Spätzeit des Christentums
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- 29. Dezember 2014
Nichts von dem, was der Journalist Markus Günther in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über die in Deutschland angebrochene „Spätzeit des Christentums“ geschrieben hat, ist neu oder irgendwie überraschend. Das Hoch bei den Kirchensteuereinnahmen sei unbestreitbar - doch nun verabschiedeten sich die Generationen, die zumindest noch eine sentimentale Bindung an die Kirche bewahrt hätten, aus dem Berufsleben; es wüchsen kaum noch Steuerzahler nach, die Politik werde sich dieses Ballastes entledigen. Der Glaube selbst sei großflächig zusammengebrochen, reduziert auf Ermahnungen zum Gutmenschentum, die man gleichlautend und vielleicht sogar überzeugender auch anderswo hören könne. Nach vielen Jahren sinnentleerten Religionsunterrichtes wüssten die jungen Leute nichts über „ihre“ Religion - außer, daß man das alles heute nicht mehr so sehen könne. Der Apparat stehe als Scheinriese da wie die SED vor dem 40. Jahrestag der DDR - den diese diese dann nur um wenige Monate überlebte.
Wie gesagt, nichts Neues, aber in diesem Blatt und mit solchem Nachdruck vorgetragen vielleicht doch für einige unserer Hirten, die seit Jahrzehnten vom „neuen Frühling“ schwafeln, ein Anstoß, sich ehrlich zu machen. Wir weigern uns, zu glauben, daß sie alle mit ihren Staatssekretärsgehältern am Ziel ihrer letzten Wünsche angekommen sind und darauf setzen, daß die Sintflut erst nach ihnen komme.
Unübersehbar ist der Zusammenhang dieses bevorstehenden Bankrotts mit der Zerstörung der Liturgie seit der Mitte des 20. Jahrhunderts. Was man für „unumgängliche Modernisierung“ ausgab, in vielen Fällen woch auch ehrlich dafür hielt, war letztlich nichts anderes als der vom Zeitgeist aufgenötigte oder vom Opportunismus getriebene Verzicht auf die äußeren Formen, das inkarnatorische Grerüst, ohne das der Glaube seine Verwurzelung in der Transzendenz nicht glaubhaft machen kann - so ging mit dem einen auch das andere verloren: „Lex Orandi - lex credendi“.
Verloren geht mit dem unausbleiblichen Zusammenbruch aber auch das einzige Argument, mit dem die Verteidiger der liturgischen Reformation bis jetzt noch hier und da ein paar Punkte sammeln konnten: Ohne die „erneuerte Liturgie“ und ohne den hierzulande erfundenen und inkarnierten Konzilsgeist wäre alles noch viel schlimmer gekommen. Der historische Konjunktiv ist zwar ganz allgemein kein Argument, aber in diesem Fall wird er, was sonst oft gar nicht so leicht ist, auch noch knallhart widerlegt: Schlimmer als das, was jetzt aus guten Gründen anzunehmen ist, kann es überhaupt nicht kommen - zumindest dann nicht, wenn man die von einer bis ins Mark verweltlichten und entgeistigten Zivilkirche selbst hochgehaltenen Maßstäbe anlegt.
Wer den Glauben wirklich bewahren will - und das nicht in einer leichtbekömmlich zubereiteten Schwundform, sondern so, wie ihn Christus gelehrt, die Apostel verkündet, die Väter ausgebreitet und das Lehramt zweier Jahrtausende befestigt haben - kann ihn nicht in Formen anbieten, die seinen Inhalten nicht entsprechen oder diese sogar geradewegs dementieren.
Inzwischen ist der Artikel von Markus Günther auch im öffentlichen Internet zugänglich; eine gute Zusammenfassung gibt IDEA. Aber wie gesagt: Am Inhalt ist wirklich nichts überraschend oder gar neu. Nur der Ort der Veröffentlichung könnte vielleicht einigen der Armen Seelen, die sich bisher von den Propagandisten des Neuen Frühlings mundtot machen ließen, zu denken geben.