Was von der zweiten Woche übrig blieb
11. Januar 2025
Der Sarg von Präsident Carter wird mit militärischem Zeremoniell auf den Katafalk gehoben.
Besondere Aufmerksamkeit unter traditionstreuen Katholiken fand der von Franziskus befohlene Rücktritt von Bischof Dominique Rey, der 25 Jahre lang - aus katholischer Sicht durchaus erfolgreich – die südfranzösische Ortskirche von Fréjus-Toulon geleitet hatte. Bischof Rey stand zwar schon seit einigen Jahren im Fadenkreuz römischer Kritik und war durch Beistellung eine Koadjutors praktisch entmachtet worden – andererseits hatte Franziskus ihn aber gerade noch vor einem Jahr ausdrücklich zum Verbleiben im Amt aufgefordert, so daß die jetzige Entlassung einigermaßen überraschend kam.
Gründe für den Meinungsumschwung in Rom kann Bischof Rey selbst nicht erkennen (https://rorate-caeli.blogspot.com/2025/01/disloyal-petty-vindictive-and-ugly.html) – vielleicht kommt da noch etwas Berichtenswertes zum Vorschein.
Das bei derartigen Bischofsentlassungen übliche Verfahren besteht darin, daß ein päpstlicher Briefträger (Nuntius) den Ortsbischof auffordert, den Papst ergebenst um seine Entlassung zu bitten – was Bischof Rey (im Unterschied zu seinem amerikanischen Amtsbruder Strickland – denn auch sofort im Gehorsam getan hat. Rom antwortete darauf bereits am nächsten oder übernächsten Tag mit der sofortigen Gewährung der Bitte, was von einigen Beobachtern als zusätzliche Demütigung interpretiert wird.
Ich kann mir nicht helfen – aber irgendwie erinnert mich das Verfahren an die Praxis der „Hohen Pforte“, einem in Ungnade gefallenen Höfling oder Feldherrn eine kostbare Seidenschnur überreichen zu lassen – als unausweichliche Aufforderung, sich damit zu erdrosseln oder sonstwie aus dem Leben zu scheiden.
Als besondere Demütigung empfinden es auch viele glaubenstreue und konservative Amerikaner – und das sind nicht nur Anhänger der überlieferten Liturgie – daß der Papst unmittelbar vor dem in Washington anstehenden Machtwechsel mit Kardinal McElroy einen der schärfsten Kritiker des von einer Mehrheit der Amerikaner (auch der Katholiken) gewählten neuen Präsidenten Trump in die Hauptstadt geholt hat. Nicht, daß Trump irgendwie der Lehre der Kirche besonders verbunden wäre, aber er hat doch unter anderem angekündigt, die schlimmsten Auswüchse der unter seinem Vorgänger vorangetriebenen woken Transformation der Gesellschaft zurückzuschneiden. Einer Transformation, gegen die von Seiten McElroys soweit wir das hier mitbekommen haben bisher kein lauter Einspruch zu hören war.
Eine kleine Ironie der Geschichte ist darin zu sehen, daß der neue päpstliche Amtswalter in Washington dort eine finanziell stark angeschlagene Kirchenprovinz übernimmt – und daß die finanziellen Engpässe nicht zuletzt darauf zurückzuführen sind, daß Vorgänger Gregory durch die Austreibung der „alten Messe“ in mehreren großen Pfarreien diese an den Rand des Bankrotts geführt hat.
In der von uns besonders aufmerksam beobachteten syro-malabarischen Kirche Südindiens () wurde nun ein diözesanes Sondergericht eingerichtet, um den Fall von (zunächst) vier Priestern zu untersuchen und zu ahnden, die sich nicht an die von der neuen „Einheitsliturgie“ verordnete Zelebrationsrichtung gehalten haben. Man stelle sich einmal vor, was in der (ehemals) lateinischen Kirche los wäre, wenn dort „Sondergerichte“ über die Einhaltung der seit der Liturgiereform geltenden und von Papst Johannes Paul II in „Redemptionis Sacramentum“ 2004 noch einmal besonders eingeschärften Vorschriften wachen wollten.
Zum Abschluß noch aus einem Artikel von Fr. Richard Cipolla auf Rorate Caeli eine Beobachtung zur Totenfeier (hier ganz auf Youtube) für den dieser Tage beigesetzten ehemaligen US-Präsidenten Carter in der episkopalen Hauptkirche in Washington D.C. Nach einigen allgemeineren Beobachtungen zum in den USA generell sehr reichhaltig ausgebildeten Zeremonials für Staats- und Militär-Veranstaltungen schreibt Fr. Cipolla zu dieser Feier:
Als ich als katholischer Priester diesen Gottesdienst beobachtete, konnte ich meine Traurigkeit darüber nicht unterdrücken, wie sehr das Rituelle in der katholischen Kirche von heute nicht mehr verstanden und aufgegeben worden ist. Man kann durchaus der Ansicht sein, daß die Katholische Kirche das Ritual zwar für die Messe und andere Gottesdienste entwickelt hat, daß diese Riten dann aber auch für die Begängnisse des Staates und sogar in der Familie ausgeweitet hat. Viel in der Kunst und Musik der westlichen Kultur hat seinen Ursprung in der Heiligen Messe. Die bewußte und absichtliche Entritualisierung der Messfeier nach dem zweiten Vatikanischen Konzil, die übrigens im Konzilsdokument über die Heilige Liturgie keine Grundlage hat, hat weitreichende Auswirkungen auf den Glauben der Katholiken gehabt – eine davon besteht darin, daß 70% der Katholiken nicht an die Realpräsenz Christi in der hl. Kommunion glauben, und daß viele Katholiken in der Altersgruppe der Dreißig- und Vierzigjährigen sich der Kirche ganz entfremdet haben.
Gegen diese Situation der kirchlichen Säkularisierung kann man gegenwärtig kaum etwas ausrichten. Sich in Gesprächsrunden zusammenzusetzen und in der erstaunlichen Annahme miteinander zu reden, daß bei Veranstaltungen wie der Synode über die Synodalität der Heilige Geist zweifellos anwesend sei, ist da überhaupt nicht hilfreich. Aber die Zeit wird kommen, in der neue Generationen von Klerikern und Laien sich wieder an die Tradition der Kirche erinnern und die Macht der Rituale wiederentdecken, um das zu sagen, was mit Worten nicht gesagt werden kann.
Dem ist wenig hinzuzufügen.
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