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Athanasius der Große – Vorbild und Aufgabe für die Jahrhunderte

02. Mai 2025

3 - Tradition und Geschichte

Darstellung des Heiligen als Erzbischof im klassischen Ikonenstil

Athanasius von Alexandria

Nach altem wie neuem Kalender gedenkt die Kirche heute des hl. Athanasius von Alexandria, auch „Athanasius der Große“ benannt, der als standfe­ster Verteidiger der Rechtgläubigkeit gegen weltliche und kirchliche Häretiker unermüdlich sein ganzes Leben lang die Wahrheit des Evangeliums verkündete.

Unser traditionelles Martyrologium Romanum von 1922 widmet seinem Gedächtnis einen außerordentlich langen Beitrag:

Es begint ein Zitat

Zu Alexandria begehen wir den himmlischen Geburtstag (so bezeichnet das Martyrologium in der Regel die Todestage, bei Athanasius steht der heutige Gedenktag aller­dings für die Übertragung seiner Gebeine) des hl. Athanasius,. Er war ein Bischof, zu dessen Verfolgung sich einst der ganze Erdkreis verschworen hatte, und wird heute verehrt als Bekenner und Lehrer der unverfälschten Lehre der Kirche. Den er hat den katholischen Glauben in der Zeit der Kaiser Konstantin bis zu Valens gegenüber den Kaisern, Machthabern und unzäh­ligen arianischen Bischöfen machtvoll verteidigt und erfuhr von diesen vielerlei Verfolgung und wurde als Verbannter durch die ganze Welt gehetzt, so daß er sich nirgendwo vor ihnen verbergen konnte. Als er dann schließlich doch in seine Kirche zurückkehren konnte, führt er weiterhin mit großer Ausdauer zahllose Auseinandersetzungen und ging schließlich zur Zeit der Kaiser Valentian und Valens im 46. Jahr seines Priestertums zum Herrn.Ende des Zitats

Es folgt dann noch zum gleichen Tag eine lange Liste von weiteren Bischöfen und Kleri­kern, die für ihre Glaubenstreue das blutige Martyrium auf sich nahmen – den heutigen Marxens und Bätzingen, Höllerichen und Radcliffs muß es in den Ohren klingen.

Vor allem, falls sie in der Vorrede der Athanasius-Biographie des seinerzeit viel gelesenen und heute zu Unrecht vergessen katholischen Schriftstellers Johann Peter Silbert (geb. 1772 zu Kolmar, gest. 1844 in Wien) Sätze finden wie diesen:

Es begint ein Zitat

Kaum war, nach dreihundertjährigen, furchtbaren Verfolgungen und blutigen Martern, die Kirche Gottes zum Siege über ihre äußerlichen Feinde gelangt, als die besiegten Pforten der Hölle, alle ihre Arglist aufboten, ihr Todfeinde im Innern zu erwecken; um das Christentum bei seiner Wurzel anzugreifen und umso sicherer zu zerstören. Hierzu war kein Mittel geeigneter, als den Glau­ben an die Gottheit des himmlischen Stifters der Religion aus der Welt zu verbannen; denn fiel dieser Glaube, die Grundveste aller göttlichen Einrich­tungen, so zerfiel mit ihm zugleich das ganze Gebäude der Kirche. (…)

Aber derjenige, der seiner Kirche die Verheißung gegeben hatte, die Pforten der Hölle würden sie nicht überwältigen, verließ sie nicht in diesen schreck­lichen Stürmen. (…) Mitten unter der Wuth der Stürme stand Athanasius als eine unerschütterliche Säule der Kirche; wer seinen Namen nennt, nennt die Geschichte des Arianismus. Denn um ihn drehte sich die ganze Wuth dieser Ketzerei wie um einen Wendepunkt; ja stand er nicht an der Spitze des gei­stigen Heeres, das für die Kirche Gottes focht, so wäre, menschlicher Weise zu sprechen, der Arianismus unüberwindlich und unvertilgbar geworden, und das Heil des wahren Glaubens wäre vom Erdkreise verschwunden.Ende des Zitats

Nun, der seinerzeit von Athanasius errungene Sieg über die Irrlehren war entscheidend für ein ganzes Zeitalter der Kirche – doch auch in den späteren Jahrhunderten erhoben die alten Ungeister in vielerlei Verkleidung erneut ihr Haupt und fanden stets dienst­wil­liges Hilfspersonal innerhalb wie außerhalb der Kirche. Im Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts machte sich Preußen zum Vorkämpfer der politischen Kräfte, die die ka­tho­lische Kirche – der Protestantismus war schon von Anfang an zumeist Staatsreligion – unterwerfen wollten, und einen ersten Höhepunkt fanden die damaligen Auseinan­der­setzungen im Jahr 1837 mit der von der preußischen Regierung angeordneten Verhaf­tung des unbotmäßigen Kölner Erzbischofs Clemens August Droste von Vischering.

Während Clemens-August streng bewacht in Minden im Hausarrest saß, verfaßte der Publizist Joseph Görres eine Streitschrift, der er den Titel „Athanasius“ gab und die immer wieder Vergleiche zur aktuellen Situation im Rheinland mit der Zeit des großen Alexandriners zog. Das Buch wurde ein Bestseller und ist als eine Art Gründungsurkunde des politischen Katholizismus in Deutschland in die Kirchengeschichte eingegangen – eines politisch und gesellschaftlich aktiven Katholizismus, der auf festem Glauben und gesicherter Identität beruhte und nichts, aber auch gar nichts mit dem von nachäffender Bereitschaft zur Unterwerfung unter politische Modeströmungen geprägten Pseudo­katholizismus der Mehrheitsfraktion in der Deutschen Bischofskonferenz gemein hat.

Ganz von dieser Streitbarkeit Görres’ geprägt ist ein knapp hundertseitiges Taschenbuch, das der Regensburger Bischof Rudolf Graber 1971 anläßlich des 1600. Todestages von Athanasius verfaßt hat: „Athanasius und die Kirche unserer Zeit“.  Graber räumt hier fünf Jahre nach dem Ende des Konzils ein, daß es noch zu früh sei, ein endgültiges Urteil über die seitdem in der Kirche ausgebrochenen Auseinandersetzungen zu fällen, entwirft aber nach dem Studium einiger Dokumente der damals stärksten kirchenfeindlichen Kräfte – das waren vor allem die Freimaurer in den romanischen Ländern und die kom­mu­nistischen Parteien in ganz Europa – ein äußerst bedrückendes Bild. Aus einem Heft der Pariser Zeitschrift „L’Humanisme“ von 1968 zitiert er das folgende Zukunftssze­na­rio:

Es begint ein Zitat

Unter den Pfeilern, die am leichtesten einstürzen, vermerken wir die Lehr­gewalt, die Unfehlbarkeit, die man vom ersten Vatikanischen Konzil für fest begründet hielt und die soeben die Stürme der Verheirateten anläßlich des Erscheinens der Enzyklika „Humanae Vitae“ ertragen muß; die reale eucha­ristische Gegenwart, die die Kirche den mittelalterlichen Massen auf­erlegen konnte und mit dem Fortschreiten der Interkommunionen und Inter­zele­bra­tionen der katholischen Priester und der protestantischen Pastoren ver­schwin­den wird; der geheiligte Charakter des Priesters, der von der Einset­zung des Sakraments der Priesterweihe herrührt und der einer Einsetzung auf Zeit Platz machen wird; die Unterscheidung zwischen der weisunggebenden Kirche und dem schwarzen (niederen) Klerus wo von nun an die Bewegung von der Basis (!) aus nach oben erfolgt wie in jeder Demokratie; das allmäh­liche Verschwinden des ontologischen und metaphysischen Charakters der Sakramente und dann gleich der Tod der Beichte, nachdem in unserer Zeit die Sünde zu einem völlig anachronistischen Begriff geworden ist, den uns die strenge mittelalterliche Philosophie, dieses Erbstück des biblischen Pessi­mis­mus, vermacht hatte.Ende des Zitats

Spätestens nach dem Ende des Pontifikats von Franziskus ist kaum noch zu bestreiten, daß die damals von Kirchenfeinden entworfene Zukunftserwartung eine weitgehend korrekte Zustandsbeschreibung für die römische Kirche des Jahres 2025 abgibt – und daß dieses Szenario umzusetzen hauptsächlich dadurch möglich war, daß seine Propa­gandisten sich auf den „Geist des Konzils“ von 1965 beriefen. Im Ergebnis ist der Glaube an die seinerzeit von Arius bestrittene und von Athanasius verteidigte Gottheit Christi in weiten Bereichen der Kirche geschwunden – und alles, was darauf beruht, noch mehr.

Die Aufgabe, der Athanasius von Alexandria vor anderthalb Jahrtausenden seine Lebens­kraft aufgeopfert hat, fordert diese Anstrengung in jedem Jahrhundert aufs Neue.

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