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Sind wir noch eine Kirche?

Bild: Wikimedia commons, gemeinfreiDie hier gestern veröffentlichten Zahlen einer Untersuchung zum abweichenden Glaubensverständnis zwischen Kirchenangehörigen, die regelmäßig an der überlieferten Liturgie teilnehmen, und den von Katholiken allgemein und in großer Mehrheit vertretenen Vorstellungen sind alarmierend. Die Untersuchung wurde zwar in den USA angestellt, aber wer regelmäßig Publikationen wie katholisch.de, Domradio oder Kirche+Leben besucht, muß annehmen, daß hierzulande ganz ähnliche Ergebnisse erzielt würden. Und das nicht nur als private Ansicht vertreten von gewöhnlichen  Gottesdienstbesuchern, sondern oft genug als zukünftiger Weg der Kirche propagiert von Theologen und Kirchenfunktionären, Priestern und Bischöfen.

Auch fällt es nicht schwer, den Fragenkatalog um Positionen zu erweitern, bei denen man ähnlich weit auseinandergehende Ergebnisse zwischen beiden Gruppen erwarten muß:Verpflichtung der Priester zum Zölibat, Möglichkeit der Frauenordination, Anzahl Wirkung und Notwendigkeit der Sakramente, Verbindlichkeit der Dogmen – die strittigen Themen gehen weit über den Bereich der moralischen Lebensgestaltung hinaus.

Sind wir noch eine Kirche?

Die Antwort auf diese Frage fällt deshalb so schwer, weil alle angeführten Fragen ja nicht nur von vielen Gottesdienstbesuchern unterschiedlich beantwortet werden, sondern weil sich zu buchstäblich jeder davon auch Hochschullehrer, Bischöfe und sogar Kardinäle anführen lassen, die gegensätzliche Positionen vertreten. Dazu kommt ein „Nachfolger Petri“, der in geradezu programmatischer Verkennung seiner Amtspflichten ein frivoles Spiel mit Doppeldeutigkeiten und Unklarheit treibt: Wer bin ich, zu urteilen? Ja wer den sonst? 

Haben wir noch einen Papst?

Dort, wo der Glaube als traditio dessen begriffen wird, was Gott in seinem Wort geoffenbart und was die Kirche fast 2000 Jahre lang verkündet und vertieft hat, provoziert die offenkundige Spaltung des Glaubensverständnisses in der Kirche und die Selbstrelativierung des Lehramtes immer öfter die Frage, ob man dieser organisierten oder besser gesagt desorganisierten Kirche noch länger als Mitgliede angehören könne.

Kardinal Brandmüller hat dieser Tage im Interview mit kath.net dazu aufgefordert, diese Frage jedenfalls nicht in dieser Form zu stellen: Die Kirche ist nicht ein organisatorisches Gebilde von Menschenhand, sondern Werk und Werkzeug Jesu Christi zur Erlösung der Menschheit. Und der eigentliche Ausstieg aus der Kirche geschieht im Abfall vom katholischen Glauben. Wer am Glauben festhält und festhalten will, hat also zum Ausstieg keinen Grund. Und was die anderen treiben, vom Papst an der Spitze bis zu der nach der Priesterinnenweihe rufenden Gemeindereferentin, müssen die mit sich ausmachen. Es gibt viele Wege, sich von dem, was die Kirche ausmacht, abzuwenden - für jede Person, auf jeder Position, einen eigenen.

Die Konsequenzen beschreibt Kardinal Brandmüller mit den Worten des hl. Augustinus in der Klarheit, deren sich die Kirche schon immer bedient hat - bis der Modernismus jede Form von Klarheit selbst als Übel erkannt zu haben glaubte:

Natürlich kann einer diesen Schritt tun. Aber mit welchen Konsequenzen! Jesus sagt – so das Johannesevangelium Kapitel 15 – „Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben…“ Nur wenn sie mit dem Weinstock verbunden ist, kann aber die Rebe Frucht bringen. Wenn sie aber vom Weinstock getrennt wird, verdorrt sie und wird verbrannt Und nun meint der heilige Augustinus: „Eines von beiden kommt der Rebe zu, entweder der Weinstock oder das Feuer. Wenn sie nicht im Weinstock ist, muss sie im Feuer sein; damit sie also nicht im Feuer sei, möge sie im Weinstock sein…“

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