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Mittwoch der Fastenquatember

Bild: Wikimedia CommonsHeute beginnen die Quatembertage der Fastenzeit. Das kann sogleich die Frage aufwerfen: Wozu braucht man noch besondere Buß- und Fasttage, wenn wir uns ohnehin schon in der Buß- und Fastenzeit befinden? Der Versuch, die Frage zu beantworten, gibt zunächst Aufschluß darüber, daß „organische Entwicklung der Liturgie“ nicht von vornherein gleichzusetzen ist mit „logisch“ oder „linear“. Durchaus nicht. „Organische Entwicklung heißt, daß eines „irgendwie“ aus dem anderen hervorgeht oder sich dazu in Bezug setzt – das muß aber nicht quasi mathematisch folgerichtig sein (wie z.B. bei der Termin des 25. März für das Fest der Verkündigung Mariens) – das kann auch auf einer Analogiebildung beruhen, auf einer frommen Gewohnheit – und manchmal vielleicht sogar auf einem Irrtum. Nur: Ohne Zusammenhang geht es nicht.

Die ältesten römischen Hinweise zu den „jahreszeitgebundenen Fasttagen“ im Liber Pontificalis kennen jedenfalls nur drei solcher Fastenzyklen, die – wohl in ungefährer Entsprechung zu den jüdischen Hochfesten – im 4., 7. und 10. Monat stattfanden. Das wären dann wohl „Tritember“ gewesen. Diese Fasttage wurden dann später ziemlich willkürlich mit den jahreszeitlichen Bitt- und Dankfesten nach vorchristlicher Gewohnheit „synchronisiert“ – und dann wares plötzlich vier. Erste Belege dafür gibt es aus dem späten 5. Jahrhundert. Die neuen Fastentage des Frühlingsanfangs mußten notgedrungen in vielen Jahren mit dem Beginn der Quadragesima zusamenfallen und so zu einem zweifachen Fasten-Motriv führen. Woran niemand Anstoß nahm – im Gegenteil. Durch Dekret Gregors VII. wurde die bis dahin meist unabhängig vom Beginn der Fastenzeit in der ersten Märzwoche begangene Frühjahrsquatember ausdrücjklich in die erste Fastenwoche verlegt und damit erst zur eigentlichen Fastenquatember. Das Messformalar gerade des heutigen Mittwoch ist mit seinen beiden Lesungen aus dem alten Testament geradezu als eine Bekräftigung des Beginns der 40-tägigen Fastenzeit zu verstehen. Die eine Lesung behandelt die 40-tägige Vorbereitungszeit des Mose auf den Empfang der Gesetze am Sinai, die zweite den ebenfalls fastend zurückgelegten 40-tägigen Weg des Propheten Elias zum Berg Horeb.

Das hört sich an wie ein dritter Auftakt zur Quadragesima nach deren „klassischem“ Anfang mit dem 1. Fastensonntag und dem „vorgezogenen“ Anfang am Aschermittwoch. Das ist, als ob die Kirche ihren Gläubigen einschärfen wollte, für wie wichtig sie diese Zeit der Buße und der Reinigung hält. Dom Gueranger unterstreicht das mit seinem heute vielleicht etwas merkwürdig anmutenden Appell „Haben wir also besondere Ehrfurcht vor diesen drei Tagen und bedenken wir, daß wir uns einer doppelten Sünde schuldig machen, wenn wir an denselben das Fasten- oder Abstinenzgebot brechen“. (Bd 5, S. 171) Guéranger begründet diese Strenge in einer Klage über die Zeitläufte, die heute überaus aktuell erscheint:

Warum haben denn (die Klugen dieser Welt) immer noch so sehr viel Mühe, irgendwo ein katholisches Element zu entdecken (und in ihrer Politik zu berücksichtigen)? Die Katholiken haben eben vonihrer Kirche und deren heiligen Uebungen Abstand genommen, von Jahr zu Jahr wird der Gottesdienst weniger besucht, man empfängt immer seltener die heiligen Sakramente und Fasten steht nur noch im Kalender. (…) Wo ist die Glaubensinnigkeit unserer Vorfahren? Wo können unsere frommen Uebungen einen Vergleich mit der ihrigen aushalten? Erst wenn wir darauf zurückkommen, erst dann wird sich der Herr des ungläubigen Volkes erbarmen wegen der Gerechten, die in seiner Mitte wandeln. Das Apostolat des Beispiels wird seine Früchte tragen und wenn ein schwaches Häuflein Gläubiger für das ungeheure römische Reicht der Sauerteig war, von dem der Heiland sagt, daß er Ales in Gährung bringe, dann wird mitten in einer Gesellschaft, welche noch viel mehr katholische elemente in sich birgt, als sie selbst glaubt, unser Eifer in Bekenntniß und Uebung der Pflichteneiner christlichen Heerschaar wahrlich nicht ohne Folgen bleiben.“ (Bd 5, S. 176, 7)

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