Statio in S. Anastasia
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- 19. Februar 2013
Am Aschermittwoch war S. Anastasia Versammlungsort für die Prozession, die sich zur Statio in S. Sabina aufmachte - am Dienstag der Woche nach dem 1. Fastensonntag ist sie selbst Stationskirche. Der Ort dieser im 4. Jahrhundert erbauten Titelkirche, am Fuß des Palatin zwischen Zirkus Maximus und den höher gelegenen Kaiserpalästen auf Fundamenten, die wohl schon zu den Stützgewölben des Palastbezirks gehörten, hat dazu geführt, in der seit frühester Zeit als Stifterin und Wohltäterin genannten Anastasia ein Mitglied der kaiserlichen Familie zu vermuten - und tatsächlich hatte Kaiser Konstantin eine Stiefschwester eben dieses Namens. Im 5. Jahrhundert wurden dann Reliquien einer im Osten des Reiches überaus populären Märtyrerin Anastasia nach Rom und in diese zentral gelegene Kirche gebracht. Aus dem "Titulus Anastasiae" wurde der "Titulus Sanctae Anastasiae".
Zu dieser Zeit war das alte Zentrum Roms mit seinen Tempeln, Arenen und Staatsgebäuden noch weitgehend erhalten und in Funktion, so daß es dort kaum Raum für größere Kirchenbauten gab. Die frühen innerstädtichen Kirchen, viele überdies aus Privathäusern hervorgegangen, sind daher meist deutlich kleiner als die außerhalb der Mauern über den Märtyrergräbern errichteten. S. Anastasia, prominent gelegen am Verbindungsweg zwischen dem Forum Romanum und dem Circus Maximus, war eher eine Stadtkirche, vielleicht sogar eine Palastkirche. Jedenfalls trug sie als dritte Kirche neben S. Giovanni in Laterano und der in S. Maria Maggiore aufgegangenen liberianischen Basilika den Titel einer Hofkirche. Vom Bau dieser frühen Kirche sind heute außer den Fundamenten nur noch einige Mauern im Chorbereich erhalten, der größere Teil des Baus geht auf das 13., die gesamte Innenausstattung auf das 17. und frühe 18. Jahrhundert zurück
Wie zentral der Titulus Anastasiae zur Zeit seiner Errichtung wirklich lag, kann man erst seit dem Jahr 2007 in vollem Umfang ermessen: In diesem Jahr wurde eine kurz zuvor 10 m tief im Hügel des Palatin aufgefundene reich mit Mosaiken ausgeschmückte Grotte als das verloren geglaubte Lupercale identifiziert - das in der sagenhaften Höhle der wölfischen Amme von Romulus und Remus eingerichtete Staatsheiligtum von Republik und Kaiserreich. S. Anastasie liegt gerade einmal 50 m davon entfernt. Zum Velabrum, wo - 1000 Jahre früher - die Zwillinge angeschwemmt worden waren und wo heute die Kirche des hl. Georg steht, sind es 120 m, und nur wenig weiter zum alten Stadthafen und den Märkten für Rinder und Gemüse.
Johann Peter Kirsch deutet einen Zusammenhang zwischen dieser zentralen Lage und der Liturgie des Tages an:
Die Basilika hatte somit ihre erste bauliche Anlage. aus dem 4. Jahrhundert, als die Stationsfeier eingeführt und in dieses Gotteshaus verlegt ward. Mitten zwischen den in unmittelbarer Nähe gelegenen gewaltigen Denkmälern des antik-heidnischen Roms, die noch alle bestanden, fand damals der feierliche Gottesdienst der römischen Gläubigen hier statt; das Mysterium des Gekreuzigten hatte gesiegt über die alten Kulte des heidnischen Roms, deren Stätten bald verschlossen und verödet standen. Nur im anstoßenden Circus Maximus übten noch die Wettrennen ihre alte Anziehungskraft auf das Volk auch der christlich gewordenen Hauptstadt aus; aber an diesem Dienstag der Fastenzeit waren es die Gebete der Buße, der Ruf de Heiligen Schrift nach innerer Umkehr und nach christlicher Tugend, die neben dem Zirkus in der Kirche der hl. Anastasia erklangen. An diese Gegensätze kann man wohl denken bei der Lesung des Evangeliums von der Säuberun des Tempels in Jerusalem durch den göttlichen Heiland, besonders auch im Hinblick auf das geschäftige Handelsviertel in der Nähe der Stationskirche. (...) Die Feier in der Stationskirche dieses Tages leitet den Geist in das ehrwürdige Altertum, zu den Anfängen der Liturgie der heiligen Quadragesima, zurück.