Bischof Michael Martin - ein
Westentaschen-Bergoglio in North-Carolina
30. Mai 2025

Bischof Michael Martin von Charlotte, NC
Die mittelgroße (ca. 500 000 Katholiken, 140 Diözesanpriester) amerikanische Diözese von Charlotte steht derzeit im Zentrum eines mittelstarken Erdbebens, dessen Auswirkungen bis nach Rom und zum neuen Papst Leo XIV zu spüren sind. Aus der Perspektive der stets zu „sprungbereitem Mißtrauen“ neigenden Super-Ultra-Tradis in USA und anderswo - wir hatten bereits berichtet – ist Papst Leo bereits in eine der mit diesem Erdbeben aufgerissenen Spalten abgestürzt – schließlich trägt er als seinerzeitiger Präfekt des Bischofsdikasteriums mit die politische Verantwortung für die Ernennung des derzeitigen Bischofs Michael Martin OFM Conv, der sich als eine der übelsten Fehlbesetzungen des an Fehlbesetzungen reichen verflossenen Pontifikats zu erweisen scheint. Doch der Reihe nach – das Epizentrum des Bebens liegt nach wie vor nicht in Rom, sondern in Charlotte.
Unmittelbar nach dem Bekanntwerden des bischöflichen Erlasses mit dem erklärten Ziel, den Gläubigen die Teilnahme an der hl. Messe im überlieferten Ritus zu erschweren, förderten Indiskretionen aus dem Diözesanklerus zwei weitere Schriftstücke aus der Giftküche der bischöflichen Verwaltung zu Tage. Das eine war eine Sprachregelung für die Priester und Funktionäre des Bistums, wie sie die Einschränkung der überlieferten Liturgie gegenüber Anfragen zu rechtfertigen hätten – dem verdanken wir unter anderem das Bekenntnis zur klaren Absicht, den Besuch der „Alten Messe“ zu erschweren und dazu, daß Bewerber, die sich für die überlieferte Liturgie interessieren, in Charlotte keine Chance auf Zulassung zum Seminar haben.
Brisanter war ein zweites Dokument: Der Entwurf eines bischöflichen Hirtenbriefes zur Regulierung der Liturgiefeiern nach dem Novus Ordo, die alles verbieten soll, was auch nur von Ferne an die liturgische Tradition der Kirche erinnern könnte: Keine Kerzen auf dem Altar, keine Kommunionbank, keine Mundkommunion, kein Latein nirgendwo, keine „romanischen“ Messgewänder, keine Zelebration „ad Dominum“, keine Kniebeubgen, keine Kopfbedeckung für Frauen im Gottesdienst… und was dergleichen Spezialitäten aus der Klippschule von Andrea Grillo mehr sind. Die Veröffentlichung erregte Aufsehen weit über Charlotte hinaus – auch unter den in USA zahlreichen Priestern, die den Novus Ordo nicht als Symbol des Bruches, sondern im Geist der Kontinuität zelebrieren wollen. Bischof Martin sah sich zu einem Rückzieher genötigt – das sei ja nur ein Entwurf und müsse noch weiter diskutiert werden.
Womit er recht hat: Der Priesterrat und andere Gremien, denen er den Entwurf vorgestellt hatte und aus deren Kreis er dann auch an die Öffentlichkeit gebracht wurde, haben sich mit überwältigender Mehrheit gegen die Pläne ausgesprochen. Beruhigt sind sie auch durch den Rückzieher nicht: Bischof Martin werde wohl auf ein großes Dokument verzichten und seine Absichten auf dem Weg von Einzelanweisungen durchsetzen. Schon jetzt besteht er bei Besuchen in Gemeinden darauf, daß diese Vorgaben bei seinen Zelebrationen eingehalten werden.
Die Indiskretionen aus dem Priesterrat verweisen darauf, daß Bischof Martin, der erst seit gerade einem Jahr im Amt ist, es in dieser kurzen Zeit geschafft hat, nicht nur die der überlieferten Lehre und Liturgie anhängenden Gläubigen, sondern auch einen guten Teil der Priester seines Amtsbereiches gegen sich aufzubringen. Besonders irritiert sind viele Priester der Diözese über sein rücksichtsloses Vorgehen zur Zerstörung des Erbes seines Vorgängers. Bischof Peter Jugis hatte die Diözese 20 Jahre lang geleitet und sich seit 2007 für die Förderung der überlieferten Liturgie gerade auch im Klerus eingesetzt. Unmittelbar nach dem Erlaß von Summorum-Pontificum hatte er ein „Fortbildungsprogramm“ für seine Priester eingeleitet, das diese zur optionalen Zelebration nach den Büchern von 1962 befähigte. In seinen letzten Amtsjahren gab es in etwa einem Drittel der 96 Pfarreien der Diözese regelmäßig von Ortsgeistlichen gefeierte „Alte Messen“, und auch nach dem Erlaß von Traditionis Custodes ließ Jugis sich Zeit mit der Umsetzung der darin verfügten Einschränkungen. Im Jahr seines „gesundheitsbedingten“ Rücktritts im Alter von 66 Jahren 2023 hatte er die Zahl immerhin auf sechs Pfarrkirchen reduziert und für diese eine römische Sondergenehmigung eingeholt, die die Zelebrationen an diesen Orten noch bis in den Herbst dieses Jahres ermöglicht hätten.
Dem hat Nachfolger Martin nun ein abruptes Ende gesetzt – und das anscheinend ohne sein Presbyterium vorher entsprechend zu informieren. Das scheint seinem üblichen Arbeitsstil zu entsprechen: In einem aus dem Kreis des Klerus stammenden Memorandum von diesem Januar werden ihm übereiltes und autoritäres Vorgehen, Beratungsresistenz, einsame Beschlüsse unter Übergehung zuständiger Gremien vorgeworfen. Kurzum: Ein Westentaschen-Franziskus ganz aus bergoglianischem Ungeist.
Daß so jemand unter Papst Franziskus große Chancen für die Verleihung eines Bischofshutes hatte, bedarf keiner Diskussion. Stellt sich die Frage, welchen Anteil der damalige Bischofspräfekt Prevost an dieser Ernennung hatte. Entsprechend der im Allgemeinen höchst verschwiegenen Arbeitsweise der Kurienbehörden wird es schwer fallen, darauf eine erschöpfende Antwort zu finden, aber es gibt Anhaltspunkte: Robert Prevost hat sein Präfektenamt im Februar 2023 übernommen. Da dürfte der „Vorgang Martin“ bereits im Dikasterium anhängig gewesen zu sein, denn schon Ende des Vorjahres hatte der für Charlotte zuständiger Metropolit von Atlanta Gregory John Hartmayer OFM conv den bisher von jeder pastoralen Erfahrung unbeleckten Verwaltungsmann Michael Martin mit seiner ersten Pastoralposition als Pfarrer von Jonesboro in Georgia eingesetzt. Erzbischof Hartmayer wird nachgesagt, daß er sehr an der Förderung der Karriere seiner Ordensbrüder interessiert ist, und pastorale Tätigkeit als Pfarrer gilt nach wie vor als unerläßliche Voraussetzung für die Übernahme eines Bischofsamtes. Also gibt man dem Mann mal schnell eine Pfarre.
Denn da liegt eine große Schwäche des bisherigen Lebenslauf von Bischof Martin: Nach seinem Studium (teilweise an der Franziskaneruniversität in Rom), dem Erwerb eines Masters in Erziehungswissenschaften und der Priesterweihe 1996 wurde er unmittelbar als Lehrer an einer katholischen Schule in Athol Springs eingesetzt und wechselte dann nach 5 Jahren an eine Schule in Baltimore, wo er später Rektor und Verwaltungsratvorsitzender wurde. Dabei tat er sich besonders in der Organisation einer Spendenkampagne hervor, die 7 Mio. Dollar einbrachte und wurde dafür 2007 von Papst Benedikt XVI mit der Auszeichnung Pro Ecclesia et Pontifice geehrt. 2010 wurde er dann Direktor des Newman Catholic Student Center an der (progressiv-protestantischen) Duke-University in North Carolina. Kein sonderlich beeindruckender CV – sieht nach einer typischen Funktionärslaufbahn aus. (Alle Angaben nach der englischsprachigen Wikipedia).
Nun bekommt die Bischofskongregation für ihre Arbeit natürlich noch mehr Informationen, als wir Wikipedia nachlesen können. Da gibt es in erster Linie die Empfehlungen der Nuntiatur und Berichte von Bischöfen, in deren Amtsbereich der Kandidat bisher tätig war; hier wird für Martin neben Erzbischof Hartmayer vor allem auch Kardinal Cupich genannt, der sich als einer der entschiedensten Feinde der überlieferten Liturgie profiliert hat. In welchem Grad der Präfekt Prevost mit diesem Ablauf befasst war, ist von außen in keiner Weise zu erkennen; das meiste von dem, was dazu im Netz zu lesen oder zu hören ist, geht auf Spekulationen zurück.
Als durchaus zuverlässig erscheint uns dem gegenüber eine soeben von The Pillar veröffentlichte Mitteilung, der zu Folge Bischof Martin erst im vergangenen Monat zu einem Gespräch mit der Bischofskongregation nach Rom eingeladen oder einbestellt worden war – offenbar, nachdem dort Anfragen oder Beschwerden aus dem Presbyterium der Diözese eingegangen waren. Während dieses Romaufenthaltes hatte Bischof Martin auch ein einstündiges Treffen mit dem Präfekten Kardinal Robert Prevost, in dem über verschiedenen von Martin angestoßenen Reformvorhaben in seiner Diözese gesprochen wurde. Hauptthema war die von Martin geplante Verlegung des Kathedralsitzes in eine größere Kirche oder einen Neubau – die Bestimmung des Kathedralsitzes ist nach geltendem Recht Sache des Vatikans. Aber es wurden noch weitere problematische Dinge besprochen, der Gewährsmann des Pillar berichtet dazu:

Man hatte (in Rom) den Eindruck, daß Bischof Martin sehr schnell mit großen Plänen für Veränderungen in der Diözese voranging, wo er doch gerade erst dort angekommen war. Man legte ihm nahe, sich Zeit zu nehmen, um die Menschen und die Diözese besser kennenzulernen, bevor er Entscheidungen traf, die als verstörend empfunden werden könnten. Insbesondere auch hinsichtlich der Frage des Kathedralsitzes war der Wunsch, daß er langsamer, viel langsamer vorgehen würde. Die höherrangige Quelle betonte, das Treffen sei als eine Art pastorale Ermutigung für einen erst kürzlich geweihten Bischof gemeint gewesen und nicht als disziplinärer Akt.
Treffen mit Bischöfen im Dikasterium, vor allem auch mit dem Präfekten, sind brüderliche Zusammenkünfte zum Austausch von Erfahrungen gerade für neue Bischöfe. Normalerweise wird das gerne angenommen.
Wie immer man auch diesen Kurialsprech übersetzen will: Das klingt nicht so, als ob schon der damalige Präfekt Prevost einem Bischof alles durchgehen lassen würde, bloß weil der von einer amerikanische Lobby gefördert und den Vorstellungen von Papst Franziskus entsprochen hatte. Andererseits ist nicht auszuschließen, daß eine Reihe von Bischöfen in den letzten Jahren mit Beteiligung von Robert Prevost ernannt worden sind, die Papst Leo XIV noch einiges Kopfzerbrechen bereiten werden. Die Wege des Herrn sind unerforschlich – und in Rom sind sie oft mit Zeitzündern gepflastert.
Soviel zunächst also zur kirchenpolitischen Einschätzung des Falles Martin/Charlotte. Möglicherweise wird sich im weiteren Fortgang der Dinge noch die Notwendigkeit zeigen, näher auf das Liturgieverständnis und die Ekklesiologie dieses Musterexemplars eines bergoglianischen Ober-Hirten einzugehen. Vielleicht hat sich das aber auch mit dem römischen Treffen im April erledigt und die jetzt offenbar gewordenen Verwerfungen sind nur verspätete Manifestationen eines bereits überwundenen Sachstandes.
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