„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Obstsalat
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- 06. Dezember 2021
Aus der Berichterstattung von Vatican.va über eine auf der Reise von Papst Franziskus nach Zypern gehaltene Rede vor „Priestern, Ordensleuten, Diakonen, Katechisten, Kirchlichen Vereinigungen und Verbänden“ zitieren wir den folgenden Abschnitt:
Wenn ich euch anschaue, sehe ich den Reichtum eurer Vielfalt. Das ist wirklich ein schöner „Obstsalat“. Alle verschieden. Ich grüße die maronitische Kirche, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu auf die Insel gekommen ist und, oft unter großen Schwierigkeiten, im Glauben ausgeharrt hat. Wenn ich an den Libanon denke, macht mir die Krise, in der sich das Land befindet, große Sorgen und ich spüre das Leid eines Volkes, das erschöpft und von Gewalt und Schmerz geprüft ist. In meine Gebete lege ich den Wunsch nach Frieden, der aus dem Herzen dieses Landes aufsteigt, mit hinein Ich danke euch für das, was ihr in der Kirche für Zypern tut. Die Zedern des Libanon werden in der Heiligen Schrift oft als Sinnbilder für Schönheit und Größe erwähnt. Aber auch eine große Zeder beginnt mit den Wurzeln und sprießt langsam. Ihr seid diese Wurzeln, die nach Zypern umgepflanzt wurden, um den Duft und die Schönheit des Evangeliums zu verbreiten. Ich danke euch!
Ich grüße auch die lateinische Kirche, die hier seit Jahrtausenden präsent ist, und die hier über diese Zeit mit ihren Söhnen und Töchtern den Enthusiasmus des Glaubens wachsen sah und die sich heute, dank der Anwesenheit so vieler Brüder und Schwestern mit Migrationshintergrund, als ein „vielfarbiges“ Volk präsentiert, als ein wahrer Ort der Begegnung verschiedener ethnischer Gruppen und Kulturen. Diese Gestalt der Kirche spiegelt die Rolle Zyperns auf dem europäischen Kontinent wider: es ist ein Land mit goldenen Feldern, eine Insel, die von den Wellen des Meeres umspült wird, vor allem aber ist sie geschichtlich ein Geflecht von Völkern und ein Mosaik von Begegnungen. So ist auch die Kirche: katholisch, d.h. universal, ein offener Raum, in dem alle willkommen sind und wo alle Gottes Barmherzigkeit und die Einladung zum Lieben erreicht. In der katholischen Kirche gibt es keine Mauern und soll es keine Mauern geben. Das dürfen wir nicht vergessen! Keiner von uns ist hier als Prediger berufen, um Proselyten zu machen, nie. Die Proselytenmacherei ist steril, sie stiftet kein Leben. Wir sind alle von der Barmherzigkeit Gottes gerufen worden, die nicht müde wird zu rufen, die nicht müde wird, uns nahe zu sein, die nicht müde wird zu verzeihen. Wo liegen die Wurzeln unserer christlichen Berufung? In der Barmherzigkeit Gottes. Das dürfen wir nie vergessen. Der Herr enttäuscht nie. Er wartet immer auf uns. Es gibt und es darf keine Mauern in der katholischen Kirche geben, bitte! Sie ist ein gemeinsames Haus, sie ist ein Ort der Beziehung, sie ist ein Zusammenleben der Vielfalt: jener Ritus, jener andere Ritus …; einer denkt über die Kirche in einer Weise, jene Schwester hat sie so gesehen, eine andere wieder anders … Die Verschiedenheit aller, und in dieser Verschiedenheit der Reichtum der Einheit. Wer stiftet die Einheit? Der Heilige Geist. Und wer schafft die Verschiedenheit? Der Heilige Geist. Wer es fassen kann, der fasse es. Er ist der Urheber der Verschiedenheit und ist der Urheber der Harmonie. Der heilige Basilius sagte über ihn: „Ipse harmonia est.“ – „Er selbst ist Harmonie“ –. Er ist jener, der die Verschiedenheit der Gaben und die harmonische Einheit der Kirche schafft.“
Ist das nun die Aufhebung von Traditionis Custodes - oder ist es Wortsalat?
Geist und Ungeist des Konzils
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- 04. Dezember 2021
Kardinal Robert Sarah ist nicht nur ein bewährter Freund der Tradition in Lehre und Liturgie, er sieht sich auch mehr als viele andere als Brückenbauer; als jemand, der sich mehr bemüht, Gräben einzuebnen, als ihren Verlauf schärfer nachzuzeichnen. Das sollte man schon im Hinterkopf haben, wenn man über seine letzte Woche bekanntgewordene Interviewäußerung nachdenkt, Papst Franziskus wolle die überlieferte Liturgie nicht abschaffen, sondern er erwarte lediglich, „daß die alte Liturgie im Geiste des zweiten Vatikanischen Konzils gefeiert wird, was ja auch durchaus möglich ist“.
Nun wissen wir nicht genau, was der Kardinal damit gemeint hat – schließlich hat das Zweite Vatikanum viele Geister und Ungeister hervorgebracht, die manchmal überraschend nahe beieinander wohnen. Sollte er damit gemeint haben, daß die Zelebration der alten Messe nicht zwangsläufig Gegnerschaft zum Konzil aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bedeutet, kann man ihm da sicher folgen – schließlich war eine so verstandene „Hermeneutik der Reform in Kontinuität“ auch Grundlage von Papst Benedikts „Summorum Pontificum“. Andererseits scheint des Nachfolgers „Traditionis Custodes“ mit seiner Behauptung, der angeblich exakt dem Willen DES KONZILS entsprungene novus ordo sei einziger Ausdruck der lex credendi und lex orandi der römischen Kirche, geeignet, jeder Hermeneutik der Kontinuität die Grundlage zu entziehen und an deren Stelle eine Hermeneutik des Bruches zu setzen, die es tatsächlich zweifelhaft, ja sogar unmöglich erscheinen läßt, die vorkonziliare Liturgie ohne Widerspruch zum Konzil zu zelebrieren oder an ihr teilzunehmen.
Wir sind damit wieder auf die Frage der korrekten Lesung DES KONZILS zurückgeworfen, die seit inzwischen über 60 Jahren in der Kirche schwelt und schwärt und zu deren Beantwortung sich die nachkonziliaren Päpste bisher nicht im Stande gesehen haben. Da ihre Beantwortung auch unsere Kompetenz weit übersteigt, müssen wir uns darauf beschränken, danach Ausschau zu halten, was denn so gemeinhin als „Geist des Konzils“ verstanden wird. Also gar nicht erst versuchen, zu beurteilen, inwieweit dieser „Geist“ dem in seinen Texten oft unklare und widersprüchliche Konzil entspricht, sondern inwieweit er mit den sehr klaren und eindeutigen Gesten und Worten der überlieferten Liturgie kompatibel ist.
Wie zeichnet man ein zutreffendes Bild eines Geistes, wie soll man eine Geistererscheinung beurteilen?
Advent und das Heil Israels II
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- 02. Dezember 2021
In ersten Beitrag zum Thema war die Rede vom „Doppelcharakter“ des Advents mit seiner Hinwendung zur zweiten Wiederkunft Christi am Ende der Zeit und zur erinnernden Rückwendung an die Erwartung der Geburt des Erlösers in Bethlehem. Wenn man betrachtet, wie stark Rupert von Deutz diese Erinnerung parallel setzt zur messianischen Hoffnung des jüdischen Volkes auf seinen Messias, möchte man von einem dreifachen Charakter dieser Wochen sprechen: Bethlehem setzt keinen Schlusspunkt, sondern für die „ungläubigen“ (denn das ist die korrekte Übersetzung des inkriminierten „perfidis“ aus der traditionellen Karfreitagsfürbitte) Juden dauert der Advent an, wenn auch seit zweitausend Jahren an seinem Ausgang kein Zweifel an seinem Ausgang mehr möglich ist.
Daher zurück zu Ruperts Auslegung der Tagesliturgie vom 1. Adventssonntag:
Die Gnade dieses Mahls bezeichnet das Evangelium (Joh. 6, 1-15) im Offizium dieses Sonntages, das berichtet, der Herr habe mit fünf Broten fünftausend Männer gesättigt. Dann nämlich wird er die 5 Bücher des Mose den Juden erschließen, die jetzt der Knabe, nämlich dieses Volk mit seinem noch kindlichen Verstand, gleichsam wie fünf ganze Brote bringt, „und sie werden essen und sie werden gesättigt werden“ und auch „sie werden den Herrn loben, den sie suchen“ (Ps 22, 27; Vg. Ps 21, 27).
Dann wird sich jene Weissagungdes Propheten Jeremia erfüllen, die diesem Evangelium (in der Lesung Jer 23, 3-8) zu Recht vorausgeht: „Siehe, es werden Tage kommen, spricht der Herr, da man nicht mehr sagen wird: So wahr der Herr lebt, der die Kinder Israels aus dem Lande Ägypten herausgeführt hat, sondern: So wahr der Herr lebt, der die Nachkommenschaft des Hauses Israel aus dem Nordland und aus allen Ländern, in die ich sie verstoßen hatte, herausgeführt und heimgeführt hat, so daß sie wieder in ihrem Lande wohnen werden“ (Jer 23, 7f).
It's Good to Be Here
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- 02. Dezember 2021
Gestern fand vor dem obersten Gerichtshof der USA eine Anhörung statt, die möglicherweise entscheidende Bedeutung für die Fortgeltung des bestehenden Abtreibungs(un)rechts des Landes hat. Die Website TheCatholicThing brachte aus diesem Anlaß ein Gedicht des Kanadischen Dichters Alden Nowlan (1933 - 1983), das wir hier samt ein Photo des Autors und ohne Rücksicht auf Copyright und Verwertungsinteressen nachveröffentlichen:
I’m in trouble, she said
to him. That was the first
time in history that anyone
had ever spoken of me.
It was 1932 when she
was just fourteen years old
and men like him
worked all day for
one stinking dollar.
There’s quinine, she said.
That’s bullsh-t, he told her.
Then she cried and then
for a long time neither of them
said anything at all and then
their voices kept rising until
they were screaming at each other
and then there was another long silence and then
they began to talk very quietly and at last he said
well, I guess we’ll just have to make the best of it.
While I lay curled up,
my heart beating,
in the darkness inside her.
Alden Nowlan
Ex-Ecclesia-dei Gemeinschaften vor der Entscheidung
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- 30. November 2021
Die hier von uns als „demnächst zu erwartend“ beschriebenen Maßnahmen zur Einschränkung bzw. Komplettverbot der Tätigkeit traditionsorientierter Priestergemeinschaften sind in mehreren französischen Diözesen in den letzten Tagen bereits durch bischöfliches Dekret in Kraft gesetzt worden. Eine vermutlich bald zu erweiternde Übersicht gibt katholisches.info vom 2. 12.
Bereits im Juni hatten wir auf der Grundlage kursierender Gerüchte den Inhalt von Traditionis Custodes relativ zutreffend darstellen können.
Fragen zur Zukunft der ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften waren damals weitgehend im Nebel geblieben und wurden auch im Motu Proprio nicht angesprochen – anscheinend waren die Akteure sich selbst noch nicht über ihre dahingehenden Pläne im klaren. Das scheint sich inzwischen geändert zu haben. Die gerne ohne nähere Angabe zitierten „informierten Kreise“ erwarten noch für dieses Jahr die Einleitung von Maßnahmen, die diese Priestergemeinschaften „zur einzigen Zelebrationsweise des römischen Ritus zurückführen“ sollen, wie es in der Ausdrucksweise der römischen Neo-Orwellianer so schön heißt. Die Angelegenheiten erscheint dringlich, seitdem sich im Kreis der Urheber von TC die Meinung durchgesetzt hat, die bereits seit längerem erwarteten Durchführungsbestimmungen zum MP könnten erst dann ausformuliert und in Kraft gesetzt werden, wenn das „Problem“ der Priestergemeinschaften zumindest im Grundsatz „gelöst“ ist.
Ein besonderes Gesetz dazu wird nach unseren Informationen derzeit nicht erwartet. Anscheinend ist man in Rom der Ansicht, der Status der Gemeinschaften als „Gesellschaften Päpstlichen Rechts“ eröffne unmittelbare Zugriffsmöglichkeiten. Dazu könnten „päpstliche Delegierte“ eingesetzt werden, die zwar nicht – wie ein von der Ordenskongregation eingesetzter Kommissar – den bestehenden Oberen ablösen, ihm aber dennoch übergeordnet sind. Sie würden die Oberen anweisen, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um ihre Gemeinschaften „mit dem Geist des Konzils zu versöhnen“ und als grundlegenden ersten Schritt dazu die generelle Zelebration nach der Reformierten Liturgie anzuordnen. Auf dieser Grundlage könnten dann in Zusammenarbeit mit den Ortsbischöfen Pläne für die Einbeziehung in die Seelsorge entwickelt werden.
Für die öffentliche Zelebration der überlieferten Liturgie kämen die Priester der Gemeinschaften, wenn wir unsere Quellen richtig verstanden haben, allerdings nicht in Frage – diese Aufgabe, die aus pastoraler Barmherzigkeit für begrenzte Zeit zu tragen ist, müßten in ihrer Konzilstreue bewährte Kräfte des Diözesanklerus auf sich nehmen.
Advent und das Heil Israels
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- 29. November 2021
Der Advent hat seit alters her einen Doppelcharakter: Er beginnt im Hinblick auf die zweite Wiederkunft Christi als Weltenrichter und wendet sich dann der frohen Erwartung des ersten Kommens Christi in Bethlehem zu, der Inkarnation, mit der das göttliche Wort sein Werk der Erlösung der gefallenen Menschheit begonnen hat. In dieser Erwartung auf die Ankunft des Erlösers sieht sich die Kirche vereint mit den messianischen Hoffnungen der frommen Juden, die gerade in den Jahrhunderten vor der Weltenwende von Bethlehem einen neuen Höhepunkt erreicht hatten. Umso tragischer daher, daß ein großer, der größerer Teil seines auserwählten Volkes den Messias in der Form, in der er dann schließlich erschien, nicht erkannte, nicht anerkannte, und schließlich sogar dem Tod am Kreuz überlieferte, und ohne Einsicht blieb für das Geheimnis, daß gerade durch diesen Opfertod das Werk der Erlösung vollendet wurde.
Der tiefe Gegensatz zwischen den Anhängern des bereits erschienen und des noch zu erwartenden Messias führte in eine leidvolle Geschichte von gegenseitiger Verachtung und Verfolgung, die in der jüngeren Zeit von interessierter Seite zur Hauptursache des rassistischen Antisemitismus der Moderne umgefälscht worden ist und in der Gegenwart unter dem alles andere überwältigenden Eindruck der faschistischen Judenverfolgung auch und gerade innerhalb der Kirche zum Anlaß genommen wird, die tatsächliche Bedeutung der Inkarnation und des Leidens von Jesus dem Messias herunterzuspielen und angeblichen antisemitischen Tendenzen des überlieferten Glaubens einen hauptsächlich politisch motivierten „Prosemitismus“ gegenüberzustellen. Bis hin zu der abenteuerlichen Konstruktion eines Sonderwegs für Juden zum ewigen Heil, der quasi um die Anerkennung der Erlösungstat Christi herumführen soll. Eines von vielen Zeugnissen der Selbstsäkularisierung der Kirche, deren Leitungspersonal im Bestreben, sich des Beifalls der Weltmächtigen zu versichern, bereit ist, eine ihrer in Evangelium und Tradition begründeten Glaubenspositionen nach der anderen in Frage zu stellen oder komplett zu räumen.
Die Behauptung, die traditionelle Glaubens- und Gebetsform der Kirche sei von Antisemitismus durchdrungen, spielt auch im Kampf gegen die überlieferte Liturgie keine geringe Rolle. Erinnert sei hier nur an die gerade lächerliche Auseinandersetzung um die „Fürbitte für die Juden" in der Karfreitagsliturgie. Nun soll hier gar nicht bestritten werden, daß es in der Kirche, die immer wieder auch vom Ungeist ihres jeweiligen Zeitalters beeinflusst wird, auch Antisemitismus gegeben habe. Seine Spuren sowohl im politischen Agieren allzu weltlich gesinnter Kirchenfürsten als auch in abergläubischen Verirrungen ungebildeter Volksschichten sind unübersehbar. Die Liturgie als der authentische Ort der Artikulation des Glaubens ist davon bemerkenswert frei geblieben – sie hat die Achtung vor und die christliche Liebe zu den irrenden „älteren Brüdern“ stets bewahrt – auch in der Karfreitagsfürbitte.
Der Belesenheit von Fr. Hunwicke verdanken wir den Hinweis auf ein ganz bemerkenswertes Zeugnis dieser Haltung – aber der Reihe nach. Die stark endzeitlich geprägten beiden letzten Sonntage des Kirchenjahres haben als Introitus zunächst eine Prophezeiung aus dem Buch Jeremias: „So spricht der Herr: Ich denke Gedanken des Friedens, nicht des Verderbens. Ihr werdet zu mir rufen, und ich werde euch erhören. Heimführen werde ich euch aus der Gefangenschaft von überall her.“ Dem folgt – freilich nur im Vetus Ordo – noch eine Zeile aus Psalm 84: „Herr, Du hast Dein Land gesegnet und Jakob heimgeführt aus der Gefangenschaft“. Der „Schott“ kommentiert diesen Introitus zusammen mit anderen moderneren Erklärern ganz allgemein im Hinblick auf die Wiederkunft des Herrn und das erhoffte gnädige Gericht – wogegen nichts einzuwenden ist. Fr. Hunwicke macht jedoch darauf aufmerksam, daß Rupert von Deutz aus dem 11. Jahrhundert im finsteren Mittelalter diesem selbstverständlich auch in seiner Zeit schon zum Ende des Kirchenjahres gebräuchlichen Introitus eine zwar keinesfalls widersprechende, aber doch präzisere Deutung unterlegt.
Vielleicht motiviert durch die ausdrückliche Nennung von „Jakob“ als Chiffre für das auserwählte Volk im Vers aus dem Psalm bezieht Rupert den ganzen Introitus und von da her das ganze Proprium dieser Messe auf die endliche Versöhnung ganz Israels, das für ihn und die überlieferte Liturgie eben nicht in Verworfenheit und Verdammnis versinkt, sondern zur Erlösung bestimmt ist:
So sehr verrichtet die hochheilige Kirch4 nach der Aussage des Apostels Paulus „Gebete, Fürbitten und Danksagungen für alle Menschen“ (1.Tim 2,1), daß sie eenso für das zukünftige Heil der Kinder Israels Dank sagt, von denen sie weiß, daß auch sie einmal mit ihrem Leibe vereint werden sollen. Denn weil am Ende der Welt „der Rest“ von ihnen gerettet wird (Röm 9,27), freut sie sich in diesem letzten Offizium des Kirchenjahres über sie , die ja künftig ihre Glieder sein werden. Daher verkündigen ihre Worte im Introitus immerdar, was für sie geweissagt worden ist: „So spricht der Herr, ich denke Gedanken des Friedens und nicht des Verderbens (Jer 29,11). Gedanken des Friedens und nicht des Verderbens gedenkt nämlich der, der ein Gastmahl seiner Gnade mit diesen seinen Brüdern dem Fleische nach zu halten verheißt, wie es durch den Patriarchen Joseph vorausgebildet worden ist. Denn wie zu ihm, der Herr über das ganze Land Ägypten war, seine von Hunger getriebenen Brüder, die ihn verkauft hatt4en, gekommen sind, von ihm wiedererkannt und aufgenommen worden sind, und er mit ihnen ein festliches Gastmahl gehalten hat, so wird ebenfalls zu unserem Herrn, der Herrschwer über die ganze Welt ist – auch über die Ägypter, das heißt die Heiden, die in der Finsternis der Sünde gewesen waren und die er mit dem Brot des Lebens (vergl. Joh. 6,35) in reicherer Fülle nährt –, der Rest der Kinder Israels zurückkehren und in Gnade aufgenommen werden von ihm, den sie verleugnet und getötet haben, und dann wird er mit ihnen Mahl halten, und dieser Joseph (sc. Christus) wird mit seinen Brüdern trunken vor Freude sein.“ (Übersetzung zitiert nach Band 33/4 der Fontes Christiani)
Den zweiten Teil der Explikation Ruperts zum letzten Tag des Kirchenjahres als Vorhersage und Dank für die Rettung des „Restes Israels“ wollen wir an einem der nächsten Tage unter dem besonderen Aspekt des darin ausgedrückten allegorischen Verständnisses der Heiligen Schrift darstellen.