Statio in S. Pudentiana

Die Kirche der hl. Pudentiana, an der die Statio des Dienstags in der dritten Fastenwoche gehalten wird, liegt unmittelbar hinter Maria Maggiore am Fuß des Viminal. Die altrömischen Kellergewölbe, über denen diese Kirche errichtet wurde und die bis ins 9. Jahrhundert in Benutzung waren, bildeten offenbar bereits im 3. Jahrhundert Bestandteile des dort bestehenden Titulus Pudentis. Nicht nur die Bauteile, auch urkundliche Erwähnungen reichen bis in diese Zeit zurück - das macht S. Pudentiana zu einer der ältesten nachweisbaren Titelkirchen Roms. In der Chorapsis sind heute noch Mauerteile dieses Baues aus der Kaiserzeit sichtbar.

Ende des 16. Jahrhunderts wurde der aus dem 4. Jahrhundert stammende Kirchenbau barock überformt, ohne ihn in seinen Grundzügen wesentlich zu verändern. Wie in anderen Fällen auch, diente diese Erneuerung nicht nur einer Anpassung an die aktuelle Mode, sondern hatte auch konservatorische Absichten, da die teilweise tausend Jahre alten Gemäuer in vielen Fällen vom Einsturz bedroht waren. In S. Pudentiana wird das besonders deutlich sichtbar: Hier wurden die antiken Säulen nicht vollständig in neue tragfähigere Pfeiler eingemauert, sondern blieben in der nach dem Mittelschiff hin offen gelassenen Ummauerung weiterhin sichtbar.

Die Namensähnlichkeit mit dem Stifter des Titulus ließ die Kirche zu einem Ort des Gedächtnisses der Märtyrerinnen Pudentiana (ursprünglich Potentiana) und Praxedis werden. Mittelalterliche Legenden (und mit ihnen Wikipedia) machen die Kirche zur ältesten erhaltenen Kirche Roms überhaupt, in der bzw. in deren Titulus bis in die Zeit Konstantins die Päpste residiert hätten. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte - ganz abgesehen davon, daß bis zur Zeit Konstantins von einem Residieren der Päpste nur in sehr übertragenem Sinne die Rede sein kann. Vermutlich geht diese Zuschreibung auf ein in der Kirche erhaltenes eindrucksvolles Petrus-Mosaik zurück, das jedoch ebenfalls dem Mittelalter zugehört. Das in der Apsiskuppel teilweise erhaltene Mosaik des himmlischen Jerusalem mit dem im Zentrum  thronenden Christus ist demgegenüber tatsächlich ein Werk des 4. Jahrhunderts und gilt als das älteste erhaltene Mosaik dieser Art.

Die Liturgie des Tages berichtet in der Lesung aus dem Buch der Könige vom Ölwunder des Propheten Elisäus, mit dem er die arme Witwe vor der Wegführung ihrer Söhne in die Schuldknechtschaft bewahrte. Eine Vorgestalt des Weinwunders von Kanaan und der wunderbaren Brotvermehrung, aber auch eine Anspielung auf das Katechumenenöl der bei der alsbald bevorstehenden Taufe reichlich fließenden Taufgnade und vielleicht auch auf die klugen Jungfrauen, als deren Verkörperungen Pudentiana und Praxedis zu gelten hatten.

Das Evangelium bringt den Bericht des hl. Matthäus über die Verleihung der Gewalt, zu binden und zu lösen, an Petrus und die anderen Apostel. Auch hier liegt es nahe, zunächst die Verbindung zur in der Taufe erfolgenden Vergebung aller Sünden zu sehen - ein in frühchristlichen Zeiten, in denen überwiegend Erwachsene und damit oft schwere Sünder getauft wurden, enorm wichtiger Gesichtspunkt. Die im Evangelium enthaltenen Aufforderungen zur liebevollen  Ermahnung fehlender Mitbrüder und zur Pflicht der immerwährenden Vergebung mag darüberhinaus eine passende Ermahnung an die neuen Täuflinge ebenso wie die alten Gemeindemitglieder gewesen sein, und da in diesem Evangelium Petrus ausdrücklich als Fragesteller erwähnt wird, läßt sich von daher auch eine besondere Verbindung zum Ersten der Apostel ziehen.