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Die Kopten reagieren mit Härte auf Fiducia Supplicans

13. März 2024

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Patriarch Tawadros mit Papst Franziskus beim Rombesuch

Patriarch Tawadros 2023 auf Besuch in Rom

Die Koptische Orthodoxe Kirche, die von dem in Rom gerne gesehenen Patriarchen Tawadros II. geführt wird, hat Anfang dieses Monats den bisher mit Rom gepflegten „ökumenischen Dialog“ offiziell auf Eis gelegt. Die Entscheidung der „Heiligen Synode“, die soeben in Wadi El-Natrum stattgefunden hat, wird damit begründet, daß die katholische Kirche mit Fiducia supplicans ihre Haltung zur Homosexualität geändert habe. Das ist zunächst einmal ein weiterer Hinweis aus der Realität darauf, daß die Welt außerhalb der vatikanischen Mauern oder des Kopfes von Manuel Fernández durchaus nicht bereit ist, dessen Versicherung zu akzeptieren, das Papier habe die katholische Lehre nicht geändert, sondern nur zeitgemäß weiterentwickelt. Sowohl die Propagandisten der permanenten sexuellen Revolution innerhalb und außerhalb der Kirche, als auch die immer weniger werdenden Christen (nicht nur Katholiken), die der Uminterpretation der Schöpfungsordnung noch Widerstand leisten, haben sehr wohl begriffen, daß das offizielle Rom hier ein weiteres Mal eine wichtige Bastion preisgegeben hat.

Insbesondere die Orthodoxen Kirchen haben ihren Widerspruch zu Protokoll gegeben – wobei allerdings eingeschränkt werden muß, daß das finanziell und kulturell stark vom Westen abhängige Patriarchat von Konstantinopel sich auffällig mit Kritik zurückhält. Umso lauter ist der Widerspruch, der vom Moskauer Patriarchat und nun eben auch von den Kopten kommt. Auch dieser Widerspruch hat seine problematischen Elemente: Zumindest die russische und die griechische Orthodoxie sind in der Ehelehre der menschlichen Schwäche (und darin durchaus gegen die in Matth 19; 6 überlieferten Worte Jesu ) dadurch weit entgegen gekommen, daß sie Geschiedenen eine erneute Eheschließung (wenn auch quasi zweiten Grades) ermöglichen und segnen. Bei den Kopten ist die Lage von hier aus gesehen unübersichtlich, aber auch da gibt es, sowohl von staatlichen Stellen als auch westlichen „Menschenrechtsgruppen“ unterstützte Aktivitäten, die auf eine Aufweichung hinarbeiten. Allerdings sollte man nicht dem Trugschluss verfallen, die Duldung von Scheidung und Wiederverheiratung (unter strengen Bedingungen) sei mit irgend einer Form von „Homosegnung“ zu vergleichen: Das Erste hatte Moses als Gesetzgeber den Juden „wegen der Härte ihrer Herzen“ (Matth. 19; 8) zugestanden – zum Zweiten hätte auch der Prophet des Höchsten keine Vollmacht gehabt.

Die Aufkündigung des ökumenischen Dauerdialoges durch die Kopten lenkt aber auch in anderer Hinsicht den Blick auf das Verhältnis zwischen der römischen Kirche des Aggior­namento und der in der altorientalischen Tradition stehenden höchst traditions­verhafteten koptischen Kirche. Das impliziert nicht nur bestimmte Unterschiede in der Lehre – die Kopten haben auch ihren „eigenen“ Kanon der Heiligen Schrift, der über die im katholisch anerkannten „Alten Testament“ enthaltenen Texte hinaus noch die Bücher „Enoch“ und „Jubeljahre“ enthält, die von der katholischen Kirche aus nachvollziehbaren Überlegungen nicht in den Kanon aufgenommen worden sind.

Darüber hinaus sind die ägyptischen Kopten auch stark davon geprägt, daß sie seit anderthalb Jahrtausenden in einer wirtschaftlich größtenteils sehr benachteiligten und politisch/geistlich vom Islam dominierten Umwelt überleben mußten. Das hat dazu geführt, daß insbesondere die auf dem Land lebenden Kopten neben „vorchalzedo­nischen“ Elementen in der Lehre von Christus und der Erlösung auch sehr viele uns überaus archaisch anmutende Lebensregeln und Sitten übernommen haben, wobei im Einzelfall schwer zu bestimmen ist, ob sie diese auf Druck der mohammedanischen Herrenschicht aus dem jeweils zeitgenössischen Islam übernommen, oder – ebenso wie diese - aus der vorislamisch-jüdisch-altorientalischen Lebensweise „geerbt“ haben. Wer Martin Mosebachs Buch über die 21 Märtyrer von Sirte gelesen hat, konnte daraus einen Eindruck von diesem Lebensstil gewinnen, der – auch wenn es immer wieder zu mörde­rischen Übergriffen, Versklavung, Land- und Frauenraub seitens der moslemischen Herrenmenschen kommt – viel mehr mit deren Lebens- und Denkweise gemeinsam hat als etwa mit der Lebens- und Denkweise eines mitteleuropäischen Kirchensteuerzahlers.

Diese Ähnlichkeiten kommen auch im religiösen Leben stark zum Ausdruck. Wenn nicht im Inhalt, sondern doch in der Form, die auf beiden Seiten von einer Strenge und Unbedingtheit gekennzeichnet ist, die in Europa nur schwer nachvollziehbar ist. Das wird hier eher unter den Kategorien wie vormodern, fundamentalistisch, hypertradi­tionalistisch oder „indietristisch“ eingeordnet. Tatsächlich könnte man dazu viel kritisch-aufgeklärtes anmerken – sieht sich aber doch andererseits zu dem Zugeständnis oder zumindest zu der Vermutung genötigt, daß es diese Strenge und Unbedingtheit waren, die den Kopten weit über 1000 Jahre lang die christliche Weiterexistenz im islamischen Staat ermöglicht haben – und die auch die Vorbedingung dafür waren, daß 20 (der 21. hat einen anderen Hintergrund) doch mehr oder weniger zufällig ausgewählte Wander­arbeiter ein Martyrium auf sich nahmen, wie es seit Maximilian Kolbe keinem Mitteleuropäer mehr abverlangt wurde. Und wie es auf sich zu nehmen Modernos wie Tradis hierzulande gänzlich unvorstellbar erscheint. Von der verweichlichten und verweibischten herrschenden Clicke am Hofe zu Rom ganz zu schweigen.

Nein, ein Zufall ist es nicht, daß man hierzulande beim Pandemieverdacht schnell die Kirchen schloss und den Sakramentenbetrieb einstellte, wie das selbst zu Zeiten der großen Pest undenkbar gewesen wäre. Auch damals wurden ganze Stadtviertel eingemauert, um die Seuche zu stoppen – aber keine Mauer konnte die barmherzigen Schwestern und mutigen Priester abhalten, Brot zu bringen und Sakramente zu spenden. Oder wie Damian de Veuster gleich ganz auf die andere Seite überzuwechseln.

Unter diesen Umständen hat es schon mehr als ein Gschmäckle, einen kräftigen Haut Gout, daß die Römische Verwaltung der Heiligen-Angelegenheiten es sich 2023 anmaßte, die koptischen Märtyrer auch ihrerseits zu Heiligen zu erklären und ins Martyrologium Romanum (!) aufzunehmen, gerade so, als ob es dazu eines römischen Siegels bedürfe. Denn im eigenen (europäischen) Bereich hat man aus den letzten Jahrhunderten wenig Vergleich­bares vorzuweisen – außer stetig fließenden Dauer­dialogen mit Gott, der Welt und dem Teufel höchstpersönlich auch. Daß die starren, indietristischen und hypertraditiona­listi­schen Kopten sich aus diesem „Außer-Spesen-Nichts-Gewesen-Betrieb“ zurückziehen, hat seine Logik.

Die mit Fiducia Supplicans signalisierte Aufweichung auch der letzten festen Grundsätze des göttlichen und natürlichen Rechts wird nicht dazu beitragen, dem Christentum in Europa neue Standfestigkeit und Beständigkeit zu verleihen. Man muß eine Besserung ja nicht gleich an steigenden Märtyrerzahlen festmachen wollen – obwohl die Tendenz der entchristlichten Umwelt, dem verbleibenden „kleinen Rest“ zumindest ein „weißes Martyrium“ abzuverlangen, schwerlich zu übersehen ist. Aber ein kleines Bißchen mehr Standfestigkeit wäre nicht nur schönes Beiwerk – es wäre auch unentbehrliche Stütze für den Weiterbestand des Christentums in Europa überhaupt.

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