Die Regular-Kanoniker von John Cantius und die Hoffnung auf eine „Reform der Reform“
05. Februar 2025

Vorher — nachher. Aus dem im Text verlinkten Video
Die Regular-Kanoniker des hl. Johannes Cantius sind eine in den USA tätige Gemeinschaft von derzeit knapp 30 Mitgliedern, deren hauptsächliches Ziel und Charisma darin besteht, die Feier der Liturgie insbesondere in der Pfarrseelsorge zu „resakralisieren“. Dabei feiern sie die Messe sowohl im überlieferten als auch im reformierten römischen Ritus, jeweils betont rubrikengetreu und – auch im Novus Ordo – in einem sichtbar der Tradition verpflichteten Stil. Amerikanische Bischöfe haben ihnen die Seelsorge in insgesamt drei Pfarreien übertragen. Darüber hinaus tragen sie weitere Projekte (einen Verlag, eine Anbetungsgemeinschaft, Jugendaktivitäten usw.), die in Übereinstimmung mit ihrem Arbeitsgebiet stehen. Die bekannteste von ihnen betreute Gemeinde ist die St. John-Cantius-Pfarrei in Chicago, die in den USA lange als Vorzeigeprojekt für die sogenannte „Reform der Reform“ galt.
Seit Beginn des Pontifikats von Franziskus mußten die Kanoniker – die sich darüber nicht öffentlich beschweren – mehrere Rückschläge hinnehmen. Das von vielen der Tradition zugeneigten Katholiken unter Papst Benedikt mit großen Hoffnungen begleitete Vorhaben einer „Reform der Reform“ gilt heute allgemein als tot. Nicht „Sakralisierung“, sondern „Säkularisierung“ ist das erklärte Ziel der römischen Machthaber. Mit Traditionis Custodes, das praktisch eine Unvereinbarkeitserklärung von überlieferter und modernisierter Liturgie enthält, ist diesem Vorhaben nicht nur (bis auf weiteres) jede Perspektive entzogen – auch die Verwendung der überlieferten Liturgie in der Pfarrseelsorge überhaupt ist spürbar eingeschränkt. Der Gemeinschaft der Kanoniker in Chicago wurde vom Ortsordinarius Kardinal Cupich gezwungen, in jedem Monat an einem Sonntag ausschließlich Messen in der modernisierten Liturgie zu zelebrieren; auch für Feiertage ist der alte Ritus ausgeschlossen. Weitere Verschärfungen sind nach geltender Rechtslage jederzeit möglich.
Bis jetzt haben die Kanoniker sich von dieser Entwicklung nicht entmutigen lassen, und sie nutzen den ihnen verbliebenen Spielraum weiterhin im Sinne ihres Vorhabens einer Resakralisierung. In diesem Zusammenhang ist vor einigen Monaten ein sehr interessantes Video entstanden, das wie auf einem geteilten Bildschirm die so weit wie möglich parallelisierte Abläufe eines Hochamts in beiden Formen des römischen Ritus nebeneinanderstellt. Dabei fallen zwei widersprüchliche Befunde ins Auge: Einerseits macht es erwartungsgemäß keine Schwierigkeiten, den Novus Ordo in den äußeren Formen, in der Körpersprache und mit den Gesten aus der überlieferten Liturgie zu zelebrieren – zumal der mit einer großartigen Retabel versehene Altar von St. John Cantius nur die Zelebration „ad Dominum“ zuläßt. Einen „Volksaltar“ gibt es nicht.
Auf der anderen Seite fallen relativ viele Stellen ins Auge, an denen auf der NO-Seite der Zelebration schlichtweg nichts passiert. Die Lücken zeigen, wie viel und wie eingreifend hier gekürzt worden ist. Und außerdem ist kaum zu übersehen, daß nicht nur die Zelebrationsrichtung, sondern auch die anderen äußeren Kennzeichen der Messfeier dem von der neuen Liturgie gewollten und von den meisten Zelebranten auch mit Nachdruck vorgeführten „Gemeinschaftscharakter“ der neuen Messe keinen ins Auge fallenden Ausdruck erlauben: So, wie der Novus Ordo hier gefeiert wird, widerspricht er eindeutig den Intentionen der Liturgiereformer und der Päpste Paul VI. und Franziskus.
Insoweit kann der hier gezeigte Zusammenschnitt auch als weiterer Beleg dafür gelten, daß ein formaler Kompromiß auf der Ebene der äußerlichen Kennzeichen unmöglich, und eine allein darauf ausgerichtete „Reform der Reform“ tatsächlich unmöglich und mit Recht für tot erklärt worden ist. Der bis zum Gegensatz reichende Unterschied zwischen einer durch und durch von sakraler Ordnung getragenen Opferfeier auf der einen Seite und einer womöglich nach demokratischer Abstimmung „inklusiv für alle und geschlechtergerecht gestaltete“ Gemeindeversammlung auf der anderen Seite kann so vielleicht übertüncht, aber keinesfalls überbrückt werden.
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Einen weitaus weniger gnädig ausgefallenen, aber von der Sache her ebenso zutreffenden Video-Vergleich fanden wir nach Fertigstellung dieses Artikels ebenfalls auf Youtube. Dort haben die Videomacher ein Levitiertes Hochamt im Priesterseminar der Pius-Bruderschaft in Econe einer genaz normalen Sonntagsmesse in NewYork gegenübergestellt.
War es das, was Sacrosanctum Concilium wollte? Jedenfalls scheint es das zu sein, was das aktuelle Pontifikat und seine Liturgieadministration wollen.
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