Summorum Pontificum.de

Predigt von Bischof Fellay zur Theologie der Erlösung und der Miterlöserschaft Mariens

18. November 2025

2 - Theologie

Das Gemälde zeigt Christus als sichtbare Person der Dreifaltigkeit vor dem Glanz der Gottheit in unzugänglichem Licht und mit der Taube des hl. Geistes, der sich als Mensch halb der Menschheit und halb der für diese bittenden Mutter zuwendet.

Der göttliche Erlöser und seine menschliche Mutter

Die Entscheidung der Glaubenskongregation zur (gemäßigten) Mißbiligung der marianischen Titel „Miterlösung“ und „Mittlerin aller Gnaden“ erregt nach wie vor die Gemüter – fast täglich erscheinen neue Stellungnahmen. Äußerungen, die der römischen Note aus­drücklich zustimmen, sind selten und erschöpfen sich, wenn überhaupt Argumente vorgebracht werden, in der auch von Fernandez ausgesprochenen Warnung vor Mißverständ­nis­sen oder Mißbräuchen dieser Titel im Sinne einer unzuläs­sigen Verminderung des Wesensunterschiedes zwischen dem Erlösungswerk Christi und der mitwirkenden Rolle Mariens. Konkrete Beispiele für solche Mißbräuche werden allerdings so weit wir sehen nirgendwo angeführt – obwohl Tendenzen in dieser Richtung nicht auszuschließen sind, wie man nach den Vorgängen um die bereits vor Jahren zurückgewiesenen Ansprache Mariens als „Frau aller Völker, die einst Maria war“ vermuten kann. Bei der Suche nach einer Illustration für unseren heutigen Beitrag haben wir auch zur Coredemptrix einige durchaus problematische Darstellungen gesehen. Da solcher Mißbrauch jedoch zumin­dest in organisierter Form in keiner Weise vorzukommen scheint, bleibt nach wie vor die Frage offen, warum das Glaubensdikasterium sich jetzt zur Herausgabe seine Note veran­laßt gesehen hat. Vielleicht war es ja wirklich nicht mehr als eine (unseres Erachtens al­lerdings durchaus unangebrachte) Demonstration ökumenischen Entgegenkommens?

Die sich gegen das neue römische Dokument aussprechenden Stellungnahmen sind zwar deutlich zahlreicher – viele davon sind allerdings kaum überzeugender als der Gegen­stand ihrer Kritik. Einige sind von einer geradezu reflexhaften Abwehr von allem, was aus dem Hause Fernandez kommt, geprägt – das ist zwar durchaus nachvollziehbar, trägt aber zur Erhellung der Sache selbst wenig bei. Andere, die schon im Titel von einer „Unver­zeihlichen Beleidigung der Gottesmutter“ sprechen, geben hauptsächlich die Entrüstung ihrer Autoren zu Protokoll – ohne denen, die diese Sache weniger emotional angehen, verdeutlichen zu können, worin diese Entrüstung begründet ist. Sie behandeln die in der Tat auch von vielen Heiligen gebrauchte Anrede „Miterlöserin“ wie ein defi­nier­tes Dogma – was sie nun einmal nicht ist – oder verlangen, eine solche Dogmatisie­rung unverzüglich vorzunehmen. Das erscheint uns ebenfalls nicht angebracht, da die derzeit diskutierten zwei marianischen Titel offenbar bezüglich ihres theologischen In­halts reichlich ungeklärt sind und bisher zumindest mehr auf der Ebene einer besonde­ren, aber nicht allgemein anerkannten, marianischen Spiritualität angesiedelt zu sein scheinen. Daher sollte man sie nicht leichthin zurückweisen – aber auch nicht zum für alle verpflichtenden Glaubensdogma erheben wollen.

Der Diskussionsstand ist also durchaus unübersichtlich und aus unserer Sicht auch wenig zufriedenstellend. In dieser Situation ist es überaus erfreulich, nun eine Predigt von Bischof Fellay hören zu können, die er am 16. 11. vor den Alumnen des Priesterseminars der Piusbruderschaft in den USA gehalten hat und in der er das, worum es hier geht, in einer klaren theologischen Sprache darlegt.

Den weitaus größeren Teil der 25-minütigen Predigt widmet der Bischof einer ausführ­lichen Darlegung der Theologie der Erlösung – beginnend von der selbstverschuldeten Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und dann hinführend zu der Aussage, daß alleine Gott in der Lage ist, diese Erlösung zu vollbringen. Die Ausführungen zu Christus, dem Gott-Menschen, der dieses Erlösungs- und Versöhnungswerk schließlich vollbracht hat, sind die klarsten und eindringlichsten, die wir zu diesem schwierigen Thema bisher vernommen haben. Und sie demonstrieren darüber hinaus, daß theologische Klarheit und emotionales Engagement keine Gegensätze sein müssen, sondern sich gegenseitg stützen können – wenn man Phrasen vermeidet und am Kern der Sache bleibt. Von dieser gesicherten Grundlage aus geht der Bischof dann dazu über, den Anteil, den die geschaffene Kreatur an diesem Erlösungswerk übernehmen kann und soll, darzulegen und beschreibt die hervorragende, aber immer sekundäre Rolle, die Maria, die Mutter des inkarnierten Wortes und Mutter der Kirche, dabei übernommen und erfüllt hat. Sie ist Mitwirkung von der gleichen Art wie die, zu der alle Menschen aufgerufen sind – aber in unvergleichbar größerem Ausmaß und höherem Rang.

Von daher kann Fellay dann zum Ende seiner Predigt den römischen Eingriff entschie­den zurückweisen und ohne Furcht vor jedem Mißverständnis die Rolle Mariens als Miterlö­serin und Mittlerin aller Gnaden bekräftigen.

Die Predigt des Bischofs ist derzeit nur als Youtube-Video in englischer Sprache verfüg­bar. Es ist jedoch davon auszugehen, daß in den kommenden Tagen auf einer der Web­sei­ten der Bruderschaft auch eine schriftliche Fassung, vielleicht sogar in mehreren Spra­chen, veröffentlicht werden wird.

*