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Der Kampf gegen die Tradition beginnt die Einheit der Kirche zu zerreißen

18. Oktober 2025

6 - Kirchenkrise

Die Kapelle des Stützpunktes der FSSR in Christchurch, Neuseeland und das daneben teilweise sichtbare Wohnhaus sind als Blockhäuser ausgeführt. Vor der Kapelle warten einige Brüder auf den Einzug zum Gebet.

Kapelle der FSSR in Christchurch

In der heute zu Ende gehenden Woche sind zwei Schreiben veröffentlicht worden, die doku­mentieren, wie sehr bis zum Zerreißen gespannt die Fäden sind, die die Einheit der Kirche not­dürftig zusammenhalten. Am 15. hat Bischof Strickland aus Anlaß der von Papst Leo vollzo­genen Berufung von Kardinal Cupich in ein zumindest prestigeträchtiges vatikanisches Amt an seine Amtsbrüder im Episkopat appel­liert, aus ihrer Folgsamkeit, Entmutigung und Lethargie aufzuwachen und den Verderbern von Tradition und Glaube in den Arm zu fallen:

Es begint ein Zitat

Ich flehe meine Mitbrüder im Bischofsamt an: Jetzt ist nicht die Zeit zum Flüstern. Die Schafe sind zerstreut. Die Wölfe tragen Mitren. Schweigen heißt, an der Sünde teilzuhaben. Der Ruf zur Einheit kann nicht Einheit im Irrtum bedeuten. Er muss Einheit im durchbohrten Herzen des Erlösers bedeuten.

Den Gläubigen sage ich: Verliert nicht den Mut. Verlasst die Kirche nicht, denn sie ist noch immer die Braut Christi, auch wenn sie blutet. Bleibt standhaft. Betet und leistet Wiedergutmachung. Betet den eucharistischen Herrn mit größerer Liebe an als je zuvor. Lehrt eure Kinder den unverän­der­ten Glauben. Stellt euch mit Unserer Lieben Frau unter das Kreuz.

(Der offene Brief war ursprünglich auf Bischof Stricklands Website pillarsoffaith.net veröffentlicht - wo er am 18. 10 nicht mehr aufzufinden ist. Wir haben ihn aber recht­zeitig sichergestellt und für unsere kleine Dokumentation aufbewahrt.)

Einen Tag später veröffentlichten die Mitglieder der an Ritus und Lehre der Überliefe­rung festhaltenden Gemeinschaft der „Transalpinen Redemptoristen“ (offiziell: Sons of the Most Holy Redeemer, FSSR), einen offenen Brief, in dem sie dem Bischof von Christchurch auf Neuseeland, der eine kleiner Niederlassung ihrer Brüder unter faden­scheinigen Vorwänden geschlossen hatte (s. dazu hier), explizit den Gehorsam aufkün­di­gen. Was das konkret bedeutet, sagen sie noch nicht, aber dafür werden sie an anderer Stelle überaus deutlich: Sie appellieren an die Bischöfe des Weltepiskopats, vom Papst die Zurücknahme einer Reihe von Dokumenten zu verlangen, in denen sein Vorgänger kaum abzuleugnender Weise gegen die seit unvordenklichen Zeiten überlieferte und auch heute unverändert geltende Lehre der Kirche verstoßen oder diese in Zweifel gerückt hat.

Die Begründung ihres Vorstoßes läßt erkennen, wie sehr die zielbewußte Relativierung und Verdunkelung der kirchlichen Lehre nicht zuletzt durch die inhaltsschwache „Reformliturgie“ das Gewissen von Gläubigen belastet und sie dazu zwingt, die Treue zum Inhalt der Lehre über die ebenfalls in dieser Lehre begründete Pflicht zum Gehor­sam zu stellen:

Es begint ein Zitat

Durch jahrelange Prüfungen und Erfahrungen sind wir zu dem bedauerlichen Schluss gekommen, daß der traditionelle katholische Glaube, der Glaube aller Zeiten und der Heiligen, unvereinbar ist mit der neuen, modernen Kirche, der Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils. Sie können einfach nicht in einem Leib koexistieren. Da wir die traditionelle lateinische Messe zutiefst schätzen und ehren und die Heilige Messe der Jahrhunderte und der Heiligen nicht auf­geben können, will uns diese neue Kirche nicht. Aufgrund unserer Treue wurden wir als stur, schwierig und rebellisch angesehen; in nie endender Bit­ter­keit wurden wir hereingelegt und belogen.

Dieser Brief wendet sich an alle, die spüren, daß in der Kirche etwas grund­le­gend falsch läuft, oder die glauben, daß die neue Kirche und der unveränder­li­che Glaube friedlich koexistieren können. Ach! Erlauben Sie uns, die traurige Wahrheit auszusprechen, daß unsere Erfahrung eindeutig zeigt, daß dies un­mög­lich ist. Diese neue Kirche würde sicherlich alle heiligen Päpste schockie­ren, die immer wieder erklärten, daß religiöser Indifferentismus ein großes Übel sei und absolut unvereinbar mit dem katholischen Glauben.

Der „offene Brief“ ist von 27 Mitgliedern der Gemeinschaft unterzeichnet – soweit wir sehen, sind das alle. Viele sind 27 immer noch nicht – aber sie setzen ein bedeutungs­vol­les Signal. Bischof Strickland, der bereits von Franziskus aus dem Amt entfernt wurde, ist zwar nur einer – aber wir halten es für denkbar, daß er weitere Mitunterzeichner findet. Irgendwann verblaßt die Hoffnung, durch Verbleiben im Amt immer noch Gutes bewir­ken zu könne. Und die Erkenntnis nimmt zu, daß dieses System von Täuschung und Verwirrung nur dadurch bestehen kann, daß es den Gehorsam, den der Herr seinen Gläubigen auferlegt hat, zur Waffe gegen diejenigen macht, die den Auftrag Christi und die Grundsätze seiner Lehrer verteidigen. Für die anderen, die diesen Auftrag verleugnen und diese Lehre untergraben, gefällt es sich dagegen in Verständnis und endloser Geduld und läßt immer offener Sympathie und Förderung erkennen.

Die Zahl derer, die solche Aktionen starten oder sich ihnen anschließen, ist zunächst von geringerer Bedeutung. Die Kirche, die wahre Kirche, hat das große Vorbild des hl. Atha­na­sius, der in der arianischen Krise des vierten Jahrhunderts zeitweise fast als einziger gegen die rationalistischen Irrlehren des Arius ankämpfte. Fünf mal wurde er von seinen Gegnern in die Verbannung gezwungen – insgesamt 17 Jahre seines Lebens mußte er als von Kaiserhof und Papst Verfemter außerhalb seines Bischofssitzes verbringen. Teils unter durchaus erträglichen Bedingungen und mit der Gelegenheit, Verbündete für seine Position zu gewinnen – teils aber auch in der Einsamkeit von Einsiedeleien in der ägyp­ischen Wüste. Trotzdem ließ er sich nicht abschrecken, und schließlich gelang es ihm, die damaligen „Synodalen Prozesse“ zur Rückkehr zu den auf dem Konzil von Nikäa feierlich bekräftigten und dogmatisierten Lehren zu bewegen. Zumindest zeitweilig, dann man darf nicht verschweigen, daß diese von der Kirche für wahr befundene Lehren immer wie­der von Neo-Arianern und Pelagianern in Frage gestellt und attackiert wurden.

Das gilt auch und gerade in der nachkonziliaren Gegenwart, die sich einseitig der Propa­gierung von Jesus als „Freund und Bruder aller Menschen“ widmet, die Geheimnisse des Gottmenschen und Erlösers Christus kleinredet und immer öfter so tut, als ob man auch ohne ihn auskommen könne - selbst bei der Feier des hl. Messopfers, die neuerdings gerne durch sog. „Wort-Gottes-Feiern“ ersetzt werden.

Die Liturgiereform hat diese Tendenzen aufgegriffen und zur Norm erhoben – und des­halb treffen sich heute viele Verteidiger der überlieferten Liturgie mit denen, die an der überlieferten Dogmatik festhalten wollen, in der Abwehr gegenüber den in die höchsten Positionen der Kirche eingedrungenen Rationalisten und Modernisten. Zumal sich immer stärker der Verdacht aufdrängt, daß die in den letzten Monaten zunehmenden Angriffe gegen traditionstreue Gemeinden nicht zufällig sind, sondern einem Plan folgen. Nicht nur die Transalpinen Redemptoristen stehen unter Druck. Auch der in Frankreich mehrere Schulen betreibende Orden der Dominikanerinnen vom Heiligen Geist wurde bereits unter Franziskus visitiert und schikaniert. Im Juni erhielten sie dann eine Anordnung des Liturgiedikasteriums, ab dem kommenden Jahr zum Kalender und zur „Lateinischen Messe“ nach dem Novus Ordo zu „transitieren,“ wenn auch zumindest vorläufig noch „ad Orientem“ und „mit smells and bells“ – gerade so wie später dann in Knoxville. Eine ähnliche Entwicklung zeichnete sich ebenfalls bereits im Juni für die traditionell „birituelle“ Communauté St. Martin ab – wie haben über all das bereits Ende August berichtet. Inzwischen ist dann die immer größeres Ausmaß annehmende Re­pres­sion in den USA dazu gekommen.

Als Absender der römischen Interventionen tritt stets das Liturgiedikasterium unter Kardinal Roche in Erscheinung. Konnte man in den Wochen unmittelbar noch dem Tod von Franziskus noch spekulieren, daß Roche als erklärter Feind der überlieferten Li­tur­gie den Wechsel auf dem Stuhl Petri eigenmächtig nutze, um sein Lieblingsprojekt voranzutreiben, fällt das mit jeder Woche schwerer: Es wird immer unwahrscheinlicher, daß der auch für seinen Opportunismus bekannte Roche hier eben nicht eigenmächtig agiert, sondern sich zumindest der Duldung, wenn nicht sogar der Unterstützung und des Auftrags von Papst Leo versichert hat.

Peter Kwasniewski schreibt dazu in seinem überaus lesenswerten aktuellen Wochenbericht:

Es begint ein Zitat

Leo schweigt zu alledem. Er scheint nichts zu tun. Er ist freundlich zu jedem, heißt jeden willkommen. Alle, die ihn treffen, sagen: „Er wird gut zu uns sein.“ An dieser Stelle kann man wohl sagen: Entweder ist Leo schwach, unzuläng­lich, ängstlich, ineffektiv, unsicher, unfähig oder unwillig, solchen Bischöfen die Zügel anzulegen, vielleicht aufgrund eines falschen Verständnisses von Synodalität – oder er stimmt persönlich dem bergogolianischen Plan der Abschaffung (der überlieferten Liturgie) durch den „Übergangs zur ein­heit­li­chen Form“ auf Ebene der Diözesen zu, will das aber nicht offen zur Schau tragen und Untergebene die Drecksarbeit machen lassen – ähnlich wie der Bischof von Knoxville den Rektor dazu zwang.“

Wir werden wohl nicht lange warten müssen, um mehr Klarheit zu gewinnen. Sollte der von Kwasniewski beschriebene Kurs der „Abschaffung über die Diözesanebene“ wirklich der offiziellen Linie entsprechen, wird das früher oder später auch Auswirkungen auf die Tätigkeit der ehemaligen Ecclesia-Dei-Gemeinschaften haben, denen der zu wenig syste­matischem und eher impulsivem Handeln neigende Franziskus ja eine Dispens oder zumindest Schonfrist von den Auswirkungen von Traditionis Custodes eingeräumt hatte. Auf die Dauer sind die damit geschaffenen „altrituellen Inseln“ in einer konsequent auf Überwindung aller „vorkonziliaren“ Restbestände in Lehre und Liturgie ausgerichteten Kirche nicht haltbar – das sehen die Transalpinen Redemptoristen, die jetzt diesem System den Gehorsam aufgekündigt haben, ganz zutreffend.

Wie es scheint, hat nur ein gnädiger Tod Papst Franziskus davor bewahrt, tatsächlich - wie er es selbst vermutet hatte - der Papst zu werden, der die Kirche gespalten hat. Und so hat er die bereits in einem seiner ersten Amtsjahre vorausgeahnte Gefahr seinem Nachfolger mit in die Erbschaft gegeben - und der ist mit seinen 70 Jahren jung genug, um die Vorausschau wahr werden zu lassen. Der Optimismus der Glaubenstreuen, der nach Leos ersten Auftritten weltweit aufkeimte, ist nach noch nicht einmal einem halben Jahr seines Pontifikats fast überall verflogen - ganz besonders in seinem Heimatland USA, wo konservative - und das heißt nicht unbedingt "altrituelle" Katholiken und Kleri­ker immer noch einen bedeutenden Anteil in der Kirche ausmachen. Wir wissen nicht, ob Leo von seinen Wählern eine Art "Pflichtenheft" mitgegeben wurde, wie das bei seinem Vorgänger Franziskus gemutmaßt worden ist. Aber wenn es einen solchen Katalog von Aufträgen gegeben haben sollte, steht wohl die Fortsetzung des von Franziskus mit TC eingeleiteten Versuchs zur Verdrängung der überlieferten Liturgie aus dem öffentlichen Gottesdienst der Kirche an vorderer Stelle.

Hier können Sie die Übersetzung downloaden, die wir mit Google-Translate vorgenommen und stellenweise korrigiert haben.

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