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Was von der 19. Woche übrig blieb

11. Mai 2024

6 - Kirchenkrise

Das

Himmelfahrt Christi mit den befreiten Stammeltern

Aus Rom ist diese Woche kein neues Dokument gekommen – Dignitas Infinita ist gerade erst vier Wochen her (und hat seitdem ständig grundsätzlicher werdende Kritik auf sich gezogen) – und ein neues Papier über die Beurteilung von Erscheinungen wird erst für kommende Woche erwartet. Statt dessen hat Rom ein Dokument erhalten: Die Bischöfe Australiens haben den Entwurf einer eigenen Messe für die Aborigines des Kontinent-Staates erarbeitet, mit viel Anspruch auf Inkulturation und vollem Didgeridoo-Einsatz, vermutlich, aber über konkrete Inhalte war bislang noch nichts zu erfahren. Eine völlige Neuheit wäre ein solcher „Eingeborenen-Ritus“ nicht. Die afrikanisierende „Messe im Ritus von Zaire“ wurde bereits 1988 approbiert und wird seitdem auch an vielen Orten in Afrika mehr oder weniger genau nach den Vorgaben zelebriert (s. dazu auch hier). In Amazonien ist ebenfalls ein eigener Ritus in Vorbereitung, der aber wohl noch nicht vorlagereif ist.

Wir werden das Thema wieder aufgreifen, wenn mehr Informationen darüber vorliegen. Bis dahin bleiben wir bei der skeptischen Frage, ob das, was nach Jahrhunderten kolonialistischer und imperialistischer Kulturzerstörung von der ursprünglichen Kultur der Völker übrig ist, noch liturgiewürdig ist – und ob von dem, was davor war und heute wieder rekonstruiert werden könnte, viel sinnvoll „christianisiert“ und in die Liturgie der Kirche einbezogen werden kann.

Noch ein Thema vom – aus unserer Perspektive – vom Rande: Das Orthodoxe Patriarchat von Alexandrien und ganz Afrika hat zum ersten Mal eine Frau zur wie es scheint „vollgültigen“ Diakonin geweiht. Auch hier müssen wir noch näher hinschauen. Was wir jetzt schon wissen ist, daß der Anspruch der Antiochiner „von ganz Afrika“ durchaus umstritten ist, und daß sich in den letzten Jahren zahlreiche dort ursprünglich beheimatete afrikanische Priester, Gemeinden, und ganze Diözesen, die den stark von westlichen Ideen geprägten Kurs der Antiochiner nicht länger mittragen wollen, dem Patriarchat von Moskau unterstellt haben.

Spaltung über die weltweit hochkochenden modernistischen Streitthemen hat auch die „United Methodists“ (Wesleyaner) des angelsächsischen Sprachraums erfaßt. Nachdem dort die „Konservativen“ – ursprünglich wohl die Mehrheit – seit Jahren von den „Progressisten“ systematisch an den Rand gedrängt und ausgegrenzt worden sind – Streitpunkt ist vor allem die sog. „Gleichstellung“ von Homo- und Transsexualität mit der naturrechtlichen Ordnung – ist es jetzt zum endgültigen Bruch gekommen. Einen kenntnisreichen Artikel des methodisischen Theologen Jack Jackson zur Entwicklung bringt FirstThings, wo man sich als konfessionsübergreifene Diskussionsplattform für konservative Positionen in der katholischen Kirche, in den Gemeinschaften aus der Reformation und im Judentum versteht. Speziell die Aspekte der Entwicklung bei den Methodisten, die auch Katholiken betreffen und dort vielleicht als warnendes Nicht-Vorbild angesehen werden sollten, behandelt ein Beitrag auf TheCatholiThing.

Nicht mehr so ganz am Rande liegt – angesichts der immer lautstärker vorgetragenenen Forderungen nach einem „deutschen Kalifat“ – ein Geschehen, das derzeit aus Istanbul berichtet wird: Dort wurde nach der Hagia Sophia nun auch die ebenfalls aus früher oströmischer Zeit stammende Erlöserkirche von Chora, die seit Ende des letzten Krieges ein Museum war, wieder zur Moschee erklärt. Die bedeutenden christlichen Fresken der Innenausmalung sollen während islamischer Gebetsveranstaltungen durch Vorhänge abgedeckt und nur für besondere Touristenführungen wieder sichtbar gemacht werden. Auch der vermeintlich fortschrittliche und nach Westen orientierte Islam kennt da immer wniger Kompromisse - noch nicht einmal mit der eigenen Geschichte.

Bei Vatican News wird der Vorgang sachlich leidenschaftslos berichtet – schließlich handelt es sich wie dort ausgeführt aus Römischer Sicht immer noch um ein „Gotteshaus“, wenn auch ein moslemisches. Diese Formulierung verrät eine bemerkenswerte, aber für Rom nicht ungewöhnliche Unkenntnis in religiösen Dingen: Moscheen sind keine Gotteshäuser. Moscheen (und Synagogen ebenfalls) sind nach dem Selbstverständnis von Moslems und Juden, Gebetshäuser und Versammlungsorte der Gemeinde. Haus Gottes und Wohnstadt des Allerhöchsten war nur der Tempel auf dem Zion und sind heute die Gotteshäuser der am Glauben an das Altarssakrament festhaltenden christlichen Kirchen.

Einen ausführlicheren Bildbericht aus Anlaß der Umwandlung der Erlöserkirche von Chora bringtt CatholicWorldReport; über Details der Ausmalung und die Geschichte des Bauwerks informiert ein Projekt der Harvard-Universität.

Und nun ins Inland. Der Bund der Deutschen längst nicht mehr katholischen Jugend hat zur Vorbereitung seiner Jahreshauptversammlung eine Beschlußvorlage (Download) erstellt, die dem Verein eine Position an der vordersten Front im Kampf gegen die von ihm behauptete „rückwärtsgewandte Geschlechterpolitik“ im Lande sichern soll. Besonders gut gefiel uns die dort getroffene Ansage: „Vor dem Hintergrund des erstarkenden Antifeminismus in der Gesellschaft sind gerade wir gefragt, uns klar zu einer demokratischen, feministischen Kultur des Miteinanders zu bekennen, sie in unseren Strukturen zu leben und einzufordern. Das bedeutet auch, unseren intersektionalen Blick zu schärfen und die frauen- und geschlechtsspezifischen Ungerechtigkeiten im Kontext aller weiteren Formen der Unterdrückung zu reflektieren.“

In Traunstein, wo man in Sachen Papst Benedikt keinen Spaß versteht, wurde „ein Mann“, der vor zwei Jahren das der Gemeinde geschenkte Brustkreuz Papst Benedikt des XVI. aus der Stadtkirche gestohlen hatte, zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Über die Person des Diebes wußte laut Lokalpresse eine Gerichtssprecherin lediglich zu sagen, daß es sich um einen „reisenden Kriminellen“ handle, der seit 1990 in Deutschland und benachbarten Ländern mehrfach wegen Eigentumsdelikten verurteil und ins Gefängnis gesteckt worden war.

Anscheinend nicht lange genug.

Das aus vergoldetem Silber bestehende Brustkreuz selbst – dessen materieller Wert erheblich unter seinem ideellen liegen dürfte – konnte bisher nicht wieder aufgefunden werden.

Größere Chancen, das eine oder andere massive Stück aus Gold abgebildet zu sehen, hat man vielleicht bei dem reich bebilderten Bericht von John Sonnen über die Fürst-Assistenten des Päpstlichen Thrones, die den zeremoniell Auftritten des obersten Pontifex jahrhunderte lang ein wenig Glanz aus der inzwischen untergegangenen römischen Adelswelt verliehen. Das heißt: Bis zur Abschaffung des päpstlichen Hofes und seines Adels durch – na, wen denn sonst – Paul VI. im Jahre 1968.

Untröstlich ist unsereins über diesen Verlust nicht. Das Verstörende an den Abschaffereien der 60er Jahre ist ja nicht, daß der eine oder andere alte Zopf abgeschnitten wurde, dem man wohl in der Tat nur noch nostalgischen Wert zusprechen mag – sondern daß buchstäblich alles, was nicht calvinistisch-streng vernünftig begründbar war oder überhaupt daran erinnerte, daß die Kirche ein seit vielen Jahrhunderten organisch gewachsenes Gebilde ist, auf dem Altar des Modernisierungsggottes geopfert wurde. Das hat den vielbeschworenene „modernen Menschen“ denn letztlich doch nicht so angesprochen, wie erhofft, und die Sparflammen-Liturgien, denen Franziskus vorzustehen pflegt, lassen die Menschen kalt: Immer weniger gehen hin.

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