Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“
Antwort: „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“
Frage Nr. 1 aus dem „Grünen Schulkatechismus“ von 1955
Themen und Meldungen:
„Los von Rom“- ohne Schisma?
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- 22. März 2019
In zwei Beiträgen der vergangenen Tage haben wir uns mit dem immer offener zu Tage tretenden Bestreben der Mehrheit in der Deutschen Bischoskonferenz befasst, zukünftig in zentralen Fragen der Lehre und der kirchlichen Disziplin einen eigenständigen Weg entsprechend den Vorgaben säkularen Zeitgeistes und modernistischer Theologie (gibt es da Unterschiede?) zu beschreiten. Also wieder einmal: Los von Rom.
Los von Rom? Nicht unbedingt. Das Pontifikat von Franziskus hat in modernistischen Kreisen die Hoffnung geweckt, daß „Rom“ künftig darauf verzichten wird, die traditionell gewahrte Einheit von Lehre und Disziplin zu wahren - auch da nicht, wo essentielle Fragen angesprochen sind. Der „Vorsitz in der Liebe“ begnügt sich mit der Rolle des Frühstückspräsidenten - wer möchte dem widersagen?
Das Lehramt ist seit dem spktakulären „Wer bin ich, zu urteilen“ faktisch suspendiert - sieht man mal von dem einigermaßen größenwahnsinnigen Vorhaben ab, den Katechismus zur Zulässigkeit der Todesstrafe quasi im Alleingang und gegen 2000 Jahre Tradition umzuschreiben. Die deutsche Bischofskonferenz hat aus alledem den Schluß gezogen, daß sie in allem, was deutsche Theologen seit Jahrzehnten anstreben, bisher aber nicht durchsetzen konnten, freie Hand hat - ohne von Rom vor die Frage gestellt zu werden: Wollt ihr das Schisma?
Der moderne Relativismus kann mit dem Gedanken eines Schismas nichts mehr anfangen. Anything goes - solange es sich halbwegs mit den Ansprüchen des Zeitgeistes vereinbaren läßt. Was dem widerspricht, verfällt nicht nach traditioneller Weise dem spirituell und dogmatisch begründeten "Anathema", sondern wird politisch marginalisiert und ausgegrenzt.
Letzten Endes spielt alles, was sich auf die spirituellen und dogmatischen Ebenen bezieht, was „Übernatur“ im weitesten Sinne ist, für den Modernismus an der Macht keine Rolle mehr. Wir erleben nicht die Entstehung einer Neokatholischen Glaubensgemeinschaft, sondern die Herausbildung einer postkatholischen Säkularreligion, die als ideologisches Element einer globalen Einheitskultur fungiert. Traditionsbezüge spielen hier bestenfalls noch als nostalgische Erinnerung und Requisit täuschender Inszenierungen eine Rolle.
Wie weit der darauf gerichtete politische Prozess in der Bischofskonferenz bereits fortgeschritten ist, zeigt sich noch drastischer als in dem von Reinhard Marx vorgetragenen Ergebnis im Programm des „Studientages“, an dem teilzunehmen den Bischöfen auferlegt worden war. Dieses Programm und die dazu gehaltenen Referate sind auf der Website der Bischofskonferenz veröffentlicht. Danach war das Thema der Veranstaltung „Die Frage nach der Zäsur – zu übergreifenden Fragen, die sich gegenwärtig stellen“. Zäsur - das bezeichnet eine dramatische Wende, einen Paradigmenwechsel im wahrsten Sinne des Wortes. Nun, die Bischäfe haben nach einer Zäsur gefragt, und in drei (Julia Knop, Gregor Maria Hoff, Eberhard Schockenhoff) der vier veröffentlichten Vorträge wurden sie nach Wunsch bedient: Tenor: Bisher war alles falsch und verfehlt - richtig geht anders. Ganz anders.
Ein wenig aus der Reihe fällt Philipp Müller, der zwar für die Weihe von Viri Probati eintritt (als Personalreservoire betrachtet er die Gemeinde- und Pastoralreferenten), ansonsten aber außer einem leichten Bedauern, daß damit die Frage der Frauenordination noch nicht zu entscheiden sei, keine überschießenden revolutionären Neigungen erkennen läßt. Dabei ist es vielleicht kein Zufall, daß Müller der einzige aus der Professorenriege ist, der als früherer Regens eines Priesterseminars auch jemals ernsthaften Realitätskontakt hatte. Die anderen sind Bewohner akademischer Elfenbeintürme da, wo die Luft am dünnsten ist.
Der Herr sei ihrer Seele gnädig.
Liturgie ohne Sakrament
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- 21. März 2019
Daß der sexuelle Mißbrauch nicht von der Wollust, sondern vom Klerikalismus komme, haben die talking heads der Bischofskonferenz uns nun so lange eingehämmert, daß sie es selbst zu glauben scheinen. Also Feuer frei für die nächste Runde: Woher kommt der Klerikalismus? Der an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Erfurt beschäftigte Liturgiepolitiker B. Kranemann hat sich unlängst in einem Vortrag erbötig gemacht, eine gefällige Antwort zu geben: Schuld, mindestens eine Teilschuld, hat die Liturgie. „Liturgie kann verheerenden Klerikalismus fördern“ – so die Überschrift des entsprechenden Beitrag im Zentralorgan der Zweiten Reformation. Wir zitieren:
Es stelle sich die Frage, inwieweit die tagtäglich gefeierte Liturgie ein Amts- und Rollenverständnis, vor allem von Priestern, präge, das möglicherweise dazu beitrage, "dass Menschen anderen gegenüber Machtfantasien entwickeln und sie auch ausleben. ...
Der Zusammenhang von sozialer Rolle, kirchlichem Amt und sakralisiertem Handeln könne zu entsetzlichen Missverständnissen führen. "Er ist mindestens dazu angetan, einen verheerenden Klerikalismus zu fördern", urteilte der Liturgiewissenschaftler. "Die Liturgie stellt ein Bild von Kirche dar und übt Rollen ein, die problematisch werden können. Sie kann Klerikalismus produzieren und potenzieren. Das ist dann ein Beitrag zur Kirchenkrise."
Zwei Konsequenzen sind daraus zu ziehen, meint Kranemann: Zum einen sei eine verschärfte Auseinandersetzung mit der Problematik von Liturgie und Macht notwendig, die in der Vergangenheit viel zu wenig reflektiert worden sei. Man sieht: Der Mann werkelt gerade an der Begründung neuer Personalstellen für seinen Betrieb.
Und mit der zweiten kommt er zum reformatorische Kern der Sache: Es ist wieder einmal die Ökumene. Die sei nicht nur in der Liturgiewissenschaft dringend geboten, sondern müsse auch praktisch werden.
Ökumene in der Wissenschaft kann offenzulegen helfen, wo Selbstprofilierungen und Selbstüberhöhung im Gottesdienst dem Auftrag christlicher Kirchen entgegenstehen. ... Liturgiewissenschaft, die ökumenisch versiert ist, muss deshalb immer auch ein gutes Stück Kirchenkritik leben."
Damit, wie das aussehen soll, hält der kirchenpolitische Aktivist Kranemann denn auch nicht hinter dem Berg:
Es gibt mittlerweile Gegenden in Deutschland, in denen sich aufgrund der Zahlen von Christen vor Ort die Frage stellt, ob und wann ökumenische Liturgie der Regelfall sein muss, wenn man nicht ganz auf christliches Leben in Gemeinschaft vor Ort verzichten möchte." Es werde über die Frage eines gemeinsamen Abendmahls hinaus weitere Forderungen und Notwendigkeiten geben, über Ökumene in unterschiedlichen Liturgien nachzudenken.
In einem Satz und ohne Schnörkel: Die derzeit bereits vielfach praktizierte, aber doch zumindest in theologischer Sicht mit dem Makel einer gewissen Unvollkommenheit behaftete priesterlose „Wort-Gottes-Feier soll“ von der Ausnahme zum Normalfall, ja sogar zum Idealfall werden. Das nicht allein aus ökumenischer Notwendigkeit, sondern auch im Zeichen des Kampfes gegen den Mißbrauch. Wer wollte sich dem in den Weg stellen.
„Weitere Forderungen und Notwendigkeiten … über die Frage eines gemeinsamen Abendmahls hinaus“. Alles steht zur Disposition, alles ist möglich – zumindest solange es basisdemokratisch legitimiert und nicht durch patriarchale und hierarchische Strukturen kontaminiert ist. Das hl. Messopfer, wie es die Kirche zwei Jahrtausende lang gefeiert und noch das letzte Konzil als Quelle und Gipfelpunkt des kirchlichen Lebens bezeichnet hat, kommt nicht mehr vor. Die Institution des Priestertums ist als „toxisch“ erkannt; nicht mehr Christus, sondern die Gemeinde spendet sich die Sakramente – oder das, was ihr dazu genehm ist. Doch eine Kirche ohne Sakramente wäre keine Kirche mehr, sondern - bestenfalls - ein therapeutischer Verein.
Den deutschen Bischöfen scheint das genug zu sein. Nicht allen vielleicht - aber solange alle sich durch welche Erpressung auch immer (etwa Verleumdung als Spalter oder Ausschluß aus dem Kreis der Kirchensteuerempfangsberechtigten) von lauten Widerspruch abschrecken lassen, spielt das keine Rolle. Nur den Mund zu halten, vornehmer gesagt: sich der Stimme zu enthalten, reicht nicht.
So wächst das Schisma
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- 20. März 2019
Was sich seit längerem abzeichnet, nimmt nun Form an und Fahrt auf: Eine zweite Reformation und damit ein neues Schisma sind angesagt. Und diesmal getrieben nicht von einem Mönch, der bei der Suche nach dem barmherzigen Gott immer tiefer in Widerspruch zu den herrschenden Verhältnissen gerät, sondern von glaubensschwachen Bischöfen, die ihren Platz zumindest am Katzentisch dieser Verhältnisse um jeden Preis sichern wollen. Sich diesen Verhältnissen anzupassen ist für sie oberstes Gebot, und zur Unterwerfung ist es nicht weit.
Widerstand oder auch nur ein deutlicher Ordnungsruf aus Rom ist nicht zu erwarten. Der gegenwärtige Papst wäre dazu nicht nur unwillig, sondern auch unfähig. Er hat sich in seiner synodalen Ideologie selbst gefesselt. Auf den Nachfolger zu hoffen, bietet wenig mehr als einen Strohhalm. Wir sind auf uns gestellt – und auf die Hilfe des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat
Der Beschluß der Bischofskonferenz vom 14. 3. benennt drei Hauptpunkte für die anstehenden Beratungen – deren Ergebnis vermutlich bereits jetzt ebenso feststeht, wie das bei den inszenierten Bischofssynoden in Rom der Fall war:
Diese drei Hauptpunkte sind in der Zusammenfassung von katholisch.de: „der ‚nötige Machtabbau‘ bei den Klerikern, der Zölibat und die Sexualmoral der Kirche.“ Dabei wird man nicht fehlgehen mit der Vermutung, daß unter Machtabbau bei den Klerikern auch Schritte zur Frauenordination zu verstehen sind, vermutlich zunächst mit der Einführung eines weiblichen „Diakonats“, dessen sakramentaler Charakter bewußt unklar gelassen wird.
Der theologisch am wenigsten problematische Punkt in dieser Reihe ist der Zölibat. In anderen Kirchen mit vollem sakramentalen Charakter wird der Zölibat nur für die Vollstufe des Priesteramtes, also das Bischofsamt, gefordert. „Gewöhnliche“ Priester können vor der Weihe heiraten. Sie können – bis auf die Priesterweihe – alle Sakramente spenden, haben jedoch einen deutlich geringeren Status als die zölibatären Mönche. Geistlich und in Beziehung auf ihren Rang in der Kirche gelten sie in der Tat als „gewöhnlich“. In den katholischen Kirchen der östlichen Riten ist und war das prinzipiell ebenso. In der Kirche des Westens gibt es verheiratete Priester nach der Bekräftigung des Zölibats in Trient in größerer Zahl erst wieder seit ungefähr hundert Jahren. Der Zugang zur Weihe ist nach gegenwärtiger Handhabung konvertierten Geistlichen aus anderen Konfessionen vorbehalten und bedarf einer Sondergenehmigung aus Rom. Der Zölibat für alle Stufen des Weihesakraments ist damit eine spirituell bedeutsame Sonderdisziplin der römischen Kirche, über deren Ausgestaltung die Kirche in einiger Freiheit entscheiden kann. Den Rang eines Glaubensartikels hat er nicht.
Kirchenpolitisch hätte die Aufhebung des unzutreffend so genannten „Pflichtzölibats“ demgegenüber die allergrößte Bedeutung.
„Die Kirche folgt dem Weg Christi“
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- 18. März 2019
Der Blog uCatholic hat dieser Tage eine Rede von Papst Pius aus dem Jahr 1947 an die Bewohner von Rom übersetzt. In dieser Ansprache gegen die Ansprüche des Totalitarismus hatte der Papst natürlich den gerade überwundenen Faschismus und die soeben neu etablierte Herrschaft des Stalinismus über weite Teile Europas im Auge. Anlaß der Rede war die Verurteilung des ungarischen Kardinals Mindszenty als Feind des Volkes in einem stalinistischen Schauprozess. Es ist bestürzend, wie aktuell diese Rede in großen Teilen heute erscheint – und daß ihre Mahnung sich heute nicht nur gegen die Ansprüche des „Kapital-Stalinismus“ in China, sondern auch gegen die Ansprüche „liberaler“ Staaten richtet, die immer offener darangehen, ihre bürgerliche Liberalität gegen eine neue Spielart von Totalitarismus einzutauschen.
Im ersten und allgemeinen Teil seiner Rede, dem noch ein besonderer Abschnitt über die Situation in den damaligen „sozialistischen Ländern“ folgte, sagte der Papst unter anderem:
Es ist ein wohlbekanntes Verfahren der Christenverfolger aller Zeiten, daß sie sich nicht damit zufrieden geben, ihre Opfer physisch zu vernichten, sondern daß sie sie auch in den Augen ihres Landes und der Gesellschaft verächtlich und hassenswert erscheinen lassen. Wer erinnert sich nicht an die römischen Märtyrer, von denen Tacitus (Annalen 15:44) berichtet, die unter Nero hingeschlachtet und als Brandstifter, Verbrecher und Feinde der Menschheit hingestellt wurden?
Neuzeitliche Verfolger erweisen sich als gelehrige Schüler dieser häßlichen Disziplin. Sie ahmen ihre Meister und Vorbilder nach, ja sie übertreffen sie sogar an Grausamkeit. Geschickt setzen sie die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft ein, um die Völker in einer Weise zu beherrschen und zu versklaven, die in der Vergangenheit unvorstellbar gewesen wäre.
Römer! Die Kirche Christi folgt dem Weg, den ihr göttlicher Erlöser ihr vorgezeichnet hat. Sie sieht sich als ewig, sie weiß, daß sie nicht untergehen kann und daß selbst die gewaltigsten Stürme sie nicht zum Kentern bringen können. Sie verlangt keine Begünstigungen, die Drohungen und Schikanen irdischer Autoritäten bereiten ihr keine Furcht. In rein wirtschaftliche oder politische Fragen mischt sie sich nicht ein, und sie befasst sich auch nicht mit Diskussionen über die Nützlichkeit oder Schädlichkeit der einen oder der anderen Regierungsform. Sie ist stets bestrebt, Frieden mit allen (Röm 12:8) zu halten; sie gibt dem Kaiser, was des Kaisers ist – aber sie kann das, was Gott gehört, nicht verraten oder aufgeben.
Es ist wohlbekannt, was der totalitäre und religionsfeindliche Staat von ihr als den Preis der Duldung und einer prekären Anerkennung verlangt und erwartet:
- Eine Kirche, die schweigt, wenn sie offen sprechen sollte;
- Eine Kirche, die das Gebot Gottes abschwächt und sich dem Geschmack und Verlangen der Menschen anpasst, wo sie es doch laut verkünden und verteidigen sollte;
- Eine Kirche, dies sich von den unerschütterlichen Fundamenten, auf denen Christus sie errichtete, löst, um sich gemütlich auf dem Treibsand der Tagesmeinungen niederzulassen oder sich den gerade aktuellen Strömungen zu überlassen;
- Eine Kirche, die nicht gegen die Unterdrückung des Gewissens aufsteht und die ihnen zustehenden bürgerlichen Freiheitsrechte des Volkes nicht verteidigt;
- Eine Kirche, die sich in schmählicher Fügsamkeit in den vier Wänden ihres Tempels einschließt und den göttlichen Auftrag vergißt, den Christus ihr erteilt hat: (Mat. 22:9; 28:19): Geht hinaus an die Straßen und Kreuzungen und lehret alle Völker!
Geliebte Söhne und Töchter, geistliche Erben einer unzählbaren Heerschar von Bekennern und Märtytrern!
Ist das die Kirche die ihr verehrt und liebt? Würdet ihr in einer solche Kirche die Züge des Gesichts eurer Mutter wiedererkennen? Könnt ihr euch einen Nachfolger Petri vorstellen, der sich derartigen Ansprüchen beugen würde?
Der Papst hat die göttliche Zusage, daß er selbst in seiner menschlichen Schwäche unbesiegbar und unerschütterlich ist, er ist der Verkünder von Wahrheit und Gerechtigkeit, das Prinzip der Einheit der Kirche; seine Stimme prangert Irrtümer, Götzendienst und Aberglauben an, er verurteilt Ungerechtigkeiten und fördert die Zuneigung zu Nächstenliebe und Tugend.“
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Soweit unser übersetzter Auszug. Hier noch einmal der Link zur vollständigen englischen Übersetzung und zum italienischen Original.
Niedere Weihen in Toronto
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- 16. März 2019
In der Pfarrkirche St. Clement der Petrusbruderschaft in Toronto hat der amtierende Erzbischof von Toronto Terrence Prendergast SJ im vergangenen Februar einem Seminaristen die niederen Weihen erteilt. Die Weihe fand im Rahmen einer „stillen Messe eines höheren Prälaten“ statt – das ist in der überlieferten Liturgie die einzige zulässige Alternative zum Pontifikalamt.
Diese Weihezeremonie war durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet: Der Weihekandidat Theodore Avram SJ ist, wie das Kürzel anzeigt, Angehöriger des Jesuitenordens, in dem normalerweise die niederen Weihen nicht erteilt werden – diese waren bekanntlich 1972 von Paul VI mit Ministeria Quaedam „abgeschafft“ worden. Avram hatte ausdrücklich um den Empfang dieser Sakramentalien gebeten und offenbar auch die Genehmigung seiner Ordensoberen erhalten – der Umstand, daß der zuständige und der Tradition gegenüber wohlwollend eingestellte Ortsbischof Prendergast ebenfalls dem Jesuitenorden angehört, dürfte dabei hilfreich gewesen sein.
Die zweite Besonderheit liegt in dem Umstand, daß die Weihen im konkreten Fall anscheinend (der Bericht ist da nicht ganz eindeutig) alle auf einmal gespendet wurden. Das war zwar auch in der Vergangenheit nicht völlig unüblich, der Normalfall war jedoch der, daß diese Weihen einzeln oder zu zweien oder dreien zusammengefasst über die Dauer der Seminarszeit hinweg gestreckt erteilt wurden. So wird es gegenwärtig normalerweise auch in den Gemeinschaften der überlieferten Liturgie gehandhabt.
Diese zeitliche Streckung ist – das soll jetzt keine Kritik des aktuellen Vorgehens in Ottawa sein, das viele gute Gründe haben kann – generell auch höchst sinnvoll. Dafür gibt es natürliche ebenso wie übernatürliche Begründungen. Als Sakramentalien verleihen diese Weihen den Männern, die sie empfangen, besondere Gnaden und unterstützen sie damit auf dem schweren Weg ihrer Berufung. Gleichzeitig sind sie aber auch psychologisch eine wichtige Stütze auf diesem Weg, den sie in kurze und überschaubare Etappen zerlegen und dazu auch noch – quasi als Zwischenprüfungen – immer wieder Gelegenheit und Ansporn bieten, sich der Berufung zu vergewissern und diese durch eigene Anstrengungen zu festigen.
Es ist sicher keine Übertreibung, anzunehmen, daß die Abschaffung dieser Zwischenschritte eine wesentliche Ursache dafür ist, daß heute viele Priester so durch und durch säkular geprägt sind: Die nachkonziliare Kirche wollte Priester, die ganz von dieser Welt sind – und allzu oft hat sie welche bekommen, deren Blick auch nicht mehr über diese Welt hinausreicht.
Die Weihezeremonie von Ottawa ist von daher ein ermutigendes Zeichen, daß es – sogar innerhalb des immer stärker in moderne Häresien abgleitenden Jesuitenordens – auch Priesteramtsanwärter gibt, die diese Mechanismen durchschauen und versuchen, ihnen entgegenzuwirken.
Jahrestage der Reform
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- 14. März 2019
Dafür, daß sich in diesen Wochen und Monaten die 50. Jahrestage der Liturgiereform wie eine Kette schwarzer Perlen aneinanderreihen, ist es um dieses Thema erstaunlich ruhig. Vielleicht haben die unlängst veröffentlichten Daten über die radikale Auseinanderentwicklung des gelebten und bekannten Glaubens in „neurituellen“ und „altrituellen“ Gemeinden den nach wie vor in unangefochtenen Machtstellungen sitzenden Modernisten die Freude am Feiern verdorben. Die Rede von den „vielfältigen guten Früchten“ der Reform war noch nie so unglaubwürdig wie heute.. Doch zurück zu den Jahrestagen.
Am 17. Januar 1969 hatte das Consilium grünes Licht („ich genehmige und billige im Namen des Herrn“) von Papst Paul VI. erhalten, die bisherigen Ergebnisse seiner Umgestaltung des Ordo Missae zu veröffentlichen. Dabei ging es noch nicht um das gesamte Missale, dessen Fertigstellung noch Jahre in Anspruch nehmen sollte, sondern alleine um den Ordo und eine diesen begleitende 80-seitige Institutio generalis Missalis Romani. Diese Veröffentlichung war nicht nur zur Information gedacht, sondern sie sollte auch die Grundlage für die spätere Verwendung in der reformierten Liturgie bilden. Dennoch entschloss man sich, das große Werk als Pappband zu produzieren.
Am 11. März konnten das Consilium die Korrekturfahnen des Werkes dem Papst zustellen.
Am 10. April erteilte der Papst erteilte seine Zustimmung, wobei er aber noch einige geringfügige Änderungen verlangte.
Bereits unter Datum vom 6. April hatte der Präfekt der Heiligen Ritenkongregation Benno Card. Gut das Dekret (Prot. n. R 22/969) unterzeichnet, das die Verwendung des neuen Ordo ab dem ersten Adventssonntag (30. Nov. 1969) vorschrieb und gleichzeitig verfügte, daß die neue Institutio Generalis die bisher im Messbuch enthaltenen Dekrete Rubricæ generales, Ritus servandus... und De defectibus... ablösen sollte. Nicht im Dekret erwähnt, sondern vermutlich als Selbstverständlichkeit angenommen, war die in der Neufassung erfolgte Ersetzung der Bulle Quo Primum des Papstes Pius V. und anderer Bullen vorhergehender Päpste durch die nun allein vorangestellte Apostolische Constitution Missale Romanum von Paul VI.
Am 28. April stellte der Papst den Neuen Ordo in einem Consistorium den Kardinälen vor. Er bezeichnete ihn dabei als den „Gipfel des neuen Aufbaus der Messe, wie die Konzilsväter sie gewollt haben und die gestaltet wurde, um die Gläubigen dabei zu unzterstützen, immer bewußter und aktiver am Eucharistischen Opfer teilzunehmen“.
Am 2. Mai schließlich wurde der neue Ordo im Pressesaal offiziell vorgestellt. Damit wurde auch der Termin des Übergang am 1. Adventssonntag öffentlich bekannt gegeben. Anläßlich dieser Pressekonferenz wurden auch erste Exemplare der inzwischen gedruckten Broschüre verteilt, die ab diesem Tag dann auch im Buchhandel erhältlich war.
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Daten und Zitate nach A. Bugnini, the Reform of the Liturgy 1948-1975, Collegeville Minnesota, 1990, Seiten 383-392