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Die Pfingstquatember und
das Geheimnis der Dreifaltigkeit

13. Juni 2025

1 - Liturgie

Das Mosaik aus der Kirche San Vitale in Ravenna zeigt die Bewirtung des in Gestalt von drei Männern dargestellten Herrn im Hain von Mamre.

„Der Herr“ in dreifacher Gestalt

Mittwoch, Freitag und Samstag dieser Woche sind die Tage der Pfingstqua­tember – der einzigen Quatember in der Oktav eines hohen Festes. Die­ser Umstand prägt die Liturgie dieser Tage auf beson­dere Wei­se. Die Tagesgebete machen wie an den anderen Wochentagen der Oktav ausdrücklich den Heili­gen Geist zu ihrem Thema, und die Schriftle­sun­gen – zwei am Mittwoch, eine am Freitag und gleich fünf am Samstag – schlagen zunächst eine Brücke zurück von den Berichten über die Aus­gießung des Geistes an die Jünger im Obergemach von Jerusalem zu den alttestament­lichen Prophetien über den Gottesgeist bei Joel. Von dort springen sie anscheinend unvermittelt zu Lesungen aus den Büchern Moses, die die traditionell am Quatember­samstag gespendeten niederen und höheren Weihen der Kleriker begleiten.

Die bei näherer Betrachtung sichtbar werdende Verbindung zum Heiligen Geist läuft über gleich zwei Stränge: Zum einen ist die Spendung der Sakramentalien und des Sakramentes der Weihe vorrangig eine Aktivität des Geistes. Zum zweiten enthalten die Prophetien Joels neben den Hinweisen auf die spirituellen Wirkungen des Geistes auch Aussagen zu dessen Rolle als dauernder Erhalter und Befruchter der Schöpfung – und genau da setzen die Lesungen aus Moses ein. Sie handeln von den Gott geweihten Erst­lingen aller Schöpfung und verweisen damit zunächst auf die im Tempel dargebrachten Opfergaben aus der neuen Ernte. Die Quatembertage folgen ursprünglich dem Gang der Jahreszeiten und der Landwirtschaft, die freilich im Mittelmeerraum einen anderen Rhytmus haben als im kühlen Nordeuropa. Weiterhin verweisen diese Lesungen auch die Priesterschaft „nach der Ordnung des Melchisedech“ selbst, die diese Gaben entgegen nimmt und auf dem Altar des Alten und später des Neuen Bundes darbringt. Auch sie sind in persona Christi „Erstlinge der Schöpfung“.

Das deutet auf eine weitere bedeutsame Linie der Kontinuität zwischen dem Alten und dem Neuen Bund. Die westlichen Christen neigen dazu, die Hochheilige Dreifaltigkeit als eine Art „exklusive Errungenschaft“ der christlichen Offenbarung zu begreifen, die einen tiefen Einschnitt gegenüber dem Gottesglauben des alten Testaments markiert. Das ist nur sehr begrenzt richtig. Der „Geist Gottes“ war auch den Juden des alten Bundes eine vertraute Gestalt, wie nicht nur aus dem Buch Joel und den Weisheitsbüchern zu ent­neh­men ist. Auch im Neuen Testament, dessen Personal schließlich nur aus „alttestamentlich geprägten“ Juden besteht, sind weder Maria noch Joseph ungläubig überrascht, wenn ihnen die Menschwerdung des Erlösers als „Werk des heiligen Geistes“ angekündigt wird: Der war ihnen kein Unbekannter. Ebensowenig überrascht sind die Jünger, als Jesus ihnen vor seiner Himmelfahrt die Sendung des Tröstergeistes verspricht.

Das Alte Testament kennt zwar nur den Einen Gott, hat aber bereits eine in vielen Schriftstellen zum Ausdruck kommende Ahnung von dessen Mehrgestaltigkeit. Dieser noch nicht zum Dogma verfestigte Glaube unterscheidet sich einerseits noch deutlich vom Trinitätsglauben des Einen Gottes in drei Personen, spricht aber ahnungsvoll immer wieder von dem einen ewigen Gott in dem Plural „elohim“, der bei weitem mehr ist als ein pluralis majestatis. Drei Männer sieht Abraham an seinem Tisch unter dem There­bintenbaum, und er spricht sie an als Einen: „Mein Herr, wenn ich Gnade in Deinen Augen gefunden habe, geh doch nicht an Deinem Knecht vorüber!" (Genesis 18)

Die Quatembertage in der Pfingstoktav gehören zu den verhältnismäßig wenigen Anläs­sen, zu denen die Verbindungslinien zwischen dem Glauben des alten und des neuen Testament einen liturgischen Widerhall finden. Umso bedauerlicher, daß die Quatember­tage weitgehend vergessen und die Pfingstoktav von größenwahnsinnigen „Reformern“ gleich ganz abgeschafft worden ist.

Der „Dreifaltigkeitssonntag“, der auf die Pfingstquatember folgt, wird als besonderes Fest erst seit dem hohen Mittelalter gefeiert und verzichtet in seinem Messproprium auf jeden Rückgriff auf das Alte Testament – außer beim Offertorium, das in einer extrem trinitarischen Formulierung daherkommt: „Gepriesen sei Gott Vater und Gottes eingebo­rener Sohn wie auch der Heilige Geist, weil sie an uns Barmherzigkeit getan.“ Der hier im Schott (1953) angegebene Quellenverweis auf Tobit 12, 6 ist zumindest nach der Vulgata Clementina nicht nachvollziehbar und geht vermutlich auf eine Version der Septuaginta bzw. eine von deren frühen lateinischen Übersetzungen zurück, die gelegentlich stark mit christlichen Einsprengseln durchsetzt sind.

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