Ein neuer Stützpunkt für die Benediktiner von Le Barroux
17. Oktober 2025
Bellefontaine: Viel Raum für Arbeit und Wachstum
Eine der bemerkenswertesten Früchte des 2. Vatikanischen Konzils besteht im fast völligen Zusammenbruch des Ordenslebens und der klösterlichen Gemeinschaften in Europa. Besonders betroffen sind die kontemplativen Gemeinschaften, die früher in vielen Diözesen als „Kraftwerke der Spiritualität“ hoch geschätzt waren und heute oft als überflüssig betrachtet werden. In Deutschland konnten die kontemplativen Frauenorden seit zwei Jahrzehnten keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen und bereiten sich aufs Aussterben vor. Die Männer sieht da schon einen Schritt weiter: Als letztes Trappistenkloster in Deutschland wurde Mariawald bereits 2018 geschlossen; in Österreich musste die letzte Niederlassung (Stift Engelszell) zum Jahresende 2024 aufgeben. In Frankreich, dem Mutterland der Trappisten und Kartäuser, gibt es noch einige Restbestände – aber auch die bereiten sich aus Mangel an Neueintritten auf das nahende Ende vor.
Eines dieser Klöster, die als Standort benediktinischen Lebens bis ins 12. Jahrhundert zurückreichende Trappistenabtei von Bellefontaine, stand ebenfalls seit Jahren vor der Aufgabe, sich abzuwickeln: Das Durchschnittsalter des guten Dutzends der verbliebenen Mönche liegt heute bei 80 Jahren. Doch jetzt ist das Kloster gerettet: Es wird mit Anfang des kommenden Jahres und anscheinend mit freundlicher Unterstützung durch durch die Diözese Anjou von den Benediktinern der altrituellen Abtei Le Barroux übernommen. Le Barroux ist mit gegenwärtig über 60 Mönchen stark genug, um als dritte Ausgründung nun auch Bellefontaine nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch in einen „neuen Frühling“ zu führen. Von den bisherigen Bewohnern des Klosters werden sieben direkt in ein Altersheim der Schwestern der Kongregation der Heiligen Maria von Torfou übersiedeln, drei haben sich bereits anderen Gemeinschaften angeschlossen, drei weitere sind noch unentschlossen. Vielleicht wollen sie ja in Bellefontaine bleiben.
In der Geschichte des Klosters von Bellefontaine spiegelt sich der Lebens- und Leidens-Weg der katholischen Kirche Frankreichs wider. Keimzelle des Klosters war eine kurz nach der ersten Jahrtausendwende gegründete Einsiedelei, die sich schnell zu einem Kloster nach der Regel des hl. Benedikt entwickelte und im 12. Jahrhundert zur Abtei erhoben wurde. Im 16. Jahrhundert schloß sich die Abtei der kurz zuvor entstandenen benediktinischen Reformgemeinschaft der Feuillanten, die trotz oder wohl eher wegen ihrer extrem asketischen Lebensweise in den folgenden Jahrhunderten zu einem starken Orden anwuchsen – wobei es Anzeichen dafür gibt, daß auch sie bald wieder verweltlichten und sich zu einem der vielen kirchlichen Kombattanten an den Machtspielen des Königshofes entwickelten. Alle ihrer 24 Klöster, darunter auch Bellefontaine, wurden in der französischen Revolution aufgehoben und weitgehend zerstört.
Wenige Jahre nach dem Ende von Revolution und napoleonischer Herrschaft erwarb 1816 der Zisterzienser Urbain Guillet, der eine Zeitlang in Amerika gelebt und dort offenbar reichlich Spendengelder eingesammelt hatte, die Liegenschaften und dort noch vorhandene Baulichkeiten und begann mit der Errichtung der heute bestehenden Anlage, die bereits Mitte des Jahrhunderts über 120 Mönche beherbergte. Nach dem zweiten Weltkrieg lebten in der Abtei noch 60 – 80 Mönche – und dann begann die Eiszeit. Sie geht hoffentlich jetzt zu Ende.
Hoffen wir darauf – und beten wir dafür – daß die Übernahme der Liegenschaften durch die Benediktiner von Barroux dem klösterlichen Leben in Bellefontaine einen neuen Aufschwung ermöglicht. Die Tradition braucht solche wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehende Stützpunkte, um den gleichzeitig von weltlicher Seite wie aus einer selbstsäkularisierten Kirche vorgetragenen Angriffen zu widerstehen. Der hl. Benedikt bietet dafür ein Vorbild, dem nachzueifern jede Anstrengung wert ist.
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