„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Auch ein Papst kann kritisiert werden!
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- 01. Juni 2023
Erst jetzt haben wir (über Edward Pentin) von dem offenen Brief des österreichischen Philosophen und Autors Josef Seifert erfahren, den er vor bereits vier Wochen an die Kardinäle und andere Führer der Kirche gerichtet hat, um sie zur einer klaren Verteidigung des bedrohten „depositum fidei“ aufzufordern. Seifert nahm dazu als Vorlage einen privat an einen befreundeten Kardinal gerichteten Brief, der vom Empfänger zwar freundlich entgegengenommen worden war, jedoch keine erkennbaren Handlungen ausgelöst hat. „Angesichts des Todes von Papst Benedikt XVI“ schreibt Seifert im April, „und der Nachricht, dass Papst Franziskus schon eine Rücktrittserklärung von seinem Amt unterschrieben hat, die im Falle eines wesentlich verschlechterten Gesundheitszustandes in Kraft treten soll, und daher angesichts eines möglicherweise bald einberufenen Konklaves, denke ich, dass der Inhalt dieses Briefes alle Kardinäle und auch Erzbischöfe und Bischöfe angeht.“ Hier der vom Autor anonymisierte vollständige Text, der nicht nur den Kardinälen, sondern allen Katholiken eine klare Entscheidung abverlangt:
Eminenz, verehrter Kardinal …
Ich muss gestehen, dass mich eine angeblich von Dir stammende Äußerung über Kritik an Papst Franziskus besorgt und betrübt. Du sagtest in einem Interview, wenn man den Medien trauen darf, die Kritiken am Papst seien ein „entschieden negatives Phänomen, das sobald als möglich ausgemerzt werden sollte“ und Du betonst, dass der Papst „der Papst und Garant des katholischen Glaubens“ sei.
Wie kannst Du pauschal sagen, Kritiken am Papst seien ein Übel? Hat nicht der Apostel Paulus schon den ersten Papst Petrus heftig und öffentlich kritisiert? Hat nicht die hl. Katharina von Siena zwei Päpste noch schärfer kritisiert?
Du scheinst nicht zu begreifen, warum viele Katholiken an Papst Franziskus Kritik üben können, obwohl er doch „der Papst“ ist. Ich begreife umgekehrt nicht, wie allem Anschein nach alle Kardinäle außer den vier Dubia-Kardinälen schweigen und keine kritischen Fragen an den Papst richten. Denn es gibt vieles, was Papst Franziskus sagt und tut, das nicht nur kritische Fragen, sondern auch liebevolle Kritik hervorrufen sollte. Denken wir an die von Papst Franziskus gemeinsam mit dem Groß Imam Ahmad Mohammad Al-Tayyeb unterschriebene Erklärung zur Geschwisterlichkeit aller Menschen, in der es heißt:
Bischof Meier weiht für die Petrusbruderschaft
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- 31. Mai 2023
Termin und Ort für die diesjährige Priesterweihe der Seminaristen der Petrusbruderschaft sind schon seit längerem bekannt: 10. Juni in der Basilika St. Alexander und Theodor von Ottobeuren. Aber wer die Weihe erteilen würde, wurde bisher nur hinter vorgehaltener Hand weitergereicht – doch jetzt ist es quasi amtlich: Bischof Bertram Meier von Augsburg, in dessen Diözese das Wigratzbader Priesterseminar der Bruderschaft angesiedelt ist, wird die Weihe entsprechend dem Pontificale der überlieferten Liturgie spenden. Damit setzt Ortsbischof Meier, der selbst fast auf den Tag genau drei Jahre zuvor zum Bischof geweiht worden war, eine im vergangenen Jahr begründete Praxis fort: Im Mai 2022 hatte er in Lindenberg den Seminaristen aus Wigratzbad die Diakonenweihe erteilt. Es sind die gleichen jungen Männer, die ihm jetzt als Weihekandidaten der Priesterweihe erneut begegnen.
Nun wäre es sicher unangebracht, die Bischof Meier von Rom erteilte Genehmigung für die Vornahme der Weihen als Indiz eines „Tauwetters“ im manchmal ziemlich hitzigen Kalten Krieg der römischen Modernisten gegen die überlieferte Liturge zu betrachten. Wir hatten dazu im vergangenen Jahr bereits einige Überlegungen angestellt. Aber zumindest für die Diözese Augsburg und die Amtszeit von Bischof Meier wird man darauf hoffen dürfen, daß das Nebeneinander der beiden Ritusgemeinschaften durch Elemente eines verständnisvollen Miteinanders ergänzt wird. Und das wäre bei der gegenwärtigen Situation der Kirche gerade auch in Deutschland durchaus ein Gewinn – vielleicht mit Auswirkungen bis nach Rom.
Man wird sehen, ob Bischof Meier den Kurs des Ausgleichs gegenüber dem, was er in seiner Predigt zur Diakonenweihe im Vorjahr ausgeführt hat, noch bekräftigen kann. Er selbst hatte in den vergangenen zwölf Monaten ja auch einige Gelegenheit , wahrzunehmen, in welche verhängnisvolle Richtung die Radikalmodernisierer des Synodalen Weges die Kirche in Deutschland drängen wollen – und mit welchen Mitteln sie gegen alle vorgehen, die wie Bischof Meier diesen Kurs nicht bedingungslos mittragen wollen. Nicht nur ihm dürfte durch solche Erfahrungen eine Neubewertung der Tradition für die Kirche in der Gegenwart nahegelegt werden.
Chartres-Wallfahrt der Tradition
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- 30. Mai 2023
Auch in diesem Jahr hat die Wallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres wieder in der gewohnten Form stattgefunden, nachdem es in den vergangenen Jahren wegen der Covid-Welle zu einigen Einschränkungen gekommen war. Damit kann diese große Heerschau der Katholiken, die an der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche festhalten, das 40. Jahr ihres Stattfindens feiern.
Der Begriff „Heerschau“ mag in einigen Ohren unangebracht klingen. Aber „Heerschau“ bedeutet ja noch lange nicht „Krieg“, und er erscheint umso angebrachter, da die überlieferte Liturgie inzwischen nicht nur von kirchlich-modernistischer Seite, sondern auch staatlicherseits unter Beschuss geraten ist. In den USA hat sogar der FBI wegen „staatsgefährdender Umtriebe“ gegen einige Gemeinden ermittelt. Und für die Franziskus/Roche Truppe ist es natürlich ein ständiges Ärgernis, daß diese Veranstaltung auch beim schlechtesten Willen nicht als Nostalgiefestival von Ewiggestrigen abgetan werden kann. Sieht man von einer Handvoll über 70-jähriger Ehrengäste ab, treffen sich hier – ebenso wie bei dem von der Piusbruderschaft veranstalteten Parallel-Ereignis Chartres-Paris – exakt die Katholiken der jüngeren und der mittleren Generation, die man bei den Sonntagsmessen mitteleuropäischer Pfarreien mit der Lupe suchen muß. Die Zahl der Teilnehmer wird auch in diesem Jahr wegen der dezentralen Organisationsstruktur der Veranstaltung erst in einigen Tagen vorliegen. Im letzten Jahr waren es über 20 000.
Vor einigen Jahren hatte es unter den Anhängern der überlieferten Liturgie Diskussionen gegeben, weil im Pontifikalamt zum Abschluß der Wallfahrt – es war von Kardinal Sarah zelebriert worden – die Lesungen nicht nach dem Pontificale von 1962 in lateinischer Sprache gesungen, sondern in der Landessprache – also Französisch – vorgetragen worden waren, wie das in Frankreich vielerorts praktiziert wird. In diesem Jahr – Zelebrant war der frühere Nuntius in der Schweiz Erzbischof Gullickson aus den USA, hier ein Video – erfolgte der Vortrag wieder in lateinischer Sprache und in der nach dem Ponifikale vorgesehenen Richtung: Die Epistel zum Altar hin als Element von Opfergabe und Opfergesinnung der Teilnehmer und das Evangelium gegen Norden als Absage Christi an die Götter und Dämonen der Heiden.
Wie schon die Diskussion von 2018 ergeben hat: Solche Details des Rituals sind nicht in dem Sinne wesentlich, daß man unter gar keinen Umständen darauf verzichten könnte. Aber sie gehören mit zum Reichtum der Formen und Symbole, die man nicht ohne guten Grund aufgeben sollte.
Die sieben Gaben des Geistes
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- 27. Mai 2023
Zu Pfingsten vor zwei Jahren hatten wir hier die beiden großen Hymnen auf den Heiligen Geist vorgestellt, die mehr als jeder andere liturgische Text über diese für das menschliche Begriffsvermögen am wenigsten umschreibbare Person der hochheiligen Dreifaltigkeit aussagen. Tatsächlich könnte man das nicht nur über viele Strophen, sondern auch über viele einzelne Zeilen dieser beiden Dichtungen aus dem frühen bzw. dem hohen Mittelalter sagen: Fast jeder ihrer Strophen, manchmal sogar ein einzelner Vers bietet Stoff für umfangreiche theologische Überlegungen oder repräsentiert tiefgehende Erkenntnisse.
Das gilt ganz besonders auch für die vorletzte (9.) Strophe des Veni Sancte Spiritus:
Da tuis fidelibus / In te confidentibus / Sacrum septenarium.
Und ebenso für die dritte Strophe des Veni Creator:
Tu septiformis munere / Digitus paternæ dexteræ / Tu rite promissum Patris / Sermone ditans guttura.
Hier zielt die erste Zeile genau auf das ab, was bei Stephan von Canterbury den Inhalt der ganzen neunten Strophe ausmacht: Die Sieben Gnadengaben des Heiligen Geistes.
Vor hundert oder hundertfünfzig Jahren konnte vermutlich noch jedes Schulkind die Liste dieser sieben Gaben aufzählen. Heute sucht man sie im offiziellen Katechismus (KKK) der Katholischen Kirche vergebens, dessen Kurzfassung (KKKK) verbannt sie in den Anhang. Der auf private Initiative zurückgehende Youcat widmet ihr dagegen in Abschnitt 310 ein eigenes Kapitel, Kernaussage: „Die sieben Gaben des Heiligen Geistes sind: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Damit „begabt“ der Heilige Geist Christen; d.h., er schenkt ihnen, über ihre natürlichen Anlagen hinaus, bestimmte Kräfte und gibt ihnen die Chance, zu speziellen Werkzeugen Gottes in dieser Welt zu werden.“
Nun reicht es natürlich nicht, eine solche Liste auswendig hersagen zu können – auch wenn das eine gute Gedächtnisstütze abgibt, weshalb die Katechese früherer Jahrhunderte mehrfach solche Siebenerlisten aufstellte: Die Sakramente, die Kardinaltugenden, die Todsünden…
Neu von P. Kwasniewski
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- 25. Mai 2023
Seit einigen Wochen hat Peter Kwasniewski eine neue Publikationsplattform im Internet, auf der er einige seiner wichtigsten Artikel in teilweise überarbeiteter oder aktualisierter Form zur Lektüre anbietet: Traditionsanity.substack.com. Die aktuellsten und sehr lesenswerten Beiträge befassen sich mit der fast alle Menschen in ihren Bann schlagenden Faszination feierlicher Rituale, wie sie anläßlich der Krönung von König Charles III. zu erkennen war, und dem christlichen Verständnis vom Sinn des Lebens, das mit dem Tod eben nicht zu Ende geht, sondern zur ganzen Fülle aufersteht – sofern das vorhergehende irdische Leben die dafür erforderlichen Voraussetzungen gelegt hat.
Zu diesen beiden Beiträgen (man findet sie von der Eingangsseite aus) sind hier keine direkten Links angegeben, und das hat einen Grund: Substack ist der wohl bekannteste Vertreter einer neuen Publikationsform auf dem Internet, die den Autoren einerseits alle Vorteile einfacher Content-Management-System (populärster Vertreter: Blogspot) bietet, andererseits aber auch weitgehende Möglichkeiten der Zugangskontrolle und zur Kommerzialisierung einräumt. Die Autoren können alle Inhalte ganz blogspot-mäßig frei für alle anbieten – sie können aber auch einige oder alle Inhalte von Anfang an oder ab einer bestimmten Standzeit kostenpflichtig machen und dazu verschieden gestaltete Abonnementregelungen treffen. Und so verschwinden die in den ersten Wochen kostenlosen Beitträge Kwasniewskis denn auch nach einer gewissen Zeit hinter einer Paywall, wo sie nur für zahlende Abonnenten zugänglich sind. Für „freie“ Autoren, die oft genug gar keine Publikationsmöglichkeiten finden oder sich mit jämmerlichen Honoraren begnügen müssen, bietet das interessante Perspektiven. Mancher Autor hat es schon geschafft, einen ungeliebten und zeitraubenden Brotberuf an den Nagel zu hängen und den Lebensunterhalt mit seinem höchsteigenen Schreiben zu verdienen. Und wer den „freien Autor“ Kwasniewski unaufdringlich unterstützen will, findet hier eine hervorragende Möglichkeit.
Das Modell bietet jedoch auch noch andere Vorteile. Der vielleicht größte ist der einer sehr gepflegten Umgebung. Es gibt kein von irgendeiner Redaktion gestaltetes Umfeld und auch keine automatisch eingerückt Werbung. Jede Autorenseite steht für sich, kann aber in Abstimmung mit Partnern – bei Kwasniewski sind das derzeit fünf, darunter die als Autoren von One Peter Five bekannten Aurelio Porfiri und Hilary White – auch ein eigenes Umfeld aufbauen. Es gibt zusätzlich eine systemweite (d.h. alle Substack-Inhalte umfassende) Suchmaschine, die soweit wir das sehen jedenfalls nicht unter denen von Google und Konsorten bekannten Manipulationsmechanismen leidet. Aber wer sich als Leser nur für „seine“ Autoren interessiert, muß auch nicht damit rechnen mit den von einer KI ausgesuchten und oft recht abseitigen „Lesevorschlägen“ behelligt zu werden. Es gibt auch bereits einige deutsche Autoren, die Substack nutzen – aber soweit eine systemweite Suche mit dem Wort „deutsch“ ergeben hat, nichts, was viele Leser von Summorum-Pontificum interessieren dürfte. Ein von Deutschland aus operierendes Unternehmen mit einem ähnlichen Angebot wie Substack ist uns bisher nicht bekannt.
Der ökumenisierte Lateran
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- 24. Mai 2023
Vor einem Monat war hier der bemerkenswerte Vorfall zu berichten, daß die Verwaltung der Lateranbasilika, der Bischofskirche des Papstes und, wie es die Inschrift des Hauptportals ausweist, Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises, einem anglikanischen Bischof für eine Veranstaltung überlassen wurde, die nach Lage der Dinge nur als Meßsimulation zu bezeichnen ist. Die Verwaltung redete sich auf einen Kommunikationsirrtum heraus, aber keine vier Wochen später wurde die Kathedrale des Papstes erneut für die Zelebration eines Bischofs (dieses Mal war es wenigstens ein echter) geöffnet, der „nicht in Gemeinschaft mit dem Papst und der katholischen Kirche“ steht: „Papst“ Tawadros II. von Alexandrien, Patriarch des Stuhles des hl. Markus und Oberhaupt der koptisch orthodoxen Kirche.
Die beiden Fälle sind nur begrenzt zu vergleichen. Die Anglikaner haben teilweise noch nicht einmal eine gültige Priesterweihe und ihre „Bischöfe“ sind – anders als das in allen Kirchen des Westens und des Ostens selbstverständlich ist – verheiratet, im konkreten Fall des anglikanischen Gastoffizianten Jonathan Baker sogar geschieden und wiederverheiratet. In der Lehre sind sie vielfach weit von allem entfernt, was das Wesen des Christusglaubens ausmacht. Wieweit sie die Fähigkeit zur Spendung der den Geweihten anvertrauten Sakramente bewahrt haben, ist mehr als zweifelhaft.
Das kann man von den Kopten keinesfalls sagen. Ihre Traditionstreue und ihr Glaubensernst sind vorbildlich und übertreffen alles, was „Rom“ derzeit zu bieten hat. Ihre apostolische Sukzession wird nicht bezweifelt. Aber sie sind, mitsamt ihrem Patriarchen, der auch als „Papst“ bezeichnet wird, „Schismatiker“ im wahren Sinne des Wortes: Sie haben sich vor anderthalb Jahrtausenden von der Mutter und dem Haupt der Kirche des hl. Stuhles von Petrus in Rom getrennt und führen seitdem eine eigenständige Existenz, die in der Vergangenheit vielfach von heftigen Auseinandersetzungen mit den „Römern“ geprägt war. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert, die beiden Kirchen praktizieren zumindest auf der Führungsebene friedliche, ja teilweise sogar freundschaftliche, Koexistenz, aber sie sind nicht in kirchlicher Gemeinschaft – wie auch immer die konkret aussehen könnte – verbunden.