„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
Themen und Meldungen:
Spaltung und Einheit
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- 10. Juni 2021
Zur Entwicklung in Dijon (s. Randspalte) müssen wir uns aus Mangel an Information jeder Stellungnahme enthalten – außer, daß wir es in jedem Fall bedauern, wenn eine Priestergemeinschaft der Tradition ihr Tätigkeitsfeld in einer Diözese verliert. Deshalb können wir uns auch der Klage des französischen Distriktsoberen der FSSP über die in vielen Fällen unbefriedigende rechtliche Absicherung dieser Tätigkeit anschließen – eine vorteilhaftere Lösung böte z.B. die in Summorum Pontificum eröffnete Möglichkeit zur Errichtung von Personalpfarreien. Allerdings weigern sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland – vermutlich auf Druck der Mehrheit in den Bischofskonferenzen – sämtliche Bischöfe hartnäckig, solche Personalpfarreien zu errichten.
Als Grund für die Ablehnung der überlieferten Liturgie wird seitens der Bischöfe oft die Befürchtung genannt, damit würde Spaltung in die Gemeinden getragen. So argumentierte die von der französischen Bischofskonferenz an Stelle der einzelnen Bischöfe nach Rom geschickte Antwort auf die Umfrage der Gottesdienstkongregation, die wir hier referiert haben. Das gleiche Thema klingt an in der Erklärung aus Dijon, wenn es dort im letzten Absatz zur Rechtfertigung der getroffenen Maßnahme heißt, diese habe „kein anderes Ziel als die Stärkung der kirchlichen Einheit unter Wahrung der berechtigten Befindlichkeiten.“
Einheit und Spaltung, Bruch und Kontinuität – das sind quasi die Eckpunkte des Spannungsfeldes, in dem die Diskussion über Summorum-Pontificum und die Rolle des überlieferten Ritus in der Kirche stattfindet.
Der letzte Strohhalm der Bankrotteure
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- 07. Juni 2021
Wir wollten uns zur Motivlage der Kräfte äußern, die derzeit in Rom die „Neuinterpretation“ von Summorum pontificum betreiben und dafür – ohne allzu große Anstrengungen wahrscheinlich - das Wohlwollen des Papstes erreicht haben. Nun, einen guten Teil der Mühe hat uns Eric Sammons, der Chefredakteur von Crisis Magazine, abgenommen. In einem Artikel vom 4. 6. zeichnet er zunächst den Weg und die Situation der Zelebrationsmöglichkeiten für den überlieferte Ritus seit der Liturgiereform nach. Tatsächlich gab es eine erste sehr restriktive Ausnahmeregelung mit dem sog. „Agatha-Christie-Indult“ von 1971 bereits ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Reform – ein wichtiges Indiz dafür, daß das Missale Pius des V. nie formell „abgeschafft“, sondern nur im Gebrauch eingeschränkt worden ist. Von da an führt ein windungsreicher Weg zur (theoretisch) völligen Freigabe unter Papst Benedikt. In den letzten Absätzen seines Artikels wendet sich Sammons dann der Frage nach dem „Warum jetzt wieder rückwärts?“ zu – wir haben diesen Teil komplett übersetzt:
Unabhängig davon, wie wir die Auswirkungen (der „Neuinterpretation“) einschätzen, bleibt die Frage: Warum sollte sich Papst Franziskus darauf einlassen? Wenn der Vorsitzende der Geschäftsführung eines Großkonzerns beschließen würde, den am schnellsten wachsenden Bereich des Unternehmens dicht zu machen, würde das sicher für allgemeines Kopfschütteln sorgen. Warum also sollte Papst Franziskus darauf aus sein, die Reichweite der Bewegung einzuschränken, die, am Wachstum gemessen, in der heutigen Kirche den größten Erfolg hat?
Die wohl zutreffendste Antwort ist, daß er und andere Würdenträger des Vatikans hinter diesem Vorstoß wahrgenommen haben, daß das Wachstum der Gemeinden der Alten Messe nicht nur damit zu tun hat, wie diese Messe gefeiert wird. Dieses Wachstum steht in vielfacher Weise für eine Zurückweisung des gesamten nachkonziliaren Projektes, in das die Kirchenführer vom 2. Vatikanum bis zu Franziskus so viel investiert haben.
Was kommt da auf uns zu? - II
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- 04. Juni 2021
Nach aktuellem Stand der Informationen und Gerüchte zu den bevorstehenden Einschränkungen für den Gebrauch der überlieferten Liturgie plant der Vatikan ein zweistufiges Vorgehen. In einem ersten Schritt, der eher in Wochen als in Monaten erwartet wird, sollen die Regeln für den Gebrauch der Liturgie im Diözesanklerus und unter der Verantwortung der Ortsbischöfe neu gefasst werden. In einem zweiten Schritt, mit dem nicht vor dem Herbst gerechnet wird, sollen die Priestergemeinschaften des alten Ritus mit Nachdruck und erforderlichenfalls auch durch Zwangsmaßnahmen dazu aufgefordert werden, ihre Pastoral, ihr Gemeinschaftsleben und ihre Priesterausbildung an den „Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils“ auszurichten.
Eine solche Zweiteilung erscheint der Sache nach logisch und auch unter kirchenpolitischen Gesichtspunkten vorteilhaft für die Kräfte, die den überlieferten Ritus und die überlieferte Lehre und Spiritualität zurückdrängen wollen. Die Dokumente von Summorum Pontificum – das sind das Motu Proprio selbst, dann der Begleitbrief an die Bischöfe und schließlich die erst mit 4 Jahren Verspätung 2011 erlassenen Ausführungsbestimmungen – befassen sich im Wesentlichen mit Regeln für den Klerus bzw. die Gläubigen in den Diözesen und nehmen nur in wenigen Sonderfällen (z.B. hinsichtlich der heiligen Weihen) Bezug auf Fragen der Praxis in den Gemeinschaften, die möglicherweise in deren Gründungsdokumenten noch nicht ausreichend geklärt worden waren.
Der Vorteil einer solchen Zweiteilung für den Kurialapparat bestünde vor allem darin, den zu erwartenden Widerspruch und Widerstand hinsichtlich der Betroffenheit und der Interessensituation aufzuspalten und zeitlich über einen längeren Zeitraum zu entzerren.
Was die erwarteten Regeln für den Diözesanklerus betrifft, so gibt es über das hinaus, was wir bereits hier und hier mitteilen konnten, keine substantiellen neuen Informationen. Die Bischöfe erhalten für ihre Priester sowie für die diözesanen Kirchen und Gemeinden praktisch die volle Oberhoheit hinsichtlich Ort, Zeit, Teilnehmerzahl und -kreis sowie die Zelebrationsweise der überlieferten Liturgie. Irgendwelche eigenständigen oder gar einklagbaren Rechte für Klerus und Gläubige sind anscheinend nicht vorgesehen. Ob es – außer der hl. Messe – überhaupt noch Sakramentenspendungen in der überlieferten Form geben kann, ist ungewiss und wäre – Stichwort Kirchenbücher – in jedem Fall vom Wohlwollen des Ortsordinarius abhängig.
Hinsichtlich des Umgangs mit den Priestergemeinschaften, deren besonderes Charisma die Pflege der überlieferten Liturgie ist, liegen erst wenige Informationen vor. In Umrissen zeichnen sie folgendes Bild:
Fronleichnam
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- 03. Juni 2021
Treu dem heiligen Befehle
wandeln wir zum Heil der Seele
in sein Opfer Brot und Wein.
Doch wie uns der Glaube kündet,
der Gestalten Wesen schwindet,
Fleisch und Blut wird Brot und Wein.
Was das Auge nicht kann sehen,
der Verstand nicht kann verstehen,
sieht der feste Glaube ein.
Unter beiderlei Gestalten
hohe Dinge sind enthalten,
in den Zeichen tief verhüllt.
Blut ist Trank, und Fleisch ist Speise,
doch der Herr bleibt gleicherweise
ungeteilt in beider Bild.“
Diese Strophen stammen aus der großen Fronleichnamssequenz des hl. Thomas von Aquin. Den vollständigen Text finden Sie auf dem Hymnarium - dort auch die anderen eucharistischen Dichtungen des h. Thomas.
Im Jahr 2014 hat Summorum Pontificum die Liturgie und Geschichte von Fronleichnam eine Woche lang ausführlich dargestellt. Da sich seitdem für uns nichts geändert hat und in den nächsten 1000 Jahren auch nichts wesentliches ändern wird, hier die Links:
Zur Vigil von Fronleichnam
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- 02. Juni 2021
Zwei Passagen aus dem alten Testament, die auf das heiligste Sakrament des Altares vorausdeuten, sind allgemein bekannt: Das Opfer von Brot und Wein, das der Hohepriester Melchisedech beim Treuegelöbnis Abrahams darbrachte (Gen. 14), wird seit den frühesten Zeiten der Kirche im römischen Kanon als Vorgestalt des Meßopfers genannt. Und das Manna, das der Herr seinem wandernden Volk in der Wüste spendete, war nicht nur Nahrung zum Überleben. Es wird von Paulus im 1. Brief an die Korinther (Kap. 10) ausdrücklich als „geistliche Speise“ bezeichnet und zusammen mit dem wasserspendenden Felsen mit Christus gleichgesetzt. Auch dieser Abschnitt kommt in der Liturgie vor, und zwar als Lesung des Sonntags Septuagesima.
Weniger im allgemeinen Bewußtsein ist eine andere Erwähnung von Brot und Wein als Bestandteil des Tempelkultes – vielleicht, weil sie nicht in die Liturgie der Kirche aufgenommen worden ist und ihr Verständnis durch die gängigen Übersetzungen eher behindert als befördert wird. Die Rede ist von den zwölf „Schaubroten“, die auf einem goldenen Tisch im Heiligtum des Tempels bereitgestellt waren, zusammen mit dem Räucheraltar und dem Siebenarmigen Leuchter, durch einen Vorhang abgetrennt vom Allerheiligsten mit der Lade des Bundes. Die gesamte Einrichtung ist in Exodus 25 bis ins Detail beschrieben. Eine nach Auskunft von Kennern der alltestamentarischen Sprache bessere Übersetzung für die „Schaubrote“ wäre „Brote der Gegenwart“ oder „Brote des Angesichts“, denn zu den drei hohen Festtagen des Jahres, an denen die Juden aufgefordert waren, den Tempel zu besuchen „um das Angesicht Gottes zu schauen“ wurde der Tisch samt den Broten herausgetragen und der frommen Menge gezeigt. Allerdings nur in verhülltem Zustand, denn „kein Mensch kann das Angesicht Gottes schauen und am Leben bleiben.“ (Exodus 33)
Die „Brote der Gegenwart“ waren lebendige Zeichen der Gegenwart Gottes in seinem Tempel und in seinem Volk.
Was kommt da auf uns zu?
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- 31. Mai 2021
Noch gibt es keine zuverlässigen Informationen über die von Franziskus angekündigten „Interpretationen“ zu Summorum pontificum, aber zahlreiche Vermutungen. Einige davon sind durchaus ernst zu nehmen.
Die vielleicht interessanteste Überlegung: Da von „Interpretation“ die Rede ist, könnte der Text des Motu-Proprio selbst unangetastet bleiben – die geplanten Änderungen würden durch eine Neufassung der Ausführungsbestimmungen von Universae Ecclesiae von 2011 realisiert. Tiefergehende Eingriffe wären damit zunächst nicht nötig – allerdings müßte man gewisse Inkongruenzen zwischen dem Motu-Proprio – das als solches Gesetzeskraft hat – und den Ausführungsbestimmungen in Kauf nehmen. Genau damit muß man angesichts der in Rom zunehmend demonstrierten Geringschätzung des formalen Rechtes und seiner Normen rechnen.
Aktueller Vorgehensweise würde es entsprechen, die Veränderungen nicht als allgemein verbindliche Vorschriften zu fassen, sondern – unter dem Vorwand der Dezentralisierung und der Stärkung der bischöflichen Autorität – als „erweiterte Möglichkeiten“, oder „Optionen“, deren Umsetzung ganz oder teilweise in das Belieben der Ortsbischöfe gestellt wäre. Als sicher wird erwartet, daß die Ortsordinarien volle Autorität dahingehend erhalten, ob und wann und in welcher Form der Diözesanklerus im überlieferten Ritus zelebrieren kann. Aber auch Priester der altrituellen Gemeinschaften könnten für die Zelebration in Kirchen des Bistums diözesanen Vorschriften unterworfen werden. In diesem Zusammenhang könnte es dahin kommen, daß das bisher gültige Verbot von „Mischformen“ relativiert wird, so daß ggf. mit Lesungen nach dem neuen Lektionar und Kalender, Ministrantinnen, außerordentlichen Kommunionspendern und weiteren Errungenschaften des NO zu rechnen wäre. Auch die Spendung der Sakramente – insbesondere betroffen wären Taufen, Eheschließungen und Firmung – sollen dem Vernehmen nach noch stärker als bisher reguliert werden. Schon jetzt haben die Ordinariate über die Eintragung in den Kirchenbüchern hier erhebliche Einflußmöglichkeiten - bis dahin, z.B. die Firmung nach der alten Liturgie in ihrem Machtbereich unmöglich zu machen.