Fünf-Herren-Amt in Wien
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- 10. Mai 2017
Die römische Liturgie war nur eine kurze Zeit – vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – so einheitlich bis nachgerade uniform, wie sie heute von traditionsorientierter Seite gerne gesehen wird. Einheitlich war sie hinsichtlich des Canon-Textes und hinsichtlich des Glaubens, den sie ausdrückte und predigte. In vielen anderen Teilen, insbesondere im Kalender der Feste und Heiligen, dann aber auch in der Form bedeutender Einzelelemente außerhalb des Canons, vor allem bei der Bereitung der Opfergaben und der Kommunion, gab es teilweise große Vielfalt.
Wo der Einfluss der stadt-römischen Formen stark war, dominierte die knappe und schlichte römische Formensprache, die durch die „innere Mission“ insbesondere der Franziskaner und Kapuziner in den deutschsprachigen Ländern stärkste Verbreitung fand. In den romanischen Ländern und in England blieben starke gallikanische Elemente erhalten – nicht als Ausdruck einer abweichenden Lehre, sondern als Erbe unterschiedlicher Traditionen. Viele Funktionen des Altardienstes waren stärker ausdifferenziert und wurden dementsprechend von einer größeren Zahl von Diakonen und Altardienern wahrgenommen. Bedeutender Bestandteil jedes Hochamtes waren – ähnlich wie heute noch in den Riten der Ostkirchen – Prozessionen, die den gesamten Kirchenraum einbezogen und damit auch die Gläubigen stärker einbezogen. Im römischen Ritus sind diese Prozessionen weitgehend verkümmert. Versuche zur Wiederbelebung im Novus Ordo waren wenig überzeugend.
Der altenglische Ritus von Salisbury ist in den Wirren der englischen Reformation und der anschließenden blutigen Katholikenverfolgung untergegangen. Die gallikanischen Sonderformen in Frankreich fielen der Revolution und dem anschließenden Wiederaufbau der Kirche unter ultramontanem Vorzeichen zum Opfer. Der Ultramontanismus war auch das Motiv für Domkapitel deutscher Bistümer, die wie Köln eigene liturgische Formen besaßen, sich von dieser vermeintlich „nicht mehr zeitgemäßen“ Tradition zu trennen. Als eine der ganz wenigen Sonderliturgien im deutschen Sprachraum überdauerte das Wiener „Fünf-Herren-Amt“ die Wirren nach dem Ende des Kaiserreichs und den Bildersturm der Nachkonzilszeit. Es wird mehrmals im Jahr zu besonderen Festtagen gefeiert.
Der Name „Fünf-Herren-Amt“ kommt daher, daß nicht wie sonst beim levitierten Hochamt drei in Casel und Tunika/Dalmatik gekleidete Offizianten am Altar amtieren, sondern fünf. Visuell ähnelt das der Praxis des feierlichen Pontifikalamtes, bei dem die zusätzlichen Diakone aber keine besonderen Aufgaben haben, die sich von denen unterschieden, die sonst von „gewöhnlichen“ Meßdienern wahrgenommen werden. Beim Fünf-Herren-Amt gibt es eine sorgfältige Ausdifferenzierung der Rollen, die auch durch spezielle Gewänder und deren gelegentlichen Wechsel während der Zelebration markiert werden.
Peter Kwasniewsky hatte bei seinem Besuch in Wien, am Passionssonntag Gelegenheit, ein „Fünf-Herren-Amt“ in der Wiener Karlskirche zu besuchen. Die Feinheiten der liturgischen Abläufe blieben ihm dabei, wie er selbst schreibt, verborgen – aber er präsentiert jetzt auf New Liturgical Movement einige Bilder von dieser Liturgie und verweist auf die Website von Una Voce Austria, die zusätzlich zu zahlreichen Bildern vom Gesamtablauf auch einen kurzen Video-Zusammenschnitt ins Netz gestellt hat.
Vielleicht ist ja einer unserer Leser näher am Thema und kann uns Informationen über die liturgischen Besonderheiten des Fünf-Herren-Amtes zukommen lassen.