Bereichsnavigation Themen:

Was kommt da auf uns zu?

Bild: https://www.pallottiner.org/begegnung-von-charismen/Noch gibt es keine zuverlässigen Informationen über die von Franziskus angekündigten „Interpretationen“ zu Summorum pontificum, aber zahlreiche Vermutungen. Einige davon sind durchaus ernst zu nehmen.

Die vielleicht interessanteste Überlegung: Da von „Interpretation“ die Rede ist, könnte der Text des Motu-Proprio selbst unangetastet bleiben – die geplanten Änderungen würden durch eine Neufassung der Ausführungsbestimmungen von Universae Ecclesiae von 2011 realisiert. Tiefergehende Eingriffe wären damit zunächst nicht nötig – allerdings müßte man gewisse Inkongruenzen zwischen dem Motu-Proprio – das als solches Gesetzeskraft hat – und den Ausführungsbestimmungen in Kauf nehmen. Genau damit muß man angesichts der in Rom zunehmend demonstrierten Geringschätzung des formalen Rechtes und seiner Normen rechnen.

Aktueller Vorgehensweise würde es entsprechen, die Veränderungen nicht als allgemein verbindliche Vorschriften zu fassen, sondern – unter dem Vorwand der Dezentralisierung und der Stärkung der bischöflichen Autorität – als „erweiterte Möglichkeiten“, oder „Optionen“, deren Umsetzung ganz oder teilweise in das Belieben der Ortsbischöfe gestellt wäre. Als sicher wird erwartet, daß die Ortsordinarien volle Autorität dahingehend erhalten, ob und wann und in welcher Form der Diözesanklerus im überlieferten Ritus zelebrieren kann. Aber auch Priester der altrituellen Gemeinschaften könnten für die Zelebration in Kirchen des Bistums diözesanen Vorschriften unterworfen werden. In diesem Zusammenhang könnte es dahin kommen, daß das bisher gültige Verbot von „Mischformen“ relativiert wird, so daß ggf. mit Lesungen nach dem neuen Lektionar und Kalender, Ministrantinnen, außerordentlichen Kommunionspendern und weiteren Errungenschaften des NO zu rechnen wäre. Auch die Spendung der Sakramente – insbesondere betroffen wären Taufen, Eheschließungen und Firmung – sollen dem Vernehmen nach noch stärker als bisher reguliert werden. Schon jetzt haben die Ordinariate über die Eintragung in den Kirchenbüchern hier erhebliche Einflußmöglichkeiten - bis dahin, z.B. die Firmung nach der alten Liturgie in ihrem Machtbereich unmöglich zu machen.

Hier geht es weiterNicht nur in Deutschland gibt es aktuell zahlreiche Diözesen, deren Bischöfe den Angehörigen von Priestergemeinschaften generell keine Erlaubnis zur Tätigkeit in ihrem Jurisdiktionsbereich gewähren – was auf einen schwerwiegenden „Geburtsfehler“ in den Gründungsurkunden dieser Gruppen aufmerksam macht. Nach der bisherigen Geltung von Summorum pontificum konnten dort aber Diözesanpriester, die etwa als Pensionisten weniger auf bischöfliches Wohlwollen angewiesen sind, für interessierte Gläubige nach der überlieferten Liturgie zelebrieren. Nach den zu erwartenden Neuregelungen könnten Ortsordinarien die Feier der hl. Messe und die Spendung von Sakramenten nach dem überliefert Ritus in ihrem Machtbereich vollständig unterbinden und so das von den Brutalreformern angestrebte Ideal der trientfreien Zonen erreichen.

Die Erweiterung der bischöflichen Befugnisse bzw. entsprechende Einschränkungen der Zelebrationsmöglichkeit der Priester dürften im Zentrum der „Neuinterpretation“ stehen. Allerdings sind auch erhebliche Einschränkungen für die Priestergemeinschaften der überlieferten Form – wie das von entsprechenden Lobbies im Vatikan schon seit langem verlangt wird – denkbar und zu erwarten. Sehr wahrscheinlich ist, daß sie als Gemeinschaften vollständig der Ordenskongregation unterstellt werden. (S. Aktualisierung hier. Danach wäre es die Gottesdienstkongregation) Das beträfe dann, um nur die größeren zu nennen, die Petrusbruderschaft, das Institut Christus König und Hoher Priester sowie das Institut Bon Pasteur sowie die Klöster und Mönchsorden der Tradition. Die Glaubenskongregation, vielleicht auch die Gottesdienstkongragation, wäre dann für die Regelung liturgischer Fragen zuständig, alles andere, besonders die „Rechts- und Disziplinaraufsicht“, läge bei der Mannschaft des bewährten Ordenszertrümmerers Braz de Aviz.

Diese Truppe hätte dann nicht nur die Möglichkeit, Kommissare einzusetzen und – wie sie das bei den Franziskanern der Immakulata allerdings vergeblich versucht hatte – Hand auf das Vermögen der Gemeinschaften zu legen. Sie würde zweifellos auch die Priesterseminare kontrollieren, formieren oder gleich ganz auflösen und die Seminaristen auf die bewährten diözesanen Ausbildungsstätten verweisen. Dort würden die bereits vorhandenen hochqualifizierte Studienleiterinnen und feministischen Kampfnonnen im Lehrendenkörper schon dafür sorgen, daß die Kandidat*innen für die Auferbauung der Kirche des so vielversprechend angebrochenen neuen Frühlings fit gemacht werden.

Ein weiteres schon jetzt existierendes Disziplinierungselement für die „altrituellen“ Gemeinschaften, über das wenn überhaupt nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird, könnte verschärft genutzt werden: Diesen Gemeinschaften wird seit Jahrzehnten strikt eine Rechtsform vorenthalten, die sie mit „eigenen“ Bischöfen ausstatten könnte. Für die Priesterweihen sind sie also auf Bischöfe von außerhalb angewiesen – Diözesan- oder Kurialbischöfe, die Summorum pontificum positiv gegenüberstehen. In den vergangenen Jahren ist bereits mehrfach Bischöfen, die als Weihespender aufgetreten waren, aus Rom formlos und damit nicht appellationsfähig mitgeteilt worden, sie sollten sich gefälligst auf Weihen für den Priesternachwuchs der eigenen Diözese beschränken. Durch eine denkbare Verrechtlichung dieser Vorgabe könnten die romtreuen Gemeinschaften effektiv in der Weihe von ihnen reichlich zuströmenden Berufungen eingeschränkt oder sogar ganz blockiert werden.

Mit solchen Instrumenten könnten die militanten Gegner der überlieferten Liturgie, die wir ohne schlechtes Gewissen als Feinde der Kirche Christi identifizieren können, die verhaßten Relikte aus den Zeiten und dem Geist der zweitausendjährigen Tradition innerhalb der Kirche praktisch liquidieren. Gemeinschaften und Gemeinden der Tradition könnten nur noch da tätig werden, wo Bischöfe ihnen das erlauben – bis zur Einsetzung eines Nachfolgers, der die Zeichen der Zeit besser begriffen hat. In „toleranten und der Diversität zugeneigten“ Diözesen gäbe es dann vielleicht wöchentlich an zwei Orten ohne Autobahnanschluss dienstags um 7:45 und freitags um 21:15 eine Messe nach dem Missale Johannes XXIII. Sonntags nie, denn da werden die Diözesanpriester alle in den pastoralen Räumen oder zur Konzelebration am Bischofssitz benötigt. Eine Gemeindebildung von traditionellen Gläubigen wäre wirkungsvoll unterbunden. Die Attraktivität der Gemeinschaften, deren Seminare derzeit weltweit jährlich über 200 Neueintritte verbuchen, ließe sich bereits vorher mit wenigen Federstrichen auf das Niveau der Ausbildungsstätten moderner Bischofskonferenzen reduzieren...

Daß die römischen Kreise hinter der „Neuinterpretation“ von Summorum pontificum genau das beabsichtigen, steht außer Zweifel, und daß Papst Franziskus, dem die apostolische Lehre wenig und seine kirchenpolitischen Träume viel bedeuten, dem trotz oder auch wegen seines Desinteresses an allem Liturgischen letztlich willfahren wird, ebenfalls. Auf die Gemeinden traditioneller Gläubiger und insbesondere auf die Priestergemeinschaften der Tradition kommen schwere Zeiten und schlimme Zerreißproben zu. Hier kann nur noch das Vertrauen auf Gottes Hilfe Hoffnung geben. Und die Bereitschaft, für die Bewahrung des rechten Glaubens und zum Heil der eigenen und der eigenen Familie Seele Opfer auf sich zu nehmen, vor denen die Anstrengungen der Vergangenheit verblassen.

Zusätzliche Informationen