Statio in S. Apollinare

Die Statio des Donnerstags nach dem Passionssonntag ist in S. Apollinare unweit der Piazza Navona. Entsprechend der späten Einführung eines eigenen Gottesdienstes an den Donnerstagen der Fastenzeit wurde diese Statio eine der jüngeren Kirchen der Stadt zugewiesen - Quellenzeugnisse und die geringen baulichen Spuren der ersten Apollinaris-Kirche deuten ins 8. Jahrhundert. Die heutige Kirche und der benachbarte Palazzo sind Neubauten aus der Zeit von Papst Benedikt XIV. (1740 - 1758). Dieser „Palast“ - so nannte man seit der frühen Neuzeit nicht nur die Adelssitze, sondern sämtliche größeren Verwaltungsgebäude oder Sitze öffentlicher Einrichtungen - beherbergte von 1574 - 1798 das Collegium Germanicum et Hungaricum. Der hl. Apollinaris war nach der Legende ein Gefährte des hl. Petrus, der bei der Ausbreitung des Glaubens in Norditalien in Ravenna den Märtyrertod erlitt.

Die Liturgie des Tages widmet die Aufmerksamkeit den Büßern, die an Ostern wieder voll in die Gemeinde aufgenommen werden sollten. Das entspricht der späten Entstehungszeit, in der die Erwachsenentaufe bereits selten geworden war, die strenge Bußpraxis der alten Kirche aber zumindest partiell noch eingehalten wurde. Der Introitus zitiert aus dem 3. Kapitel des Buchs Daniel die Bitte der Sünder um Vergebung:

Gerechtigkeit nur war Dein Tun o Herr, in allem, was Du uns angetan. Wir haben ja gesündigt gegen Dich und Deinen Geboten nicht gehorcht. Verherrliche nun aber Deinen Namen und handle an uns nach der Fülle Deiner Barmherzigkeit.“

Dem gleichen Kapitel ist die Lesung entnommen, die das Bekenntnis der Schuld darum ergänzt, Gott an die Wohltaten und Verheißungen der Vergangenheit zu erinnern und mit dem Appell endet:

Rette uns in Deiner Wundermacht und verherrliche Deinen Namen, Herr! Laß alle zuschanden werden, die Deinen Dienern Böses zufügen, laß sie zuschanden werden durch Deine Allmacht, und ihre Kraft werde zerschmettert. Sie mögen erfahren, daß du der Herr bis, der alleinige Gott, der da herrlich ist auf der ganzen Erde, o Herr unser Gott.“

Mit dieser für das alte Testament durchaus typischen Wendung verbindet sich das Schuldbekenntnis mit der Bitte um Errettung aus einer irdischen Notlage - hochaktuell für die Kirche des 8. Jahrhunderts in der Stadt Rom, die allen Glanz verloren hatte und sich ständiger Bedrohungen durch Seeräuber oder durchziehender Barbarenheere ausgesetzt sah.

Das Evangelium wählt - auch hier kommt die späte Abfassung des Messformulars zum Ausdruck - den Bericht des hl. Lukas über die reuige Sünderin vom Fest der hl. Maria Magdalena. Dieser Bericht berührt viele Aspekte: Die Heuchelei der Pharisiäer, die sich darüber aufregen, daß Jesus sich von einer Sünderin aufwarten läßt, ihren Mangel an Ehrerbietung, die sie Jesus das Wasser, den Begrüßungskuss und das Salböl versagen läßt, die dann die Sünderin so reichlich spendet, und mündet dann schließlich in die Verheißung für die Bußfertigen:

Ihr werden viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat; wem aber weniger vergeben wird, der liebt auch weniger. Dann sprach er zu ihr: 'Deine Sünden sind dir vergeben'. Da sprachen die Tischgenossen zueinander: 'Wer ist dieser, daß er sogar Sünden vergibt?'.“