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Wie in der Tradition überleben?

Auch in den letzten Tagen des Advent können wir die Augen nicht vor den hässlichen Realitäten in der Kirche von 2022 verschließen. Zwei Beiträge in amerikanischen Webpublikationen enthalten unentbehrliche Informationen und praktische Ratschläge für alle, die sich für den Erhalt der überlieferten Liturgie und Lehre einsetzen. Und dieses Sich-Einsetzen ist heute wichtiger als seit vielen Jahren: Franziskus und seine Umgebung setzen alle Macht darein, beides aus der Kirche hinauszudrängen. Die überlieferte Liturgie nur zu schätzen und sie wann immer möglich mitzufeiern, ist nicht genug: Wer auch in den kommenden Jahren an ihr teilnehmen können will, muß sich aktiv für ihren weiteren Bestand einsetzen.

Die hier anzuzeigenden Beiträge, die in den vergangenen Tagen auf RorateCaeli und OnePeterFive erschienen sind, stellen genau dieses Thema in den Mittelpunkt. Der Präsident von Paix Liturgique, Louis Renaudin, lenkt in einem Gespräch mit der gleichnamigen Zeitschrift (englische Übersetzung bei RorateCaeli, deutsch soeben beim Beiboot Petri) seiner Organisation die Aufmerksamkeit darauf, daß die Hauptstoßrichtung von Traditionis Custodes sich derzeit gegen den Diözesanklerus richtet: Dort hat sich das Interesse an der Überlieferung in vielen Ländern in den vergangenen Jahren enorm intensiviert, und von dort befürchten die Bergoglianer den größten Widerstand gegen die von ihnen betriebene modernistische Revolution. Die Tradis im Umfeld der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, so nehmen sie an, lassen sich mit den altbewährten Mitteln von Zuckerbrot und Peitsche leicht ins Abseits drängen. Aber der Diözesanklerus, die ganz „normalen“ Katholiken, könnten ihre Pläne ernsthaft gefährden.

Trotzdem und trotz scheinbarer Kompromißangebote (wie gegenüber der Petrusbruderschaft) können sich natürlich auch die EED-Gemeinschaften und ihre Gemeinden nicht beruhigt zurücklehnen und auf bessere Zeiten hoffen. Das Todesurteil ist ausgesprochen - nur der Vollzug ist ausgesetzt. Mit Blick auf diese Situation hat Peter Kwasniewski auf OnePeterFive eine Liste von 14 Maßnahmen zusammengestellt, mit denen vor allem die Laien etwas für den Erhalt der überlieferten Liturgie, ihrer Gemeinschaften und der orthodoxen Lehre, tun können. Nicht alles davon ist auf die in sich schon recht unterschioedlichen mitteleuropäischen Verhältnisse übertragbar, aber vieles. Und alles ist sehr anregend.

Die Fortexistenz der Tradition hängt heute vielleicht noch mehr als in den 70er Jahren vom Engagement, um nicht zu sagen von der „participtio actuosa“, der rechtgläubigen Laien ab. Priester sind, wenn sie sich auch nur die geringste Blöße geben, verhältnismäßig leicht zu disziplinieren und herauszudrängen. Der Fall Pavone in den USA kann zur Mahnung dienen. Und dabei ist Pavone noch nicht einmal liturgischer Traditionalist.Aaber er widersetzt sich nach Kräften dem Schmusekurs von Teilen der US-Hierarchie gegenüber den Säkularisierungstendenzen in Kirche und Politik - und schon das ist zuviel.

Für die Anhänger der überlieferten Liturgie und Lehre ist daraus noch eine weitere Lehre zu ziehen: Vielleicht sollten wir in Zukunft immer von „überlieferter Lehre und Liturgie“ sprechen, die Reihenfolge also bewußt umkehren. Denn unter denen, die an der überlieferten Lehre festhalten wollen, und das nicht nur behaupten, sondern auch tatsächlich tun, sind unterschiedliche Ansichten zur Liturgie in beträchtlichem Ausmaß zu ertragen.

UVK-III: Vortrag Bischof Schneider

Soeben ist die dritte Ausgabe der Una-Voce Korrespondenz 2022 erschienen. Inhaltliches Schwergewicht ist die die deutsche Übersetzung des Vortrages von Weihbischof Athanasius Schneider bei der Catholic Identity Cionference 2022 Anfang Oktober in Pittsburgh, über den wir hier bereits kurz nach der Konferenz berichtet hatten. Unsere damalige Zusammenfassung hat zwar alle wesentlichen Punkte erfasst, aber sie kann die Lektüre des vollständigen Textes nicht ersetzen. Zum einen wegen der zahlreichen Zitate aus den Schriften des Alten und des Neuen Testaments sowie den Werken der Kirchenväter, mit denen der Bischof das Wesen der Liturgie beschreibt und begründet, warum sie willkürlicher Veränderung durch Gremien – und hätten sie auch den Auftrag und die Bestätigung eines Papstes selbst – entzogen ist. Dann aber auch wegen des überaus ernsten Tones, in dem Bischof Schneider seine Argumente vorträgt: Nein, es geht hier nicht um subjektive Vorlieben oder echte bzw. vermeintliche pastorale Notwendigkeiten, sondern es geht um das Herzstück des Gottes-Dienstes der Kirche selbst.

Der Widerstand gegen den römischen Angriff, der die überlieferte Liturgie und Lehre aus der Kirche herausdrängen will, ist kein Akt nostalgischer Starrheit oder gar ein Aufstand gegen Papst und Konzil, sondern eine Zeichen der Liebe für die Kirche. Schneider:

Aus Treue und Liebe für die hl. Mutter Kirche und für die Ehre des Apostolischen Stuhles sehen sich Bischöfe, Priester und die Gläubigen unserer Tage dazu verpflichtet, die überlieferten Formen der heiligen Messe und der Feier der Sakramente zu bewahren. Die gegenwärtigen Machthaber hassen das Heilige und verfolgen daher die überlieferte Messe. Eure Antwort sollte nicht in Zorn und Verzweiflung bestehen, sondern in einer tief verwurzelten Gewissheit von der Wahrheit und des inneren Friedens und Vertrauens in die göttliche Vorsehung.“

Für jeden, der sich selbst vergewissern oder Menschen in seiner Umgebung von der Berechtigung dieser Aussage überzeugen will, ist der in der UVK gebotene vollständige Text des Vortrages von Bischof Schneider eine unentbehrliche Hilfe. - Bestelladresse am Ende unseres Artikels.

Zwei weitere Beiträge der aktuellen Ausgabe lassen Patres der Piusbruderschaft zu Wort kommen. Pater Jürgen Wegner FSSPX äußert sich im Gespräch mit Angela Kirsch zur Übernahme der mitten im Stadtzentrum von Wien gelegenen Minoritenkirche und den Plänen der Bruderschaft für den Ausbau dieses pastoralen Stützpunktes. In einem weiteren Gespräch, das Savio Löffler mit drei neu geweihten Priestern der Bruderschaft geführt hat, geben diese Einblick in ihre Motive und ihren Bildungsweg.

Der letzte größere Beitrag der Ausgabe wendet sich einem Thema zu, das nach Ansicht vieler Freunde der Tradition größere Beachtung verdient: Der Kirchenmusik. Auch dieser Artikel hat die Form eines Gesprächs. Angela Kirsch hat mit dem 2019 in den Ruhestand getretenen langjährigen Augsburger Domkapellmeister Reinhard Kammler über seine Erfahrungen über die Notwendigkeit, die Möglichkeiten aber auch die Grenzen einer der Tradition verpflichteten Kirchenmusik gesprochen. Domkapellmeister in Augsburg – das bedeutet, daß die Liturgie in der Regel nach den Büchern Pauls VI. zelebriert wird, aber auch da bieten sich nutzenswerte Möglichkeiten.

Mit diesen Beiträgen bildet die aktuelle Ausgabe der UVK ziemlich genau das Spannungsfeld ab, in dem sich künftig das Engagement der Verteidiger der überlieferten Lehre und Liturgie bewegen muß: Von der Piusbruderschaft bis zu den Priestern und Laien, die aus verschiedenen Gründen – das können berufliche, das können aber auch geistliche sein – in einem dem Novus Ordo verpflichteten Umfeld tätig sind. Diese Spannweite macht die Dinge nicht leichter, aber das entbindet nicht von der von Bischof Schneider so eindrucksvoll begründeten Verpflichtung, die Tradition gegen die Willkür dieses Pontifikats zu verteidigen.

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Bestellmöglichkeit für Einzelhefte oder Abonnements: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Gehorsam in der Krise

Bild: Eigene AufnahmeDas neueste Buch von Peter Kwasniewski, im Februar in den USA unter dem Titel „True Obedience in the Church“ bei Sophia Press erschienen, liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor: „Wahrer Gehorsam in der Kirche – Ein Leitfaden in schwerer Zeit“. Das Taschenbuch (116 Seiten, Preis 11,72 €) ist über die üblichen Bezugsquellen im Internet erhältlich. Und es bietet trotz des verhältnismäßig geringen Umfangs tatsächlich einen überaus hilfreichen Leitfaden zur Orientierung in der gegenwärtigen Kirchenkrise. Der Gebrauchswert des Buches wird noch einmal dadurch erhöht, daß die eigentliche Argumentation in einem Hauptteil von 64 Seiten leicht nachvollziehbar entwickelt wird, während Literaturhinweise und vertiefende Anmerkungen in einen 40-seitigen Anmerkungsteil am Schluß des Buches ausgelagert sind.

Unmittelbarer Anlaß zur Abfassung des Buches ist die Bedrohung, die von Traditionis Custodes für die Gemeinschaften und Gemeinden der überlieferten Liturgie ausgeht. Aber die allgemeine Kirchenkrise ist ja nicht allein eine Krise der Liturgie bzw. einer fehlgegangenen Liturgiereform. Sie ist eine Krise, die mit der modernistischen Umformung der Begriffe von Autorität und Gehorsam die gesamte Gestalt der Kirche, wie sie seit der Zeit der Apostel besteht, in Frage stellt. Dazu vorweg einige Überlegungen.

Der Gehorsam gegenüber Gott, dann aber auch gegenüber der von ihm eingesetzten Autorität, ist eine der großen Tugenden der Christen – solange die Autoritäten in Kirche und Gesellschaft sich dessen bewußt sind, daß sie nicht auf eigenem Recht und eigener Machtvollkommenheit beruhen, sondern diese Macht ihnen „von oben gegeben“ (Jesus vor Pilatus, Joh. 9,11) ist.

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Una-Voce Korrespondenz 2020

Die neuen Präfationen - ein wertvoller Zugewinn für die überlieferte Liturgie

Die vor einem Jahr neu für die Verwendung im überlieferten Ritus zugelassenen Präfationen (auf Summorum-Pontificum gemeldet hier mit Links auf weitere Informationen) haben bislang – über die kirchenpolitische Bedeutung dieser Zulassung hinaus – wenig Beachtung gefunden. Das nicht zuletzt deshalb, weil sie als „Übernahmen aus dem Missale von 1969“ deklariert worden sind und von daher auf das verbreitete und durchaus berechtigte Mißtrauen stoßen, das seitens der Tradition allem begegnet, was mit dem Ergebnis der Bugnini-Reformen zu tun hat. Allerdings sind nur zwei der Neuzulassungen tatsächlich Neuschöpfungen, die anderen gehen weitestgehend wörtlich auf altehrwürdige Vorbilder aus dem reichen Präfationenschatz der Tradition zurück, und die vier der neogallikanischen Tradition des 18. Jh. entstammenden Texte waren auch bisher schon (mit besonderer Genehmigung) in frankophonen Gemeinden der Tradition in Gebrauch. Für zwei davon liegen jetzt ausführliche Besprechungen von Heinz-Lothar Barth vor: Für die Präfation vom allerheiligsten Altarsakrament in Una-Voce Korrespondenz 2 des Jahres 2020 und für die Präfation von allen Heiligen und Patronen in der soeben erschienenen Doppelnummer 3 + 4 des gleichen Jahres.

Diese Besprechungen beschränken sich bei weitem nicht auf eine texthistorische Einordnung oder philologische Analyse der neu für die Verwendung mit dem Missale von 1962 zugelassenen Texte, sondern zielen darauf ab, den ganzen theologischen Reichtum der in ihren formelhaft verknappten Wendungen ausgedrückten Glaubenswahrheiten und Traditionen zu umreißen. Beide sind somit auf den Umfang von wenigen Seiten (25 bzw. 35) reduzierte Einführungen in den jeweiligen Gegenstand „Altarsakrament“ und „Heiligenlehre“ und dessen Beziehung zum Heilsgeschehen im Messopfer. Mit zahlreichen Bezügen auf in den Texten der Präfationen zitierte oder assoziierte Passagen der heiligen Schrift zeichnet Barth so ein eindrucksvolles Bild des vieldimensionalen „Glaubensgewebes“, das in der überlieferten Liturgie im Lauf vieler Jahrhunderte gewachsen ist und das in der Reformliturgie des 20. Jahrhunderts selbst da oft kaum noch zu erkennen ist, wo traditionelle Texte ganz oder teilweise übernommen worden sind.

Im Beitrag über die Präfation vom allerheiligsten Altarssakrament hebt der Autor beispielsweise mit besonderem Nachdruck die Elemente hervor, die das in der hl. Messe wieder und wieder vergegenwärtigte Kreuzesopfer mit dem Opferkult des alten Testamentes verbinden oder auch es davon unterscheiden. Dabei hält er sich nicht mit Kritik daran zurück, daß die moderne/modernistische Bibelwissenschaft das typologische Denken, von dem aus die oft schwer verständlichen Berichte des AT vielfach erst ihren Sinn erhalten, praktisch aufgegeben und sogar als unzulässig abgelehnt hat. Im Ergebnis hängen dann zentrale Aussagen beider Testamente quasi in der Luft und das Verständnis für die Opfertheologie der Kirche bleibt oberflächlich oder wird sogar fehlerhaft. Für jeden, der sein Verständnis vom Geschehen im heiligen Meßopfer vertiefen und rational erklären will, worin die oft mehr gefühlsmäßig wahrgenommenen Defekte der Reformliturgie begründet sind, ist dieser Beitrag Barths quasi als Pflichtlektüre zu empfehlen.

Das Gleiche kann man auch von dem zweiten nun erschienene Beitrag über die Präfation von den Heiligen und Patronen sagen.

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Die Hohenpriester des Alten und Neuen Bundes

Wikimedia Commons User 'ruge='Schon seit einigen Tagen liegt die wegen der Umstellung in der Schriftleitung ohnehin verspätet erschienene Ausgabe 2020/2 der UVK hier auf dem Schreibtisch und – was für gelegentliche Bezieher interessanter ist – auch zur Bestellung beim Verlag.

Im Zentrum der Ausgabe stehen zwei Beiträge von erheblicher Bedeutung für unser liturgisches Verständnis: Von Uwe C. Lay über die unterschiedlichen Wege der Herausbildung des jüdischen Synagogal-Gottesdienstes und des hl. Messopfers der Kirche, die schließlich zur Herausbildung von zwei – trotz der gemeinsamen Teile des Alten Testamentes – sehr unterschiedlichen Religionen geführt hat. Dann „Gedanken“ von Heinz Lothar Barth über die zur Verwendung in der überlieferten Liturgie neu zugelassenen Präfationen aus dem Messbuch Pauls VI.

Lay lenkt den Blick darauf, daß die heutige jüdische Religion nicht bruchlose das Erbe des im Alten Testament offenbarten Glaubens Israels antritt, sondern eine unter dem Eindruck der Zerstörung des Tempels – und wir ergänzen: Im Widerspruch gegen das sich herausbildende Christentum – entstandene in vielem durchaus neuartige Religion darstellt. Für das Judentum war mit der Katastrophe der Tempelzerstörung auch die Aufgabe des immerwährenden Opfers auf dem Zionsberg verbunden. Mit diesem Verlust vollzieht es gegenüber seiner eigenen Tradition sogar einen noch tiefer gehenden Bruch als das Christentum, das in seiner Liturgie neben dem transformierten Opfergedanken auch den Wortgottesdienst der synagogalen Tradition „beerbt“ hat. Zugrunde liegt dem die alles entscheidende Antwort auf die Frage, ob der seinem Volk verheißene Gesalbte und Erlöser, der Christos, bereits gekommen ist, oder nicht. Ohne Tempel kein Opfer, das ist schon richtig – aber mit Christus der ewige Hohepriester und sein immerwährendes Opfer.

In seinen Gedanken über die mit Quo magis neu bzw. allgemein zugelassenen Präfationen konzentriert sich Barth nicht auf philologische oder texthistorische Details – die sind in einiger Ausführlichkeit von Gregory di Pippo auf New Liturgical Movement behandelt - sondern arbeitet den theologischen Inhalt dieser auf sehr alte Überlieferungen zurückgehenden Texte heraus.

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