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Von der Kirche zum Sozialkonzern GmbH&Co KG

Bild: Synodaler Weg / LachneDer unerwartete Anfall von Mut bei 21 Bischöfen, die am ersten Synodentag das Papier zur befreiten Sexualität zu Fall brachten, hielt keine 24 Stunden. Danach hatte das Synodenpräsidium unter vereinter bischöflicher und zivilgesellschaftlchen Führung die Dinge wieder voll im Griff. Einen zwar noch unvollständigen, aber doch schon überaus erschütternden Einblick in die dazu angewandten Druckmittel und Manipulationen bietet die Synodalin Dorothea Schmidt in der Tagespost. Schnell wurde die Zahl der Dissidenten unter den Bischöfen wieder auf unschädliches Maß reduziert – das Beiboot Petri nennt die Namen von zehn Bischöfen, die den meisten Dokumenten ihre Zustimmung verweigerten:

Kardinal Woelki und Weihbischof Schwaderlapp aus Köln, Bischof Voderholzer und Weihbischof Graf aus Regensburg, Bischof Hanke aus Eichstätt, Bischof Oster von Passau, Bischof Ipolt von Görlitz, Weihbischof Wörner aus Augsburg, Weihbischof Graf zu Stolberg aus München und Weihbischof Heinrich aus Berlin. Nur zwei davon stimmten gegen alle sog. Grundlagentexte – einer davon war Bischof Voderholzer der andere Weihbischof Schwaderlapp  Der beim Beiboot noch nicht erfasste Münsteraner Weihbischof Zehkorn hat sich dreimal enthalten und einmal dagegen gestimmt – wofür er sich in einer hochnotpeinlichen Befragung von katholisch.de rechtfertigen mußte. 

Wie er mieden auch die anderen Bischöfe auf der Liste die komplette Ablehnung der ihnen vorgesetzten Zumutungen – wohl um Gesprächs- und Kompromissbereitschaft zu signalisieren. CNA hat sich die Daten zum Abstimmungsverhalten der Bischöfe genauer angeschaut – mit bemerkenswerten Einzelergebnissen.

Für den zweiten Tag hatte das Plenum namentliche Abstimmung angeordnet: Die Bischöfe sollten auch öffentlich für ihre Stimmabgabe einstehen, wie aus dem Präsidium verlautete. Außerdem hatte die Regie den Abstimmungsmodus noch so geändert, daß eine Nichtteilnahme an der Abstimmung, wie sie von zahlreichen Bischöfen praktiziert wurde, bei der Auszählung faktisch als Zustimmung gewertet werden konnte. Unter diesen Umständen kamen am 2. und 3. Tag dann nicht nur die vorbereiteten und zum Teil eindeutig der Lehre der Kirche widersprechenden Texte problemlos durch, auch der zunächst mit den 21 Gegenstimmen abgelehnte Beitrag zum Grundtext über Sexualität wurde durch Mehrheitsbeschluss mit in die Zahl der Texte aufgenommen, die in Rom als Ergebnisse der Synode präsentiert werden sollen. Nicht ohne Grund gaben sich Synodalpräsidentin Stetter-Karp und ihre Mitstreiter Bätzing und Marx nach Abschluß der Veranstaltung recht zufrieden: Den Schönheitsfehler der zuvielen bischöflichen Gegenstimmen am ersten Tage konnten sie zwar nicht komplett korrigieren, aber doch weitgehend überdecken.

Hier geht es weiterZum Inhalt der verabschiedeten Dokumente ist schon alles gesagt – am klarsten vielleicht bei Kardinal Müller und Hubert Hecker. Das können wir uns hier sparen.

Doch wie kann es nun weitergehen? Vorausgesetzt, die Frühjahstagung wird ähnlich ablaufen wie die jetzt zu Ende gegangene Herbsttagung, werden die weitgehend dem Input der „Reformer“ entsprechenden Ergebnisse der Gesamtveranstaltung dann nach Rom weitergeleitet – wo sie dann bei der Synodensynode auf einen vergleichbaren Manipulationsapparat treffen wie den in Frankfurt. Der Papst hat zwar Widerspruch zu einigen Punkten der deutschen Synodalisten bekundet, eine klare Verurteilung der in Frankfurt verabschiedeten Häresien ist jedoch von ihm nicht zu erwarten: Zu genau entspricht sein Begriff von einer ins Belieben des Papstes gestellten Tradition dem deutschen Verständnis, wonach die Tradition jeweils aus der Perspektive des Zeitgeistes zu verändernden wäre.

Das Schisma zwischen Frankfurt und Rom ist zwar für jeden Beobachter deutlich erkennbar, seine offizielle Ausrufung ist dennoch nicht zu erwarten. Dazu bedürfte es einer offiziellen Erklärung durch den Papst – der wird äußerstenfalls ein paar Tricksereien wie bei Amoris Laetitia bieten, wo der eine Absatz die Lehre der Kirche zu bekräftigen scheint, während eine Fußnote sie in Frage stellt. Doch ganz egal, was in Rom in Worten begrüßt, was geduldet und wem widersprochen wird: Im Endergebnis wird eine Mehrheit der deutschen Bistümer so verfahren, wie in Frankfurt beschlossen, während eine kleine lehrtreue Minderheit sich so lange es geht gegen dessen Umsetzung sträuben wird.

„Solange es geht“ ist hier der Schlüsselsatz. Nach dem neuesten römischen Kirchenverständnis sind Bischöfe wenig mehr Regionalmanager des Papstes – wer nicht spurt, muß damit rechnen, gefeuert zu werden. Und wo der Papst selbst nicht rechtzeitig traditionsnahe Bischöfe wegsäubert, wird im Bündnis zwischen Kirchenfunktionären und Medien nach bewährtem Muster ein Kesseltreiben veranstaltet, dem auch ein über bewundernswert starke Nerven verfügender Woelki kaum auf Dauer widerstehen kann. Wenn dann ein Bischofsstuhl freigeschossen ist, stehen die erprobten Manipulationsapparate bereit, um Zeitgeistjünger ins Amt zu hieven und Evangeliumstreuen den Weg zu versperren. Denn soviel ist klar: Wenn heute in Deutschland die große Mehrheit der Bischöfe nicht mehr katholisch ist, sind daran nicht nur die voll säkularisierten Machtapparate der Funktionärskirche schuld, sondern ebenso und noch mehr die römische Hauptverwaltung Bischofsernennungen und auch die Päpste selbst, einschließlich Johannes Paul II. einschließlich Benedikts XVI., die es warum auch immer zugelassen haben, daß die Bätzinge, Bodes, Diesers und Genns die Positionen erreichen konnten, auf denen sie heute ihr Zerstörungswerk vollenden.

Nein, aus Rom wird aller menschlichen Voraussicht nach keine Rettung kommen, und wann der Herr selbst bereit ist, das Flehen seiner Gläubigen um Rettung zu erhören, ist ungewiß: Der Massenabfall vom Glauben in Ländern wie Deutschland betrifft ja nicht nur Bischöfe und Klerus, sondern ist aus der ganzen Gesellschaft und dem ganzen Kirchenvolk hervorgewachsen – und Gottes strafende Hand zeigt sich schon seit ältester Zeit weniger in großen Donnerschlägen sondern darin, daß er den Menschen ihren Willen läßt. Nach Psalm 80 (81): „Doch mein Volk hat nicht auf meine Stimme gehört; / Israel hat mich nicht gewollt. Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen / und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.“ Nach Plänen, die sie direkt in die Katastrophe führten.

Diese Katastrophe ist für die Kirche in Deutschland längst eingetreten, und das nicht nur wegen der von Jahr zu Jahr steigenden Austrittszahlen – letztes Jahr waren es 360 000. Die Austritte machen den Funktionären noch die geringsten Sorgen, solange die Einnahmen durch die Kirchensteuer nicht wegbrechen – und das waren im vergangen Jahr immer noch stolze 6,7 Milliarden. Hier ist allerdings angesichts der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung bereits in naher Zukunft ein deutlicher Rückgang zu erwarten. Doch die eigentliche Katastrophe liegt auf einem anderen Gebiet. Zwar hat die katholische Kirche in Deutschland immer noch fast 22 Millionen eingetragene Mitglieder, doch für ihre Gottesdienste ermittelte sie im vergangenen Jahr nur noch 920 000 „regelmäßige“ Teilnehmer – und als „regelmäßig“ werden auch diejenigen erfaßt, die nur zehn oder zwölfmal im Jahr zur Sonntagsmesse kommen. Schätzungen von Leuten, die sich damit auskennen, gehen davon aus, daß an einem normalen Sonntag noch nicht einmal 500 000 getaufte Katholiken ihrer Sonntagspflicht nachkommen, die Mehrheit davon deutlich über 70 Jahre alt. Kein Wunder, daß Umnutzung oder Abriß aufgegebener Kirchengebäde ein großes Thema sind (https://www.katholisch.de/artikel/40914-umnutzung-statt-abriss-wie-leerstehende-kirchen-genutzt-werden-koennen).

Schon heute liegt danach die Zahl der Kirchgänger deutlich niedriger als die auf über 700 000 geschätzte Zahl der Personen, die bei der Kirche angestellt sind – über 600 000 Hauptamtliche allein bei der Caritas, wobei diese Zahl in den Sozial- und Pflegeberufen auch viele jüngere umfasst. Hier und nur hier sehen die Verantwortlichen „Wachstumspotentiale“. Diese Entwicklung signalisiert nicht nur den unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der „Volkskirche“ (https://www.katholisch.de/artikel/39884-austrittszahlen-ist-der-zustand-der-kirche-lebensbedrohlich) – sie gibt auch einen Hinweis zum Verständnis dessen, warum der Synodale Weg so verläuft, wie er verläuft.

Die Nachfrage nach der wenig einträglichen Dienstleistung „Seeelsorge“ und „Spendung der Sakramente“ ist nach 50 Jahren ohne Katechese landesweit erwartungsgemäß gering und wird in Zukunft weiter stark abnehmen. Geschäft und gesellschaftlicher Einfluß kommen von den Zweigfirmen des Sozialkonzerns Kirche, deren Mitarbeiterschaft sich nach einem halben Jahrhundert konsequenter Säkularisierung religiös und weltanschalich kaum noch von der anderen Branchen unterscheidet. Nicht nur der Gottesdienstbesuch der „Kirchenbeschäftigten“ entspricht weitgehend dem allgemeinen Bevölkerungsdurchschnitt, auch ihre Werteorientierung hinsichtlich „Mitbestimmung“ und „Gleichberechtigung“, Abtreibung, Homosexualität oder Genderfluidität folgt dem, was in der Gesellschaft en Vogue ist – und zwar hauptsächlich in deren grün-sozial-liberal eingefärbten Abteilungen.

Kein Wunder also, daß diese Fragen, die die wenigen noch verbliebenen Frommen oft nur am Rande interessieren – kirchliches Arbeitsrecht z.B. oder die Stellung „wiederverheiratete“ Geschiedener – von diesen Kreisen mit Nachdruck in die Synodalberatung getragen werden. Auch das Problem des Mißbrauchs hat – neben dem Umstand, daß es sich als hervorragendes Mittel zum Kampf um die Macht innerhalb der Organisation Kirche herausgestellt hat – hier seinen besonderen Stellenwert: Den Angestellten und Geschäftspartnern liegt das öfentliche Erscheinungbild und Prestige ihres Vertragspartners sehr am Herzen, und wenn der sich schwer damit tut, erwartungsgemäß auf die in allen Medien verbreiteten Mißbrauchsanschuldigungen zu reagieren, kann das seine Attraktivität als Arbeitgeber und seine Konkurrenzfähigkeit auf den Märkten empfindlich beeinträchtigen. Daran haben auch die Funktionäre mit Mitra und Krummstab kein Interesse – hier wollen sie nichts riskieren.

So signalisieren die bereits erreichten oder noch zu erwartenden Beschlüsse des synodalen Weges nicht nur den spirituellen und theologischen Bankrott der früheren katholischen Kirche in Deutschland. Sie machen auch erkennbar und verständlich, wie weit der Umbau der Konkursmasse in eine rein von säkularen Gesichtspunkten geleitete Sozialagentur bereits fortgeschritten ist.

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