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Tauwetter für die Petrusbruderschaft?

06. März 2024

4 - Gemeinden und Gemeinschaften

Die Vertreter der FSSP sitzen dem Papst am Schreibtisch seines Arbeitszimmers gegenüber

Die Delegation der Petrusbruderschaft bei Papst Franziskus

Am Donnerstag den 29. Februar wurde der Generalobere der Petrusbruderschaft Andrzej Komorowski zusammen mit zwei weiteren leitenden Mitgliedern der FSSP von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen. Das offizielle Kommuniqué der Bruderschaft teilte dazu sehr knapp mit, man habe dem Papst noch einmal für sein Dekret vom 11. Februar 2022 gedankt und ihm von den Schwierigkeiten berichtet, die sich bei der Anwendung dieses Dekrets ergeben hätten. Welche Schwierigkeiten das sind, wird nicht erläutert, und das Kommuniqué hat nur noch zu sagen, der Papst habe „sich verständnisvoll gezeigt und die Bruderschaft ermuntert, durch ihr eigenes Charisma der kirchlichen Gemeinschaft immer mehr zu dienen.“

Einige Beobachter – darunter der oft sehr gut informierte Vorsitzende der englischen „Latin Mass Society“ Joseph Shaw – sehen darin ein Anzeichen, daß Franziskus von der harten Linie gegenüber den mit Rom verbundenen Gemeinschaften des alten Ritus, von denen die FSSP die größte ist, etwas abrücke: „Das bedeutet, daß die (gegenwärtig verstärkt laufende) Kampagne gegen die überlieferte Liturgie selbst vom Papst nicht wirklich unterstützt wird. Er scheint nicht mehr an das zu glauben, was er selbst zuvor über die Bedeutung eines „einheitlichen Ritus“ geschrieben hat“ (Quelle). Das mag so sein – widersprüchliche Signale und plötzliche Wendungen sind im Reden und Handeln des gegenwärtigen „Spontifex“ keine Seltenheit.

Von dem oben erwähnten nicht sehr aufschlußreichen Kommuniqué gibt es jedoch noch eine zweite Fassung, die offenbar nur für den internen Gebrauch der Bruderschaft bestimmt war – und die der Vaticanista Edward Pentin, dessen scharfen Augen wenig von der römischen Bühne und ihren Kulissen verborgen bleibt, auf seinem Twitter-Account veröffentlichte. Es enthält den oben zitierten Satz mit der päpstlichen Ermutigung in einer erweiterten Fassung:

Es begint ein Zitat

Er ermunterte die Bruderschaft St. Petrus, die kirchliche Gemeinschaft durch ihr eigenes Charisma und die Bemühungen jedes ihrer Mitglieder weiter auszubauen, wobei er den Wunsch äußerte, die Freiheit jedes einzelnen Priesters zu respektieren, bei der Chrisam-Messe zu konzelebrieren oder zumindest dabei anwesend zu sein und die eucharistische Kommunion zu empfangen. Er regte weitere Kommunikation mit dem Dikasterium für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens an.

Dieser in der offiziellen Fassung aus welchen Gründen auch immer ausgelassene Teil spricht eines der heikelsten Themen im Verhältnis der am überlieferten Ritus festhaltenden Gemeinschaften zu den Ortsbischöfen an: Die Konzelebration, die nicht nur bei der Chrisammesse immer öfter zum Prüfstein gemacht wird, ob altrituelle Priester und Gemeinschaften sich in die Gemeinschaft mit Bischof und Papst stellen oder das verweigern.

Das Problem ist deshalb so schwierig, weil es theoretisch und theologisch kaum eine Möglichkeit gibt, die Konzelebration (zumindest bei der für Struktur und sakramentales Wesen der Kirche besondere wichtigen Chrisammesse) zu verweigern, ohne damit zumindest den Verdacht schismatischer Abgrenzung von der römischen Kirche zu erwecken. Andererseits gibt es jedoch viele praktische und in der persönlichen Spiritualität liegende Gründe, diese Teilnahme abzulehnen – auch wenn man damit keinesfalls schismatische Neigungen andeuten will.

Generell wird die Chrisammesse natürlich nach dem Novus Ordo gefeiert – in der überlieferten Liturgie gibt es dafür noch nicht einmal einen einigermaßen anwendbaren Ritus. Und diese Zelebration des Novus Ordo kann je nach den lokalen Gegebenheiten von so schwerwiegenden Mißbräuchen und Entstellungen (verändertes 2. Hochgebet, „Diakoninnen“ am Altar) geprägt sein, daß es einem traditionstreuen Priester unmöglich ist, daran teilzunehmen. Mehrfach haben Bischöfe schon vor Traditionis Custodes dieses Dilemma ausgenutzt, um Priestern der traditionellen Gemeinschaften die Tätigkeit in ihren Diözesen zu untersagen.

Das Interessante an der im „inoffiziellen Kommuniqué“ mitgeteilten Aussage von Franziskus ist nun, daß sie – sie sieht es zumindest aus – einen Ausweg aus dem genannten Dilemma anzubieten scheint: Wenn Priester der altrituellen Gemeinschaften das Bekenntnis ihrer Kirchengemeinschaft auch dadurch ablegen können, daß sie an der Chrisammesse (z.B. in choro, also nicht konzelebrierend) teilnehmen, und (vorzugsweise aus der Hand des Bischofs selbst) die Kommunion empfangen, dürfte das Dilemma für die meisten praktischen Zwecke aufgelöst sein.

Wenn diese Lesart richtig ist – und nicht zuletzt die Aufforderung des Papstes an die Petrus-Delegation, die Einzelheiten mit den zuständigen Instanzen der Kurie abzuklären, deutet darauf hin – könnte Joseph Shaw also recht haben mit seiner Vermutung, daß Franziskus von der harten Linie, die er in Traditionis Custodes vorgezeichnet und die Arthur Roche in seinen Responsa ad dubia noch einmal deutlich verschärft hatte, zumindest ein Stück weit abgehen will.

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