Statio in S. Maria in Trastevere
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- 28. Februar 2013
Für den Donnerstag nach dem zweiten Fastensonntag bleibt die Statio auf der anderen Tiberseite - in Santa Maria in Trastevere. Die Kirche liegt gerade einmal 500 m entfernt von S. Cecilia in Richtung Vatikan, dazwischen übrigens die dritte transtiberianische Stationskirche, die aber erst am Montag nach dem Passionssonntag dran ist. Auch S. Maria in Trastevere gehört zu den sehr alten Titelkirchen - ihr Ursprung ist ein von Papst Kalixtus I. (217 - 222) für die Christengemeinde gestiftetes Haus nahe der alten Via Aurelia in dem bereits sehr früh eine zwar als Basilika bezeichnete, aber vermutlich doch eher bescheidene Kirche eingerichtet wurde. Die heutige Kirche steht über einer von Papst Julius I. mitte des 4. Jahrhunderts neben der alten Titulus-Basilika erbauten Kirche - Teile des Fundaments und einige Säulen wurden in 5 - 7 m Tiefe unter der heutigen Kirche lokalisiert, sind bislang jedoch erst in Ansätzen erforscht.
Der Bau der heutigen Basilika wurde durch Innozenz II. (1130 - 1143) errichtet und bestimmt im Wesentlichen auch noch das heutige Erscheinungsbild der Kirche. Erhalten sind auch die Mosaiken der Apsiskuppel aus der Gründungszeit im 12. Jahrhundert und die wenig später im 13. Jahrhundert von Cavallini geschaffenen an den Apsiswänden. Der Eindruck dieser Bildwerke kann nur als überwältigend beschrieben werden - sie erweisen die gegenwärtig bei deutschen Renovierungen mit Fleiß applizierten weißen Wände nicht nur als traditionslose Modeerscheinung, sondern auch als Ausdruck völliger künstlerischer und seelsorgerischer Impotenz. Und des Willens, sich keinesfalls überwältigen zu lassen - auch nicht vom Göttlichen.
Das traditionelle Messformular des Tages reflektiert die Lage der Kirche gegenüber dem traditionellen Judenviertel auf der anderen Tiberseite, wo die - in Rom schon seit vorchristlicher Zeit in bedeutender Zahl ansässigen - Juden nicht erst seit der formellen Errichtung eines Ghettos im 16. Jahrhundert lebten: Nahe dem Stadthafen. Stadtviertel nach Nationalitäten waren in Altertum und Mittelalter eher die Regel als die Ausnahme, und die römischen Juden waren zwar durch päpstliche Privilegien und Schutzbriefe einigermaßen wirkungsvoll gegen Übergriffe geschützt, sahen sich jedoch stets aufgefordert, den Messias anzuerkennen, den ihre Vorfahren zu erkennen verweigert hatten.
Die Liturgie des hl. Gregor, dem die Bekehrung der Juden ein besonderes Anliegen war, ist an diesem Tag ganz durch diese Rede an die andere Tiberseite bestimmt: Die Lesung zitiert den Propheten Jeremias mit der auffordernden Gegenüberstellung: Verflucht sei der Mann, der sein Vertrauen auf Menschen setzt und dessen Herz abtrünnig wird vom Herrn - Gesegnet aber sei der Mann, der auf den Herrn vertraut, dessen Zuversicht der Herr ist. Das Evangelium bringt das Gleichnis vom armen Lazarus und dem reichen Prasser - nicht um die Juden ihres materiellen Reichtums wegen anzuklagen, der sich in der Zeit der Entstehung dieser Liturgie im völkerwanderungszerstörten Rom durchaus in Grenzen gehalten haben dürfte, sondern in einer geistigen Dimension: Der reiche Prasser steht für den sich seiner Gesetzesgerechtigkeit brüstenden Pharisäer - der arme und von Wunden bedeckte Lazarus für den Bekehrten, der sich seiner Fehler und Sünden bewußt geworden ist. So jedenfalls Gregor selbst in seiner vierzigsten Homilia, die denn auch ins alte römische Brevier aufgenommen worden ist. Das Offertorium macht sich die Worte Moses zu eigen: "Herr, was zürnst Du Deinem Volke? Halt ein mit dem Zorne Deines Herzens, gedenke Abrahams, Isaaks und Jakobs, denen Du geschworen, das Land zu geben, das von Milch und Honig fließt." Das Paradies, desen sich der arme Lazarus im Gleichnis erfreut, ist allen bestimmt, die Christus als Messias und Erlöser erkennen.
Die beiden Bilder stammen aus dem Photostream von Richard Mortel auf Flickr und stehen unter der Lizenz CC2.