„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Der Ritus sucht seine Kirche
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- 11. September 2021
Generell bringt es wenig, sich mit Äußerungen aus Interviews des gegenwärtigen Papstes zu beschäftigen – schon der Psalmist wußte: „Erhitze dich nicht, es führt nu zu Bösem“(36,8). Aber in seinem jüngsten 90-Minuten-Interview für den Sender der spanischen Bischofskonferenz (COPE, hier eine leicht bearbeitete offizielle Fassung in Englisch; die ebenfalls von Vatikan News gebotene deutsche Version ist stark gekürzt und praktisch unbrauchbar) finden sich doch einige Sätze, die Anstoß zu weiteren Überlegungen geben können. Im Abschnitt zu Traditionis Custodes – der ehrlich gesagt ziemlich viel Unsinn und Unwahres enthält – verwendet Franziskus einigermaßen überraschend den Begriff „Bi-Ritualismus“ zur Beschreibung eben der Situation, die Papst Benedikt unter der Formel von den „zwei Formen des einen römischen Ritus“ zu erfassen versucht hatte. Franziskus beschreibt die Änderung, die sein Erlaß gegenüber der vorherigen Regelung bedeutet, so: „Ein Priester, der so (nach den alten Büchern) zelebrieren will, ist jetzt nicht mehr in der Lage wie zuvor – da konnte er aus Nostalgie oder nach eigenem Verlangen und ähnlichem so zelebrieren – und daher muß er eine Erlaubnis aus Rom einholen. Das ist eine Art von Erlaubnis zum Bi-Ritualismus, die nur von Rom erteilt wird. Wie bei einem Priester, der im Ostritus und im lateinischen Ritus zelebriert, der ist dann bi-rituell, aber mit römischer Erlaubnis.“
Drei mal „Biritualismus“ in einem Absatz! Das ist nicht nur ein Versprecher, hier enthüllt sich ein komplexer gedanklicher Ansatz, der davon ausgeht, daß der novus ordo und der usus recentior zwei verschiedene Riten darstellen. Damit will Franziskus einerseits offenbar die Konsequenz aus der Behauptung von TC ziehen, die überlieferte Liturgie sei nicht länger Ausdrucksform der „lex credendi“ des römischen Ritus, ja, sie gehört dem, was er unter „römischem Ritus“ versteht, gar nicht mehr an. Andererseits scheut er aber – den Weg hat Papst Benedikt versperrt – davor zurück, den Ritus pauschal für „abgeschafft“, nicht mehr anwendbar oder ungültig zu erklären – er verweist ihn aus der nachkonziliaren „Kirche des römischen Ritus“ irgendwohin in einen leeren Raum, wo er bis zu seinem Aussterben eine schattenhafte Existenz führen soll, streng reguliert durch die am römischen Zügel geführten Bischöfe.
Seinen jesuitischen Ratgebern und sicher auch ihm selbst mag das als ein besonders schlauer Schachzug erschienen sein: abzuschaffen ohne zu verbieten, mit der liturgischen Tradition zu brechen, ohne den Bruch formal zu ratifizieren. Allerdings gehen er bzw. seine Ratgeber mit der Hereinnahme des Begriffs vom „Bi-Ritualismus“ ein großes Risiko ein. Wie Franziskus mit seinem Hinweis auf die Ostriten selbst einräumt, ist die Rede vom Bi-Ritualismus nach bisherigem römischen Verständnis nur im Verhältnis zwischen Teilkirchen möglich und denkbar. Kein Ritus existiert im luftleeren Raum, und man kann ihn auch nicht in einen solchen verbannen.
Wir glauben den Quatsch nicht mehr!
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- 09. September 2021
Als vor bald 20 Jahren die ultra-progressive „Bischöfin“ Katharine Jefferts Schori die Leitung der (inzwischen zur Bedeutungslosigkeit geschrumpften) amerikanischen Episkopalkirche übernahm, machten einige konservative Episcopalians ihrem Unmut mit dem hier abgebildeten Meme Luft: Es legt der im herrischen Business-Look daherkommenden Chefin die Worte in den Mund: „Sie glauben den ganzen Quatsch nicht? Wir auch nicht! Willkommen in der Episkopalkirche!“ Mit der Erinnerung an diese Internet-Karikatur beginnt der amerikanische Historiker und Publizist Derrick Tailor einen Artikel zu „Traditionis Custodes“ im Crisis-Magazine, den wir hier mit einem zum Verständnis von Nicht-Beobachtern der US-Szene leicht veränderten Einleitungsabsatz übersetzt haben. Er enthält trotz seines leichten Tones eine der umfassendsten und plausibelsten zusammenschauende Erklärungen dafür, was sich derzeit in der Kirche abspielt, die wir seit langem gelesen haben. Taylor schreibt:
Seit dem Ende des zweiten Vatikanums haben die Kirchenführer, die in seinem Gefolge hochgekommen sind, unaufhörlich dafür gekämpft, ihre Interpretation des Konzils als höchste Richtschnur für Leben und Lehre der Kirche durchzusetzen. Wie allgemein bekannt, verteilen sich diese Führer auf zwei Lager (natürlich gibt es auch Zwischenpositionen), die Benedikt XVI. mit den Begriffen der Hermeneutiken des Bruches bzw. der Reform beschrieben hat.
Als Benedikt die alte Römische Liturgie befreite – die nun unvermeidlich zu einem Symbol für all das geworden ist, was die Kirche seit dem zweiten Vatikanum in der Praxis hinter sich gelassen hat – sagte er damit, daß wir nicht alles aus der Zeit vor dem zweiten Vatikanum aufgeben und daß die Weiterexistenz genau das zum Ausdruck bringt. Mit Custodes Traditionis hat Franziskus dem ganz klar widersprochen: Nein, wir glauben „diesen Quatsch“ nicht mehr. Ich sorge dafür, daß das verschwindet, so wie schon die Lehre bezüglich der Geschiedenen und Wiederverheirateten verschwunden ist, und daß damit auch alle die verschwinden, die sich mit der neuen Ordnung nicht anfreunden wollen.
Das, so scheint es, ist zumindest seine Absicht – ob er diese brutale Operation tatsächlich mit seinem Befehl fertig bringt, steht auf einem anderen Blatt. Benedikt könnte ihm einiges davon erzählen, daß die bloße Veröffentlichung eines Motu Proprio noch lange nicht bedeutet, daß die Bischöfe es auch durchsetzen – so wie auch Summorum Pontificum nur von wenigen umgesetzt worden ist. Die Frage der überlieferten Liturgie hat wie kaum etwas anderes das Problem der päpstlichen Autorität und der Einheit der Kirche auf die Tagesordnung gebracht.
Können Päpste durch ihren bloßen Willen da einen einheitlichen Glauben durchsetzen, wo er nicht ohnehin schon vorhanden ist?
Der Bruch als kirchliches Prinzip
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- 07. September 2021
P. Johannes Maria Schwarz im Video
Zum Ende seiner Sommerpause hat P. Johannes Maria Schwarz (Liechtenstein) das Internet-Apostolat auf dem Kanal „kathmedia“ mit einem Beitrag wieder aufgenommen, der sich zum größten Teil (ab 0:50) mit Traditionis Custodes und dessen Bedeutung für das Leben der Kirche beschäftigt. Ausführlich kritisiert er die als „Geist des Konzils“ verkleidete und seit dem Rücktritt von Papst Benedikt wieder verstärkt gegenüber der Hermeneutik der Kontinuität ins Feld geführte Hermeneutik des Bruches:
Diese radikal verschiedenen Auffassungen … sind nicht kompatibel. Kontinuität und Bruch sind nicht nur zwei unterschiedliche Interpretationen eines „Konzilsereignisses“; ihnen liegen zwei verschiedene Kirchenbilder zugrunde. Das eine katholisch – das andere nicht. Und das ist das eigentlich Verunsichernde an TC. Es ist nicht so sehr der autoritäre Machtakt selbst, nicht die unbarmherzige Strenge der Umsetzung, sondern die Implikation, daß das, was die Kirche durch die Jahrhunderte lehrte und heiligte, nun nicht nur in den Augen mancher als verbesserungswürdig oder historisch datiert zu gelten habe, sondern für den Glauben schädlich sei. Denn es werden nicht schismatische Tendenzen verurteilt oder die Anerkennung des zweiten Vatikanischen Konzils angemahnt, von jenen Gläubigen der Tradition, die es vielleicht betrifft, sondern es wurde ein Akt gesetzt, dessen erklärtes Ziel im Begleitschreiben die mittelfristige Auslöschung der alten kirchlichen liturgischen Tradition ist. Sind viele der problematischen Äußerungen im Pontifikat von Papst Franziskus durch Ambiguität noch irgendwie gedeckt, haben jene, die den Papst zu diesem Schritt beraten haben, den Bruch zum kirchlichen Prinzip erhoben.
Sich das ganze Video (10 min) anzusehen bzw. zu hören ist auch denen empfohlen, die sonst lieber Texte lesen. Hier noch einmal der Link.
TC ist erst der Anfang
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- 06. September 2021
Allzuviel hat sich nach dem als Kampfansage gegen die Tradition wahrgenommenen (und auch gemeinten) Erlaß von Traditionis Custodes in den letzten Wochen noch nicht geändert. Nach wie vor reagieren in den meisten Ländern die Bischöfe schleppend auf die neue Verordnung – einen Überblick zur Lage der Diözesen in England und Wales gibt es hier, an anderer Stelle werden Meldungen zum Stand der Dinge in allen Diözesen der Welt gesammelt und aufgelistet. Bisher sind dort mit Meldungen aus über 140 Bistümern hauptsächlich anglophone Länder vertreten. Das Projekt lebt von der Bereitschaft der Anhänger des überlieferten Ritus, Informationen aus ihrem Umfeld einzugeben.
Das viele Grün („keine Veränderung gegenüber vorher“ auf diesen Anzeigen sollte jedoch nicht zu dem voreiligen Schluß verleiten, daß die Auswirkungen des neuen MP schon nicht so gravierend sein würden, wie zunächst befürchtet. In vielen Diözesen – insbesondere gilt das auch für die in der Tabelle kaum erfaßten Länder Deutschland oder Italien – hatten die Ortsbischöfe schon bisher eine schwere Hand bei der Ermöglichung von Messfeiern im überlieferten Ritus – sie haben wenig Grund, etwas am Status quo ändern. Aussagekräftiger sind da womöglich die Einschränkungen, die an bisher als ehrer traditionsfreundlich gesehenen Orten verfügt worden sind – so z.B. in der amerikanischen Diözese Galveston-Houston unter Erzbischof DiNardo oder am päpstlichen Nordamerika-Kolleg PNAC in Rom. Dort wurde auch die (zusätzlich angebotene) Unterweisung der Seminaristen in der überlieferten Liturgie eingestellt – wie es heißt, nach unmittelbarer Einflußnahme aus den Kongregationen. Ein unheilkündendes Vorzeichen wenn man bedenkt, daß das PNAC insbesondere in Nordamerika als Musterseminar angesehen wurde. Doch offenbar soll die überlieferte Liturgie in der Priesterausbildung generell keinen Platz mehr haben – das ist nur logisch, wenn dieser Ritus ohnehin aus dem Leben der römischen Kirche „gecancelled“ werden soll
Tatsächlich hat „Rom“ zahllose Möglichkeiten, widerspenstige Bischöfe auf Linie zu bringen. Diese Möglichkeiten wurden in der Vergangenheit freilich so gut wie nie genutzt, um modernistische Abirrungen zu korrigieren. Doch Franziskus wird trotz allen Geredes von „Dezentralisierung“ nicht zögern, sie einzusetzen, um seine Politik durchzusetzen. Diese unbedingte Bereitschaft zum „Durchgriff“ ist übrigens auch hinsichtlich der Fülle von kompetenten und scharfsinnigen Analysen der juristischen Unzulänglichkeiten und Fehlleistungen zu berücksichtigen, von denen es in TC nur so wimmelt. Tatsächlich gilt es für alle Versuche, die Wirksamkeit von TC mit rechtlichen Mitteln einzuschränken: Wo solche Mittel wirklich zu einem Hindernis für die Absicht der Liturgierevolutionäre zur endgültigen Abschaffung der überlieferten Liturgie werden könnten – so etwa die von mehreren amerikanischen Diözesen ausgesprochene Dispens nach Canon 87 des kirchlichen Gesetzbuches – kann niemand das römische Regime daran hindern, lästige Paragraphen informell zu umgehen oder formell abzuschaffen. Präzedenzfälle in dieser Richtung hat er in den letzten Jahren mehr als genug geliefert – hagan lio!
Was also ist zu tun? Die gemeinsame Erklärung der Oberen der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften ist ein erfreuliches Zeichen, daß diese doch sehr unterschiedlichen Institute ein hohes Maß an Übereinstimmung erzielen konnten. Und sie haben ihre Position in deutlicher Sprache vertreten, die dennoch keinen Vorwand bietet, ihnen „spalterische Absichten“ (so hieß das damals im Stalinismus) zu unterstellen. Allerdings haben wir wenig Hoffnung, daß der von den Oberen erbetene „Dialog“ mit der Kirchenführung jetzt, wenn auch verspätet, doch noch zustande käme. Dialog führt die Kirche des Konzilsgeistes mit kirchenfeindlichen Verbänden, mit Ideologen des Amtsjudentums (zu verstehen in Analogie zur „Amtskirche“) und natürlich auch des Islam sowohl in seinen (vermeintlich) zivilisierten als auch seinen blutrünstigen Spielarten. Keinen Dialog gibt es unter dem gegenwärtigen Regiment mit denen, die – so die Sprachregelung „vor das Konzil zurück“ wollen, d.h. mit denen, die einfach nur katholisch sein wollen so, wie schon ihre Väter und Vorfahren das waren.
In einem haben Franziskus und seine Stichwortgeber in San Anselmo und Bologna ja auch recht: Zwischen dem, was immer und für alle katholisch war und dem, was unter dem Stichwort vom „Geist des Konzils“ seit 60 Jahren als „moderne Kirche“ propagiert wird, gibt es einen tiefgehenden Bruch, und dieser Bruch kommt nirgendwo so sehr zum Ausdruck wie in der Liturgie. Tatsächlich bildet die überlieferte Liturgie nach dem Ritus des hl. Gregor, dort, wo sie einen legitimen Platz in der Kirche hat, eines der letzten Halteseile, das die Kirche im 21. Jahrhundert vor dem endgültigen Abdriften weg von der Stiftung Christi und der apostolischen Überlieferung bewahrt. Nicht alle päpstlichen Wortmeldungen, aber die großen Interviews und die normgebenden Schriften und Maßnahmen dieses Pontifikats waren darauf gerichtet, diese Halteseile zu kappen und den Weg „von Kirche“ in eine neue Weltordnung des umfassenden Relativismus und einer nur auf dieser Grundlage erlaubten Vielfalt in Gleichgültigkeit zu bahnen.
Traditionis Custodes ist sicher der gewaltsamste Schritt, der auf diesem Weg bisher unternommen worden ist. Weitere werden folgen. Die auch im Sommer hoch produktive römische Gerüchteküche weiß zu melden, daß noch in diesem Monat ein weiterer Schritt geplant sei, der die Gemeinschaften der Tradition im Innern treffen müßte: Aufnahmestopp für neue Mitglieder, Aussetzung der Weihen für bestehende Seminaristen und – hier werden zwei Varianten gehandelt – gänzliche Aufhebung der Seminare oder deren Unterstellung unter eine Leitung im Dienste des Konzilsgeistes.
Inwieweit solche Maßnahmen den erwünschten Erfolg haben – das zeitlich mehr oder weniger geraffte oder erstreckte Aussterben der überlieferten Liturgie – hängt davon ab, ob die Gemeinschaften und ihre Priester die Kraft finden, den für Anhänger der Tradition ungewohnten Schritt in die Verweigerung des Gehorsams gegenüber ungerechten und schädlichen Befehlen zu gehen.
Hl. Athanasius, bitte für uns.
Athanasius der Große, (~300 – 373, mehrfach wegen seiner Verteidigung des rechten Glaubens exkommuniziert und verbannt, später als Kirchenlehrer geehrt.)
Reaktionen zur Erklärung der Oberen
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- 03. September 2021
Im Rahmen eines umfangreicheren Artikels zum Komunique der Ex-ED-Oberen hat LifeSiteNews Stimmen bekannter Vertreter der Tradition gesammelt und wiedergegeben. Die ersten Überlegungen zur Bedeutung dieses Dokuments von Peter Kwasniewski und einem Vertreter der Augustineroblaten erschienen uns besonders bemerkenswert – hier unser Wiedergabe:
Zum Thema der Gelübde mit denen sich die Angehörigen der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften auf die Pflege der überlieferten Lehre und Liturgie verpflichtet haben, führt Peter Kwasniewski aus: „Das ist wohl das stärkste Argument in diesem Text. Es wäre ein großer Akt der Ungerechtigkeit, die Mitglieder dieser Gemeinschaften zu etwas zu zwingen, das etwas ganz anderes ist, als das, was sie vorhatten und wozu sie sich verpflichtet haben. Viele Theologen sind der Ansicht, daß der päpstlichen Genehmigung der Regel oder der Grundordnung einer Ordensgemeinschaft Unfehlbarkeitsrang zukommt, weil es eine Quelle großer Übel wäre, wenn sich später herausstellte, daß sie häretische, schismatische oder sonstwie schädliche Elemente enthielte. Wenn das gegenwärtige vatikanische Regime die Regeln oder Ordnungen dieser Gemeinschaften verbietet, obwohl sie früher genehmigt worden sind, wäre das ein weiteres Beispiel für ihren Glauben, daß die Vergangenheit und die Gegenwart der Kirche miteinander in unvereinbarem Widerspruch stehen - ein schwerer innerer Widerspruch in der Ekkesiologie.“
Weiterhin lenkte Kwasniewski die Aufmerksamkeit auf einen stilistischen Kunstgriff der Autoren des Memorandums – er spricht von „rhetorischen Judo-Griffen“ - die an allen möglichen Stellen ihres Textes den Papst der Barmherzigkeit und seine Dokumente selbst zitieren: „Das mag zwar bei Prälaten, für die Ehrlichkeit und Konsistenz keine besonders große Rolle spielen, nicht verfangen“, … „doch es beleuchtet den Widerspruch zwischen der Behandlung, die den Oberen der Gemeinschaften widerfährt, und dem, wie sie als Katholiken in einem (bislang) geordneten Verhältnis zur Kirchenführung behandelt werden sollten. Letztlich läuft das darauf hinaus, Rom aufzufordern, nicht auf heuchlerische Weise, von oben herab und mit Vorurteilen und Intoleranz gegen die Vielfalt in der Kirche vorzugehen.“
Ein weiterer Gesprächspartner von LifeSiteNews, Br. Martin Navarro von den Oblaten des hl. Augustinus, richtet den Blick auf einen wohl nicht nur von ihm so empfundenen Mangel des Memorandums. Er kritisiert, daß die Oberen nur die Vollmitglieder und die geweihten Priester ihrer Gemeinschaften im Auge gehabt hätten und fragt: „Aber wie soll die Zukunft aussehen? Was wird aus den Seminaren? Was wird mit uns übrigen? Der Begleitbrief von Papst Franziskus zu Traditionis Custodes bekräftigt eindeutig seine Absicht, daß die überlieferte Liturgie für zukünftige Generationen von Katholiken verboten und vergessen sein soll.“
Das ist in der Tat die Schlüsselfrage, und niemand weiß das so gut wie die Fachleute von der Ordenskongregation, die seinerzeit die Zertrümmerung der Franzilskaner der Immakulata damit einleiteten, daß sie einen Aufnahme- und Weihestopp verfügten und die Seminare auflösten. An dieser Kampflinie wird sich entscheiden, ob die Kirche von Rom auch in Zukunft die Apostolische Kirche von zwei Jahrtausenden sein wird – oder zu einer Föderation säkularer Organisationen mutiert, die die Fesseln der Tradition abstreift und sich hier nach dem Vorbild des synodalen Weges, dort nach den Maximen der Befreiungsrevolution und wieder anderswo im Lichte von New-Age und Pachamama täglich neu erfindet. Modetolerant und weltoffen nach allen Seiten – nur nicht gegenüber ihrer eigene Tradition und ihrem Gründer Jesus Christus.
Hier noch einmal der Link zum ganzen Artikel von LifeStiteNews, und hier unser <Permalink>
Kommunique der Ecclesia-Dei-Oberen
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- 02. September 2021
Von links nach rechts: P. Mateusz Markiewicz (IBP), P. Michel (Regularkanoniker der Gottesmutter [Lagrasse]), Dom Marc Guyot OSB (Abtei La Garde), P. Andrzej Komorowski (FSSP), P. Louis- Marie de Blignières (FSVF), P. Yannick Vella (IBP), P. Benoît Paul-Joseph (FSSP), Dom Louis-Marie de Geyer OSB (Abtei Le Barroux), Msgr. Gilles Wach (ICRSS), kann. Louis Valadier (ICRSS), P. Mathieu Raffray (IBP) und P. Réginal-Marie Rivoire (FSVF).
Nach dem Abschluß des Treffens von Oberen der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften am 31. August in Courtalain (45 km südlich von Chartres) haben die Gemeinschaften, Klöster und Institute der Tradition eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die heute auf Rorate Cæli im englischen Volltext publiziert wurde. Hier unsere Übersetzung:
Kommunique
Die unterzeichnenden Institute wünschen vor allem anderen, ihre Liebe für die Kirche und ihre Treue zum heiligen Vater zu unterstreichen. Diese kindliche Liebe ist heute durch großes Leid beeinträchtigt. Wir fühlen uns verdächtigt, ins Abseits gedrängt und verbannt. Jedoch erkennen wir uns nicht wieder in der Beschreibung, die der Begleitbrief des Motu Proprio Traditionis Custodes vom 16. Juli 2021 von uns gibt.
„Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben...“ (I. Joh. 1, 8)
Wir sehen uns in keiner Weise als die „wahre Kirche“. Im Gegenteil sehen wir in der katholischen Kirche unsere Mutter, in der wir Erlösung und Glauben finden. Wir sind loyale Untertanen der Befehlsgewalt des obersten Pontifex und der Diözesanbischöfe, wie das aus den guten Beziehungen in den Diözesen (die unseren Angehörigen Funktionen als priesterliche Ratgeber, Archivare, Kanzler oder Richter anvertraut haben) sowie den Ergebnissen kanonischer und apostolischer Visitationen der vergangenen Jahre hervorgeht. Wir bekräftigen unsere Treue zum Lehramt (einschließlich dessen des II. Vatikanums und dem darauf folgenden) gemäß der katholischen Lehre von der ihm gebührenden Zustimmung (s. insbesondere Lumen Gentium Nr. 25 und Katechismus der katholischen Kirche Nr. 891 und 892), wie das zahlreiche Studien und Dissertationen belegen, die von uns in den vergangenen 33 Jahren vorgelegt wurden.
Hat es irgendwelche Mißgriffe gegeben? Wir sind wie jeder Christ dazu bereit, um Verzeihung zu bitten, wo eines unserer Mitglieder sich einer ungebührlichen Sprache oder einer Mißachtung der Autorität bedient haben sollte. Wofern parteiliche Gesinnung oder Stolz unsere Herzen verunreinigt haben, sind wir zur Umkehr bereit.
„Erfülle dem Höchsten deine Gelübde“ (Ps 49, 14)
Wir bitten um einen menschlichen, persönlichen und vertrauensvollen Dialog fern aller Ideologien und der Kälte administrativer Verordnungen. Wir hoffen auf ein Zusammentreffen mit einer Person, die für uns das mütterliche Gesicht der Kirche verkörpert. Wir würden ihr gerne vom Leiden, den Tragödien und der Trauer so vieler Laien-Gläubigen in aller Welt berichten, aber auch der Priester und der Ordensmänner- und -frauen, die ihr Leben im Vertrauen auf das Wort der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. eingesetzt haben.
Ihnen war versprochen worden, daß „alle Maßnahmen ergriffen würden, um die Identität ihrer Institute in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche sicherzustellen“. (1) Die ersten Institute haben mit Dankbarkeit die ihnen vom Heiligen Stuhl in voller Wahrung der traditionellen Lehre von der Glaubensvermittlung insbesondere im Bereich der Liturgie (entsprechend dem Memorandum vom 5. Mai 1988 zwischen Kardinal Ratzinger und Erzbischof Lefebvre) angebotene kanonische Anerkennung angenommen. Diese feierliche Verpflichtung fand ihren Ausdruck im Motu Proprio Ecclesia Dei vom 2. Juli 1988 und wurde dann auf verschiedene Weise für jedes der Institute in ihren Errichtungsdekreten und ihren Konstitutionen feierlich bekräftigt. Die Ordensmänner und -frauen sowie die Priester in unseren Instituten haben Gelübde auf diese Bestimmungen abgelegt oder dahingehende Verpflichtungen übernommen.
Auf solche Weise und im Vertrauen auf das Wort des höchsten Pontifex haben sie ihr Leben Christus zum Dienst an der Kirche geweiht. Diese Priester und Ordensleute haben der Kirche mit Hingabe und Entsagung gedient. Können wir sie heute dessen berauben, wozu sie sich verpflichtet haben? Können wir sie dessen berauben, was die Kirche ihnen durch den Mund der Päpste versprochen hat?
Hab‘ Geduld mit mir! (Mt. 18, 29)
Papst Franziskus „lädt die Hirten ein, liebevoll und gelassen zuzuhören, mit dem aufrichtigen Wunsch, mitten in das Drama der Menschen einzutreten und ihren Gesichtspunkt zu verstehen, um ihnen zu helfen, besser zu leben und ihren eigenen Ort in der Kirche zu erkennen.“ (Amoris Laetitia, 312). Wir würden so gerne das Drama, das wir erleben, einem väterlichen Herzen anvertrauen. Wir brauchen Zuhören und guten Willen, keine Verurteilung ohne vorherigen Dialog. Das harte Urteil bringt ein Gefühl der Ungerechtigkeit hervor und erzeugt Groll. Geduld erweicht die Herzen. Wir brauchen Zeit.
Heute ist die Rede von disziplinären apostolischen Visitationen unserer Institute. Wir bitten um brüderliche Zusammenkünfte, bei denen wir erklären können, was wir sind und warum wir uns bestimmten liturgischen Formen verpflichtet sehen. Vor allem wollen wir einen wahrhaft menschlichen und barmherzigen Dialog: „Hab‘ Geduld mit mir!“
„Circumdata varietate“ (Ps. 44, 10)
Am 13. August unterstrich der Heilige Vater, daß in Sachen der Liturgie “Einheit nicht Uniformität bedeutet, sondern die vielfältige Harmonie, die der Hl. Geist hervorbringt.(2).
Wir sind gerne bereit, unseren bescheidenen Beitrag zu dieser ebenso harmonischen wie vielfältigen Einheit zu leisten in dem Bewußtsein, daß, wie es Sacrosanctum Concilium lehrt, „Die Liturgie der Höhepunkt (ist), dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt.“ (SC Nr. 10)
Vertrauensvoll wenden wir uns zunächst an die französischen Bischöfe, einen wahrhaften Dialog zu eröffnen und einen Vermittler zu benennen, der für uns das menschliche Gesicht dieses Dialogs ist. Wir müssen „Urteile (...) vermeiden, welche die Komplexität der verschiedenen Situationen nicht berücksichtigen. ... Es geht darum, alle einzugliedern; man muss jedem Einzelnen helfen, seinen eigenen Weg zu finden, an der kirchlichen Gemeinschaft teilzuhaben, damit er sich als Empfänger einer » unverdienten, bedingungslosen und gegenleistungsfreien « Barmherzigkeit empfindet.“ (Amoris Laetitia Nr. 296-297).
Courtalaine, Frankreich, 31. August 2021 <Permalink>
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Für die unterzeichnenden Institute (nicht alle persönlich in Coutelaine anwesend):