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Franziskus spricht vor dem Liturgie-Dikasterium über Liturgiereform

10. Februar 2024

1 Liturgie

Der Papst betritt - auf einen Stock gestützt - den Saal mit den versammelten Mitgliedern der Behörde.

Der Papst betritt den Saal mit den Mitgliedern des Liturgie-Dikasteriums

In dieser Woche hat die römischen Liturgiebehörde ihre jährliche Vollversammlung abgehalten, die unter das Thema „Liturgische Bildung von Sacrosanctum Concilium bis zu Desiderio desideravi“ gestellt war. Konkrete Beschlüsse sind bis jetzt noch nicht bekannt geworden. Aber wir erfahren von einer Rede, die Franziskus am Donnerstag den 8. Februar vor den Teilnehmern gehalten hat, und die einigen Aufschluß über das Liturgieverständnis dieses Pontifex gibt. Quelle aller Berichte ist ein vom römischen CNA-Korrespondenten Matthew Santucci verfaßte Artikel, dem wir auch unsere Zitate aus der Rede entnehmen.

Nach den bisher vorliegenden Informationen knüpft die Rede unmittelbar an der in Desiderio desideravi (hier unser Bericht vom Juni 2022) vorgetragenen Linie an, die – wie es auch schon das Thema der Dikasteriumsversammlung nahelegt – dieses apostolische Schreiben in eine Reihe mit der Konzilskonstitution „Sacrosanctum Concilium“ stellt. Doch anders als das noch in DD der Fall war, bemühte sich Franziskus in seiner aktuellen Rede – soweit den Berichten zu entnehmen ist – nicht darum, zumindest deklamatorisch den Zusammenhang der nachkonziliaren Liturgie mit dem auf die apostolischen Zeiten zurückgehenden Liturgieverständnis der Kirche herzustellen. Seine Rede vor den mit der Verwaltung der liturgischen Angelegenheiten betrauten Kurienmitgliedern offenbart ein im Wesentlichen funktionales, wenn nicht sogar instrumentelles Verständnis von Liturgie: Danach hätten die Liturgie und ihre Reform sowie die liturgische Bildung vor allem die Aufgabe, die als ständige Verpflichtung vorgestellte Kirchenreform voranzubringen. „Ohne Liturgische Reform kann es in der Kirche überhaupt keine Reform geben“.

Dem könnte man unter Umständen sogar zustimmen, wenn man den gegenwärtigen miserablen Zustand der Kirche betrachtet, der nicht zuletzt auf die Liturgiereform Pauls VI. zurückgeht und der zweifellos nicht gebessert werden kann, wenn die Kirche sich nicht wieder stärker auf ihre liturgische Tradition und die darin ausgedrückten Lehren zurückbesinnt. Denn letzteres wäre das Entscheidende - doch genau davon will Franziskus nichts wissen: Ihm dient die Berufung auf Sacrosanctum Concilium vor allem dazu, die von ihm vertretene und teilweise ins Häretische abgleitende Extremform des „Konzilsgeistes“ zu rechtfertigen und seine höchst persönlichen „Reform“-Ideen als einzig legitime Sichtweise der Konzilsdokumente festzuschreiben. Und so sieht sich die Versammlung dazu aufgefordert, den Bischöfen der Weltkirche pastorale Projekte für ihre Diözesen vorzuschlagen, die die Vorgaben von Desiderio Desideravi praktisch umsetzen.

Ein kurzer Artikel auf der Website der deutschen Bischöfe verbindet das überaus passend mit einem sonst nirgendwo gebrachten Bericht über den Teil der päpstlichen Ansprache, in dem Franziskus die Errungenschaften und großen Erfolge der Liturgiereform von 1969 herausstreicht und seinen Erlass „Traditionis Custodes“ als Besiegelung dieses großen Sprunges vorwärts feiert, der bekanntlich den „Neuen Frühling“ in der Kirche anbrechen ließ.

Wo die Ansprache von Franziskus überhaupt den Versuch unternimmt, über die reformpolitische Funktion von Liturgie hinauszudenken und theologische Aspekte aufzugreifen, lassen seine Ausführungen den Leser – zumindest den traditionell vorbelasteten – einigermaßen ratlos zurück. Fehlt da nicht etwas, wenn er sagt: „Die Liturgie ist auf hervorragende Weise der Ort zur Begegnung mit dem lebendigen Christus, der beständig das Leben aus der Taufe belebt und erneuert“? Was soll man davon halten, wenn er – ausdrücklich „als theologische Perspektive“ deklariert – vorträgt: „Eine Kirche, die nicht die Leidenschaft für geistliches Wachstum verspürt, die nicht versucht, auf verständliche Weise zu den Männern und Frauen ihrer Zeit zu sprechen, die nicht unter dem Schmerz der Spaltungen unter den Christen leidet und die nicht vor Eifer bebt, Christus den Menschen zu verkünden – das ist eine kranke Kirche.“ Als Beschreibung der aktuellen Situation mag das ja nicht falsch sein – aber wo ist da ein theologischer Blick auf die Liturgie, auf das Erlösungsopfer Christi, das der gefallenen Menschheit als Einziges den Weg aus ihrer Verstrickung in die Sünde öffnet? Und wie verträgt sich das behauptete „Leiden unter den Spaltungen der Christenheit“ mit einer brachial durchgesetzten Auffassung von Liturgie, die sich weltenweit von der der Orthodoxen Bruderkirchen unterschiedet? Und wie verträgt es sich mit den aktuellen Ansätzen zur Verwässerung der Morallehre, die nicht nur den Orthodoxen des Ostens, sondern auch allen Bibeltreuen im Westen die Haare zu Berge stehen läßt?

Was hier zum Wesen der Liturgie ausgesagt ist, das sind nur Phrasen, die verschleiern, daß der Kurs der Bergoglianer immer weiter von den apostolischen Fundamenten der Kirche Christi wegstrebt, um sich der Zeitgeisterei anzudienen. Auch dafür enthält die Rede den vorliegenden Berichten nach ein aufschlußreiches Beispiel. Einigermaßen unvermittelt sprang Franziskus demnach vom Themenbereich der Liturgie zur aktuellen Diskussion über „Geschlechtergerechtigkeit“: „Die Kirche ist eine Frau, die Kirche ist eine Mutter, die Kirche ist verkörpert in Maria und der Kirche-Frau. Die Kirche ist mehr als Petrus – man kann nicht alles auf das Dienstamt reduzieren. Die Frau findet in der Kirche, die Frau ist, ihren großen Ausdruck als Frau – ohne auf ein Dienstamt reduziert zu werden. Und das ist der Grund, aus dem ich gesagt habe, daß jede Reform in der Kirche stets eine Frage der bräutlichen Treue ist, weil die Kirche eine Frau ist.“

So weit, so unklar. Einige Kommentatoren sehen darin wieder einmal die Ankündigung eines Frauendiakonats, das irgendwo zwischen Laienberuf und Weiheamt changieren wird. Die Tatsache, daß Franziskus jüngst eine anglikanische Bischöfin zur Beraterin in diesen Dingen berufen hat, könnte darauf hindeuten. Andere sind da zurückhaltender. Wer weiß schon, was dieser Papst meint, wenn er etwas sagt? Man kann gespannt sein, welche Folgerungen die versammelten Angehörigen der obersten Glaubensverwaltung aus diesen krausen Gedanken ableiten werden.

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Anmerkung zur Illustration: Die beträchtliche Zahl der auf diesem Bild versammelten Kardinale und Prälaten vermittelt einen unzutreffenden Eindruck von der Zahl der tatsächlich „arbeitenden“ Mitglieder der Glaubensbehörde. Es ist eine seit langem in Rom übliche Praxis, die leitenden Mitglieder von Kongregationen, insbesondere die Kardinäle und Bischöfe, nicht nur in einer, sondern in vielen Kongregationen einzusetzen – zumindest nominell. Die eigentliche Arbeit unter Anleitung von Präfekt, Sekretär und Substitut wird oft von einem überraschend kleinen Mitarbeiterstab geleistet – wenn sie nicht, wie unter Franziskus üblich, vom persönlichen Küchenkabinett des Papstes an sich gezogen wird.

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