden als je zuvor, scheint es mir angemessen, schriftlich zu begründen, warum Diakone und Subdiakone in Dalmatik gekleidet in Hochämtern und bei Prozessionen ihren Dienst verrichten sollten.
1) So ist es, ohne daß irgendeine Ausnahme zulässig wäre, im Zeremoniale von Papst Clemens VIII. und dem Rituale von Papst Paul V. vorgeschrieben. Unter diesen Umständen sehe ich nicht, mit welchem Recht unsere Gesellschaft und vor aller Augen Roms eine dem entgegen stehende Praxis übt.
2) Der (vorgeschriebene) Ritus wird in den Kirchen der ganzen katholischen Welt eingehalten, in Kathedralen, Kollegienkirchen, Pfarreien und Klöstern, gleichgültig, welchem Orden sie angehören. Wie kann es dann unserer Gesellschaft erlaubt sein, etwas anderes zu praktizieren, zumal wir das römische Messbuch, das römische Brevier und das Rituale verwenden und uns dazu bekennen, den Weisungen des apostolischen Stuhles in allen Dingen zu folgen?
Ordo Missæ VII: Die Opferung
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- 14. November 2020
Mit dem traditionell als „Opferung“ bezeichneten Offertorium beginnt der zweite Hauptteil der Messfeier – die eigentliche Opfermesse. Die innere Ordnung, der dieser Abschnitt folgt, erschließt sich allerdings nicht so leicht wie die Abfolge der Elemente im vorhergehenden Wortgottesdienst. Das eigentliche Opfer, die Vergegenwärtigung des Erlösungsopfers Christi am Kreuz durch den Priester „in persona Christi“ und die Kirche, folgt ja erst im anschließenden Kanon – es ist also durchaus berechtigt, die Frage zu stellen, wer opfert hier eigentlich was? Das seit unvordenklichen Zeiten zum Grundbestand des römischen Ritus gehörende Offertorium, das diesen Abschnitt einleitet, ist in den meisten Messen sehr allgemein gehalten und kann keine Antwort geben. Eher dann schon die an seinem Schluß stehende Sekret, die in vielen ausdrücklich von den herbeigebrachten und nun bereitliegenden Opfergaben handelt und damit aussagt, daß der eigentliche Zeitpunkt des Opfers noch nicht erreicht ist.
Vor dem Nachzeichnen der Ordnung, der die Gebete dieses Abschnitts folgen, ist allerdings in einem ersten Beitrag auf den Umstand einzugehen, daß dieser seit an die tausend Jahren zum Bestand der Messfeier im römischen Ritus gehörende Teil der Opfermesse von einigen Vertretern der liturgischen Bewegung und insbesondere vom Consilium zur Litugiereform als so „unordentlich“ empfunden wurde, daß sie ihn abschafften und durch eine Neudichtung ersetzt haben.
Tatsächlich enthalten die zwischen Offertorium und Sekret vom Priester leise und als Teile des Ordinariums gesprochenen „Privatgebete“ an einigen Stellen Formulierungen, die zu Mißverständnissen führen können. Etwa, wenn z.B. in der Darbringung des Brotes von immaculatam hostiam, von einer makellosen Opfergabe, die Rede ist, oder es bei der Bereitung des Weines heißt:
Wir opfern Dir Herr, den Kelch des Heiles, und flehen dich, den Allgütigen an, laß ihn, uns zum Segen und der ganzen Welt zum Heile, wie lieblichen Wohlgeruch vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät emporsteigen.
Hier fehlt nur noch die Geste des Ausgießen des Weines über den Altar, um das Bild eines Opfers zu vervollständigen, wie es an den Altären der Heidengötter, aber auch im Tempel Yahwes – dort freilich eher mit Blut statt mit Wein – zu Jerusalem, vollzogen wurde. Doch noch trägt das Brot, von dem der Priester hier spricht, die Makel alles Irdischen an sich; noch ist der Kelch, den er emporhebt, nicht wirklich der „Kelch des Heils“, sondern enthält ganz schlichten Wein, der lediglich als Opfer vorbereitet ist, wie es im anschließenden „Veni Sanctificator“ heißt.