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50 Tage Leo XIV — eine sehr frühe und hoffentlich fortschreibbare Zwischenbilanz

28. Juni 2025

6 - Kirchenkrise

Der Papst sitz in der weißen Soutane auf einem „Lehrstuhl“ und hält eine Ansprache

Papst Leo in Wahrnehmung des ordentlichen Lehramts

Vor 50 Tagen wurde Robert Prevost zum Papst gewählt – und an jedem der seit­dem vergangenen Tage ist deutlicher geworden, wie sehr sich Amts- und Glaubensver­ständ­nis Leos XIV. von dem seines Vorgängers unterscheiden. Nicht durch Abgrenzung in de­mon­strativen Worten. Da ist Papst Leo peinlich darum bemüht, Kontinuität oder zumindest Har­monie zu demonstrieren, wo immer das möglich ist. Der eine Papst, der sich bei jeder Gelegenheit von dem abgrenzte, was vorher war, ist ihm offenbar genug. Aber in Liturgie und öffent­lichem Auftreten greift er ganz selbstverständlich auf Formen zurück, die unter Katholi­ken als „herkömmlich“ empfunden werden – obwohl manches davon nicht älter ist als die Neuerungen Pauls VI. In den Inhalten zeigt er sich kaum weniger entschieden als Papst Benedikt – auf das Problem einiger Bischofsernennungen kommen wir zum Abschluß noch einmal zurück.

Nachdem Leo bereits am 31 Mai die Weihe von 12 Priestern für seine gerade erst über­nommene römische Diözese vorgenommen hatte, hat er gestern zum Fest des Heiligsten Herzens Jesu erneut 32 Priester aus aller Welt geweiht. Die letzte Priesterweihe durch Papst Franziskus hatte übrigens übrigens am 25. April 2021 stattgefunden – man muß eben Prioritäten setzen.

Den Priestern und dem Priestertum allgemein gilt offenbar Papst Leos besondere Auf­merk­samkeit. In seinen Predigten nicht nur zu den Weihen und anderen Ansprachen spricht er weniger von der längst zur inhaltsarmen Formel gewordenen „Neuevangeli­sierung“, sondern stellt Christus, das Fleisch gewordene Wort selbst, in den Mittelpunkt. Ihn als Alter Christus zu verkörpern und als Person und in seiner Lehre zu den Men­schen zu bringen, ist die höchste Aufgabe aller Priester. Ein Beispiel für diesen Geist bietet seine Ansprache zum Treffen mit den Priestern von Rom am 12. Juni (Bericht , Wortlaut der Ansprache)

Hierzulande fast unbeachtet geblieben ist eine Grußadresse ) Leos an die französische Bischofskonferenz aus Anlaß des hundertsten Jahrestages der Heiligsprechung des Pfarrers von Ars und der hl. Thérèse vom Jesuskind am 31. Mai. In diesem Schreiben stellt er den hl. Johannes Vianney in mehrfacher Hinsicht als Musterbild eines frommen Priesters heraus – zweifellos in dem Wissen, daß der Versuch von Papst Benedikt, diesen so ganz und gar nicht den Idealen der heutigen Welt entsprechenden Heiligen nicht nur zum Schutzherrn des Priesterjahres 2009, sondern auch zum Patron der Priesterschaft insgesamt zu erheben, am hinhaltenden Widerstand der Konzilsgeister in der Kurie gescheitert war.

Und gerade dieser Tage hat Leo in einer Ansprache vor italienischen Seminaristen die Verpflichtung zur priesterlichen Ehelosigkeit bekräftigt, die von Franziskus zwar nicht direkt angegriffen, aber doch in einer Weise als „zur Zeit geltende Vorschrift“ relativiert worden war, daß diejenigen, die das wollten, daraus Pläne zur Abschaffung des Zölibats ableiten konnten.

Ähnliche stillschweigende Korrekturen zeichnen sich auch hinsichtlich anderer Problem­felder ab. Franziskus hat in Amoris Laetitia die Ehe mehrfach als ein „Ideal“ bezeichnet, dem nachzustreben sei – mit dem mehr oder weniger deutlichen Nachsatz, doch leider, leider sei die Welt nicht so. Leo hat demgegenüber in seiner Predigt vom 1. Juni zur „Heiligjahrfeier der Familien, Kinder, Großeltern und Alten“ ganz klar gesagt: „Die Ehe ist kein Ideal, sondern der Maßstab für die wahre Liebe zwischen Mann und Frau: einer Liebe, die ungeteilt, treu und fruchtbar ist“. Der italienische Originaltext hat hier da, wo im Deutschen „Maßstab“ steht, das Wort „canon“ – und das bedeutet nun eher „Gesetz“ oder zumindest „Maßgabe“ als Maßstab und läßt wenig Raum für subjektive Beurteilung. Den Widerspruch zu „Amoris Laetita“ läßt Leo hierbei unerwähnt. Statt dessen bezieht er sich als Quelle auf Humanae Vitae 9 von Paul VI – ein Dokument, mit dessen Zitie­rung man sich in Welt und Kirche von heute bekanntlich wenig Freunde erwirbt.

Zum Abschluß noch kurz die versprochene Anmerkung zum leidigen Problem der Bischofsernennungen. Wir haben hier bereits mehrfach darauf hingewiesenen, daß einige durchaus unerfreuliche Ernennungen Bischöfe betreffen, deren Ernennungspro­zess schon weitgehend abgeschlossen oder von Franziskus vor seinem Tode noch selbst angeordnet worden war, so daß es unklug erscheinen konnte, hier noch einmal „zurück auf Los“ zu gehen. Rorate Caeli hat nun einen Beitrag von Serre Verweij veröffentlicht, in dem der Autor eine Anzahl dieser problematischen Ernennungen näher beleuchtet und im WEsentlichen unsere Vermutung bestätigt, der Papst habe sich hier entschlossen, ein kleiners Übel in Kauf zu nehmen, um größere Verwicklungen zu vermeiden. Zur Ernennung einer weiteren Ordensfrau als Sekretärin für die „Präfektin“ Brambilla im Ordensdikasterium macht Verweij auf den bisher vernachlässigten Aspekt aufmerksam, daß es noch problematischer gewesen wäre, hier einen Bischof mit der durch die Weihe verliehenen Leitungsgewalt als „Untergebenen“ einer nicht-geweihten Person einzu­setzen.

Die Überwindung der in Mittelalter und früher Neuzeit tolerierten Praxis, geistliche Leitungspositionen mit Personen ohne Weihegewalt zu besetzen, war eine der wenigen sinnvollen Reformschritte des zweiten Vatikanums. So können wir nur hoffen, daß Papst Leo einen Weg findet, dieses ihm von Franziskus hinterlassene Problem zu lösen.

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