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Kardinal Burkes Pontifikalamt am Altar der Kathedra in Rom

27. Oktober 2025

6 - Kirchenkrise

Blick in den Altarraum mit vollständigem Altardienst. Gut zu erkennen der „Gestellaltar“ der 80er Jahre.

Pontifikalamt mit Kardinal Burke

Es war eine große Freude, Kardinal Burke am „Altar der Kathedra“ in der Peters­kirche mit prächtigen Gewändern und großem Gefolge die hl. Messe feiern zu sehen – und dazu all die Pracht der überlieferten Li­turgie, nicht seinetwegen, sondern zu Ehren des Erlösers, dessen Opfer hier gegenwärtig gemacht wird. (Quelle) Und es gibt auch Hoffnung: daß die au­then­tischen Li­tur­gie, die sich in der römi­schen Kirche unter Führung des Geistes seit über 15 Jahrhundert entwickelt hat, bald wieder aus ihrer Verbannung befreit werden könnte.

Übertreiben sollten wir es mit dieser Freude und dieser Hoffnung nicht. Schon der Blick auf den Altar, an dem die Messfeier stattfindet, bringt eine erste Ernüchterung: Das ist ja gar nicht jener Altar der Kathedra, den Lorenzo Bernini Mitte des 17. Jh. im Auftrag von Papst Alexander VII. geschaffen hatte. Der bzw. dessen Mensa war von den Bilder­stür­mern der 80er Jahre abgerissen worden, um Platz für die ihnen als Allerheiligstes gel­ten­de Zelebration ad Populum zu schaffen. Der damals etablierte Altartisch – wegen seiner modern-organischen Formen von respektlosen Römern auch als „Bügelbrett“ bezeichnet – war zwar in der Regierungszeit Benedikts durch einen mehr klassischen Vorbildern entsprechenden Altar ersetzt worden – doch auch dieser wurde unter Franziskus wieder entfernt und durch das aus der Requisite zurückgeholte Gestell der 80 Jahre ersetzt.

Weitere Ernüchterung bringt der Gedanke daran, daß gerade in diesen Wochen viele Katholiken in den USA die letzten Messen im überlieferten Ritus in ihren Pfarrkirchen feiern können, aus denen sie – auf Initiative Roms – jetzt unter Berufung auf den neuen Glaubenssatz von Franziskus vertrieben werden, daß die „alte Messe“ nicht mehr dem „neuen Glauben“ der nachkonziliaren Kirche entspreche. Aber im Petersdom, der eins als sinnbildliches Zentrum des Glaubens galt, darf sie stattfinden. Wie sollen die Gläubigen, wie soll die Kirche mit diesem Widerspruch leben?

Seit große Teile der Kirche nach dem Konzil eine bestimmte Art der Dialektik entdeckt habe, bereiten ihr logische Widersprüche kein größeres Kopfzerbrechen mehr – unter ihrem weiten und einladenden Dach ist Platz für (fast) alle, und so eben auch unter dem Dach des Petersdoms. Erst vor wenigen Wochen war eine Demonstrationsprozession der Schwulenbewegung unter dem Kreuz des Regenbogens ebendort eingezogen, um für die Normalisierung, ja kirchlich/göttliche Segnung dessen zu werben, was anderen in der glei­chen Kirche als zum Himmel schreiende Sünde gilt. Und eine eigene Messe mit einem eigenen Kardinal haben sie ja auch bekommen.

Schon unter Franziskus hatten am gleichen Ort – teilweise sogar unter Anwesenheit seiner Heiligkeit selbst – merkwürdige Riten stattgefunden, in deren Zentrum die dem für viele längst zur Religion gewordenen Umweltbewußtsein weit entgegen kommende Figur der Pachamama stand . Eine Figur, in der viele Beobachter mit guten Gründen eine in die ältesten Schichten des Heidentums zurückreichende Mutter-Erde-Göttin erkannten.

Und neuerdings gibt es in den heiligen Hallen der vatikanischen Bibliothek – bis jetzt noch nicht in der Peterskirche selbst – einen mit allem Erforderlichen ausgestatteten Gebetsraum, in dem glaubensstarke und Raum greifende Korangelehrte ihre täglichen Gebete verrichten können. Darunter auch solche, in denen sie rufen: „Alles Lob gebührt Allah, der keinen Sohn gezeugt hat und der keinen Teilhaber an der Herrschaft hat.“ (Sure 17:111) Hoffentlich rufen sie es zumindest vorläufig nicht so laut, daß es die über­tönt, die nebenan ihren Glauben bekennen: „An unseren Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit...gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“ Doch warum sollten sich moderne aufgeklärte Christen an so einem Widerspruch, an so einem Unterschied in der Perspektive, stören – sind wir doch alle Söhne von Vater Abraham, und in Nigeria brennen die von Allahs Jüngern an­ge­zündeten Kirchen samt den darin betenden Gläubigen ja nur deshalb, weil die Vieh­züchter sich mit den Ackerbauern um Land streiten – sagt der vatikanische Chef­di­plo­mat Parolin.

Wir sehen, die Kirche nach dem Konzil hat ein weitgespanntes Dach und hält Dinge aus, die die Märtyrer und Bekenner weniger aufgeklärter Zeiten schier um den Verstand gebracht hätten. Da verkraftet sie auch eine alte Messe mit Kardinal Burke am so nicht mehr bestehenden Altar der Kathedra - das Lehramt und noch mehr die Glaubenspraxis sind flexibel geworden. Zumal, was heute gilt, ja nicht unbedingt auch für morgen gelten muß. Änderungen, so erfahren wir es aus des Papstes langem Interview, am traditionellen Bestand werden vielleicht nicht morgen und wahrschenlich auch nicht übermorgen kommen - aber prinzipiel ausgeschlossen sind sie nicht, wenn wir das Interview von Papst Leo mit Crux richtig verstehen.

Gestern nun hat der Papst bei seiner Sonntagsmesse ein lange Ansprache zum Thema Synodalität gehalten, in der er einige Dinge, die wir bisher nicht so klar wahrgenommen haben, erstaunlich deutlich ausgesprochen hat. Dabei läßt er einen erstaunlich weit­ge­hen­en Begriff von Veränderung erkennen Referiert nach Vatican News:

Es begint ein Zitat

„Synodale Kirche zu sein bedeutet anzuerkennen, daß man die Wahrheit nicht besitzen kann, sondern gemeinsam suchen muss, indem man sich von einem ruhelosen Herzen leiten lässt, das die Liebe liebt“, betonte er.

Der Papst rief die Christen dazu auf, „mit Zuversicht und neuem Geist in­mit­ten der Spannungen zu leben, die das Leben der Kirche durchziehen: zwi­schen Einheit und Vielfalt, Tradition und Neuheit, Autorität und Teilhabe. Wir müssen zulassen, daß der Heilige Geist diese Dinge verwandelt, damit sie nicht zu ideologischen Gegensätzen und schädlichen Polarisierungen führen.“ Man könne nicht „das eine auf das andere reduzieren, sondern sie durch den Heiligen Geist reinigen zu lassen, damit sie harmonisiert und auf eine gemein­same Erkenntnis ausgerichtet werden“.

Irgendwo und irgendwie, so übersetzen wir das für uns, haben ja alle ein bißchen Recht und müssen ein bißchen ab und zu geben. Kompromiß geht immer. Alle Jahre einmal ein tridentinisches Pontifikalamt im Petersdom ist doch wirklich schön – und die an­ste­hen­den Veränderungen durch den Hl. Geist in den Gemeinden administriert dann schon die Gottesdienstkongregation unter Kardinal Roche.

Wir fürchten, daß wir auf dieses Thema der „geistgeführten Dialektik“ noch ausführ­li­cher zurückkommen müssen.

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