Das Problem Konzelebration
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- 19. Juni 2021
Kristallisationspunkt – nicht tiefere Ursache – der Unstimmigkeiten zwischen dem Erzbischof von Dijon und der Petrusbruderschaft, deren Präsenz im Bistum Bischof Minnerath von seinem Vorgänger geerbt hatte, war die Frage der Konzelebration. Offenbar hatte die Bistumsführung schon 1998 die Tätigkeit von Priestern der Bruderschaft davon abhängig gemacht, daß diese zumindest zur Chrisammesse des Gründonnerstags mit dem Erzbischof konzelebrierten, und die damaligen Oberen hatten dem in Art eines „Gentlemans Agreement“ zugestimmt. Von dieser Übereinkunft waren die Priester der Bruderschaft vor einigen Jahren abgerückt – unklar ist, ob sie sich wegen eines Führungswechsels in der eigenen Gemeinschaft daran nicht mehr gebunden fühlten, oder ob das Bistum die Anzahl der Konzelebrationsanforderungen erhöht hatte. (Quellen zu Dijon hier und hier)
Die Konzelebration gilt gemeinhin als eines der Markenzeichen der Liturgie nach dem Novus Ordo. Das ist nur bedingt richtig, denn die Möglichkeit zu häufiger Konzelebration, wie sie vom Konzilsdokument Sacrosanctum Concilium (Abs. 57) gefordert worden war, erfolgte bereits 1967 mit der Instruktion Eucharisticum Mysterium. Diese Instruktion bildete einen der vielen kleinen Schritte, in denen die im Konzept längst fertige reformierte Liturgie nach Verabschiedung von Sacrosanctum Concilium im Jahr 1963 quasi „schleichend“ umgesetzt wurde. Ein anderer dieser Schritte im gleichen Dokument war die Erlaubnis, das Sprechen von Teilen des Canons auf mehrere Konzelebranten zu verteilen und den damit notwendigerweise verbundenen lauten Vortrag dann auch auf Einzelmessen auszuweiten – damit war die tausendjährige Tradition der Kanonstille quasi im Nebensatz abgeschafft.
Für die Feier der heiligen Liturgie im überlieferten Ritus, als deren Standard die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt die Bücher von 1962 festgesetzt hatten, sind die Regelungen von Eucharisticum Mysterium nicht anwendbar. Dennoch werden die dort getroffenen Ausführungen, die allerdings zum Teil schon auf Sacrosanctum Concilium zurückgehen, von traditionsfremden Bischöfen gerne herangezogen, um Priester traditioneller Gemeinschaften in Verlegenheit zu bringen. Während die traditionelle Lehre von der Eucharistie und vom Priestertum deutlich die Stellung des zelebrierenden Priesters als Alter Christus und Mittler zwischen der Gottheit und der Gemeinde betont, zielt die aktuell herrschende Interpretation der Konzilstexte darauf ab, das Presbyterium einer Diözese als Kollektiv zu einer Art erweiterten Körper des bischöflichen Hauptes herabzustufen. Das bedeutet einen radikalen Bruch mit den theologischen Vorstellungen und Erkenntnissen des letzten Jahrtausends und ist für Priester der traditionellen Gemeinschaften schwer akzeptabel – wenn überhaupt.
Begründet wird die damit verbundene Forderung in der Regel – und so auch aktuell in Dijon – mit der angeblichen Notwendigkeit, die „Einheit des Presbyteriums unter dem Bischof und dem Papst“ sinnfällig zum Ausdruck zu bringen – ein durchaus zweifelhafter Anspruch, der angesichts der existierenden Spaltungen innerhalb der Priesterschaft und innerhalb des Episkopats sowohl auf nationaler als auch auf weltkichlicher Ebene primär als ideologisch motiviert und polemisch nutzbar gemacht erscheinen muß. Dennoch – oder gerade deswegen – wird die Forderung von Bischöfen des öfteren gegenüber Gemeinschaften des alten Ritus erhoben erhoben und nach Möglichkeit auch durchgesetzt, obwohl sowohl Sacrosanctum Concilium als auch das Kanonische Recht in Can 902 allen Priester (also auch Diözesanpriestern, die regulär die neue Liturgie feiern) freistellt, sich der Konzelebration zu verweigern
Das „Problem der Konzelebration“ verweist somit zunächst auf einen der Schwachpunkte von „Summorum Pontificum“, wo es versäumt wurde, der rechtlichen Stellung der überlieferten Liturgie in den Diözesen eine klare und verbindliche Form zu geben – in der irrigen Annahme, daß die Mehrzahl der Bischöfe bereit wäre, ein päpstliches Gesetz nach Form und Geist getreu zu erfüllen. Das Problem verweist darüber hinaus aber auch darauf, daß die mit der bruch-hermeneutischen Anlage und Deutung verschiedener Konzilstexte verbundene „Neuinterpretation“ des Priester- und Bischofsamtes Unsicherheit und Spaltung in die Kirche getragen hat, die es unmöglich machen, diese Texte und sich darauf berufende Vorschriften als verbindliche Richtschnur für Glauben und Praxis der Kirche zu nutzen. Diese Unsicherheiten betreffen übrigens auch die Praxis des Novus Ordo, wie wir aus einem Text von Anthony Ruff erfahren, dem wir das oben gezeigte Bild entnommen haben.