„Wer die Macht hat, braucht sich nicht darum zu bemühen, etwas zu lernen.“
24. Oktober 2025
Bugnini bei der „Missa normativa“ am 24. 10. 1967
Heute vor 58 Jahren, am 24. Oktober 1967, präsentierte Erzbischof Bugnini dem Papst, den Häuptern der Kurie und den zur Bischofssynode in Rom versammelten Pälaten das Ergebnis seiner Bemühungen zur Reform der Liturgie: die sog. Missa normativa. Die Zelebration sollte einen Eindruck davon vermitteln, wie künftig ein Sonntagsgottesdienst in einer normalen Gemeinde aussehen könne. Sie erfolgte weitgehend in italienischer Sprache; neben dem Zelebranten waren eine kleine Schola, ein Lektor, ein Kantor und zwei Ministranten beteiligt.
Im großen Ganzen entsprach die Zelebration in der sixtinischen Kapelle bereits dem zwei Jahre später festgeschriebenen Endstand des Novus Ordo. Bugnini gibt in seiner Biographie keine Auskunft darüber, ob die Zelebration „ad dominum“ oder „ad populum“ erfolgte. Das Bild legt nahe, daß bereits hier die Zelebrationsrichtung „ad populum“ gewählt worden war.
Das Ergebnis der "Probe-Aufführung" war für die Reformatoren nicht besonders ermutigend: 71 Synodenväter stimmten positiv, 43 negativ, und 62 waren bereit, die Präsentation als Diskussionsgrundlage zu akzeptieren, wenn und soweit bestimmte teilweise sehr weitgehende Monita berücksichtig würden. Bugnini scheint von diesem mageren Ergebnis überrascht worden zu sein. In seiner Autobiografie äußert er sich enttäuscht und vermerkt ärgerlich, zu Anfang der Synode sei die Stimmung unter den Bischöfen seinen Vorhaben günstiger gewesen. Doch dann habe, gesteuert von konservativen Bedenkenträgern in der Kurie, ein Diskussionsprozess eingesetzt, der viele reformbereite Bischöfe zum Umdenken bewogen hätte.
Gestützt auf Papst Paul VI., der ihm zu diesem Zeitpunkt noch bedingungslos vertraute, ließ Bugnini sich von den ganz oder teilweise ablehnenden Voten nicht beeindrucken und setzte seine und des Consiliums Arbeit unverändert fort. Papst Paul griff zwar mehrfach und an durchaus wichtigen Stellen in den Fortgang der Arbeiten ein – so verhinderte er zum Beispiel die vorgesehene gänzliche Abschaffung des Römischen Canons – doch zu einem grundlegenden Umsteuern zumindest in Richtung Einhaltung einer traditionsnäheren Beachtung von Sacrosanctum Concilium fehlten ihm Wille und Kraft.
Seine Nachfolger ließen es bei bestenfalls halbherzigen Versuchen zu einer „Reform der Reform“ ebenfalls an Entschlossenheit fehlen – obwohl spätestens zur Zeit des Amtsantritts von Papst Benedikt bereits unübersehbar geworden war, daß die angeblich in Hinblick auf die Bedürfnisse des „Menschen der Gegenwart“ entsakralisierte und protestantisierte Liturgie keine der in sie gesetzten Erwartungen erfüllen Konnte. Seit Franziskus setzt Rom nun den von Bugnini vorgezeichneten Kurs der säkularistischen Modernisierung um jeden Preis mit verstärkter Kraft fort, ohne sich im geringsten davon beeindrucken zu lassen, daß in den Stammländern der Kirche die Zahl der Messbesucher und der Priesterberufungen im freien Fall ist. Getreu der von dem Soziologen Karl Deutsch formulierten Einsicht: Wer die Macht hat, braucht sich nicht darum zu bemühen, etwas zu lernen.
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